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Pierre

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06.02.2021
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Pierre

Die Bar ist heute Morgen schlecht besucht. Ich trete trotzdem ein, ziehe den Gesichtslappen von Nase und Mund, stecke ihn weg. An einem Tisch im Eck sitzt ein Bekannter aus dem Viertel. Seine Maske baumelt ihm lässig vom linken Ohr. Ich bestelle und setze mich zu ihm.
Er heißt Pierre. Pierre trinkt Bier. Ich warte auf den Kaffee. Im Radio wird vom Gesundheitskrieg gesprochen. Die Stimme bricht ab, Musik setzt ein.
Pierre scheint froh zu sein, mich zu sehen. Wir reden Belangloses und trinken erst einmal. Ich schaue auf die Uhr. Der Zeiger ist nicht mehr weit von der Zehn entfernt. Ich muss gähnen.
Pierre ist müde. Er ist früh aufgestanden und schon mit der Arbeit fertig. Er beliefert die Kneipen im Umkreis. Jetzt bestellt er noch ein Bier und fragt mich, was ich möchte. Er lädt mich auf einen weiteren Kaffee ein und ich bitte um ein Glas Wasser, das ich dazu trinken kann.
„Wir müssen gegen den Virus alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen,“ höre ich aus dem Hintergrund die Radiostimme. Wieder werden die staatlichen Pandemie-Maßnahmen mit einer Kriegsstrategie verglichen.
Plötzlich schwankt das Gespräch. Pierre erzählt: „Ich habe schon ganz andere Zeiten erlebt. Im Kongo. Krieg ist Krieg. Und dieser hat eigenen Gesetze.“ Ich sitze verwirrt daneben, versuche zu verstehen, von welchen kriegerischen Auseinandersetzungen Pierre eigentlich spricht. Ist er nicht zu jung, um im Kongo gekämpft zu haben? Wann war dort der letzte Konflikt in dem die belgische Armee eine Rolle gespielt hat? Wann und wo ist was passiert? Ich fühle mich verloren und frage mich, ob ich es überhaupt wissen will?
Er erzählt weiter: „Wir waren schon zurück auf belgischem Boden, da wurden wir von den neuesten Ereignissen vor Ort unterrichtet. Ein Kommando unter der Führung eines befreundeten Generals war in einen Hinterhalt geraten. Der General und seine Männer sind dabei umgekommen. Wir hatten sie alle persönlich gekannt, waren ja noch ein paar Tage zuvor mit ihnen im Einsatz.“
„Ihr habt Glück gehabt, nicht? Ist es das was du mir sagen willst?“, frage ich, hebe unsicher die Tasse. Wir stoßen an. „Auf euer Überleben!“
Pierre trinkt und leckt sich den Schaum von den Lippen.
„Ja, einerseits hast du schon recht. Doch in diesem Augenblick dachten wir nicht so. Aufgestachelt und wütend wollten wir zurück. Wir wollten Rache.“
Ich blicke zur Theke. Dort schneidet die Bedienung einem Gast, der am Schanktisch sitzt, eine Grimasse. Im Radio werden gerade die aktuellen Zahlen der Pandemie-Toten durchgegeben.
„Ich meldete mich freiwillig. Und da lernte ich den Krieg erst kennen. Vorher waren wir ja nur auf Patrouille. In dem Eck des Landes war es ruhig gewesen. Doch jetzt war die Hölle los. Schon bald gerieten wir unter Beschuss. Eine Armee Kleinwüchsiger lauerte uns auf. Wir ballerten was das Zeug hielt, räumten uns den Weg frei, drangen vorwärts. Es brauchte einige Zeit bis ich begriff auf wen wir da schossen. Mir wurde mulmig, doch was blieb mir übrig, ich musste weiter feuern, denn sie waren so gut bewaffnet wie wir. Mit Geschrei warfen sich uns die Kindersoldaten entgegen und ich zielte, drückte ab und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis ich treffen würde. Wie ein Kürbis platzte der Kopf eines kleinen Jungen. Eine blutige Masse spritzte heraus. Das Gesicht verzerrte sich, verlor seine Züge. Diese Szene sehe ich heute noch in Zeitlupe vor mir ablaufen. Doch in diesem Moment hätte ich nicht zögern dürfen. Das wäre mein Todesurteil gewesen. Ich lief weiter und schoss“, ruft Pierre und formte eine Pistole. „Das war der erste Soldat, den ich tötete, ja und dann auch noch ein verdammtes Kind. Und darauf folgten weitere“, setzt Pierre nach und sinkt zusammen.
