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Peinlich, peinlich
Obwohl es schon 50 Jahre her ist,
habe ich diese Peinlichkeit bis heute nicht vergessen:
Ich war damals elf Jahre alt und hatte mich zusammen mit meinem gleichaltrigen Freund in der Stadt herumgetrieben.
Wir veranstalteten allen möglichen Blödsinn, wie z.B. das Weglaufen aus den Eingängen fremder Häuserblöcke (wo wir natürlich zuvor alle Klingelknöpfe auf einmal betätigten), wir überstiegen unterwegs Gartenzäune um Äpfel zu klauen und alles das, was Du früher bestimmt auch gemacht hast.
Irgendwann kam ich dann aber doch auf die Idee, einen Erwachsenen nach der Uhrzeit zu fragen, denn meine Eltern hatten mir unter Androhung von Strafe gesagt, dass ich um 21.00 Uhr wieder im Hause zu sein hatte.
"Es ist 22.30 Uhr" bekam ich freundlich gesagt und diese Auskunft verursachte sofort Panik in meinem Inneren.
Du musst wissen, dass damals noch die Strafe bei "Verfehlungen" - wie auch in vielen anderen Familien - meist aus einer gehörigen Tracht Prügel bestand.
Kurz und gut - ich brauchte eine wirklich gute Ausrede, und während des eilig angetretenen Heimweges dachte ich fieberhaft über eine gute Ausrede nach.
Nun stand ich atemlos vor der Haustür, und nachdem ich weitaus zaghafter als zuvor bei den fremden Häuserblöcken unsere Hausklingel betätigt hatte, hörte ich schon das mir sehr bekannte Schlurfen von Hausschuhen und wusste mit Sicherheit, dass es mein Vater war, der gleich die Tür öffnete.
Natürlich war er es.
Dann kam der gefürchtete Dialog:
"Wo kommst Duuuuu denn jetzt her?"
"Ich war bei Oma"
"So lange?"
"Ja".
"Wie geht es ihr denn?"
"Och, ganz gut, sie hat es wieder mit dem Magen - aber ich soll auch schön grüßen."
Es folgte ein kurzes Schweigen.
Mein Vater sah mich durchdringend an, aber gleichzeitig meinte ich in seinen Mundwinkeln so etwas wie ein Lächeln zu
erkennen.
Ich glaubte schon, mit dieser phantastisch guten Ausrede jeglicher Strafe entgangen zu sein.
Doch dann wurde mir auf einmal heiß und kalt zugleich, als er in sanftem Ton sagte:
"Na, dann komm mal rein, Oma ist nämlich hier".
Es gab keine Ohrfeige, aber ich wünschte mir damals sehnlichst ein tiefes Loch im Boden, um dort zu verschwinden.
Ich hatte einen hochroten Kopf,als mein Vater mich nun in die Stube führte (denn schließlich musste ich ja Oma wenigstens begrüssen) hörte ich von ihr nur diesen Satz:
"Junge!"
"Was machst Duuuu denn für Sachen?"
(c) K. Briesemeister/2003