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Perspektive
Unmittelbar nachdem sich die kalte Finsternis über das Licht legt und ich durch die leeren und ebenso dunklen Straßen und Gassen streife, bemerke ich, dass ich mir weder darüber im Klaren bin, wonach ich suche, noch wie ich hier hin gekommen bin. Der eisige Wind und das ewige Schwarz um mich herum nimmt meine ganze Aufmerksamkeit in sich auf und verschlingt sie ohne Überreste. Beinahe blind stolpere ich immer tiefer ins Nichts, bis ich selber drohe, ein Teil von ihm zu werden.
Doch plötzlich sticht mir ein Geräusch durch die frierende Einsamkeit bis tief in meine Innereien. Ein Geräusch, das gleichzeitig abstrakt, wie auch erschreckend real ist und mir kaum näher sein könnte. Ein Geräusch, das solches Unbehagen auslöst, dass ich es unmöglich ungeprüft lassen kann. Ein Geräusch so voller Kälte, dass es mir mit jedem Herzschlag immer mehr Leben aus den Adern zu treiben scheint. Der einsetzende Regen verschleiert das Geräusch ebenso, wie er selbst von der Dunkelheit verschleiert wird.
Erst als ich den blassen, blauen Lichtblitz unter mir bemerke und ich meinem Blick erlaube ihm hinterher zu schweifen, fällt mir die Klinge auf, die nur die Reflektion des einzigen Sterns dieser durch und durch dunklen Nacht gefangen zu haben scheint, um auf sich aufmerksam zu machen... auf sich und die vier Hände die hart an ihr und gegeneinander arbeiten. Plötzlich erschallt völlig unpassender und ohrenbedtäubender Lärm. Mein Puls rast, als ich beobachte, wie sich die neunzehn Finger im roten Regen waschen und die Hand mit dem fehlenden Daumen zieht das inzwischen getränkte Werkzeug unbarmherzig immer weiter durchs Fleisch. Mir wird klar, dass mir in diesem Dasein nicht mehr viel Zeit bleibt, als sich der purpurnen Flüssigkeit der unförmige Inhalt der Bauchhöhle anschließt und unregelmäßig zu Boden plätschert.
Dem ohrenbetäubenden Lärm schließt sich nun ein gleißendes, warmes Licht an. Ich schlage mit der Hand, an der mein Daumen fehlt den Wecker aus und kann mich vor lachen kaum halten.