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Piratenprobleme

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27.12.2012
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Piratenprobleme

Pelle und Pax waren Piraten. Pelle fehlte die Spitze seines kleinen Fingers und Pax trug eine Augenklappe. Warum, das wusste keiner so genau, aber eines war klar: Wer keine Narben hatte, konnte kein echter Pirat sein.
Es musste ja keiner wissen, dass Pelle sich seinen kleinen Finger beim Zwiebelschneiden verletzt hatte und dass Pax seine Augenklappe nur trug, weil sie ihm so gut gefiel.
„Wir sind echte Piraten“, rief Pelle als sie gemütlich bei Eistee und Torte auf ihrem Steg saßen.
„Sobald der Wind aufkommt, stechen wir in See! Potztausend, heute entern wir ein Schiff!“
„Muss das sein“, maulte Pax, „mir wird immer so furchtbar übel, wenn wir mit dem Boot unterwegs sind.“
„Papperlapapp, ein echter Pirat kennt keine Seekrankheit“, schimpfte Pelle.
„Können wir nicht an Land nach Beute suchen?“
„Piraten überfallen Schiffe und Schiffe schwimmen auf dem Wasser.“
„Manchmal liegen sie aber auch an Land, wenn sie kaputt sind, zum Beispiel.“
„Echte Piraten überfallen keine kaputten Schiffe!“, Pelle schlürfte seinen Eistee und lehnte sich in seinem Liegestuhl zurück. Der Himmel war blau wie das Meer.
„Manche Schiffe können auch fliegen“, sagte Pax, „vielleicht sollten wir uns die fliegenden Schiffe vornehmen.“
„Raumschiffe?“, Pelle rieb sich den Bart, „Potztausend, gar keine schlechte Idee. Nur wie kommen wir da ran? Wir sind zwar echte Piraten, aber fliegen können wir noch nicht.“
„Wir müssen nur ganz hoch hinauf, dann erwischen wir schon eins.“
„Wie hoch?“
„Mindestens baumhoch.“
Pelle aß das letzte Stück Torte. Schon bei dem Gedanken an einen hohen Baum wurde ihm mulmig.

Beide setzten ihre Piratenhüte auf, Pax kontrollierte seine Augenklappe und Pelle wetzte sein Piratenschwert. Dann zogen sie los. Am Rand des nahen Waldes fanden sie einen Baum, der so hoch war, dass seine Spitze in den Wolken steckte.
„Wenn wir ein Raumschiff entern können, dann dort“, Pax deutete nach oben. Dann stieß er einen echten Piratenschrei aus und kletterte den Stamm hinauf. Pelle kletterte langsam hinterher. Schon bei der ersten Astgabelung brauchte er eine Pause.
„Verflixt und zugesäbelt, ein Pirat gehört aufs Wasser und nicht auf einen Baum.“ Er rutschte mit geschlossenen Augen und wackeligen Knien langsam den Baum hinunter. Sollte Pax doch alleine auf ein Raumschiff warten. Pelle versuchte sein Glück auf See.
Nach drei Tagen wollten sie sich mit ihrer Beute wieder zu Hause treffen.

Pax saß schon auf einem Liegestuhl im Garten, als Pelle eintraf.
„Heiliges Kanonenrohr, das war kein Piratenwetter“, motzte er, „Flaute, von back- bis steuerbord. Ich bin am Ufer entlanggedümpelt und – Donnerwetter noch mal – die Kapitäne der anderen Boote haben mir freundlich zugewunken. Mir, einem echten Piraten. Pelle, dem Schrecken aller siebzehn Meere.“
Auch Pax hatte schlechte Laune.
„Drei Tage ohne Wasser und Brot auf diesem Baum und dann, als endlich etwas angeflogen kam, war es nur ein Vogel. Ein großer Vogel. Er kreiste über mir und dann … und dann … “
„Ja, was dann?“
„Dann hat er mir auf den Kopf gekackt.“
„Hossa“, rief Pelle und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Pax seufzte. Hier im Garten, zusammen mit Pelle, war wieder alles in Ordnung.

Sie beschlossen, für eine Weile das Piratenleben an den Nagel zu hängen, um etwas Neues auszuprobieren. Sie bepflanzten den Garten vor ihrer Hütte. Pax züchtete Tomaten und Pelle vertrieb die Schnecken.
„Was sind das für Piraten?“, fragten sich die Leute kopfschüttelnd, wenn sie an der Hütte vorbei kamen.

