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Phöbe (5)

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01.10.2010
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Phöbe (5)

"Mein Kopf explodiert", schreit die 5-jährige Phöbe und zerkratzt die Tischplatte mit einer Silbergabel. Die Schmerzensschreie steigern ihren Niedlichkeitsfaktor und mithin ihren Marktwert als Kinderstar erheblich, denkt Bea Zahara, die ihre Kleine für ein frühreifes Theatertalent hält. Dabei wuchert Phöbes Gehirn hypertrophisch und presst unglaublich schmerzhaft gegen das zu enge Schädeldach. Als eines der ersten sogenannten Patchwork-Kinder wurde Phöbe aus dem Erbgut herausragender Männer und Frauen synthetisiert, deren prinzipielle Ablehnung oftmals mit verschwenderisch hohen Geldsummen geknackt werden musste, darunter Lucas Dienstheim, Professor für Strahlentherapie, ein brasilianisches Topmodel, Großschriftsteller aller Zungen, eine landweit bekannte tschechische Pornodarstellerin, die Nobelpreisträger für Chemie der letzten vier Jahre, mit aus Ausnahme des vorletzten, verschiedene Leistungssportler sowie ein promiskuitiver Buddha. Ihre kosmisch-blauen Augen verdankt Phöbe der Pornodarstellerin, keine Frage, genauso wie ihre goldenen Locken. Sie kann nichts vergessen; jedes Erfahrungsquant saugt sie ein, um es in logisch geläutertes Wissen zu verwandeln, das ihr hilft, ihren kleinen Willen durchzusetzen, immer. Von ihrer angeblichen Mutter, mit der sie nur den Namen teilt, lässt sich Phöbe schon lange nichts mehr sagen. Synthetisiert wurde sie in Apeldoorn, ausgetragen in Indien von einer Leihmutter. Eine Million Dollar hat der Spaß in toto gekostet.

Bea wundert sich, wieso Phöbe in beinahe kontemplativer Haltung über ihrem Teller gebeugt dasitzt, nachdem ihr Stimmchen krächzender geworden und schließlich verstummt ist. Vielleicht hat der Buddha in ihr ein Licht angezündet, denkt Bea lächelnd und verpasst ihrem "kleinen Mönsterchen", dessen Eizellen einmal die Welt wert sein werden, einen animierenden Klaps. Dabei kippt das kleine Mädchen nach vorne, schlägt mit dem Kopf auf den fast leer gegessenen Teller, rutscht weiter, bis sie seitwärts vom Stuhl stürzt und mit der linken Schulter voran auf dem Boden aufschlägt. Fatalistisch duftet die Paprika, als ob nichts gewesen wäre. Phöbe überlebt, schwerstbehindert. "Frau Zahara, die Entwicklung der Ovarien ihrer Tochter dürfte nicht beeinträchtig sein, - wieso wollen Sie das eigentlich wissen?", fragt der Arzt. "Ach nur so", sagt Bea, sich eine Freudenträne aus dem Auge schabend.

 

Hallo Salamander,

wirklich viel passiert hier ja nicht.
Sprachlich gesehen ist das Teil flüssig, die Wiederholung des "osteuropäische Wichsvorlage" stösst mir allerdings auf (so witzig ist das gar nicht).
Was Du wohl zum Ausdruck gebracht hast, ist das Monströse der Kreation, auch die Überzeichnung des Bildes kann man gelten lassen.
Aber wenn Du das Thema zu variieren vorhast, versuch's das nächste Mal dezenter.

Gruss

Steffen

 

Hallo Steffen, bezieht sich der erste Satz auf den SF-Bereich oder auf Phöbe (5)? Dein Hinweis ist vermerkt.

Gruß

 

Also, ich find's großartig. Bei aller Kürze ist hier alles da, was ich mir von kritischer SF wünsche, und dabei ist das auch noch sprachlich angenehm gelöst.

Entferne die erwähnte Wortwiederholung & alles ist in Butter!

Gratulation
Naut

 

Cpaciva!
Änderung: osteuropäische Wichsvorlage -> (tschechische) Pornodarstellerin, "tschechische" wird nicht wiederholt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Salamander,

das ist sehr kurz und sehr boese. Der etwas sperrige Stil passt hier gut und laesst sich auf die Kuerze auch ertragen ;) Am besten gefaellt mir die Silbergabel, das ist ein schoenes Detail, da haette es ruhig noch mehr von geben koennen. Der Rest ist etwas karg an Bildern. Dass ihr der Kopf fast explodiert vor lauter Exzellenz, ist ein schoenes Motiv - damit kann ich mich voll identifizieren :D. Dass die Gene am Ende noch gerettet werden sollen, ist schoen pragmatisch-verwerflich - sowas habe ich auch mal geschrieben, aber am Beispiel "Kaninchenzucht", "Kinderzucht" haette ich mich nicht getraut.
Der Titel haut auch gut hin, weil man sich da ueberlegen kann, ob 5 sich nun aufs Alter bezieht, oder ob Phoebe nun vielleicht der fuenfte Versuch, die fuenfte Eizelle oder so ist.

Aber guck mal hier:

Dabei wuchert Phöbes Gehirn hypertrophisch und presst unglaublich schmerzhaft gegen das zu enge Schädeldach.
Ein Dach an sich kann doch nicht zu eng sein, hoechstens zu niedrig. Der gesamte Schaedel waere eng.

die Nobelpreisträger für Chemie der letzten vier Jahre, mit aus Ausnahme des vorletzten
hehe

denkt Bea lächelnd und verpasst ihrem "kleinen Mönsterchen", dessen Eizellen einmal die Welt wert sein werden, einen animierenden Klaps. Dabei kippt das kleine Mädchen nach vorne, schlägt mit dem Kopf auf den fast leer gegessenen Teller, rutscht weiter, bis sie seitwärts vom Stuhl stürzt und mit der linken Schulter voran auf dem Boden aufschlägt.
"dabei" hoert sich so gleichzeitig an, es ist doch wohl eher "darauf"

bis sie seitwärts vom Stuhl stürzt und mit der linken Schulter voran auf dem Boden aufschlägt.
wenn man mit der Schulter aufkommt, wird man aber nicht schwerstbehindert, wenn man stattdessen mit einem zum bersten gefuellten Kopf aufschlaegt, sieht das schon anders aus.

Fatalistisch duftet die Paprika, als ob nichts gewesen wäre.
Diesen Satz finde ich richtig doof. Der ist so gewollt absurd. Passt fuer mich nicht zum Rest.

lg,
fiz

 

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