Ich nehme einen Schluck kaltes, klares Wasser. Es schmeckt schal. Im Radio wird berichtet: "In einem Altenheim haben die Pflegekräfte die Hygienevorschriften missachtet. Fünf Bewohner bezahlten die Ansteckung mit ihrem Leben."
„Ja, das Töten wird nach dem Ersten einfacher. Hast du erst einmal jemanden umgelegt, dann geht das schon fast wie von selbst. Dann kommen weitere hinzu, die für dich nicht mehr zählen“, erläutert mir Pierre. „Verstehst du? Doch diesen Ersten, diesen platzenden Kinderschädel habe ich immer noch vor Augen. Verdammt, ich kann ihn einfach nicht vergessen.“
Wieder verfällt Pierre in Schweigen. Diesmal ist im Radio Musik zu hören. Ich nippe nervös an der Tasse. Sein Glas ist leer und steht nun mit dem herabsinkenden Schaum auf dem Tisch. Langsam sammelt er sich, setzt sich am Grund ab.
Ich blicke auf. Der andere Gast steht jetzt rauchend vor der Kneipe, zupft an seiner Maske die er über das Kinn herunter geschoben hat. Die Bedienung sitzt hinter der Theke, ihre Augen schauen konzentriert über den Rand des Mund-Nasenschutzes, verfolgen etwas auf ihrem Mobiltelefon. Ich vernehme im Hintergrund Geschrei, das von der Bar herüber weht. Es kommt wohl aus dem Telefon. Ein Windzug, es fröstelt mich und ich ziehe meine Weste zu.
„Ja, Ja, ich habe noch immer Albträume. Wie oft werde ich von ihnen aus dem Schlaf gerissen“, sagt Pierre und erwacht aus seiner Starre, reibt sich sein Gesicht. „Heute war ich schon um 5 Uhr auf den Beinen und habe hier den ersten Kaffee getrunken.“
Sein Gesicht kommt mir verbraucht vor. Die Frage nach seinem Alter taucht erneut in mir auf. Wir müssen gleich alt sein. Ich lehne einen weiteren Kaffee ab. Pierre bestellt noch ein Bier. Die Bedienung erhebt sich und füllt ein Glas.
Da wird die Tür aufgerissen. Zwei Jungen kommen hereingestürmt. Es sind die Nachbarskinder, gefolgt von ihrem Vater. Pierre schaut ängstlich auf, rutscht tiefer, geht in Deckung. Mit einem geschickten Griff hat er den Gesichtslappen übergestreift. Seine Stirn legt sich in Falten. Sein Atem pumpt, saugt die Maske an. Schweiß läuft ihm über das Gesicht. Er muss blinzeln. Er stöhnt auf. Die Jungen kommen lachend auf ihn zu.
Er zieht den Mund-Nasenschutz herab. Seine Gesichtszüge entspannen sich. Ein Grinsen legt sich auf seine Lippen. Ihr Vater, eine Karikatur von einem Dandy, im blauen Anzug und feinen Krokodillederschuhen tritt mit einer erlöschten Zigarre an die Theke heran. „Es fehlt nur noch die Sonnenbrille, dann wäre das Bild perfekt“, denke ich, „doch dafür hat er einen Gesichtslappen aus buntem Stoff.“
Ich stehe auf, zahle meinen ersten Kaffee, bedanke mich bei Pierre für die zweite Tasse und grüße beim Vorbeigehen den Mann mit einem Faustschlag. Ich streife den Henkel der Maske über das linkes Ohr und trete vor die Tür. Rauch fällt mich an.
„Entschuldigung, ich wollte ihnen nicht ins Gesicht blasen“, sagt der Fremde.
„Keine Ursache“, erwidere ich und schüttle leicht den Kopf.
„Der Krieg ist vorbei“, hätte ich so gerne zu Pierre gesagt, “lass uns wieder frei atmen.“ Mein Gedankengang läuft weiter. „Frei atmen? Ja, wird Pierre nach alledem noch einmal frei atmen können?“
Diesmal ziehe ich den Gesichtslappen nicht über, lasse ihn im Wind am Ohr frei baumeln und gehe in die Straßen hinaus, schaue mich dabei nach Polizisten um.

