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Pluralis Majestatis

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21.01.2017
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Pluralis Majestatis

Es war einmal ...

... ein König, der über ein kleines Reich hoch oben in den Bergen herrschte. Sein Schloss lag auf einem sturmumtosten Berggipfel, auf dass der König sein ganzes Reich überblicken konnte. Einst hatten grüne Wiesen und weite Wälder seine Berghänge geschmückt, doch nun hielt der Ewige Winter das Land in seinen eisigen Klauen, und selbst das Schloss des Königs, welch bodenlose Frechheit, bestand nach so vielen Jahren des Winters nur noch aus Schnee und blitzendem Eis. Schuld trug nur die Winterhex‘, die den Ewigen Winter über sein Reich gebracht hatte, weil der Alte König, des Königs‘ Onkel, seinerzeit die Winterhex‘ mit einer unbedeutenden Kleinigkeit verärgerte. Sie war zu dieser Zeit auf Wanderschaft und bat im Schloss des Alten Königs um ein Lager für die Nacht.

„Mein edler Herr, haben Sie eine Unterkunft für eine von der langen Reise erschöpfte Hexe?“

Der Alte König, der ein jähzorniger Geselle war, hatte schon vor dem Mittagessen seinen Obersten Kammerdiener hängen lassen, weil dieser sich erdreistet hatte, ihm ein Mahl entsprechend des Diätplanes des Hof-Quacksalbers vorzusetzen. Danach war freilich das Küchenpersonal eingeknickt und hatte ihm in panischer Hektik ein Mahl zubereitet, das eines Königs würdig war. Doch der Alte König war immer noch erzürnt ob einer derartigen Impertinenz, und als die Winterhex‘ ihr Anliegen vortrug, lief er dunkelrot an und schrie:
„Eure Hoheit!“, dass die Dachbalken des Audienzsaales wackelten und feine Staubkörnchen leise zu Boden rieselten.

„Oh nein, werter Herr, ich bin keine Hoheit, nur eine bescheidene Hexe aus dem Geschlecht der Wetterhexen“, sprach die Winterhex‘ und lächelte gütig. Der Alte König knirschte mit den Zähnen, sein Gesicht war nun violett vor Zorn und die gezwirbelten Enden seines königlichen Schnauzers bebten.

„WIR sind Eure Hoheit!“

Die Winterhex‘ sah ihn nachdenklich an und sagte dann achselzuckend:
„Nein danke, werter Herr, mit Ihnen über dies‘ Land zu herrschen, würde sicher ... interessant, aber ich habe schon den Ewigen Winter in meinen Diensten und über ihn zu herrschen, ist mir Arbeit genug.“

Der König schnappte einen Moment nach Luft und stürzte dann in wilder Raserei von seinem Thron auf die Winterhex‘ zu. Sein Gesicht war eine wutverzerrte Grimasse. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast, als er knurrte:
„Wir verlangen, dass Sie uns angemessen anspricht! Die korrekte Anrede lautet ‚Eure Hoheit‘, und Ihre Frage muss heißen: ‚Eure Hoheit, habt IHR eine Unterkunft?‘“

Die Winterhex‘ starrte ungerührt in des Königs‘ lodernde Augen.
„Heißt das Ja oder Nein?“

Der König zuckte zurück und blickte sie aus weit aufgerissenen Augen an. Dann brüllte er:
„Wache! Werft dieses Ungeziefer in den Kerker!“

Die Winterhex‘ lachte gackernd.
„Der werte Herr glaubt, er könne eine Wetterhexe einsperren?“
Sie grinste breit, immer breiter, bis ihre Mundwinkel hinter den Ohren verschwanden, ihr Gesicht lief grün an und die Haare standen ihr zu Berge.
„Der werte Herr scheint nicht gänzlich gesund zu sein, denn er glaubt, er sei mehr als einer! Eine Abkühlung scheint mir angebracht für dies‘ aufbrausende Temperament, das in der Tat für seiner drei genügte. So möge die Kälte seine Krankheit wohl kurieren.“

Der König sprang vor Zorn auf und ab, und brüllte: „Genug! Hinfort mit Ihr!“

Die Wachen ergriffen die Winterhex‘, doch diese lachte schrill und fing an, sich zu drehen, drehte sich immer schneller, bis ihre Schuhe qualmten und rief dabei:

„Winter, Ewiger Winter, mein,
Komm und brech‘ über dies Land herein!
Weiche nicht, bis gesund der König sei,
Oder höflich zur Hex‘, das ist einerlei!“

Dann verschwand sie mit einem Knall in einer grünlichen Rauchwolke und ward nicht mehr gesehen, bis ein Jahr vergangen war. Dann erschien sie wieder vor dem Alten König und brachte ihr Anliegen vor:

„Mein edler Herr, haben Sie eine Unterkunft für eine von der langen Reise erschöpfte Hexe?“

Der Alte König war schlecht gelaunt und jähzornig wie eh und je, denn er fror seit einem Jahr ohne Unterlass. Und so lief er dunkelrot an und schrie:
„Eure Hoheit! Es heißt Eure Hoheit!“, dass die Dachbalken des Audienzsaales wackelten und kleine Eiszapfen klirrend zu Boden fielen. „Ergreift sie!“
Die Winterhex‘ lachte höhnisch und verschwand wieder mit einem Knall.

So trug es sich Jahr um Jahr zu und das Land ächzte unter Schnee und Eis. Eines Tages starb der Alte König. Seine schiere Leibesfülle hatte sein ohnehin schon kleines Herz schlichtweg erdrückt. Vielleicht hatte auch ein erboster Diener ein wenig nachgeholfen. Die beiden Söhne des Alten Königs waren ebenso jähzornig wie ihr Vater. Sie überlebten das darauffolgende Machtgerangel um die Nachfolge auf den königlichen Thron nicht, das unter Einsatz von Intrigen, Giftmischern und Auftragsmördern geführt wurde. Und so kam es, dass der Neffe des Alten Königs sein Nachfolger auf dem königlichen Thron wurde, obwohl er mit seinen achtunddreißig Jahren als Berufseinsteiger in dieser Branche eigentlich schon zu alt war.

