Pokerface
Anja Schmidt war gerade auf dem Schulhof angekommen und schaut sich um. Der Schulhof war leer. Ist auch klar die letzte Stunde war noch nicht vorbei. Sie hatte noch etwas Zeit bis ihre Enkelin aus hatte, deshalb setzte sie sich hin.
Da sah sie sie. Das Mädchen saß im Schatten auf einer Treppe. Anja schätzte sie auf 11, vielleicht auch 12 Jahre. Doch die Art wie sie da saß, lies sie jünger Wirken. Sie hatte die Beine angezogen und machte sich klein. Sie hatte die Augen geschlossen und trotz der Entfernung konnte man sehen, dass sie weinte.
Anja wollte auf sie zu gehen. Ihr Mutterinstinkt befahl ihr, dem Mädchen zu helfen. Doch sie tat es nicht. Irgendetwas an der Haltung des Mädchen sagte ihr, dass sie niemanden in ihrer Nähe haben wollte. Also lies sie sie in Ruhe.
Immer noch die Augen geschlossen, wischte sie sich die Tränen ab. Dann hob sie ruckartig den Kopf und öffnete die Augen. Mit schockierten Blick starrte sie ins Leere. Sie sah etwas an, was nur sie sah. Dann öffnete sie den Mund, als ob sie etwas sagen wollte, schloss ihn aber schnell wieder.
Es klingelte. Die Stunde war um und das Mädchen zuckte zusammen. Sie schaute sich um und entdeckte Anja, die ihr ein zaghaftes Lächeln zuwarf. Die Augen des Mädchens zeigten einen Ausdruck von Schock, der aber im nächsten Moment wieder verschwunden war. Das Mädchen wischte sich die Tränen ab, setzte ein Lächeln auf und gesellte sich zu den anderen. Anja war verblüfft. Dieses Mädchen, dieses junge Mädchen, hatte ihre Emotionen versteckt. Sie hatte sich plötzlich, von einem Moment auf den nächsten, den anderen Schülern angepasst. Vielleicht gehörte sie zu den Freunden des vor kurzem verstorben Jungen. Es stand in allen Zeitungen. Aber egal was das Mädchen wirklich hatte, sie hatte das perfekt Pokerface.