 

Hallo @G. Husch,

ich mag deine Geschichte zu diesem aktuellen Thema. Corona hat zu endlos viele moralische Fragen aufgeworfen, zu denen jeder eine Meinung hat und alle diskutieren und Gesprächs- oder Streitthemen nie ausgehen. Wer sollte zuerst geimpft werden mit welchem Impfstoff? Sollte man eine Maske tragen? Sollten sie kostenlos sein? Sollten Schnelltests kostenlos sein? Tausende Aspekte sind zu berücksichtigen und trotzdem darf man das wichtigste nicht aus den Augen lassen. Es geht nämlich um Menschenleben.

Ich finde du beschreibst die morgendliche Atmosphäre in einer Bar sehr gut und so wirkt die Geschichte stark aus dem Alltag. Finde ich gut.
Krieg im Zusammenhang mit Corona höre ich persönlich öfter gegen Dummheit und Ignoranz der Menschen als gegen das Virus selbst, aber auch das. Die Coronakrise als Krieg mit einem “echten“ Krieg zu vergleichen, finde ich erstmal interessant. Ich weiß aber nicht genau, was genau du sagen möchtest. “Gesichtslappen“ fand ich erst lustig, weil ich es so noch nicht gehört hatte. Und da die Figur am Ende die Maske nur baumeln lässt, wirkt es, als würdest du die Maßnahmen kritisieren. Natürlich ist es blöd eine Maske tragen zu müssen und seine Hände ständig desinfizieren zu lassen, aber ich finde, dass das wichtig ist und man statt “Gesichtslappen“ auch “Lebensretter“ sagen könnte.
Zugegeben weiß ich nicht genau, was du kritisieren möchtest oder ob du das überhaupt möchtest. Vielleicht lese ich auch nicht aufmerksam genug.

Dort sitzt ein Bekannter
Ich dachte die “Bar ist leer“?

setzte
setze

trinkt

Wann und wo ist was passiert?
Dies würde ich streichen, denn du fragst ja schon nach Zeit und Ort ist ja relativ klar, oder wird hier nach dem genauen Ort im Kongo gefragt? Ist das wichtig?

Ich fühle mich verloren
Finde ich hier irgendwie unpassend, denn wenn ich von einem krieg höre, wo ich gerade nicht genau weiß was, wann oder wo das war, fühle ich mich nicht gleich verloren. Aber ist nur meine Meinung an dieser Stelle.

„Ihr habt Glück gehabt, nicht? Ist es das was du mir sagen willst?“ frage ich, hebe unsicher meinem Kaffee. Wir stoßen an. „Auf euer überleben.“
meinen und Überleben groß

Dort schneidet die Bedienung einen Gast der am Schanktisch sitzt eine Grimasse.
Warum eine Grimasse und wer schneidet sie? Gast, der

Im Radio wird erklärt wie die Pandemie durch ungünstiges Verhalten der Pflegekräfte in einem Altenheimen vielen Menschen ihr Leben kostete.
“ungünstig“ finde ich unpassend, wenn es Leben gekostet hat. Ein Altenheim

Wieder verfällt Pierre ins Schweigen.
in

Ich vernehme im Hintergrund Geschrei KOMMA das von der Bar herüber weht.