Über ein Reich zu herrschen, das seit Jahrzehnten unter Schnee und Eis begraben lag, war eine äußerst undankbare Aufgabe für den frischgebackenen König. Das Volk war erbärmlich geschrumpft, denn das Land gab zum Leben nicht mehr viel her. Die Wälder waren im Auftrag des Alten Königs fast gänzlich abgeholzt worden, um im Schloss gegen die immerwährende Kälte anzuheizen. Und so gab es außer Schnee und Eis nicht mehr viel, über das der König herrschen konnte. Daher verbrachte er viel Zeit in der königlichen Bibliothek und fand schließlich Berichte aus der Zeit vor seiner Geburt, die die grünen Wiesen und die weiten Wälder des Reiches rühmten. Der König wunderte sich, woher der Ewige Winter gekommen sein mochte, doch er fand keine Aufzeichnungen aus der Zeit, nachdem derselbe über das Land gekommen war. Vermutlich lag es daran, dass selbst die Tinte in den Federkielen gefror.

Und so saß er betrübt und gelangweilt auf seinem Thron und wies die Winterhex‘ Jahr um Jahr mit einer vagen Handbewegung ab, nicht ohne sie auf die korrekte Anrede mit dem Pluralis Majestatis aufmerksam gemacht zu haben, wie es in seinem Reich seit jeher Brauch war.

Die Winterhex‘ war des Wartens inzwischen überdrüssig und mit jedem Jahr, das ins Winterland ging, wurde sie gereizter. Im einundsiebzigsten Jahr des Ewigen Winters erschien sie wieder mit einem Knall in ihrer grünlichen Rauchwolke, direkt vor dem königlichen Thron im großen Audienzsaal, auf dem der König gerade ein Nickerchen gemacht hatte, denn es gab seit Jahren niemanden mehr, der zur Audienz erschien. Er schrak hoch und ließ sich dann erleichtert in die samtenen Kissen seines Thrones zurücksinken.

„Ah, Sie ist es“, sprach er. „Was will Sie? Die Gemächer für Gäste sind schon seit Jahren verschlossen. Es gibt kaum noch Holz, um sie zu beheizen, und keine Lakaien, um sie in Stand zu halten. Mein Hofstaat ist nur noch in den nötigsten Positionen besetzt. Das sagten Wir Ihr schon bei der letzten Audienz!“

Die Winterhex‘ blickte ihn säuerlich an und murrte: „Ich sitze nun schon einundsiebzig Jahre hier fest und keiner von euch königlichen Eseln ist in der Lage, mir den Respekt entgegen zu bringen, den ich verdiene! Woher, in drei Teufels Namen, kommt dieser euch eigene Hochmut? Du und deine königliche Sippschaft, was habt ihr schon Großes geleistet?“

Der König, der eben noch gelangweilt mit den Strähnen seiner Perücke gespielt hatte, lehnte sich nun interessiert vor.
„Sie glaubt, Sie verdiene Unseren Respekt? Sie ist nur eine alte Frau, die kein Obdach findet, eine Heimatlose. Wir sind der Herrscher dieses Reiches! Warum also sollten Wir Ihr Respekt zollen? Und im Übrigen heißt es nicht ‚du‘ und ‚deine‘, sondern ‚Ihr‘ und ‚Eure‘.“

„Weil ICH den Ewigen Winter befehlige! ICH habe Schnee und Eis über dies‘ Land gebracht, vor so vielen Jahren! Was ist dagegen die Herrschaft über dein kümmerliches, kleines Land?!“, zeterte die Winterhex‘ aufgebracht. „Und auf eure lächerlichen Anrederegeln habe ich schon immer gepfiffen!“

Der König, der ein besonnener Mann war, lehnte sich in seinem Thron zurück und betrachtete die Winterhex‘ eine Weile, dann schüttelte er traurig den Kopf und sagte:
„Wir glauben Ihr nicht. Wir wünschten, es wäre so einfach. Nur einen Menschen, oder vielmehr eine Hexe für diese eisige Hölle verantwortlich machen zu können. Doch das Wetter hoch oben am Himmel entzieht sich seit jeher der Einflussnahme der Menschen hier unten auf Erden.“

Die Winterhex‘ starrte den König entgeistert an. Das Entsetzen über diesen logischen Fehlschluss grub sich immer tiefer in ihre Züge.
„Aber ... aber ich bin die Winterhex‘! Aus dem Geschlecht der mächtigen Wetterhexen! Du musst mir glauben! Ich ... ich beweise es!“, rief sie und verschwand mit einem Knall, um dann mit einem weiteren hinter dem königlichen Thron wieder aufzutauchen. Der König zuckte zusammen und sagte verärgert:
„Unterlasst diese Kindereien! Jede Wald- und Wiesenhexe beherrscht diese kleinen Tricks.“

Die Winterhex‘ ballte zornig die Fäuste.
„Du Ungläubiger bist noch schlimmer als der Alte, der nahm mich wenigstens ernst genug, um mich einsperren zu wollen!“

Der König hob die Augenbrauen und sagte dann langsam: „Nun gut, Wir spielen mit. Wenn es der Wahrheit entspricht, was Sie sagt, so müssten Wir Sie doch einfach nur töten, und der Ewige Winter würde mit Ihr verschwinden, nicht wahr?“
Die Winterhex‘ sah ihn mit großen Augen an, dann stahl sich ein Lächeln auf ihre Züge.
„Sie haben Recht! Beim pferdefüßigen Gehörnten! Sie haben Recht, werter Herr! Töten Sie mich, und der Ewige Winter wird Ihr Land verlassen. Und ich werde endlich frei sein!“

Der König, der, seit Jahren fürchterlich gelangweilt, langsam Gefallen an diesem Spielchen fand, sah der Winterhex‘ amüsiert zu, wie sie, mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht, vor dem Thron auf und ab ging und leise vor sich hin murmelte, die Hände in feinen Gesten immer in Bewegung. Er zog sein königliches Messer und betrachtete liebevoll den smaragdbesetzten Griff. Mit einem großen Satz war er bei der Winterhex‘ und hielt ihr das Messer an die Kehle. Die Winterhex‘ grinste, ihre Augen leuchteten.

„Worauf wartet Ihr, werter Herr? Tut es, macht schon! Ich will endlich wieder frei sein!“

Der König sah die wilde Entschlossenheit in ihren Augen, und das amüsierte Lächeln verschwand von seinem Gesicht. Entsetzt trat er einen Schritt zurück und sprach leise: „Bei Allem, was heilig ist, Sie meint es ernst!“

Die Winterhex‘ stürzte auf ihn zu und klammerte sich verzweifelt an seine Gewänder.

