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Papiere

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13.09.2007
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Papiere

Der Mann verschwand kurz und kam mit einem großen Stapel Papier zurück.
Ich hielt den Atem an. Was, wenn es nicht dabei war?
Ächzend ließ er den Stapel auf den Schreibtisch fallen und seinen Körper in den Korbsessel plumpsen, welcher ächzend antwortete.
Was, wenn er es nicht fand? Mein rechter Fuß wippte im Stakkato auf den Holzdielen. Der Mann warf mir einen missbilligenden Blick über den Rand seiner goldenen Brille zu und ich befahl meinem rechten Fuß, still zu stehen. Nun regte sich der linke. Ich stützte die Hände auf meine Knie, hielt mich fest und lächelte tapfer.
Der Mann widmete sich den Papieren.
Ich beobachtete ihn mit allen meinen Sinnen.
Er blätterte bedächtig, schweigend und mit starrer Miene. Das Papier raschelte, sein Atem rasselte, zerhackt vom Ticken der grauen Wanduhr hinter ihm. Staub wirbelte gleichmäßig aus den Papieren in den Schein der Wintersonne, welche durchs kleine verstaubte Fenster lugte. Ein Geruch wie Harzer Käse mit Makrelen entwich ihm, vermischte sich mit dem charakteristischen der alten Papiere zu einer einzigartigen Symphonie, die nun vom beißenden Gestank der Angst dominiert wurde, welcher sich aus allen Poren meines Körpers schwitzte. Ich griff nach dem Taschentuch, wischte über Stirn und Schläfen, wickelte den Schal von meinem Hals, mein rechter Fuß wippte, der Mann sah auf, ich presste den Schal auf die Knie und lächelte. Er lächelte nicht, wendete sich wieder den Papieren zu und suchte wortlos weiter.
Was, wenn er es übersah? Ich streckte den Hals, kniff die Augen zusammen und versuchte, die abgelegten Blätter zu lesen, zu durchleuchten, schalt mich in Gedanken, nicht früher daran gedacht zu haben, hoffte, dass es noch nicht zu spät sei.
Der Mann hob den Blick, tadelnd, drehte erst den kleinen, dann den doppelt so großen Stapel Papiere um, so dass ihre beschriebenen Seiten vor mir verborgen waren.
Ich wischte mir mit dem Schal den Schweiß von Gesicht, Hals und Dekolletee, hielt meine zappelnden Beine fest und lächelte so breit, dass es schmerzte.
Der Mann arbeitete weiter, ich starrte ihn an, bis er sich vor meinen Augen verwandelte.
Dampf stieg pfeifend aus dem Schlund, der Kolben hebelte heftig, doch die Lokomotive bewegte sich weder vor noch zurück auf den glühenden Schienen. Hebelnder Kolben glühte, glühende Lok, Feuerschlund, PENG!
Ich falle vom Stuhl, hart auf den Dielenboden, reiße die Augen auf, stemme mich hoch, schaue zu ihm.
Der Mann steht langsam auf, schüttelt den Kopf, hält ein paar Blätter in die Höhe: „Da haben wir es.“
Mit einem Blick erfasse ich das angegilbte Papier: es ist mein zwei Jahrzehnte alter Aufsatz „Das Leben als Schüler“.

 

Hej Damaris,

ich hab die Pointe nicht verstanden. Jmd fragt nach einem alten Schulaufsatz (wo, in seiner/ihrer alten Schule? Die heben das da nicht zwanzig Jahre auf) und hat Angst, dass er/sie ihn nicht bekommt (warum, was ist so wichtig an dem?).
Und im Nachhinein verstehe ich die ganze Situation nicht. Soll das ein ehemaliger Rektor sein (der sich eher nicht mit dieser Art von Papierkram beschäftigen würde)?

Viele Formulierungen finde ich schräg, guck mal, ob Dir das weiterhilft:

Ich beobachtete ihn mit allen meinen Sinnen.
Wie geht das? Wie beobachtet man beispielsweise mit dem Geruchssinn?

Das Papier raschelte,
Papier raschelt, wenn es dünn ist. Zeitungspapier könnte rascheln. Zusammengeknülltes Papier raschelt unbedingt. Aber ein Stapel Papier, wie schafft der das?

sein Atem rasselte
Natürlich hat das Papier keinen Atem, sonst würde man hier nicht wissen, zu wem der Atem gehört.
Bei dem Mann frage ich mich, ob er eine Hausstauballergie hat und inwiefern das relevant für die Geschichte ist. Vorher hat sein Atem jedenfalls nicht gerasselt.

Ein Geruch wie Harzer Käse mit Makrelen entwich ihm
Wem entwich dieser Geruch? Dem Staub? Dem Mann? Dem kleinen verstaubten Fenster. Das wäre eine olfaktorische Meisterleitung, find ich jedenfalls - ein Fenster riechen : )

vermischte sich mit dem nostalgischen der alten Papiere
Das fettmarkierte ist der Geruch? Öhm ... ich finde es jetzt irgendwie übertrieben, bei drei Gerüche von denen zwei außerordentlich stinkig sind, von einer Symphonie zu sprechen.

die nun vom beißenden Gestank der Angst dominiert wurde, welcher sich aus allen Poren meines Körpers schwitzte.
Mir ist das zu dick aufgetragen. Und spätestens hier wünschte ich, Du würdest ab und an einfach mal "der" oder "die" benutzen anstatt "welcher" oder "welche".

schallt mich in Gedanken,
schalt

drehte erst den kleinen, dann den doppelt so großen Stapel Papiere um
Meinst Du so etwas wie DIN A3 und DIN A4 oder meinst Du, den Stapel, der schon durchgesehen und den, der noch nicht durchgesehen wurde?

ich starrte ihm zu
Da hast du was vermixt: Entweder "starrte ihn an" oder "sah ihm zu"

Dampf stieg pfeifend aus dem Schlund
Dampf stieg pfeifend aus seinem(?) Schlund? Das kann ich mir noch vorstellen, aber ich weiß jetzt nicht, wo ich den Kolben befestigen soll (und wozu genau), noch problematischer wird's für mich mit glühenden Schienen.