Eines Nachts zog ein fürchterliches Gewitter auf. Pelle und Pax schlossen die Fensterläden und verriegelten die Tür. Dann schlüpften sie in ihre Betten und zogen sich die Decke bis über die Ohren.
„Wir sind echte Piraten“, flüsterte Pelle, „und echte Piraten haben keine Angst.“
Der Sturm ließ die Fensterläden klappern, die Blitze krochen durch jede Ritze und der Donner grummelte im Kamin.
Plötzlich krachte es gewaltig. Die Betten wackelten und die alte Glühbirne an der Decke schaukelte quietschend hin und her.
„Was war das?“, flüsterte Pax.
„Hoffentlich ein Baum weniger “, antwortete Pelle.
„Ich fühle mich gerade nicht so mutig“, flüsterte Pax,
„Papperlapapp, echte Piraten haben niemals Angst“, sagte Pelle und verkroch sich vorsichtshalber noch tiefer unter seine Bettdecke.

Am nächsten Morgen war alles ruhig. Die Vögel hatten wieder ihre Plätze eingenommen und zwitscherte fröhlich einen Morgengruß, als Pax und Pelle vorsichtig ihre Nasen zur Türe hinausstreckten.
„Potzblitz“, rief Pelle, „sieh dir das an!“
In ihrem kleinen Garten Stand ein Segelschiff. Groß, prächtig und voll beladen. Es hatte leuchtend rote Segel an drei hohen Masten. Auf einem davon steckte ein rundes Ding aus Metall. Rundherum blinkten bunte Lichter und seine Antennen vibrierten, wenn es von Zeit zu Zeit piepste.
„Was ist das?“, fragte Pax.
„Das muss ein Raumschiff sein“, antwortete Pelle.
„Fette Beute“, sagte Pax.
„Schade um die Tomaten“, sagte Pelle und zog die Reste eines Strauches unter dem Boot hervor.

„Was sind das für Piraten!“, riefen die Leute nun und nickten beim Anblick der Schiffe im Garten anerkennend mit den Köpfen. Pelle und Pax setzten sich endgültig zur Ruhe, Platz für weitere Beute hatten sie ohnehin nicht. Nach all den wilden Abenteuern hatte sie sich nun wirklich Erholung verdient. Nur manchmal, im Morgengrauen, kletterte Pax auf einen der Masten und stieß sein Piratengebrüll aus. Es sollte nur niemand vergessen, dass hier Piraten wohnten. Echte Piraten.

 
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Hallo claudianne,
also nee, dieses Mal konntest du mich leider nicht begeistern mit deiner Geschichte.
Ich mochte ja den aufgeblasenen Hund, den du früher geschreiben hast, und so einiges andere, und vieles ist ja auch Geschmackssache.
Aber hier - da bin ich mir sehr sicher - hast du das Problem, dass keine rechte Spannung aufkommen will. Die Geschichte plätschert so ein bisschen dahin, ohne dass es einen Höhepunkt geben würde. Die Grundidee deiner Geschichte, ängstliche Piraten, die ihre Gefährlichkeit und ihre Abenteuerlust so ein bisschen vortäuschen müssen und die gegen die mangelnde Anerkennung durch die Leute ankämpfen müssen, das finde ich ja recht nett, aber die Abenteuer, in die diese Piraten sich begeben, wie sollen die denn ein Kind hinter dem Ofen hervorlocken? Also das muss ein bisschen abenteuerlicher und piratischer werden.
Und was mir gar nicht gefällt, das ist, dass die Lösung für ihr Prolem, das fliegende Schiff, das in ihrem Garten landet,einfach so auf der Bildfläche erscheint, einfach so, ohne dass die beiden da mal richtig ein bisschen gebeutelt worden wären.
Was deinen Stil betrifft, das habe ich dir schon früher gesagt, der gefällt mir eh. Und du hast da immer sehr liebevolle Einfälle, wie die Tomaten, die von dem Schiff platt gebügelt worden sind. Aber das ist ja nicht alles, eine gute Geschichtenstruktur und ein spannungsvoller Handlungsaufbau gehören ja auch dazu. Und das scheint ein Punkt zu sein, ich befinde mich selbst auch an dieser Stelle, der weitaus schwoeriger ist als bloße Stilfragen.
Hier liegts wirklich daran, dass du sehr an der Oberfläche bleibst, den beiden Piratchen geht es nicht dolle genug ans Leder. Und dadurch wirkt es fad.
Ich bin zwar normal keine Kindergeschichtenschreiberin, aber auch Kindergeschichten brauchen doch bestimmt ein paar Konflikte und ein paar Gegenspieler und auch in Kindergeschichten können die Protagonisten doch ein paar mehr Federn äh Fingerspitzen lassen.

Ach und noch was, am Rande zwar, aber nichtsdestotrotz sehr wichtig, ich glaube zwar, dass ich dir das schon mal geschrieben habe, aber falls nicht, dann halt jetzt oder eben zur Verstärkung: Du kriegst bestimmt mehr Kommentare für deine Geschichten, wenn du selber auch kommentierst. Man muss keine literaturtheoretische Abhandlung schreiben, das weißt du. Ist einfach so, dass so eine Seite wie dieses Forum hier besser funktioniert, wenn das Kommentieren nicht nur einseitig ist.