Die Frage nach seinem alter taucht erneut in mir auf.
Alter

erwacht aus seiner starre
Starre

beim vorbeigehen
Vorbeigehen

keine Ursache“ erwidere ich
,,Keine

Gerne gelesen. Hoffentlich kannst du etwas mit meinem Kommentar anfangen.

Viele Grüße!
Max

 

Hi @Max88

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar, erst einmal. Es hat mich sehr gefreut. Auch hilft mir die Feinkorrektur sehr viel weiter, denn über die Rechtschreibung stolpern viele, auch verdirbt sie vielen den Lesespaß und ich kenne meine Unsicherheit in diesem Feld, so bin ich doppelt dankbar wenn mir jemand in diesem Bereich hilft.

Ja, mich freut es deine Fragen zum Text zu hören, zu lesen, die dann auch noch tiefer gehen. Es ist ein Text aus meiner Arbeit, der das Zeitgeschehen auffangen soll (Meine aktuelle Idee). Meine kritische Sicht darf ruhig sichtbar sein, doch soll sie den Leser nicht bei dem Versuch eigene Fragestellungen zu finden stören. Es ist eine Geschichte aus dem Alltag in Brüssel, der Erlebnissen zugrunde liegen, literarisch aufbereitet (so hoffe ich) und dann eben in Form gebracht.
So will ich Hintergründe kurz erklären: Im französischsprachigen Raum war der Vergleich von Pandemie und Krieg viel präsenter.
Sonst wollte ich Dir noch sagen, dass Du aufmerksam liest, ja, davon bin ich überzeugt. Der "Gesichtslappen" ist nur eine Referenz an den Fußlappen aus den Kriegsberichten (ich weiß nicht ob er intelligent gewählt ist, er hat mir gefallen). Auch das "ungünstige" Verhalten, bei dem du meine Wortwahl in frage stellst, verstehe ich. Sie kann als anstößig empfunden werden und soll es auch, denn ich möchte dem Pflegepersonal keine Schuldzuweisungen machen. Es soll zum Nachdenken anregen.
Wenn du die Geschichte als einen Erzählung über unsere Zeit, ja einen Morgen in einer Bar empfunden hast, der dir Fragen aufwirft, bin ich glücklich.

Vielen Dank!!
Mit lieben Grüßen aus Brüssel

G.

Hi @Rob F

Vielen lieben Dank für das Lesen. Es ist noch immer ein neues Gefühl für mich gelesen zu werden. Vielen lieben Dank, dass Du meine Nase erneut auf die Feinheiten drückst, sie müssen unbedingt noch einmal begutachtet werden. Ich bin kein guter Kommasetzter, habe eben mit dem Stil und den Kleinigkeiten viel zu kämpfen, die den Leserhythmus und Spaß erhöhen. Sonst möchte ich gerade mit Kurzgeschichten aus dem Alltag das Zeitgeschehen einfangen und das ist ein riskantes Vorhaben, wie schnell kann man sich in etwas hinein schreiben, was einem entgleitet. Es ist eine Gratwanderung, denn ich möchte Fragen stellen, dessen Antworten ich nicht kenne und doch eine kritische Stimme anschlagen.

verlebe einen schönen Tag

Grüße

G.

 
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Hallo G. Husch,
jetzt habe ich mal Deinen Text gelesen. Die Geschichte gefällt mir an sich, speziell die Einbindung von Pierres Erinnerungen in das Drumherum in der Bar. Auch in die Stimmung in der Bar kann ich mich gut hineinversetzen.

