Pech und Schwefel: Reue
Sie stehen sich an der Bar gegnüber, vertieft in ein Gespräch. Noa stützt sich mit ihrem Ellbogen auf der Theke ab, während sie dem anderen lächelnd zu hört.
Die Luft ist stickig, der Rauch der Zigarrten liegt schwer über dem Lokal. Leise Musik, vermischt mit Gesprächen dringt an mein Ohr.
An den Tischen sitzen unsere Leute, zusammen mit unseren Gästen.
Durch das schumrige Licht beobachte ich Noa aufmerksam. Ihre sonst so kühle, abweisende Ausstrahlung ist von ihr abgefallen, sie ist so seltsam ausgelassen. Sie lacht sogar.
Misstrauisch wandert mein Blick auf ihren Gegenüber; er ist es, der sie aus ihrem Trübsal gerissen hat. Sie wirken vertraut, als ob sie sich ihr Leben lang kennen würden. Selbts ihre Bewegungen scheinen aufeinander abgestimmt zu sein.
Ich starre wieder auf die braune Tischplatte. Vor mir steht eine Flasche, halb leer. Neben mir sitzt Adaesy mit verschränkten Armen.
"Was soll das?"
Ich schaue verständnislos auf. Er deutet auf Noa und den anderen.
"Wenn Blicke töten könnten, würde der".
er deutet mit dem Kinn wieder in Richtung Bar,
"in einer länglichen Kiste nach Hause fliegen müssen. Hast du ein Problem mit..."
"Moulay Kassab"
Mein Gesicht verliert jeglichen Ausdruck. Angespannt greife ich nach der Flasche vor mir und nehme einen tiefen Schluck.
"Noa und Moulay kennen sich von früher. Jugendfreunde so zu sagen."
Adaesy beugt sich nach vor. Abwechselnd betrachtet er Kassab und Noa, dann mich. Seine Miene wird ernst, fast schon böse. Mein Blick geht ins Leere.
"Ich dachte, sie bedeutet dir nichts. Einmal drüber, das war`s."
Mir sind seine Worte unangenehm. Nervös fische ich nach meinen Zigarrten, kann sie jedoch nirgens finden.
"Elif.....Warum hast du das getan? Es merkt doch ein jeder, dass du sie..."
Ich winde mich wie eine Schlange, möchte aufstehen und einfach nur verschwinden, aber Adaesy hält mich am Arm zurück. Ich schüttle ihn ab.
"Kümmere dich um deinen eigenen Dreck", zische ich und verlasse das Lokal. Kalte Luft schlägt mir entgegen. Es ist dunkel, niemand ist mehr auf der Straße. Langsam schlendere ich den Gehsteig entlang.
Warum hast du das getan? Diese Frage hämmert in meinem Kopf.
Was hat dir das gegeben?
Nichts.
Ich kann Noa deutlich vor mir erkennen. Die stolze Haltung, das rot- braune Haar, das in der Sonne wie dunkles Kupfer leuchtet und ihre geheimnisvollen Augen, in denen man sich leicht verlieren kann. Ich spüre ihre Haut, wie Seide gleitet sie unter meinen Fingerspitzen.
Wie hatte ich sie gehasst, als sie mir als Partnerin zur Seite gestellt worden war.
Gehasst. Vielleicht ist das zu hart ausgedrückt. Wir konnten einfach nichts miteinander an fangen. Wir konkurierten von der ersten Minute an.
Eines Abends, wie waren die letzten im Haupquartier, hatte ich sie grundlos angestänkert, weiß der Teufel warum.
"Wie sind Sie an den Posten gekommen? Auf dem Rücken oder kniend?"
In ihren Augen war ein unheimliches Feuer aufgelodert. Drohend hatte sie sich vor mir aufgebaut. Obwohl wir gleich groß waren, hätte sie keine Chance gegeen mich gehabt. Kräftemässig war sie mir unterlegen. Dachte ich.
"Sie wollen das wirklich wissen?"
Grimmig hatte ich genickt, als sie mich plötzlich zu Boden schleuderte und mir ein Messer an die Kehle gedrückt hatte. Ich war so perplex und unfähig mich zu verteidigen.
"Ist Ihre Frage damit beantwortet?"
Ich bejahte und brach gleichzeitig mit ihr in Gelächter aus. Ein makaberer, aber trotzdem guter Scherz.
Von diesem Augenblick an wuchsen wir zusammen.
Ich sauge die klare Luft tief ein. Es wird bald schneien, ich kann den Scnee förmlich riechen. Ich lasse mich auf einer beschmierten Bank nieder. Eine Laterne erhellt den asphaltierten Weg mit einem spährlichen Licht.
Ich weiß nicht mehr wieso, aber eines Nachts begleitete ich sie nach einer Dienstfeier nach Hause. Vielleicht lag es am Alkohol, als ich ihr sagte ich würde sie lieben. Noa war stehen geblieben und hatte mich traurig angesehen. Ich war mir sicher, dass sie das Selbe empfand, sie hatte es mich spüren
lassen.
Als wir dann später beieinander lagen, sie in meinem Armen, erzählte sie mir, dass es lange her sei, dass sie Nähe und Wärme genossen hätte. Ihre Stärke und ihr Stolz waren von ihr gewichen. Nie hätte ich gedacht, dass ich sie so verraten würde.
Ich gab ihre Verletzlichkeit den anderen Preis, machte ihnen, und vorallem mir selbst, vor, sie nur benutzt zu haben. Nie werde ich den Ausdruck ihrer Augen vergessen. Ich hatte sie zerstört, ihr ihr letztes Vertrauen in die Menschen genommen.
Ich weiß, dass sie mir nie verzeihen wird. Sie ist mir so fern wie niemals zuvor. Ich habe sie freigegeben und trotzdem; ich ertrage den Gedanken nicht, dass sie den anderen vielleicht auch so nah an sich heran lässt, zu nah.