Viele Grüße von Novak

 

Potztausend, gar keine schlechte Idee
und - entgegen Novaks Meinung (dafür sind Meinungen ja da) wie ich finde, die bisher beste Geschichte hierorts von Dir,

liebe Claudianne,

endlich wird auch mal geflucht, aber auch gut, dass die beiden Helden noch nichts von Luftpiraterie (obwohl …, nee, ich sag ma’ nix, bin doch kein Verräter!) so richtig wissen und Produktpiraterie überhaupt nicht kennen und Menschenraub wahrscheinlich verachten (aber das viele Lösegeld!). Mir gefällt’s sehr, egal was jetzt noch gleich von mit komme!

Bei uns, wo Altsachsen (Westfalen zB) und Niederfranken –
die eigentlich auch „Altfranken“ heißen müssten, kommen sie doch genau daher - het Nederlandse kind als solches, sofern es nicht Friesisch spricht, sowie’n janz hatte kölsche panz, sofern es nicht Erzbischof ist -
mit jiddischen, polnischen, türkischen (Kanak-Deutsch!) usw. Sprachelementen aufeinandertrifft, gibt’s für den Kleinkram ein umgelautets Pelle und Pax im Pillepalle (hat sogar Eingang in den Duden gefunden, aber noch nicht ins weit umfangreichere Deutsche Wörterbuch), was man aber einem ausgereiften Piraten nicht offen ins Gesicht sagen darf, ohne selbst Schaden zu nehmen und nachher mit Augenklappe oder appem Kopp rumzulaufen, wie weiland auch bei Edlen und Raubrittern, denn schon beim ersten Satz frag ich mich, warum gebührt dem einen Piraten (Pelle) ein Vollverb, dem andern – gerade dem namentlich friedfertigeren – nur ein zum Hilfsverb degradiertes Zeitwort?

Pelle und Pax waren Piraten. Pelle fehlte die Spitze seines kleinen Fingers und Pax hatte eine Augenklappe –
und ich weiß, dass Fünfjährige schon weitestgehend die Grammatik (unbewusst) beherrschen (wer benerrscht sie außer einem Grammaticus schon bewusst?), sofern sie einigermaßen korrekt in ihrem Umfeld gepflegt wird, was auch dem kindlichen Sprachschatz eine Bereicherung wäre (sofern nicht schon vorhanden). Dieses „haben“ lässt sich ersetzen durch ein Vollverb wie zB „tragen“ in diesem Falle (was auch noch präziser wäre als ein „haben“). Was spräche also gegen die Version
Pelle und Pax waren Piraten. Pelle fehlte die Spitze seines kleinen Fingers und Pax [trug] eine Augenklappe.
So erhöbe es Dich in piratesker Situation zur „echten“ Piratenbraut!

Ein Zwotes betrifft die Lage der Schiffe, wenn es aus kindlichem Munde verzeihlich heißt

Manchmal stehen sie aber auch an Land, …
denn manches notwendige Mal „liegen“ sie an oder auf Land, wobei das „Auflaufen“ auf eine Sandbank zB wieder etwas ganz anderes wäre, weil das alles andere als notwendig, sondern eher unerwünscht ist. Stände ein Schiff an Land, ständ's aufrecht auf dem Bug (analog einem Kopfstand) oder dem Heckk (und das ohne Bein und Fuß) aufrecht, was auch eher eine Katastrophe bedeutet als ein gewünschter Zu-Stand.

Ein grammatischer Fehler wäre zu korrigieren (den der Zuhörer aber gar nicht so wahrnehmen wird, wie der Leser):

Flaute von back- bis steuerbord

Gern gelesen vom

Friedel,
der noch ein schönes Wochenende wünscht

 

Liebe Novak, lieber Friedel,

auch hier verspätet ein Dankeschön für eure Anmerkungen. Fehler wurden schon längst korrigiert.

Novak: Interessant, dass diese Geschichte so polarisiert. Ich habe bisher sehr konträres Feedack dazu erhalten. Ist wohl wirklich Geschmackssache.
Ich lese/sammle leidenschaftlich gerne Kindebücher und bin immer wieder erstaunt, was für Nichtigkeiten Kinder begeistern. Also Geschichten ohne - für mich - erkennbare Handlung bzw. ohne Höhepunkt.
Aber du hast natürlich recht, Piraten könnten schon auch wildere Abenteuer erleben.
Ich habe hier aber absichtlich sehr fade Piraten darstellen wollen. Die eben eigentlich gar nicht zum Piraten taugen.

Ich bemühe mich mehr zu kommentieren.

Danke und Gruß,
Claudia

 

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