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Pass auf was du dir wünschst

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12.09.2006
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Pass auf was du dir wünschst

Mir war damals nicht klar, was ich mir da gewünscht hatte. Und die erste Zeit war auch wirklich hochinteressant und kurzweilig. Aber jetzt verfluche ich mich für meinen Wunsch. Und sie verfluche ich für dessen Gewährung und Erfüllung.
Ich stehe hier auf diesem wild überwucherten Hügel und schaue auf die Reste und Ruinen der Ewigen Stadt, in der ich seit zwei oder drei Jahren lebe. Vielleicht ziehe ich nächstes Jahr um. Südfrankreich soll auch schön sein. Ich lache bitter und in dem Busch vorne rechts erschrickt ein Vogel und flattert aufgeregt davon.
Ich lege meinen Bogen in das Gras, die Pfeile daneben, und betrachte dann wieder die verfallenen, von der Natur zurückeroberten Ruinen meiner Stadt.
Automatisch beginne ich, mir selbst wieder meine eigene Geschichte zu erzählen. Wie schon so sinnlos oft, um mir wenigstens die Fähigkeit des Sprechens zu bewahren. Oder um mich selbst zu ärgern, um meiner Wut über mich selbst Ausdruck zu verleihen?
Oder doch um zu verhindern, dass ich den Verstand verliere? Ich setze mich, nackt wie ich bin, neben Pfeil und Bogen und räuspere mich. Dann beginne ich schleppend zu reden, nuschle ein bisschen und muss mir manches Wort in meinem Kopf heraussuchen, um es vor dem Vergessen zu bewahren.

„Einst war ich ein kühner Wilderer, treffsicher, von keinem Stammesfürsten einzuschüchtern, keine Angst vor niemandem. Mein Revier war das Gebiet, welches viel später Kurpfalz genannt wurde.
Es war in einem der Jahre, während das Römische Reich seinen Rückzug antrat, dabei langsam zerfiel und die Völkerwanderung einsetzte. Ich lag in der abendlichen Dämmerung durstig auf der Lauer, um mir einen Hirsch zu schießen, als dieses pferdähnliche Wesen auftauchte.
Um es kurz zu machen, sie war ein Einhorn, die mir da vor den Pfeil gelaufen war, und sie sah mich zwischen den Büschen stehen, den Pfeil schon aufgelegt, den Bogen gespannt, sie selbst anvisiert. Ich war zu weit weg, als dass sie mich mit einem einzigen Sprung erreichen und aufspießen konnte. Also handelte sie mit mir um ihr Leben. Und schlussendlich räumte sie mir für ihr Leben einen Wunsch ein, den sie auch prompt erfüllte. Diesen einen, verfluchten Wunsch.
Tage später, als sie von einem anderen Jäger erlegt worden war, erfuhr ich, dass sie die letzte ihrer Art gewesen sein soll. Natürlich, was denn sonst.“

An dieser Stelle halte ich inne, grinse wie jedes Mal, weil ich das Klischee des letzten Einhorns selbst erlebt habe, als es noch kein Klischee war. Es ist nur über die Jahrhunderte zu einem geworden.
Nach einer kurzen Pause spreche ich weiter, tue so, als würde ich jemandem die Geschichte erzählen, vielleicht dem prächtigen Busch ein paar Meter weiter vorne rechts.

„In den folgenden Wochen kam mir langsam die Erkenntnis, was die Gewährung dieses Wunsches bedeutete. Ich war überglücklich, begann, ehrlicher Arbeit nachzugehen und ließ mir Zeit.
Viel Zeit, in der es mir gelang, ein wenig Geld zu sparen, es gewinnbringend anzulegen und wohlhabend zu werden. Manches Mal dachte ich, das Ende der Welt sei nahe. Denn es konnte ja nicht ewig so weitergehen und das Ende der Welt hätte meinen Spaß empfindlich trüben können. Ich zitterte und fürchtete mich. Zum Beispiel, als der erste Jahrtausendwechsel kam. Aber es passierte nichts. Damals nicht und auch später nicht. Das Ende der Welt kam nicht und ich freute mich meines Lebens, wurde endlich reich und immer reicher. Wenn man wohlhabend ist und Geduld hat, ist es nicht schwer, reich zu werden.
So lebte ich zu meinem Vergnügen, erlebte und überlebte so manches Abenteuer, ließ in meinem Leben nichts anbrennen.
Während der großen Pestepidemie in Europa, irgendwann in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, als ein Drittel der Bevölkerung starb, dachte ich, dass das Ende der Welt gekommen sei. Aber es kam nicht und ich dachte nie wieder daran. Auch nicht, als 2012 dieser Virus aus dem Nichts auftauchte und die Menschheit binnen Monaten dahin raffte.
Keine Nation der Welt konnte schnell genug reagieren, um den Virus aus ihrem Lande fern zu halten und sie starben alle. Die Zeit, die die Wissenschaftler hatten, reichte, um die Herkunft des Virus zu klären. Für die Entwicklung eines Gegenmittels war sie zu kurz. Ein zufällig oder durch Umwelteinflüsse mutierter, durch die Luft übertragbar Herpes-Stamm reichte aus, die intelligentesten Lebewesen auf diesem Planeten zu töten.
Seither denke ich jeden Tag an das Ende der Welt. Das war vor etwa vierhundert Jahren, aber ich weiß nicht, ob ich richtig mitgezählt habe.“

