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Partytime
Der Vorhang hebt sich
Die Turmuhr schlug 8:00 Morgens und die Partygäste trafen ein, um sich einen vergnüglichen Abend zu machen.
Lachend stürzten sie sich ins Getümmel, nicht ohne sich vorher für die Einladung bei ihrem Gastgeber bedankt zu haben. Dieser hielt sich im Abseits und genoss die heitere Stimmung seiner Gäste. Er hatte keine Kosten und Mühen gescheut, um diese Veranstaltung möglich zu machen, das sah man den dargebotenen Speisen und den edlen Getränken auch an.
Der Ballsaal war altmodisch ausgestattet worden – inklusive einer exakten Nachbildung eines Internet-Cafes. Der Gastgeber war ein geiziger und ungeselliger Mensch, er hasste es, seine Gäste in jeder erdenklichen Weise unterhalten zu können. Prüfend ließ er den Blick durch die Menge schweifen und erfreute sich an den heiteren Gesichtern und dem Gemurmel von Stimmen, das zu ihm vordrang.
Erste Szene - In der Charles zu einer wichtigen Erkenntnis gelangt und es Elfriede deutlich an Entscheidungskraft fehlt
Nun soll man aber nicht glauben, dass sich alle Partygäste amüsierten. Charles Bukowski beispielsweise saß missmutig auf einem Bürostuhl und sah nicht so aus, als ob er besonders glücklich wäre - das konnte Elfriede Jelinek nicht mit an sehen, obwohl sie ihn für einen ausgezeichneten Schriftsteller hielt. Sie gesellte sich zu ihm. „Wissen Sie, was das Problem an Ihrer Schreibe ist, Sie unfähiger alter Sack?“, fragte sie ihn höflich und reichte ihm ein Glas Rotwein, dass Bukowski hastig nahm und mit einem Schluck hinunterschüttete. „Ja sicher“, erwiderte er und lächelte ihr zu, „meine Schreibe ist vielfältig, wenn man ein Buch von mir gelesen hat, weiß man nicht, was ich als nächstes schreiben werde.“ „Richtig erkannt“, sagte die Grand Dame der feministischen Literatur und musterte ein Tablett mit Cräckern, das von einem übellaunigen Braunbären im Frack angeboten wurde. Bukowski brabbelte irgend etwas vor sich hin, aber Elfriede`s Aufmerksamkeit war von den leckeren Cräckern in Anspruch genommen. Sie konnte sich nicht entscheiden. Es war jammervoll, und so verschwand sie trübsinnig in der Menge, um sich nach Marcel Reich Ranicky umzusehen, und mit ihrem Todfeind das ein oder andere freundliche Wörtchen zu wechseln. Ihr letzter Roman war von Marcel verrissen worden und das würde sie nur zu gerne auf sich sitzen lassen.
Zweite Szene - Was Vivien und Clark zu beanstanden haben
In einer Ecke saßen Vivien Leigh und Clark Gable – dieser charmante Flegel - zusammen und meckerten über die Dreistigkeit von Mattel, Inc. sie als Barbiepuppen dargestellt zu haben. „Es ist einfach unglaublich!“, sagte Vivien entrüstet, „ich meine, sieh dir diese Gestalten doch einfach an, nicht im entferntesten sind sie uns ähnlich! Es ist ein Skandal, von solchen Stümpern nachgebildet zu werden!“ „In der Tat! Skandalös!“ pflichtete Clark seiner Gesprächspartnerin bei. Sein Gesicht war hochrot vor Ärger.
Dritte Szene – Eine neue Aufgabe für Air-Busse
Virginie Despentes und Erica Jong prosteten sich zu und sprachen über ihre Angst vorm Fliegen. Virginie gab ein Zitat von Fjodor Michailowitsch D. – passend zum Thema - zum Besten „Weil du aber lau bist und weder kalt noch heiß, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde“. Ausführlich diskutierten sie die ganze Angelegenheit und waren der Meinung, dass Flugzeuge zuviel Mitspracherecht hatten. „Reine Faulheit!“, fauchte Virginie, „die sollten lieber losziehen und sich ein paar Wölfe fangen!“
Vierte Szene – Ernest befindet sich in einem falschen Szenario, was ihm aber zu einer Einladung verhelfen wird
Kurzfristig kam es zu einem Tumult. Ernest Hemingway durchbrach ihre Reihen, adrett zur Großwild-Jagd gekleidet, schwer bewaffnet und mit einem schicken Hut, der ihn vor der prallen Sonne retten sollte, auf dem Haupt. Als ihm bewusst wurde, dass er am falschen Platz war und sich diskret zurückziehen wollte, wurde er von Truman Capote zurückgehalten, der ihn am nächsten Tag zu einem Frühstück bei Tiffany einladen wollte. Ernest nahm dankend an, und die beiden vertieften sich in einen Plausch über die Wetterlage am Kilimandscharo.