Plötzlich schwankt das Gespräch. Pierre erzählt: „Ich habe schon ganz andere Zeiten erlebt. Im Kongo. Krieg ist Krieg. Und dieser hat seine eigenen Gesetze.“ Ich sitze verwirrt daneben, versuche zu verstehen von welchen kriegerischen Auseinandersetzungen Pierre eigentlich spricht. Ist er nicht zu jung um im Kongo gekämpft zu haben? Wann war dort der letzte Konflikt in dem die belgische Armee eine Rolle gespielt hat? Wann und wo ist was passiert? Ich fühle mich verloren und frage mich ob ich es überhaupt wissen will?
Das dieser verstehe ich nicht. Vielleicht eher jeder. Wenn du etwas spezielleres in diesem meinst, ist es zu wenig ausgeführt. Den Vergleich mit einem Krieg finde ich sowieso zu stark eigentlich, denn dazu leben wir hier immer noch zu normal. Aber gut, das Virus wird bekämpft, es fordert Tote. Die Maßnahmengegner kämpfen gegen die Maßnahmen, die sie nicht für gerechtfertigt halten. Die Polizei kämpft gegen Demonstranten ohne Mundschutz und gegen gewaltbereite Demonstranten... Die ganze Gesellschaft ist gespalten... Aber Krieg, naja, eine Art Kalter Krieg vielleicht schon...
Verloren meint vielleicht eher unwissend, uninformiert oder dumm? Das Fragezeichen muss ein Punkt sein, denn es ist ja keine Frage.
Im Radio wird erklärt wie die Pandemie durch ungünstiges Verhalten der Pflegekräfte in einem Altenheim vielen Menschen ihr Leben kostete.
Im Radio haben sie sicher nicht ungünstig gesagt, das zitierst Du hier aber, es hieß sicher unkorrektes Verhalten. Wenn Dein Protagonist es anders einschätzt, müsstest Du das separat deutlich machen.
Ich vernehme im Hintergrund Geschrei, das von der Bar herüber weht. Es kommt wohl aus dem Telefonlautsprecher.
Das verstehe ich räumlich gar nicht. Er sitzt doch an der Bar. Das Geschrei kommt aus dem Hintergrund, weht aber von der Bar herüber. Dann kommt es wieder aus einem Telefonlautsprecher, aus welchem, aus dem Mobiltelefon des Barkeepers?
Da wird die Tür aufgerissen. Zwei Jungen kommen herein gestürmt. Es sind die Nachbars Kinder, gefolgt von ihrem Vater. Pierre schaut ängstlich auf, rutscht tiefer, geht in Deckung. Mit einem geschickten Griff hat er seinen Gesichtslappen übergestreift. Sein Stirn legt sich in Falten. Sein Atem pumpt, saugt die Maske an. Schweiß läuft ihm über das Gesicht. Er muss blinzeln. Er stöhnt auf. Die Jungen kommen lachend auf ihn zu.
Hier muss ich sagen, habe ich erst nach dem dritten Lesen begriffen, dass Pierre deshalb so ängstlich reagiert, weil er sich durch die hereinstürmenden Jungen an den Krieg gegen die Kindersoldaten erinnert fühlt. Ich weiß nicht, ob ich da die Einzige bin, die so begriffsstutzig ist. Mir hätte vielleicht ein Gedanke des Protagonisten geholfen, etwa in der Art: Er verhält sich, als wäre er wieder im Kongo. vor: Die Jungen kommen lachend auf ihn zu.
Diesmal ziehe ich meinen Gesichtslappen nicht über, lasse ihn im Wind an meinem Ohr frei baumeln und gehe in die Straßen hinaus, schaue mich dabei nach versteckten Polizisten um.
Diesen Abschluss finde ich gut, weil dem Alltag eben abgeguckt. Viele versuchen ja, immer wieder Situationen zu finden, die Maske wegzulassen, wenn sie denken: "Da ist gerade keine Polizei" oder "Da laufen ja so viele ohne Masken, da kann ich es auch machen.", auch wenn es im Innenstadtbereich z. B. vorgeschrieben ist. Ich finde das verantwortungslos, jedenfalls wenn viele Leute unterwegs sind, aber es ist so und kann deshalb auch in der Geschichte so sein. Ein Gefühl für den Protagonisten habe ich nicht, denn er gibt nichts von sich preis. Hier muss ich mich meinen Vorrednern anschließen. Emotional ist man nur bei Pierre. Da der Ich-Erzähler aber der Protagonist ist, fehlt die Möglichkeit der Identifikation irgendwie...
Hoffe, Du kannst etwas mit der Kritik anfangen. Du kannst jedenfalls interessant erzählen, Stimmungen gut wiedergeben. Habe die Geschichte gern gelesen.
Rechtschreibfehler sind noch etliche drin, aber das dauert mir jetzt zu lange...