„Ich flehe Euch an, befreit mich, ich halte diese Warterei und Langeweile nicht noch ein weiteres Jahr aus!“

Der König lächelte nun und sagte:
„Da sieh‘ einer an, Sie hat den Pluralis Majestatis verwendet. Wie wundervoll klingt es in Unseren Ohren! Wir danken Ihr für diesen selten gewordenen Genuss. Wir haben zwar keine Gastgemächer in bewohnbarem Zustand, doch einer Unsrer Diener ist auf Urlaub in der Südsee und seit einem Mond schon überfällig. Wir fürchten, er wird nicht in Unser eisiges Reich zurückkehren. Dennoch wird sein Quartier im Dienstbotentrakt bereit gehalten, Wir hätten also ein freies Gemach für Sie, wenn Sie es wünscht.“
Die Winterhex‘ konnte ihr Glück kaum fassen und begann freudig im Audienzsaal umher zu tanzen. Der König sah ihr lächelnd zu und ließ einen Lakaien kommen, der die Winterhex‘ in ihr Gemach führte.

Am nächsten Morgen wachte der König ungewöhnlich früh auf. Ein Sonnenstrahl kitzelte ihn an der Nase. Verwundert trat er ans Fenster und traute seinen Augen kaum. Von sämtlichen Dächern tropfte es, im Innenhof hatte sich ein beachtlicher See gebildet und durch den Abfluss in der Außenmauer ergoss sich ein rauschender Sturzbach ins Tal. Der König schloss die Augen und genoss die wärmende Sonne auf seinem Gesicht. Dann fuhr er plötzlich herum und stürzte zur Tür hinaus.
„Sie hat die Wahrheit gesagt!“, rief er und packte den ersten Diener, der ihm über den Weg lief, am Kragen. „Wo ist die Hexe, die Wir gestern im Dienstbotentrakt untergebracht haben?! Bringt sie zu Uns, Wir müssen ihr danken! Sie hat Unser Reich vom Ewigen Winter befreit!“
Der Diener sah ihn erschrocken an.
„Sie ist fort. Als man ihr das Frühstück bringen wollte, war das Zimmer leer. Man fand nur ein kleines Birnbäumchen in einem Topf auf dem Tisch.“

Der Ewige Winter war mit der Winterhex‘ verschwunden und das Reich des Königs erholte sich schnell. Bald waren die Wiesen wieder grün, die Menschen kehrten zurück und in den gerodeten Wäldern sah man junge Bäume gen Himmel streben. Der König ließ den Birnbaum der Winterhex‘ im Schlosshof einpflanzen, und er wies niemals wieder jemanden ab, der um eine Unterkunft bat. Der Pluralis Majestatis wurde als höchste Form der Höflichkeit und Ehrerbietung in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen. Der König jedoch, der den Pluralis Majestatis als kulturelles Erbe und wohlklingende Veredelung der Sprache liebte, stellte seinen Untertanen den Gebrauch desselben frei, denn er glaubte, nur ein freier Geist sei auch ein edler Geist. Das Gemach der Winterhex‘ blieb bis zu seinem Tod stets für sie frei, doch sie besuchte das Reich des Königs nie wieder. Noch heute tanzen die Menschen zum Beginn des Frühlings um den knorrigen, alten Birnbaum, um die Winterhex‘ zu ehren, die den Ewigen Winter aus dem kleinen Land verschwinden ließ.

 

Der Pluralis Majestatis geisterte in den vergangenen Tagen durch meinen Kopf, daher habe ich ihn in diesem kleinen Märchen "in die Freiheit entlassen". Ich hoffe, ich habe Ihn korrekt verwendet ... Wer Fehler entdeckt, bitte melden :D

 

Hola Kassiopeia,

Der Pluralis Majestatis geisterte in den vergangenen Tagen durch meinen Kopf, daher habe ich ihn in diesem kleinen Märchen "in die Freiheit entlassen". Ich hoffe, ich habe Ihn korrekt verwendet ... Wer Fehler entdeckt, bitte melden.
Ich melde mich trotzdem, obwohl ich keine (keinen einzigen!) entdeckt habe. Dafür habe ich den Verdacht, den Pluralis Majestatis aktiviert zu haben – ich schrieb dem mittlerweile abgetauchten Bobby3000:
Ein großes Ich spricht von ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Wäre zu überlegen, ob Du nicht besser den Pluralis Majestatis anwendest.
Möglicherweise hast Du diesen Komm gelesen. Wie auch immer, jedenfalls hast Du Dein Potential bewiesen. Mir hat die Geschichte gefallen. Bei jeder Zeile kriegt man mit, dass hier ein erfahrener Autor zu Gange ist.
So liest sich der Text zügig und stolperfrei, er erzählt ein Märchen und dennoch ist er weit entfernt vom altbackenen Märchen-Sound. Ganz im Gegenteil – er ist amüsant und geistreich, und die Idee, um den vermaledeiten Pl. M. ein Märchen zu spinnen, ist bestens umgesetzt!

Da es jedoch kein hundertprozentiges Lob geben kann, zwei winzige Korinthen:

... ein eines Königs würdiges Mahl ...

„EURE HOHEIT!!!“
„GENUG!!! HINFORT mit Ihr!!“
Sechs Worte, acht Ausrufezeichen.
Großbuchstaben sind unbeliebt.

Vermutlich lag es daran, dass selbst die Tinte in den Federkielen gefror.
Gelungen! Jedoch wäre besser, die Tinte im Tintenfass gefrieren zu lassen, denn der Kiel wird ja hineingetaucht.

Zum Schluss ein typisches WK-Lob: Sehr gern gelesen!

