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Poeten der Nacht

Beitritt
13.06.2003
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Poeten der Nacht

Poeten der Nacht

Die Nacht hing tief über den hohen Dächern der Stadt.
Im Laufe des Abends war die Zeit schon soweit fortgeschritten, dass sich die Menschen des Tages schon nicht mehr auf die Straße wagten. Nur vereinzelt noch sah ich kurz zwielichtige Gestalten aus dem Schatten der Laternen auftauchen, die jedoch schon nach kurzem Zucken der Augen wieder verschwanden.

Der Mann, der sich tief in seinen Mantel kauerte, fühlte sich in diesem malerisch atmosphärischen Umfeld sichtlich unwohl, sagte sich jedoch fortwährend, dass seine Nervostät lediglich auf Paranoia beruhte. So eilte er schnellen Schrittes weiter durch die spärlich erleuchteten Gassen dieser mondlosen Nacht.

Nur weil er seinem Geschäftspartner das Wort gegeben hatte, war er überhaupt aus der Tür seines Hauses getreten. Er tat dieses hier zum ersten Mal, und freiwillig war auch sein Wort nicht gekommen.
Wenn es vorbei ist, so dachte sich der Mann, werde er es gewiss nicht wieder tun, aber es musste vollbracht werden.

Es war nicht mehr weit.
Erkennbar war dies an den immer dunkler und größer werdenden Schatten, deren Wachstum sich proportional zur Vergrößerung des Abstands der Laternen verhielt.

Der Platz war erreicht, nur von dem erleuchteten Wasser des Springbrunnens auf seiner Mitte erhellt. Am anderen Ende konnte der Mann eine zweite Gestalt ausmachen. Sie stand ruhig da, eine Zigarette in der linken Hand. Hastig stolperte der Mann über den Platz, den Kopf eilig in alle Richtungen drehend, so als fürchte er eine unbestimmte Gefahr.

Endlose Sekunden auf ungedecktem Terrain später erreichte er die andere Gestalt.
"Haste das Geld?" - "Ja."
Der Mann nahm einen Umschlag aus seiner Innentasche, übergab ihn der Gestalt, die ihn gegen ein Plastiksäckchen eintauschte, welches der Mann wieder in seiner Innentasche verstaute.

Morgen wird er das Säckchen seinem Kollegen übergeben und so tun, als sei nichts gewesen in dieser Nacht.

Doch etwas ist geschehen,
der Mann wurde gesehen,
von mir, dem Poeten der Nacht,
er tat, was Hundert vor ihm gemacht.

 

Aua, meine Ohren!

Rubinstein, was spielt Ihr so schräge Töne?

Dieser Perspektivwechsel quietscht mir fürchterlich:

Nur vereinzelt noch sah ich kurz zwielichtige Gestalten aus dem Schatten der Laternen auftauchen,
und
Der Mann, der sich tief in seinen Mantel kauerte

Die gewählten Instrumente passen oft nicht zur Melodie, das Ambiente zum Beispiel oder auch die Sekundenkrümel.

Und wie wird das Säckchen plötzlich zum Päckchen?

Schaute in den gelben Seiten nach musikalischeren Klempnern

 

So, danke für den Hinweis mit dem Säckchen, das hatte ich übersehen. Die Instrumente habe ich teils geändert, jedoch ist es kein Perspektivenwechsel, sogesehen. Den erzählt wird die Geschichte vom beobachtenden Poeten der Nacht, daher auch der Titel.

 

Willst Du mich auf den Arm nehmen?
Kein Perspektivwechsel?

Woher weiss das Nachtschattendichterlein denn von den Gefühlen und Gedanken des Mannes?
Und kennt die Vor- und Nachgeschichte, sieht gar durch seine Augen?

sagte sich jedoch fortwährend, dass seine Nervostät lediglich auf Paranoia beruhte.
und
Nur weil er seinem Geschäftspartner das Wort gegeben hatte, war er überhaupt aus der Tür seines Hauses getreten. Er tat dieses hier zum ersten Mal, und freiwillig war auch sein Wort nicht gekommen.
und
Am anderen Ende konnte der Mann eine zweite Gestalt ausmachen.

Nur mal zum Beispiel.

Die Instrumentierung hast Du reichlich verschlimmbessert:

fühlte sich in diesem malerisch atmosphärischen Umfeld sichtlich unwohl
Das ist ein eine Flötenmelodei auf der Pauke geschlagen!