Ich merke, dass ich jetzt zu einem meiner Pfeile spreche, den ich mir irgendwie genommen haben muss und ihn zwischen meinen angezogenen, nackten Knien senkrecht vor mir hoch halte. Ich starre auf den Pfeil, einen Holzpfeil, wie ich ihn schon vor zweitausend Jahren selbst gemacht habe.
Irgendwann registriere ich, dass ich den Pfeil noch immer anstarre, lege ihn zu den anderen zurück und spreche weiter zu dem Busch da vorne rechts.

„Ich habe oft versucht, mich umzubringen, aber weder Hunger noch Durst, nicht Blutverlust noch der Sturz von einer Klippe konnten mich umbringen. Dafür waren die Schmerzen aber echt. Seither passe ich ein bisschen auf mich auf, vermeide Schmerzen und jage, um das Gefühl des Hungers zu vermeiden, auch wenn ich nicht verhungern kann.
Jedes Leben endet, nur für mich wird die Welt untergehen müssen. Aber die Welt wird erst untergehen, wenn die Sonne zu einem roten Riesen wird und die Erde verschlingt. So in ein paar Milliarden Jahren.
So lange werde ich warten müssen. Ganz allein. Oder es entwickelt sich doch noch eine intelligente Lebensform, mit der ich mich unterhalten kann. So in ein paar hunderttausend Jahren. Wenn ich dann meine Sprache noch nicht verloren habe und überhaupt noch reden kann.“

Ich stehe auf, nehme Pfeile und Bogen und gehe langsam los, will wieder runter in meine ewige Stadt. Vor dem grünen Busch da vorne rechts halte ich an.

Ich ermahne mich noch selbst laut und deutlich "Pass auf, was Du Dir wünschst, denn es könnte wahr werden." Dann brülle ich meine Wut hinaus, so laut es nur geht. „Hätte ich mir doch von dem Einhorn nur einen einzigen Becher Wasser gewünscht, statt des ewigen Lebens!“

 

Hallo Teja!

Äh, ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wieso das SciFi sein soll? Nur weil einmal die Jahreszahl 2012 vorkommt? :confused:

LE

 
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Hallo Lems Erbe,

vielen Dank für Dein Kommi.

Natürlich steht diese Geschichte nicht wegen der Jahreszahl in SF. Die Geschichte ist eine Mischgeschichte und diese sind schwer einzuordnen, vielleicht im allerweitesten Sinn eine Alternativweltgeschichte, und die findet man häufig unter SF.

Ich hab mich da an die Rubrik "Hilfe/Regeln" gehalten und die sagt unter dem Unterthema "Wie veröffentlicht man eine Geschichte?":

Zitat:
Sollten Sie sich bei der Auswahl des Genres nicht sicher sein, veröffentlichen Sie sie bitte NICHT in mehreren Rubriken, sondern lesen Sie in den in Frage kommenden die "Info zu dieser Rubrik". Falls Sie danach immer noch unsicher sind, können Sie entweder einen Moderator um Hilfe bitten, oder Sie posten die Geschichte in EINES der möglichen Foren - die Kritiker geben auch gerne Tips, wo die Geschichte besser platziert wäre. Sie kann dann von den Moderatoren verschoben werden.


Also Danke für Dein ausführliches Kommi.

CU
Teja

 

Kommi? :susp: Heißt das nicht Komma? :D

Im Ernst: Erstmal herzlich willkommen, Teja, auf kg.de und in der SF-Rubrik.

Lems Erbe hat sich in der Tat sehr kurz gefasst und leider nichts wirklich hilfreiches, geschweige denn ein ordentliches Willkommen von sich gegeben. Ich werde ihm dafür bei Gelegenheit den Hintern versohlen ;)

Um die Diskussion um die Rubrik direkt zu ersticken: Es ist Crossover in einer Art Alternativ- oder postapokalyptischen Welt und damit hier gut aufgehoben.

Allerdings steht der Fantasy-Aspekt (Einhorn/Wunsch/Unsterblichkeit) genaugenommen im Vordergrund, denn bis auf die Pointe ist der Rest nur ein erfundener, statischer Hintergrund, der kaum eine Rolle spielt. Die Geschichte könnte daher ohne weiteres auch in einer irrealen Welt spielen.

