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Point-of-no-return
Sie schreib es auf, alles was von Bedeutung war, damit es auch jeder erfahren würde. Die Gründe für ihre Entscheidung. Sie fing ganz vorne an. Bei denen, die schon seit Jahren lachten und mit dem Finger auf sie zeigten. Sie minderwertig und hässlich machten. Weiter mit ihr, die doch ihre beste Freundin für immer war und sich jetzt für etwas besseres hielt. Bis zu ihm, der ihr den Rest gegeben hatte. Er, der ihre Schwächen nutzte, um sie in die Knie zu zwingen ohne auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln.
Mit jeder Träne zog sie sich weiter zurück in ihre unsichtbare Mauer um ihr Herz, so lange bis sie hinter dieser Mauer gefangen war. Jedes Gefühl verbannt, aus Angst vor dem, was sie auslösen könnten. Leben mit einer Maske. Etwas, das sie nicht war. Ein Nachspiel dessen, was sie einmal war und nie wieder werden würde. Ein Kampf mit sich selbst jeden Tag. Doch genau das würde sie beenden. Sie ließ den Zettel auf dem Tisch liegen. Für ihre Mutter, damit sie wusste, dass es nicht ihre Schuld war, dass sie sie liebte. Sie ging um sich an ihm zu rächen. Auge um Auge, Zahn um Zahn. So wie er ihr Herz zerrissen hatte, würde sie sich rächen. Aber nicht mit Worten.
Sie stand da, wo er immer vorbei ging. Auch heute. Er sah sie nicht, lief sie einfach um. Der letzte Funke an Hoffnung in ihrem Herz starb. Sie ließ das Messer aufklappe, holte tief Luft und stach zu. Er schrie vor Schmerz auf, als die spitze durch seine Rippen drang. Sie stach tiefer. Sie würde erst dann aufhören, wenn sie sein Herz gefunden hatte, damit sie sehen konnte, dass er eins hatte. Denn sie hatte es nicht gefunden. Er schrie erneut, doch es klang erstickt. Sie konnte einen Mann sehen, der auf sie zulief mit dem Handy am Ohr. Sie blickte wieder zu ihm. Er öffnete erneut den Mund, doch kein Laut kam mehr heraus. Sein Körper wurde schlaff, seine Augen starten ins leere. Zitternd zog sie ihr Messer heraus. Sie stand auf. Plötzlich kam alles über sie. Zitternd drehte sie sich um und wollte laufen, doch da hörte sie die Sirene und sah wieder den Mann auf sie zulaufen. Sie stolperte zurück und fiel. Sie fühlte etwas Warmes und blickte auf sie Straße unter ihr. Rot, blutrot. Erneut hob sie das Messer und stach zu. Sein Blut mischte sich mit ihrem. Sie schnitt ihren Arm, auf trotz des Schmerzes. Die Sirene war schon nah. Doch sie wusste, dass sie zu spät waren. Ihm konnten sie nicht mehr helfen. Er hatte gelitten wie sie und das nicht überlebt. Mit einem Lächeln im Gesicht fiel sie ganz auf den Boden und die Welt um sie herum schaltete sich aus.