José

 

Hej Kassiopeia,

es gibt wenig Schöneres, womit man den Tag beginnen könnte als mit einem Märchen über wilde Könige und geduldige Hexen. ;)

Diese Geschichte bekam mir sehr gut zum Kaffee, größtenteils weil's, wie so oft im Leben, die Mischung macht. Dein Einstreuen von zeitgemäßem Vokalbular in den Ton des Märchens hat mich amüsiert und selbstverständlich ist die Pointe nötig und angemessen. Obwohl? Wo isse hin, die gute Winterhexe? Noch vor dem Frühstück? :hmm:

Der Charakter des gelangweilten Königs ist schön gestaltet und es ist beruhigend, dass sich Jähzorn mit den Generationen abschwächt. :lol:

Herzlichen Dank für dieses hübsche Märchen und freundlicher Gruß sowie einen frostfreien Tag, Kanji

 

Hallo José,

danke für Dein Wahnsinnslob! So kann der Tag beginnen :D
Und ja, es war in der Tat Dein Komm, der dazu führte, dass der "vermaledeite" Pluralis Majestatis in meinem Kopf herumschwirrte wie ein Ohrwurm, den man nicht mehr los wird. Mit dem Unterschied, dass ich den Pluralis Majestatis wirklich liebe, und wie wird man einen sprachlichen/literarischen Ohrwurm besser los, als ihn aufs Papier zu bringen?

Zu den "Korinthen":

... ein eines Königs würdiges Mahl ...

Hast Du Recht. Geändert.

„EURE HOHEIT!!!“
„GENUG!!! HINFORT mit Ihr!!“

Der Alte König schreit sich ja die Seele aus dem Leib, und ich fand, das müsse Eingang ins Schriftbild finden, um es zu unterstreichen ;) Da der Effekt wohl nicht der gewünschte ist, habe ich die Großbuchstaben großteils geändert (außer bei WIR und IHR, denn drei kleine Großbuchstaben fallen doch gar nicht weiter auf :D ), die Ausrufezeichen habe ich beibehalten.

Vermutlich lag es daran, dass selbst die Tinte in den Federkielen gefror.
Gelungen! Jedoch wäre besser, die Tinte im Tintenfass gefrieren zu lassen, denn der Kiel wird ja hineingetaucht.

Ich dachte auch zuerst an das Tintenfass, habe mich aber aus zwei Gründen für den Federkiel entschieden:
1. ... dass selbst die Tinte in den Tintenfässern gefror.
Hier hätte ich zweimal "Tinte" auf engstem Raum und das erschien mir doch recht unelegant.
2. Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht, wie kalt es in des Königs' Schloss nun wirklich ist und hatte mich für kuschlige 0°C plus minus 5 entschieden, vielleicht, weil es in der wirklichen Welt auch langsam wärmer wird (als ich "Jagdfieber" geschrieben habe, hatten wir hier tagsüber durchschnittlich -10°C). Ich ging davon aus, dass man bei Knappheit des Heizmaterials die Bibliothek und die Schreibstuben eher nicht heizen würde (zumal mir der Alte König, der jähzornige, nicht wie einer vorkam, der Wert auf Lesen oder gar Schreiben legte). Und bei diesen Rahmenbedingungen würde die Tinte in den Tintenfässern wohl eher nicht oder nur teilweise gefrieren, die Tinte in den Federkielen dagegen schon, durch das geringere Volumen und die größere Oberfläche. Ist jetzt eine recht ausladende Erklärung für so einen kleinen Nebensatz, aber ich würde ihn in der Form gerne beibehalten, weil er halt so schön klingt. Und ich mag das Wort "Federkiel" :D

Danke, José, für Deinen Kommentar, und ich freue mich sehr, dass der P.M. fehlerfrei daher kommt.

Hallo Kanji,

danke auch Dir für das Lob! Es freut mich ungemein, dass Dir das Märchen gefallen hat :)

Die Winterhex' ist nach einundsiebzig Jahren des Wartens und der Langeweile endlich wieder auf Wanderschaft. Sie war furchtbar aufgeregt und neugierig, was sich in der Welt wohl verändert haben mochte in dieser langen Zeit. Deshalb konnte sie es kaum erwarten und ist noch vor dem Morgengrauen mit einem Knall verschwunden, den freilich niemand gehört hat, denn das Schloss schlief noch tief und fest. Sie wandert bis heute durch die Welt und bringt den Ewigen Winter mit, wo auch immer sie Rast macht (zumindest kommt er mir immer ewig vor ...), um dann weiter zu ziehen und den Frühling in die Lande zu lassen.

Auch Dir liebe Grüße und ein paar letzte frostfreie Stunden (wie man hört, wird's jetzt wieder kalt :hmm:)

Kassiopeia

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kassiopeia,

nachdem ich gerade den heutigen Wetterbericht gelesen habe, brauchte ich was Aufmunterndes zum Kaffee, und da kommt ein Märchen allemal zurecht, besonders wenn ein josefelipe den ersten Kommentar schreibt.

Ich dachte zuerst, dass da ein Trump-Klon im ruinierten größten (kleinsten) Land residiert. Aber nein, zu märchenhaft ist das gute Ende, und dass die Nachfahren zu solch weiser Erkenntnis gelangen könnten, also nein ...

Eine Frage hätte ich noch. Da die Untertanen nur in der dritten Person Singular wahrgenommen werden, müssten das Personalpronomen und auch Possessivpronomen kleingeschrieben werden, jedenfalls nach meiner Logik. Leider habe ich jetzt keine Zeit, dies zu überprüfen. Ich bin aber sicher, dass sich die bewährten Hüter der deutschen Sprache hier ex cathedra melden werden.

Danke für die Praline zu Frühstück.

Freundliche Grüße
wieselmaus

Nachtrag: Kannst du nicht ein Märchen zu ex cathedra schreiben?
Ich würd's lesen, versprochen!

LG wieselmaus

 

Hej Kassiopeia,

Du trennst den ersten Satz und klassischen Beginn vieler Märchen vom Rest der Geschichte.
Was bezweckst Du damit oder auf welchen Effekt bist Du da aus?

Und wozu ist die Hexe im Text immer nur eine Hex'? Sonst find ich da keine gewollten Anzeichen von Umgangssprache oder Dialekt.

Insgesamt sagt mir die Thematik leider einfach nicht viel oder besser, die wirkt auf mich etwas bemüht.
Der König beharrt auf diesem und die Hexe nicht weniger bockig auf jenem Standpunkt.
Ich habe gehofft, dass hier

Und ich werde endlich frei sein
eine Auflösung kommt, die mir den ganzen Anlass erklärt.
Aber entweder hab ich die überlesen oder nicht richtig verstanden oder die gibt es dann doch nicht.

