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Papas Tagebuch - 2.Hochzeitsplanung
Seit Jahren denke ich darüber nach, wie unsere Hochzeit einmal ablaufen wird. Denise hatte schon immer viele Wünsche und Träume. So stand für sie schon immer fest, dass sie einmal mit einer Kutsche zum Standesamt chauffiert werden möchte. Dann wollten wir natürlich eine Tanzschule besuchen, denn man möchte sich ja schließlich nicht bei seiner eigenen Hochzeit blamieren. Außerdem machte ich mir darüber Gedanken, wo wir feiern werden, ob im Klosterstüberl in Fürstenfeldbruck oder irgendwo in den Bergen, auf einer Alm oder in einer Burg. Also Ideen hatte ich zur Genüge, aber ich denke ja auch manchmal darüber nach, was ich mit einem Lottojackpot anstellen würde, obwohl wir einen solchen wohl niemals gewinnen werden.
Ein großes Thema war auch immer die Frage: Wen laden wir ein? Eine Hochzeit ist ein einmaliges Ereignis, da möchte man ja theoretisch jeden dabei haben. Aber wer soll das alles bezahlen? Laut den Erfahrungen vieler meiner Kollegen finanziert sich eine Hochzeit immer durch die Geldgeschenke. Dieselben Kollegen haben aber auch zum achtzehnten Geburtstag ihr erstes Auto geschenkt bekommen. Bei uns beiden müsste mindestens ein reicher, unbekannter Onkel aus Amerika auftauchen, der bei der Hochzeit die Zeche zahlt.
Um das Ganze kostengünstiger zu gestalten, hätten wir also im engsten Familienkreis feiern müssen. Aber wo endet dieser engste Familienkreis? Egal wie wir es machen würden, irgendjemand würde sich immer übergangen fühlen. Aber ich war mir sicher, wenn die Zeit gekommen ist, werden wir uns richtig entscheiden und es wird eine einmalige Hochzeit werden.
Plötzlich war Denise schwanger und nun wünschte sie sich umso mehr eine richtige Familie mit Trauschein. Aber mit einem dicken Bauch wollte sie natürlich nicht heiraten und erst recht nicht in der kalten Jahreszeit. Also einigten wir uns darauf, dass wir erst heiraten werden, wenn Felix richtig laufen kann, der viele Stress der Schwangerschaft und des Stillens vergessen ist und wir uns in den neuen Elternjob eingearbeitet haben.
Nachdem Felix auf der Welt war, wurde uns schriftlich bestätigt, dass wir nur vier Monate lang Erziehungsgeld erhalten werden. Da ich als Zugbegleiter mit meinem Gehalt weit über dem Hartz4Satz liege und somit scheinbar zu den Großverdienern in Deutschland zähle, bleiben uns ab September nur noch circa 300 Euro pro Monat zum Leben. Daher dachte ich nun ernsthaft darüber nach, ob wir unsere Hochzeit nicht vorverlegen sollten, um die Steuerklassen möglichst bald ändern zu können. Denn das würde in der Zeit, in der Denise nicht arbeiten gehen kann, unsere finanzielle Lage erheblich verbessern. Also dachte ich nun über eine heimliche Hochzeit, ohne Verwandtschaft und somit ohne große Feier nach. Ich hätte gar nicht gewusst, wie wir das sonst in der Kürze der Zeit alles organisieren sollen. Und ob Felix in drei Wochen immer noch so friedlich ist, konnte auch niemand vorhersagen. Ich wollte schließlich eine fröhliche Braut und keine gestresste Mutter heiraten.
Als Felix drei Monate alt wurde, schenkte ich Denise eine kleine Liebesgeschichte, mit einem Heiratsantrag als Happy End. Gleich am nächsten Tag gingen wir dann ins Standesamt um uns zur Eheschließung anzumelden. Gegen 11:30 Uhr kamen wir dort an. Natürlich hatten wir keinen Termin. Wozu auch? Wir wollten doch schließlich nur schnell das Aufgebot bestellen. Innerhalb von fünf Minuten war alles erledigt und wir spazierten wieder gemeinsam nach Hause. Dreieinhalb Stunden später gingen wir schon wieder zum Standesamt. Diesmal hatten wir einen Termin. Kurz vor der Mittagspause wurde uns gesagt, dass eine halbe Stunde zu kurz sei, um sämtliche Fragen zu klären und es war tatsächlich so. Wir brauchten sage und schreibe, geschlagene dreiunddreißig Minuten, bis alles unter Dach und Fach war. Nachdem der organisatorische Kram erledigt war und wir unseren Wunschtermin bestätigt wussten, verließen wir erleichtert das Standesamt. Um ganz genau zu sein, wurden wir um 92 Euro erleichtert.