Fünfte Szene – Eine Schriftstellerin der besonderen Art spielt beleidigte Leberwurst
Lebhaft schritt der Abend voran. Hera Lind, die von Natur aus zu den feinfühligen Menschen gehörte, bemerkte, in der illustren Gesellschaft völlig fehl am Platze zu sein. Ihre angeborene Bescheidenheit kam ihr zugute, und sie verließ als erste die Gesellschaft mit dem bitteren Gefühl, kein Superweib zu sein und auch nicht hoffen zu können, jemals eines zu werden. Sie rauschte mit raschelndem, kotzgrünen Dirndlkleid aus dem Saal.
Sechste Szene – Ein Webmaster scheffelt Geld
Im Internetcafé hatten sich inzwischen Peter Handke und Milan Kundera niedergelassen. Sie vermieden es miteinander zu sprechen – dazu waren sie gerade nicht aufgelegt – frönten aber einer virtuellen Unterhaltung. Milan regte sich über die unerträgliche Leichtigkeit des Seins auf, Peter konterte mit seiner Ansicht über das Gewicht der Welt. Sie kamen auf keinen grünen Zweig, und so ergab sich eine interessante Diskussion. Die Aufzeichnungen dieses Gesprächs wurde später vom Webmaster verkauft und machten ihn zu einem wohlhabenden Mann.
Siebte Szene – Zu düster, um näher beschrieben zu werden
Natürlich gab es auch eine politische Runde. Isabel Allende, Ernesto Guevera, Jörg Haider und US-Präsident Bush führten eine leidenschaftliche Debatte. Aber da die Beiden zuletzt Genannten – wie sollte es anders sein – außer populistischen Reden nichts zur Diskussion beitragen konnten, wollen wir diese traurige Szene besser genau dieser Stelle wieder verlassen.
Achte Szene – Francis frönt seiner Arroganz
Akif Pirincci`s samtpfötiger Klugscheisser Francis räkelte sich auf einem Sofa und zettelte mit John Steinbeck eine Diskussion von Mäusen und Menschen an. Francis war der Meinung, dass Menschen ziemlich dämlich, Mäuse jedoch mehr als gerissen waren. John versuchte dem arroganten Kater den Hintergrund seines Buches zu vermitteln, aber Francis machte sich eine Freude daraus, ihn absichtlich nicht verstehen zu wollen.
Neunte Szene – Die Party neigt sich dem Ende zu
Alex Garland und David Sedaris – die beiden Nachwuchsautoren – waren sich schließlich einig, den weiteren Abend nackt und diskutierend am Strand zu verbringen. Sie hatten genug von der Party und verabschiedeten sich höflich von ihrem Gastgeber.
Weitere Gäste verließen das mehr als gelungene Fest. Jane Austen und die Bronte-Schwestern verließen Arm in Arm den Ort des Geschehen. Sie hatten vor, sich in einer McDonald-Filiale an einem ordentlichen BigMäc gütlich zu tun. Jane lief das Wasser im Mund zusammen, wenn sie an die – in altem Fett frittierten – Pommes Frites dachte. Ihre Gedanken kreisten um weitere Beilagen, dann wurde sie von den Schwestern hinausgezogen.
Die einzige Person – das muss man einfach sagen – die nicht zufrieden mit dem Verlauf der Party war, trug den Namen Dolly Buster. Sie musste dermaßen viele Autogramme geben, dass es ihr unerklärlich schien. „Wie ungerecht!“, dachte Dolly wütend. Komplimente über ihr Buch vertrug sie gar nicht.
Zehnte und letzte Szene – That`s it
Die Lebenden als auch die Toten verließen die Party – sich vom Gastgeber höflich verabschiedend - mit dem mehr als befriedigenden Gefühl einen unangenehmen Abend verbracht zu haben.
Der Vorhang fällt (gnädigerweise)