Auch das hier

Der König, der, seit Jahren fürchterlich gelangweilt

ich halte diese Warterei und Langeweile nicht noch ein weiteres Jahr aus!“
erklärt für mich gut, was an dem Konflikt nicht so recht funktioniert.

Der Übersichtlichkeit halber könntest Du die Wörtliche Rede immer an den Beginn einer Zeile setzen.

Gruß
Ane

 

Hallo wieselmaus,

freut mich sehr, dass ich Dir mit diesem Märchen den Kaffee versüßen konnte!

Ich dachte zuerst, dass da ein Trump-Klon im ruinierten größten (kleinsten) Land residiert.

Nee, man muss ja nicht jeden Text politisieren, auch wenn der gute Herr Trump mit seinen Aktionen förmlich um Satire bettelt. Ich dachte zwar kurz darüber nach, auf die Schnelle noch irgendwo ne Mauer zu ziehen, aber das hätte das Märchenhafte am Märchen verdorben.

Eine Frage hätte ich noch. Da die Untertanen nur in der dritten Person Singular wahrgenommen werden, müssten das Personalpronomen und auch Possessivpronomen kleingeschrieben werden, jedenfalls nach meiner Logik.

Puh, da bin ich ehrlich gesagt überfragt, aber es ist gut möglich. Vielleicht findet sich ja noch jemand, der diese Frage beantworten kann. Ich habe jetzt beim schnellen Googeln nichts dazu gefunden. Dessen ungeachtet ging es mir auch darum, Abstufungen von Höflichkeit darzustellen. Der König ist ja zur Winterhex' eigentlich durchgängig recht höflich und weicht nicht davon ab (auch wenn die Großschreibung der Höflichkeit halber natürlich in einem gesprochenen Dialog keine Entsprechung findet), während die Winterhex' nach 71 Jahren nervenzerfetzender Langeweile beim (bewusst) kleingeschriebenen "du" angelangt ist, um sich im Laufe des Gesprächs über das höflichere "Sie" zum Pluralis Majestatis hochzuarbeiten.

Nachtrag: Kannst du nicht ein Märchen zu ex cathedra schreiben?
Ich würd's lesen, versprochen!

Wie könnte ich Nein sagen, wenn jemand so nett fragt ;) Ich mach' mir mal ein paar Gedanken bei Gelegenheit, vielleicht fällt mir was Originelles dazu ein.

LG Kassiopeia

 

Hallo Ane,

Du trennst den ersten Satz und klassischen Beginn vieler Märchen vom Rest der Geschichte.
Was bezweckst Du damit oder auf welchen Effekt bist Du da aus?

Ich hatte das bei irgendeinem Märchen mal so gelesen und fand es einfach schön. Es ist die klassische Märcheneinleitung und durch die Leerzeile hat der Leser eben genau diese Leerzeile Zeit, um sich seelisch und moralisch darauf einzustellen, dass jetzt ein Märchen kommt (auch wenn ich mit "Märchen" getagt habe, für den Text an sich schien es mir richtig zu sein).

Und wozu ist die Hexe im Text immer nur eine Hex'?

Das kommt wohl daher, dass sich in meinem Umfeld jemand befindet, der bzw. die einfach nur Hex' gerufen wird. Sie heißt so, weil sie so heißt. Es ist sozusagen eine Koseform von Hexe, denke ich. Und ich mag die Winterhex', deshalb habe ich sie so genannt.

Insgesamt sagt mir die Thematik leider einfach nicht viel oder besser, die wirkt auf mich etwas bemüht.

Ich habe gehofft, dass hier
Und ich werde endlich frei sein
eine Auflösung kommt, die mir den ganzen Anlass erklärt.
Aber entweder hab ich die überlesen oder nicht richtig verstanden oder die gibt es dann doch nicht.

Schade. Okay, ich halte zwar nicht viel davon, wenn man die Pointe einer Geschichte erklären muss (denn dann hat die Story für den Leser definitiv nicht funktioniert), aber ich versuchs mal: Der Kern der ganzen Sache ist der Pluralis Majestatis, oder besser gesagt, wie sich Höflichkeit und die Missachtung derselben auswirken. Der Alte König erwartet von der Winterhex', dass sie ihm mit Respekt und der entsprechenden Höflichkeitsformel begegnet. Nun ist Höflichkeit aber keine Einbahnstraße, und genau da liegt der Hund begraben. Das Ganze schaukelt sich so weit auf, dass die Hexe einen Fluch über das Land bringt und sie erwartet natürlich, dass der Alte König zeitnah einknickt. Der Alte ist aber blind vor Jähzorn und damit ist die Hex' in ihrem eigenen Fluch gefangen. Denn es gehört nunmal zu den Regeln, dass sie Jahr um Jahr erscheinen muss, um dem König Gelegenheit zu geben, den Fluch zu brechen. Und während solche Basisinfos wie "wie kam es zum Fluch des Ewigen Winters" möglicherweise an die Söhne weitergegeben wurden, so doch sicher nicht an den Neffen, der ja gar nicht als Thronfolger vorgesehen war. Der wird jedoch König und weiß von nix, und schon hat man den Salat und die ganze Nummer zieht sich, bis die Winterhex' die Geduld verliert. Die "Auflösung" ist letztendlich, dass beide Seiten hinsichtlich der Höflichkeit Zugeständnisse machen, um den Fluch zu brechen.

Ich hoffe, ich konnte weiterhelfen. Schade, wie gesagt, dass Dir das Märchen nicht gefallen hat, vielleicht klappts ja beim nächsten Mal.

VG Kassiopeia

 

Hallo Kassiopeia,

Du hast es mit eisigen zeiten und nicht auszuschließen, dass am ende aller aufklärung und wissenschaft wie schon am ende der griechisch-römischen welt die verklärung und religiöses denken – etwa mit gott Guugel auf dem Olymp - die welt mit mythologien, sagen und frommen legenden erklärt wird. Da käme eine wetterhexe den hohen priestern Pichai, Gates, Bezos etc. gelegen, um den flachköpfen in den niederen ständen ein erklärungsmodell der hierarchien zu liefern.