Ich habe Probleme mit der Technik hier. Wie geht das Zitieren nur richtig?
Liebe Grüße,
Palawan

 

@Palawan

Ich entschuldige mich erst einmal für mein langes Schweigen, denn ich war von Deiner Kritik überrascht und angetan. Mein Leben hat mich mitgerissen und die Worte die ich zur Antwort suchte aus dem Segel genommen. Der Wind war draußen und ich mit meinem Leben beschäftigt.
Danke für deine Aufmerksamkeit, danke auch für das dreimalige lesen.

Hier muss ich sagen, habe ich erst nach dem dritten Lesen begriffen, dass Pierre deshalb so ängstlich reagiert, weil er sich durch die hereinstürmenden Jungen an den Krieg gegen die Kindersoldaten erinnert fühlt.
Das ist gewollt. Und Du hast Dich auf das Spiel eingelassen (super) Du bist wohl die erste. Ich wollte nicht auf die Nationalität sowie auf ihre Hautfarbe eingehen.
Mein Protagonist ist nicht der Ich-Erzähler, es ist Pierre, wie im Titel erwähnt. Der Erzählende ist nur Beobachter. Damit habe ich kein Problem und das wollte ich auch so haben.
Danke für den Hinweis der Position in der Bar. Sie sitzen nicht am Schanktisch sondern an einem Tisch im Eck, so habe ich mir das vorgestellt, doch die Ausführung im Text nicht gemacht. Ein Fehler. Ja, die Position in der Bar ist wichtig.

Ich vernehme im Hintergrund Geschrei, das von der Bar herüber weht. Es kommt wohl aus dem Telefonlautsprecher. Ein Windzug, es fröstelt mich und ich ziehe meine Weste zu.
Sonst hätte dieser Satz, wie Du richtig sagtest, keinen Sinn. Danke
Ich habe mich sehr gefreut dass, Du dich nach der Kritik von deinem Text bei mir gemeldet und meine Arbeit im Gegenzug gelesen und mit Gedanken bereichert hast.
Sonst hoffe ich das es Dir hier weiterhin gefällt. Ich möchte noch andere Arbeiten von Dir lesen.
Das zitieren kannst du ja schon. Sicher!!!
Mach mal ein @ vor dem Namen. So werden deine Kommentare direkter und es klingel dann auch bei dem Angesprochenen.

Mit freundlichen Grüßen wünsche ich Dir eine schöne Zeit

G.

 

Hallo @G. Husch

Deine Geschichte ist flüssig geschrieben, ich habe sie in einem Rutsch durgelesen und konnte mir alles bildlich vorstellen. Mir geht es ähnlich wie @Rob F - der Vergleich Krieg/ Pandamie hakt bei mir ein wenig. Hier würde ich auch gerne die konkreten Ansichten Deines Protas erfahren. Ansonsten finde ich die aktuelle Thematik gut, da sie uns alle aufwühlt und beschäftigt.