Hielt sich fliehend die Ohren

 

Hast du schon mal vom allwissenden Erzähler gehört? Sowat soll es geben, toll nicht?

Dann flieh mitsamt deinen Ohren, mir gefällts.

 

Rubinrot funkelt mir Dein arthurielischer Zorn entgegen.

Warum? Willst Du Schmeichelspeichel?

Dafür bin ich als Hutzelmännchen viel zu vertrocknet.


Aber ein Pflaster hab' ich:

DISCLAIMER:

Alle von mir geschlagenen Kerben und Rillen sind Ausdruck meines ganz persönlichen Sprachempfindens, unverbindlich und jederzeit in Frage zu stellen. Dieses Sprachempfinden erhebt in meinem Universum zwar den ständig selbstbezweifelten Anspruch absoluter Stimmigkeit , hier aber bin ich Gast in der Welt des Autors.

fort is' er, fortissimo

 

Den Schmeichel will ich nicht, doch Sachlichkeit.
Und eine etwas, sagen wir mal, übertribene Sprache war Absicht, wobei ich auch wieder auf den Titel verweisen darf, der ja direkt mit dem Erzähler zusammenhängt.

 

Hallo Arthuriel,

ein Poet der Nacht beobachtet etwas, anscheinend eine Bestechung, wenn ich das richtig verstanden habe, eventuell eine Erpressung, jedenfalls etwas, dass im Dunkel der Nacht passieren muss.

Ich weiß nicht, ob es nciht unlauter ist, Interpretationen nur auf Grund der Rubrik anzustellen, in die du die Geschichte gestellt hast. Für die Überlegung, ob du einen gesellschaftlich sanktionierten illegalen Akt beschreibst, ob du das Wesen unserer (Geschäfts)Politik beschreibst, kam mir jedenfalls hautsächlich deshalb.
Ansonsten bleibt bei deiner Geschichte alles in den dunkeln Schatten der nächtlichen Straße.
Das heißt nicht, dass sie mir nicht gefallen hätte. Sie liest sich sprachlich sehr angenehm und es gelingt dir, die Atmosphäre gut spürbar zu machen. Lediglich an deinem Schlusssatz habe ich was auszusetzen. Ich finde, es ist einder der wenigen Sätze, in denen eine Wiederholung nicht nur ok, sondern sogar anzuraten wäre.

er tat, was Hundert vor ihm gemacht.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo,
der letzte Satz hat, wie schon erwähnt, etwas mit dem Titel zusammen. Ich kann nicht gut Reimen, wollte es aber damals einmal probieren.

Zu deiner Interpretation, nun gut, ich habe etwas anderes gemeint. Doch Literatur ist eine Kunstform und ein Künstler kann ja nicht entscheiden, wie das Werk wirkt. Dennoch kann ich ja sagen, was ich meinte: Es geht um die zunehmende Überwachung, also ein klassiches Big Brother-Motiv. Der Poet der Nacht ist der Beobachter, der den gläsernen Menschen beobachtet, ohne dass dieser etwas davon ahnt. Der Poet kann also entweder ein Computer-Kamera-System sein, oder jedoch einer, der die Bänder auswertet und aus Langeweile dichtet.
Soweit ich mich erinnere ging es nicht um Bestechung sondern Drogenschmuggel i. A. eines Kollegen, dies ist jedoch eher nebensächlich, es zeigt nur, dass jeder gesehen wird, auch wenn er es nur einmal tut, als Gefallen für jemanden anderes.

Es freut mich, dass dir die Geschichte ansonsten gefallen hat.
Gruß
Arthuriel

 

hallo Arthuriel,

wenn ich mir die Geschichte auf deine Interpretation hin noch einmal durchlese, liegt diese auchviel näher als meine. :)
Da liegt dann mit den in London überall stationierten Überwachungskameras der Stadt auch ein gesellschftlicher Bezug sofort auf der Hand.

Ich sollte für heute aufhören, zu lesen, Irgendwie stimmt meine Intuition heute nicht. ;)

Lieben Gruß, sim

 

Ich wollte es aber ja auch nicht zu einfach machen, sonst hätte ich wohl auch eine andere Sprache verwendet. Eigentlich freut es mich ja schon so ein bisschen, dass du nicht direkt darauf kamst.

 

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