Hexen (ahd. hagzissa/hag(a)zus(a), mhd. hecse oder hesse(!), also jene, die auf Zaun/Hecke [hag/a] ritten, in eiswüsten könnte da der besen einen guten ersatz geben) waren ursprünglich weise frauen in der stammeslandschaft, deren rat gefragt war und auf den man hören sollte. Ich, weiß nicht, ob Du Dich im Gallischen krieg und seinen folgen auskennst, aber bevor Ariovist mit seinen Markomannen dort eingriff, befragte er eine dieser weisen frauen – und die warnte ihn davor, den Rhein mit seiner gevolkschaft zu überqueren. Sie kehrten nicht mehr zurück auf die rechte Rheinseite. Auch Armin fragte bei den weisen frauen nach wie auch Marbod, zu hexen wurden diese ratgeber weibl. geschlechts erst mit der christlichen mission und dem patriarchat.

Auf jeden fall ist Dein märchen ein wunderbares erklärungsmodell für frühlingsbräuche ...

Es war einmal …
mit der standardformel des volksmärchens beginnt Dein kunstmärchen, das folgerichtig gar nicht anders, als in der vergangenheit spielen kann.

Der dritte satz hingegen bietet eine alternative zu dieser formel im adverb „einst“, selbst wenn er da nur einseitig auf eine vergangenheit vor der erzählten vergangenheit verweist. Dabei könnte mittels dieses adverbs das märchen in die zukunft und als utopie geschrieben werden, etwa für eine künftige mehr oder weniger kleine eiszeit, denn einst weist sowohl zurück (einst war …) wie nach vorn (einst wird …) und kann als historisches präsens gar in der gegenwart spielen (einst ist …). Es ist das flexibelst einsetzbare wort überhaupt, nur mal so als anregung!

Was aber auch sofort auffällt, ist Dein klammern an die schulgrammatik – was ja nun an sich nix falsches ist – die sich aber in der diktatur der hilfsverben und partizipienreiterei äußert. Nehmen wir den schon eingeleiteten absatz

Einst hatten grüne Wiesen und weite Wälder seine Berghänge geschmückt, doch nun hatte der Ewige Winter das Land in seinen eisigen Klauen, und selbst das Schloss des Königs, welch bodenlose Frechheit, bestand nach so vielen Jahren des Winters nur noch aus Schnee und blitzendem Eis. Schuld war nur die Winterhex‘, die den Ewigen Winter über sein Reich gebracht hatte, weil der Alte König, des Königs‘ Onkel, die Winterhex‘ mit einer unbedeutenden Kleinigkeit verärgert hatte. Sie war zu dieser Zeit auf Wanderschaft gewesen und hatte im Schloss des Alten Königs um ein Lager für die Nacht gebeten.

Einst hatten .. geschmückt, doch nun hatte … Schuld war … gebracht hatte, weil … verärgert hatte. Sie war … gewesen und hatte … gebeten.
Das ließe sich schon zu anfang des absatzes dank des unscheinbaren adverbs vermeiden, etwa so „einst schmückten grüne wiesen und …, doch nun lag das land in des ewigen winters klauen … Schuld trug nur die winterhecse, die den ewigen winter über das reich brachte, weil der … Sie war zu dieser zeit auf wanderschaft und hatte im schloss ...“ Kurz, sieben ließen sich auf eines reduzieren, ohne dass die sätze schaden nähmen.

Auch meine ich, karolinkische minuskel, dass die geschichte gar keine comic-haften übertreibungen wie etwa hier

... und schrie:
„Eure Hoheit!!!“, dass die Dachbalken …
in den ausrufezeichen nötig habe. Ist die geschichte auch zum vorlesen gedacht, so würde es eh kein zuhörer sehen und es bliebe bei der kunstfertigkeit des vortragenden, die heftigkeit der anrede darzustellen. Der lesende wird das schreien schon richtig interpretieren als heftig.

Hier nun der erste „richtige“ fehler, wenn die infinitivgruppe (zu herrschen) aufgrund der abhängigkeit von einem substantiv (das personalpronomen steht stellvertretend für den winter) nach dem komma verlangt

... interessant, aber ich habe schon den Ewigen Winter in meinen Diensten und über ihn zu herrschen[,] ist mir Arbeit genug.“
(in einer kleinen umstellung ist das vielleicht besser zu erkennen: „Über den winter zu herrschen, ist mir Arbeit genug“)

Hier muss die apposition vollständig abgegrenzt werden

Sein Gesicht[, /alternativ „ - “] eine wutverzerrte Grimasse, berührten sich ihre Nasenspitzen fast, als er knurrte:

Der König wunderte sich, woher der Ewige Winter gekommen sein mochte, doch er fand keine Aufzeichnungen aus der Zeit[,] nachdem derselbe über das Land gekommen war.
(neben dem nachzutragenden komma wäre hier auch das verb „mögen“ entbehrlich, würde der konjunktiv i „woher der winter gekommen sei“ gesetzt, wie das pqp am ende des satzes schlicht durchs prät. ersetzt wird)

Hier ließe sich die schwache klammer durch einfachstes möbelrücken vermeiden, indem das abschließende partizip vors komma gesetzt würde

Die Winterhex‘ war des Wartens inzwischen überdrüssig und wurde mit jedem Jahr, das ins Winterland ging, gereizter.
Wobei mir nun auffällt, dass wir doch von anfang der geschichte wissen, wo sie spielt … Sollte der relativsatz entbehrlich sein?

Gern gelesen von

Minuskel Singh Ulla

 

Hallo Friedrichard,

freut mich, dass Du einen Blick auf dieses kleine Märchen geworfen hast.

Du hast es mit eisigen zeiten

Ich verspreche, ab April steigen die Temperaturen in meinen Geschichten ;)

zu hexen wurden diese ratgeber weibl. geschlechts erst mit der christlichen mission und dem patriarchat.

Das ist mir bewusst, aber im Sinne des klassischen Märchens habe ich die Comic/Kinderbuchversion der Hexe gewählt. Es ging mir auch keineswegs um eine in irgendeiner Form realistische Darstellung von Geschehnissen. Es sollte ein nettes kleines Märchen sein, mit einem Schuss Humor und gut geschüttelt, auch, um dem P.M. ein (meinen Fähigkeiten entsprechend) bescheidenes Denkmal zu setzen.

Der dritte satz hingegen bietet eine alternative zu dieser formel im adverb „einst“, selbst wenn er da nur einseitig auf eine vergangenheit vor der erzählten vergangenheit verweist. Dabei könnte mittels dieses adverbs das märchen in die zukunft und als utopie geschrieben werden, etwa für eine künftige mehr oder weniger kleine eiszeit, denn einst weist sowohl zurück (einst war …) wie nach vorn (einst wird …) und kann als historisches präsens gar in der gegenwart spielen (einst ist …). Es ist das flexibelst einsetzbare wort überhaupt, nur mal so als anregung!