Einer der teuersten Punkte auf der Preisliste zur „Anmeldung der Eheschließung“ war die „Prüfung der Ehefähigkeit“. Wobei ich nicht nachvollziehen kann, wie und von wem unsere Ehefähigkeit geprüft wurde. Ich musste zwar einmal für kurze Zeit das Zimmer verlassen, um im Kinderwagen nachzuschauen, ob wir Taschentücher dabei hatten, aber dass mein Schatz in der Zwischenzeit mit einem der Standesbeamten Tauglichkeitstests durchgeführt haben soll, kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen und auch ich könnte vor jedem Familiengericht beschwören, Denise zu keiner Sekunde im Nebenzimmer untreu geworden zu sein. Trotzdem mussten wir für die Prüfung unserer Ehefähigkeit stolze dreiunddreißig Euro berappen.
Jeweils fünf Euro blätterten wir dann für zwei Aufenthaltsbescheinigungen hin. Durch solche Formulare werden persönliche Daten, wie Name, Anschrift, Geburtstag, Familienstand, Religion und Ähnliches bestätigt. Wobei ich diese ganze Prozedur für meine Person jetzt als völlig überflüssig empfand. Bei Denise war es mir natürlich wichtig zu erfahren, ob sie auch wirklich diejenige ist, für die sie sich seit fast zehn Jahren ausgibt. Nicht, dass ich eines Tages aufwache und erschrocken feststelle, dass ich auf eine Heiratsschwindlerin reingefallen bin, die nur auf das Luxusleben scharf war, welches ich seit Jahren Dank meines extrem hohen Schaffnergehalts führe.
Dann durften wir uns aus verschiedenen Designvorlagen unser "Stammbuch der Familie" auswählen. Da wir beide im Sternbild Krebs geboren sind und das Leben von Krebsgeborenen stark vom Mond beeinflusst wird, einigten wir uns sehr schnell auf ein Buch mit schwarzem Ledereinband, auf welchem der Mond und viele Sterne abgebildet waren. Für dieses Stammbuch waren weitere 35 Euro fällig.
Für den gleichen Preis hatten wir dann die Möglichkeit einen Pianospieler zu engagieren. Dieser musste jedoch erst an unserem Hochzeitstag bezahlt werden. Also konnten wir zumindest diese 35 Euro noch für die nächsten drei Wochen Gewinn bringend anlegen. Zu guter Letzt zahlten wir noch 7 Euro für unsere Heiratsurkunde und 8 Euro für die Abschrift aus dem Familienbuch. Nachdem wir nun also alle Formulare bezahlt und unterschrieben hatten, stand unserer Hochzeit nichts mehr im Wege.
Bereits bevor wir beim Standesamt waren, um das Aufgebot zu bestellen, mussten wir uns Abstammungsurkunden besorgen. Diese durften allerdings nicht älter als ein halbes Jahr sein. Als Erstes dachte ich natürlich: Was soll sich seit meiner Geburt an meiner Abstammung geändert haben? Das ist doch wieder einmal nur Abzocke vom Staat, von jedem heiratswilligen Pärchen vierzehn Euro zu kassieren, für zwei neu ausgestellte Urkunden, die in jedem Haushalt bereits vorhanden sind. Aber dann dachte ich mir: Vielleicht verstehe ich ja die Bedeutung des Wortes Abstammung nicht richtig und es muss durch die Urkunden nachgewiesen werden, ob zum Beispiel einer von uns beiden im letzten halben Jahr adoptiert worden ist. Also schaute ich in einem Lexikon nach und dort stand Folgendes:
"Abstammung ist ein biologischer Begriff, der auf der Weitergabe von Genen über die Generationen hinweg beruht. Bei Menschen wird der Begriff Abstammung verwendet, um die familiäre Herkunft zu beschreiben. Abstammung ist somit die Herkunft eines Menschen von seinen leiblichen Eltern, d. h. von der Mutter, die ihn geboren hat und vom Vater, der ihn erzeugt hat."
Nachdem ich diese Begriffserklärung überflogen hatte, stand für mich also unumstößlich fest, dass sich an der Abstammung eines Menschen nach der Geburt nichts mehr ändern kann. Somit gab es also nur zwei mögliche Erklärungen dafür, warum die Abstammungsurkunden nicht älter als ein halbes Jahr sein dürfen. Entweder es handelt sich, so wie ich es gleich vermutet hatte, um bewusste Abzocke oder die treuen Staatsdiener, die sich diesen ganzen Blödsinn ausgedacht haben, hatten kein Lexikon um sich mit dem Begriff Abstammung auseinander zu setzen.