Vielleicht wird es verständlicher, wenn Du doch mehr durchscheinen lässt, was es mit diesem Aufsatz oder der Angst des Erzählers auf sich hat. So macht es mich einfach nur ratlos.

LG
Ane

 
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Hallo Ane, hallo Corduela,
vielen Dank für Eure Kritik, tut mir leid, dass Euch meine kleine Geschichte nicht gefällt.
Die Protagonistin rutscht in die kindliche Ebene zurück, als sie bei ihrem alten Dorflehrer nach ihrem Aufsatz sucht. Ist nicht so ernst gemeint. Wollte die Anspannng der Dame 'rüberbringen. Also - ich find es recht witzig. ;)
Natürlich kann man mit allen Sinnen beobachten, oder beobachten Blinde nicht?
In dieser angespannten Stille höre ich das abgehobene Papier förmlich rascheln, oder wie sollte man dieses Geräusch sonst bezeichnen?
Da der Mann der einzige mögliche Atmer ist, denke ich, man kann es bei "Er" im Bezug auf die Rasselatmung belassen. Ebenso, denke ich, begreift man um welche Stapel Papiere, groß und klein, es sich handelt.

die nun vom beißenden Gestank der Angst dominiert wurde, welcher
Mir gefällt diese Alliteration.
QUOTE]ich starrte ihm zu [/QUOTE]
Wollte mit der Sprache experimentieren, aber das ist nicht gelungen, habe ich geändert, ebenso das "schalt".
Wortwiederholungen sind hier Stilmittel, ebenso das "dick Auftragen".
Schönen Sonntagabend noch, lG Damaris.

 

Das ist wirklich ein eigenwilliger Text. Ich find den schon mal deshalb bewundernswert, weil er sich so skurril auf eine scheinbare Banalität beschränkt.
Da möchte eine erwachsene Frau wohl einen Rückschau auf eine Zeit ihrer Kindheit halten, kriegt so einen Nostalgie-Flash, und dann verwandelt sie sich wieder in diese Schülerin.
Ich hatte in der Schule einen Deutsch-Lehrer, der hat immer Multiple-Choice-Tests gemacht und hat die Arbeiten dann gleich nach der Stunde korrigiert. Und ich hab mich ein bisschen in das reinfühlen können. Wenn man dann aus jedem Gesichtszug, während er die Arbeit korrigiert, lesen möchte, ob da jetzt was richtig oder falsch war. Und der Lehrer hat sich dann natürlich immer noch einen Spaß daraus gemacht, und besonders miesepetrig dabei geschaut und das Gesicht verzogen und Geräusche des Unbehagens von sich gegeben.
Und so ähnlich hatte ich die Geschichte hier vor Augen, dass sie da wieder wie 8 oder 9 wird.

Gut, das ist für eine Geschichte schon ziemlich wenig, so ein Flashback in die eigene Vergangenheit. Es ist ja auch keine lange Geschichte. Und ich weiß auch nicht, ob das irgendein Ansatz ist, aus dem was erwachsen kann, oder wo es jetzt weiter hingeht. Das ist im Prinzip eine kleine Fingerübung, ein Späßchen.
Ich würd das jetzt nicht bewerten wollen. Ich hab noch ein, zwei Geschichten von dir in Erinnerung, und ich denke, es wäre lohnend, du gehst mal aufs Ganze und probierst was Größeres aus. Ich weiß nicht, du machst ja auch nebenbei irgendwelche Schreibkurse oder Übungen hast du mal gesagt, glaub ich, vielleicht willst du einfach mal eine ausgewachsene Geschichte einstellen, die dir selbst auch mehr bedeutet?

Vielleicht kannst du als Inspiration was mit http://www.wortkrieger.de/showthread.php?51722-Zuckerbrot-und-Peitsche&highlight=Zuckerbrot+Peitsche anfangen.

 

Ich hab mich an mein "verlängertes Studium" erinnert, als ich für den Abschluss noch eine Prüfungsnote brauchte und der Prof meinte, wenn ich die Note noch finde, können wir die gerne Eintragen. Da hatte ich auch so ein verkrampftes "Lächeln" im Gesicht....

Dampf und Kolben hatten mich beim lesen aber auch irritiert :)

ansonten: Danke für die "Erinnerung" :D

 
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Hallo Quinn, hallo pantoholli,
danke für Eure Kritik.
Ja, genauso war das mit diesem "Geschichtchen". Sie ist aus der Hausaufgabe einer Autorengruppe entstanden, mit der ich nichts anzufangen wusste. So schrieb ich mehr als Suchende und weniger als Erzählende, gespannt auf dass, was da entstand und schließlich interessiert, ob sich diese Spannung auf Leser überträgt.
Schön, dass es mir bei Euch gelungen ist.
Nun, ich habe schon auch "erwachsene", für mich bedeutsame KG hier drin, würde auch gerne mehr schreiben. Habe noch andere Hobbys und Verpflichtungen, so dass ich zeitlich ziemlich am Limit bin. Klingt wahrscheinlich nach Ausrede, aber ich habe wohl bald wieder was "Ausgewachsenes".
Danke für den Tipp!
Happy Valentinstag!
Damaris :)

 

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