Hier ein paar Leseeindrücke:

Pierre scheint froh mich zu sehen. Wir reden Belangloses und trinken erst einmal. Ich schaue auf die Uhr. Es geht schon auf zehn Uhr zu. Es ist am Morgen. Ich muss gähnen.
Pierre ist müde.

Doppelung / Und klingt ein wenig holprig.

Vorschlag: Pierre scheint froh mich zu sehen. Wir reden Blangloses und trinken erst einmal. Ich schaue auf die Uhr, die über der Theke hängt. Kurz vor zehn. Es ist Morgen. Ich muss gähnen, stecke Pierr damit an. Er ist müde ...

Jetzt bestellt er noch ein Bier und fragt mich, was ich möchte.

Komma

Ich fühle mich verloren und frage mich, ob ich es überhaupt wissen will?

Komma

Im Radio werden gerade die aktuellen Zahlen der Pandemie-toten durchgegeben.

Pandemietoten / oder Pandemie-Toten

Im Radio wird erklärt, wie die Pandemie durch ungünstiges Verhalten der Pflegekräfte in einem Altenheim vielen Menschen ihr Leben kostete.

Komma

Sein Glas ist leer und steht nun mit dem herab sinkenden Schaum auf dem Tisch. Langsam sammelt er sich, setzt sich am Grund ab.

herabsinkendem

Bei dem "sammelt er sich" dachte ich zuerst an den Prota, nicht an den Schaum :)

Vorschlag: Sein Glas ist leer und steht nun auf dem Tisch. Der Schaum sinkt herab, sammelt sich langsam, setzt sich am Grund ab.

ch vernehme im Hintergrund Geschrei, das von der Bar herüber weht.

herüberweht

Zwei Jungen kommen herein gestürmt.

hereingestürmt

Es sind die Nachbars Kinder, gefolgt von ihrem Vater.

Nachbarskinder

Pierre schaut ängstlich auf, rutscht tiefer, geht in Deckung. Mit einem geschickten Griff hat er seinen Gesichtslappen übergestreift. Seine Stirn legt sich in Falten. Sein Atem pumpt, saugt die Maske an. Schweiß läuft ihm über das Gesicht. Er muss blinzeln. Er stöhnt auf. Die Jungen kommen lachend auf ihn zu.
Er zieht den Mund-Nasenschutz herab. Seine Gesichtszüge entspannen sich. Ein grinsen legt sich auf seine Lippen.

Hier hab ich die Angst nicht verstanden. Das liest sich so, als hätte er mega Panik vor dem Nachbarn mit den Kindern, dann grinst er aber. Hat mich irritiert.

Ein Grinsen

Ganz liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Silvita

 
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Hi @Silvita

Ich freue mich erst einmal von Dir gelesen worden zu sein. Auch bedanke ich mich für das Teilen deiner Eindrücke. „Pierre“ kommt aus meinem Leben in Brüssel und soll eine literarische Aufbereitung einer aus dem Leben entnommenen Begebenheit sein. Der Titel ist ein Hinweis auf die französischen Einflüsse, eine gewisse Ortsangabe die den Leser auf die Bar in meinem Viertel in Ixelles einstimmen soll. Macron hat immerhin im französischen Fernsehen ( und das betrifft dann die ganze französischsprachige Gesellschaft) gesagt : „Nous sommes en guerre sanitaire“ und so wurden dann in diesem Klima auch die Maßnahmen wahrgenommen. Pierre, der im wahren Leben nicht Pierre heißt wurde durch die Stimmung die um uns herrschte auf das Thema Krieg gebracht (Ausnahmeregelungen=Kriegszustand) und hat mir seine Erlebnisse aus dem Kongo erzählt.