Das ist auch der Hauptkritikpunkt: Die Story ist inhaltlich zu beliebig. Das liegt vor allem an dem eklatanten Mangel an Geschehen, Handlung und, daraus folgend, Spannung.

Mit dem Kunstgriff des Selbstgesprächs hast Du es immerhin vermieden, den gesamten Hintergrund durch recht zähes Runtererzählen bekanntzugeben, wie Du es teilweise getan hast. Das ändert aber nichts daran, dass nur durch die diffuse Eingangsfrage ("was ich mir da gewünscht habe") leidlich Spannung erzeugt wird, sprich: Durch Geheimniskrämerei, durch Vorenthalten einer entscheidenden Information ("sie"? Wer ist denn "sie"? Ist das wichtig? Keine Ahnung!).

Das im Hintergrund vage angerissene Weltgeschehen wird für den Leser nicht erlebbar, nicht fühlbar, und bleibt daher weitgehend bedeutungslos. Wenn Du die Menschheit in einem einzigen Satz ausrottest, kannst Du nicht erwarten, dass Deine Leser besonders schockiert sind. Dazu müsstest Du schon mindestens ein Einzelschicksal herausgreifen und dessen qualvollen Tod in düstersten Farben ausführlich darstellen. Will sagen: In deutlich mehr als einem Satz.

Sprachlich ist die Story recht brauchbar, ohne zu glänzen.

Fazit: inhaltlich sehr dünn, sprachlich ok.

Uwe
:cool:

 
Zuletzt bearbeitet:

Also, hi Teja, willkommen auf kg.de im SciFi-Wohnzimmer, der Kaffee ist aufgesetzt und Kekse mit Zuckerguß hab ich auch mitgenommen. *hinternreibunduwezungezeig*

Leider hab ich die Glacéhandschuhe vergessen, daher erlaube ich mir meine ureigenste Meinung kundzutun. ;)

Im Gegensatz zu Uwe finde ich nämlich nicht, dass das Science Fiction ist und bei Gott, ich hab diesen Begriff schon oft mehr als genug ausgereizt.
Ich wollte zuerst wissen, ob das eh hierhergehört, bevor ich mich an eine Kritik mache.
Egal. Diskussion geschlossen.

Zum Inhalt:

Da sitzt also ein Mensch, der sich durch einen Wunsch das ewige Leben auf Erden eingefangen hat im Wald und siniert über die Vergangenheit nach.
Er denkt daran, dass er durch die Jahrhunderte wandert und jede Menge Geld anhäufte. Trotzdem ist das einzige, was er je gelernt hat Pfeile schnitzen? Naja, wenn das alles ist, was man mit der Ewigkeit anfängt, dann ist das schön fad.
Jedenfalls heult er weiter über seiner Vergangenheit herum und kommt zum Schluß, dass er sich besser ein Glas Wasser gegen den Durst als das ewige Leben gewunschen hätte. Na Prost Mahlzeit.
Und dann? Gibt es jetzt gar keine Menschen mehr? Da kann es ihm ja eigentlich egal sein, was er sich in Zukunft wünscht, oder?
Naja, sehr konfus das Ganze...

Zur Form:

Ok, Rückblenden sind out. Der Prot erzählt. Ich muss Uwe beipflichten, dass sich die ganze Spannung auch damit in Luft auflöst.

Zur Sprache:

Die ist in Ordnung. Gut angepaßt und brauchbar. :)

Fazit: Inhalt sehr öde, dafür keine Spannung, sprachlich brauchbar.

Also, nächste Geschichte her, damit dir der Titel deiner Geschichte nicht auf den Kopf fällt! :D

lg, LE

 

Hallo Teja

Auch ich sage hallo im SF-Keller, setz dich und achte nicht auf die Peitschen und Metallstangen an der Wand... :D

Gut, dann zur Sache:

Unsterblichkeit musste schon oft als Thema herhalten, deshalb erwartet man als Leser schon, wenn nicht etwas Neues, dann doch wenigstens einen guten Aufguss. Dafür ist mir deine Geschichte jedoch viel zu seicht, das, wie der lemsche Erbe schon richtig bemerkte, Rumgeheule, überzeugt da nicht und bietet keine Reibungsfläche für den Leser. Nur einfach "Bäh, ich will nicht mehr" ist da nicht genug.

Das Einhorn lässt sich schon schlucken, Erklärungen für Unsterblichkeit sind immer ein wenig märchenhaft;) .

Und natürlich ist da der eklatante Mangel an Handlung. Du hättest ja wenigstens mit einigen Zeitsprüngen ein paar Episoden aus seinem Weg durch die Jahrhunderte zeigen können. Das wäre zwar keine besonders inovative Formgebung, aber würde der Geschichte wesentlich mehr Fleisch auf die Knochen geben.

Sprachlich ist das ganze brauchbar, da schließe ich mich meinen Vorrednern an.

Und:

als 2012 dieser Virus
Ist es nicht das Virus?

Grüßken
omno

 

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