Dieser kleine Absatz gefällt mir sehr und ich danke Dir dafür! Ich habe "einst" schon in Verbindung mit vergangeheit und Zukunft geschrieben gesehen, habe es aber hauptsächlich als Adverb der Vergangenheit abgespeichert. Die Idee, das Märchen "in die Zukunft und als Utopie" zu verlegen, ist verlockend. "Pluralis majestatis" liebe ich so, wie es ist, aber wieselmaus regte ja schon an, ein Märchen über ex cathedra zu schreiben (wenngleich ich mir nicht ganz sicher bin, ob das nicht ein Scherz oder Sarkasmus war ;) ), und vielleicht lässt sich etwas in dieser Richtung entwickeln.

Was aber auch sofort auffällt, ist Dein klammern an die schulgrammatik – was ja nun an sich nix falsches ist – die sich aber in der diktatur der hilfsverben und partizipienreiterei äußert.

Das klingt jetzt erstmal schwer negativ, aber ich weiß die gute Absicht zu schätzen, meine Ausdrucksweise zu verbessern. Eine dahingehende Überarbeitung des Textes wird dauern, denn dafür muss ich mir Satz für Satz vornehmen. Nur eine Frage:

Schuld trug nur die winterhecse, die den ewigen winter über das reich brachte, weil der …

Der Satz steht im Original im Pqp, für das ich um ein Hilfsverb nicht herumkomme. Ist die Wahl der Zeit falsch (ich meine, nein, denn der Satz bezieht sich ja auf weiter zurückliegende Ereignisse) oder ist das Pqp durch die Verwendung des Adverbs "einst" am Anfang obsolet?

Auch meine ich, karolinkische minuskel, dass die geschichte gar keine comic-haften übertreibungen wie etwa hier
... und schrie:
„Eure Hoheit!!!“, dass die Dachbalken …
in den ausrufezeichen nötig habe. Ist die geschichte auch zum vorlesen gedacht, ...

Aaaah, ich musste doch schon die Großbuchstaben ändern :cry: Okay okay, kein exzessiver Gebrauch von Ausrufezeichen, verstanden. Dass das Märchen irgendwem vorgelesen wird, glaube ich kaum.

Kommafehler habe ich korrigiert, auch wenn ich dachte, hier

Sein Gesicht[, /alternativ „ - “] eine wutverzerrte Grimasse

eine Ellipse vor mir zu haben, die kein Komma verlangt. Allerdings bin ich nicht ganz sicher, wenn wenn ich "war" dazwischensetze, klingt der Rest des Satzes falsch ...

Hier ließe sich die schwache klammer durch einfachstes möbelrücken vermeiden, indem das abschließende partizip vors komma gesetzt würde

"Die Winterhex‘ war des Wartens inzwischen überdrüssig und wurde mit jedem Jahr gereizter, das ins Winterland ging." Klingt für mich einfach nicht schön. Wie wäre es mit: "Die Winterhex' war des Wartens inzwischen überdrüssig und mit jedem Jahr, das ins Land ging, wurde sie gereizter."

"Die Jahre gehen ins Land" ist eine Redewendung, die mir sehr gefällt. Überflüssig? Vielleicht. Aber viele schöne Dinge sind im Grunde überflüssig, und doch wäre die Welt ohne sie kalt und ohne Freude. Ich schreibe im wirklichen Leben wissenschaftliche Texte und dort ist jeder Schnörkel fehl am Platz. Vielleicht neige ich deshalb hier so sehr zum Ausschmücken und genieße die Eleganz der Sprache, wenn sie nicht der starken Einschränkung auf Introduction, Materials and Methods, Results and Discussion unterliegt.

Es freut mich, dass Du das Märchen, trotz der vielen Kritikpunkte und der Schulgrammatik, "gern gelesen" hast :)

Liebe Grüße!

Kassiopeia

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kassiopeia,

keinesfalls war mein Vorschlag zu ex cathedra als Märchen scherzhaft gemeint. sarkastisch schon, aber vor allem deshalb, weil eine Reihe von solchen bildungsbürgerlichen Redewendungen in ihrer exklusiven Anmutung schon ein satirisches Potential enthalten :D.

Dazu zähle ich auch
medias in res,
expressis verbis,
quod erat demonstrandum oder
sine qua non, um nur einige zu nennen.

Mir hat bei deinem Märchen so gut gefallen, dass lächerliche Überheblichkeit so schön bestraft wurde. Für mich hast du diesen satirischen Märchenton sehr gut getroffen. Ehrlich!

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Danke wieselmaus! Und ich setze mich dran, versprochen. Habe schon erste lose Ideen ... :D

LG Kassiopeia

 

Eine dahingehende Überarbeitung des Textes wird dauern, denn dafür muss ich mir Satz für Satz vornehmen.

Wissen Wir doch,

liebe Kassiopeia,

aber mit der Frage

Nur eine Frage:
Schuld trug nur die winterhecse, die den ewigen winter über das reich brachte, weil der …
Der Satz steht im Original im Pqp, für das ich um ein Hilfsverb nicht herumkomme. Ist die Wahl der Zeit falsch (ich meine, nein, denn der Satz bezieht sich ja auf weiter zurückliegende Ereignisse) oder ist das Pqp durch die Verwendung des Adverbs "einst" am Anfang obsolet?
begeben wir uns auf zwodeutiges Gelände, und wer Zweideutigkeiten nicht mag, sollte die Augen schließen.

Grundsätzlich gilt zunächst, dass es im Deutschen gar keine feste Zeitenfolge gibt wie in anderen Sprachen, obwohl – jetzt kommt die Einschränkung – das Tempus eben nicht ohne Bedeutung ist

Der/Dein vollständige/r Satz lautet

Schuld war nur die Winterhex‘, die den Ewigen Winter über sein Reich gebracht hatte, weil der Alte König, des Königs‘ Onkel, die Winterhex‘ mit einer unbedeutenden Kleinigkeit verärgert hatte
darinnen zwomal „haben“ als Hilfsverb und ein „sein“ als Vollverb vorkommen („tragen“ passt halt zur „Schuld“ besser, als ein „Schuld sein“, mein ich. Schuld/en ist/sind immer eine Last!)).