Was mich an diesem Thema wirklich interessiert hat, ist unsere Wahrnehmung. Wie kommen wir mit den Geschehnissen um uns und den Ereignissen in der Ferne klar, die wir nur aus Informationen kennen, aber auf die unsere Politiker mit ihrer Politik und unsere Wirtschaft mit ihrer Globalisierung, ebenfalls Einfluss nimmt. Wie verstehen wir sie? Was machen wir ? Alles Fragen die mich beschäftigen. Was betrifft uns mehr ? Die Kindersoldaten, die Hungertoten, die Toten durch schlechte Arbeitsbedingungen in der Peripherie oder Wir und unsere Nahestehenden die ein Risiko haben an Covid zu sterben und welche Maßnahmen nehmen wir dafür in Kauf? Was fordern wir von den Verantwortlichen? Welche Freiheiten wollen wir?
Jeden Tag ein neues Kleid, eine neue Hose, obwohl wir wissen, dass dafür Menschenleben gefährdet werden?
Ich habe keine Antworten. Deshalb bleibe ich als Protagonist (meiner Meinung nach ist es jedoch Pierre), nur Beobachter, nur eine Person die beschreibt.

Deine Geschichte ist flüssig geschrieben, ich habe sie in einem Rutsch durgelesen und konnte mir alles bildlich vorstellen.
Das hat mir gefallen. So warst Du zumindest mit mir mittendrin, zwischen den Gästen in der Bar.

Dann will ich Dir noch kurz meinen etwas eckigen Anfang erklären und verraten was ich mir dabei gedacht habe. Er soll das Eintreten und Zurechtfinden in einer neuen Umgebung (hier das Eintreten in die Bar) stilistisch darstellen und herausheben. Danach, einmal orientiert wird der Text flüssiger (ich komme in der Bar an). Ob mir das mit dem Zerhacken (dem Verwenden von Kurzsätzen) und Wiederholen gelang und ob das sinnvoll ist, möchte ich dahingestellt lassen. Es sollte ein Versuch sein.
Bei der Beschreibung der Personen wollte ich mich absichtlich sehr zurückgehalten. Inspiriert von J.M.Coetzee (na, ist leider etwas ambitiös) wollte ich es ebenfalls mal versuchen. Das macht die Geschichte etwas undeutlich. Ich muss wohl noch einmal darüber nachdenken.
Ich freue mich immer über eine Korrektur der Rechtschreibung und der Kommas, die bei mir leider nicht von alleine an den Richtigen Platz finden. Vielen lieben Dank. Ich werde einiges Übernehmen.

Eine schönen Sonntag wünsche ich Dir Silvita

Liebe Grüße vom Heimurlaub bei meinen Eltern

G.

 

Hi @G. Husch

Vielen Dank für den Tipp mit dem @! Ich probiere das gleich mal. :) Mal sehen, ob's klappt. Ich habe nämlich festgestellt, dass es gar nicht selbstverständlich ist, dass eine Geschichte auch gelesen wird. Meine erste wurde gleich von drei Personen gelesen und kommentiert und dann, nachdem Kanji die leider gelöscht hat:hmm:, weil ich eine andere Variante des Themas probieren und daneben stellen wollte und sie meinte, das ginge irgendwie nicht, die zweite müsste die erste ersetzen, so dass nun die erste Geschichte samt aller Kommentare weg ist, nun seitdem ist bei mir Funkstille. Nur Kanji hat sie dann kommentiert und eine dritte Geschichte noch keiner. Also, falls Du Lust hast, würde ich mich freuen. Mit der neuen Variante von "Triage" ("Begegnung der dritten Art") hatte ich mich jetzt ja dann so gut gefühlt, nicht so schwarz-weiß, aber Kanjis Kritik lässt an dieser Variante leider kein gutes Haar, hm...:confused: Insgesamt habe ich, auch durch das Lesen anderer Geschichten, der unterschiedlichen Kommentare und die Reaktionen der SchreiberInnen, allerdings gemerkt, dass Leute die verschiedenen Geschichten wirklich sehr unterschiedlich empfinden und man als Autor auch nicht jeden Kommentar überbewerten muss...
Alles Liebe,
Palawan

 

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