Zumindest ein Hilfsverb lässt sich einsparen – auch ohne „einst“, nämlich das erste, das zwote zeigt dann einen Zeitraum/-punkt zuvor an, nämlich den des „Onkels“, sofern es – an anderer Stelle hierorts wurd ich gerade erst auf den Unterschied von erotisch und pornografisch hingewiesen – da lass ich mal so was wie pornografische Fantasie durchgehn – sofern mit

des Königs‘ Onkel
nicht der „dicke“ des Alten Königs gemeint sei.

Der Apostroph legt den Gedanken recht nahe – und der Genitiv zeigt Herkunft und Besitz an, des Königs Onkel, in dem Fall des Alten Königs braucht es keines Hilfsverbs, das der Onkel ja immer mit dem Alten Königs … Mir kommt ein Verdacht auf: Könnte die Hexe was mit dem König gehabt haben …?

Keine Bange, ich bin nicht Ina Müller ... aber

Minuskel Singh Ulla

 

Hallo Friedrichard,

aaalso, der Satz würde demnach lauten:

Schuld trug nur die Winterhex‘, die den Ewigen Winter über sein Reich brachte, weil der Alte König, des Königs‘ Onkel, die Winterhex‘ mit einer unbedeutenden Kleinigkeit verärgert hatte.

Gefällt mir nicht, klingt von der Zeitabfolge her falsch. Alternativ:

Schuld trug nur die Winterhex‘, die den Ewigen Winter über sein Reich gebracht hatte, weil der Alte König, des Königs‘ Onkel, seinerzeit die Winterhex‘ mit einer unbedeutenden Kleinigkeit verärgerte.

Minuskel Singh Ulla

Ich komme einfach nicht dahinter, was das zu bedeuten hat. Wortspiel? Verweis auf eine mir unbekannte Persönlichkeit? Vielleicht kannst Du mich bei Gelegenheit aufklären ...

Liebe Grüße, Kassiopeia

Hallo Bas,

das freut mich total, dass ich Dich mit dem Märchengenre versöhnen konnte, bevor ein bleibender Schaden entstanden ist.

Sein Gesicht, eine wutverzerrte Grimasse, berührten sich ihre Nasenspitzen fast
Nanu?
Über den kleinen Flüchtigkeitsfehler lässt sich wunderbar hinwegsehen

Der Satz hatte ursprünglich ein Komma weniger: Sein Gesicht eine wutverzerrte Grimasse, berührten sich ihre Nasenspitzen fast. Friedrichard merkte an, dass die Apposition "eine wutverzerrte Grimasse" durch ein Komma abgetrennt werden muss. Ich dachte, es wäre eine Ellipse, da wäre kein Komma nötig. In der aktuellen Version schaut es auch für mich irgendwie falsch aus (obwohl ich nicht behaupten will, dass die erste Version dadurch zwangsläufig richtig ist, ich bin mir da immernoch nicht sicher) und ich kann verstehen, dass Du darüber gestolpert bist. Ich denke, ich werde zwei Sätze draus machen, dann umgehe ich das Problem.

Irgendwie verstehe ich dann aber nicht ganz, warum die Hexe plötzlich so einknickt. Ist sie die Warterei einfach leid? Verständlich, aber so wie ich sie kennengelernt habe, habe ich ihr irgendwie ein wenig mehr Sturheit zugetraut.

Ich fand, nach 71 Jahren war der Sturheit Genüge getan ;) Die Ärmste war eine Gefangene ihres eigenen Fluchs und sie hätte vielleicht die hundert Jahre voll gemacht (nur so aus Prinzip), wenn sie nicht erkannt hätte, dass der König gar nicht wußte, wie er den Fluch zu brechen hatte. Dass er ihr schlichtweg nicht glaubte, dass der Ewige Winter ihr Werk war, machte die Situation ausweglos, sodass sie in ihrer Verzweiflung ihre Sturheit ganz vergaß ...

der Birnbaum wächst und gedeiht (das dürfte er für meine Begriffe sogar prächtig, knorrig hab ich ihn mir eher nicht vorgestellt)

Die Geschichte ist ja schon lange her, aber der Birnbaum steht bis heute. Und alte Bäume werden irgendwann zwangsläufig knorrig, so wie Menschen Falten und einen Buckel kriegen :D Vielleicht war der zeitliche Sprung von der Pflanzung des Birnbaums ins "heute" zu abrupt. Ich schau mal, was sich da machen lässt.

schöne, flüssige Formulierungen und ein gut gezeichneter König mit lustigen Schrullen, bravo.

Was für ein umwerfendes Lob! Ich danke Dir dafür :D

Liebe Grüße, Kassiopeia

 

ein Pseudonüm:
Minuskel Singh Ulla
zu dem Kassiopeia anfragt:
Ich komme einfach nicht dahinter, was das zu bedeuten hat. Wortspiel? Verweis auf eine mir unbekannte Persönlichkeit? Vielleicht kannst Du mich bei Gelegenheit aufklären ...

Die Minuskel ist der eigentliche Buchstabe germanistischer Zunge,

liebe Kassiopeia,

bis der Pipinide Karl, den man den Großen nennt, in der karolingischen Reanaissance den Großbuchstaben (Majuskel) einführte bei Satzanfängen, Namen und natürlich für Gott, den Herrn (Luther übertrieb dann mit dem HERrn gelegentlich), also auch das Wir, Ihr, Unser, Euer, Euch. Deher rührt der erste Teil, der zweite ergibt schnell gesprochen "singula/r" ...

Seit dem großen Kalle wurde eigentlich die gemäßigte Kleinschreibung verwendet, bis dass eines Tages der geringste Pups groß geschrieben werden musste ... Gemäßigte Kleinschreibung wäre wieder ein Fortschritt ...

Man nennt mich im engsten Kreis auch Scherziboldi - aber nicht weitersagen ...

Schönen Restsonntag noch vom

Friedel

 

Ah, mal wieder den Wald vor lauter Bäumen nich gesehen ... Peinlich, peinlich.

Man nennt mich im engsten Kreis auch Scherziboldi - aber nicht weitersagen ...

Ich halte dicht, versprochen ;)

LG Kassiopeia

 

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