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Papa's little helpers
Hallo zusammen,
ich glaube, uns ist allen bewusst, das Schreiben (auch) Handwerk ist. Und was machen Handwerker? Sie benutzen Werkzeuge. Dabei geht es nicht um nostalgische Werte oder Ästhetik, sondern um Effizienz. Mit Erfindung des Akkuschraubers sind Schraubendreher größtenteils obsolet geworden, auch wenn die Idee, etwas nur mit einfacher Mechanik und Muskelkraft zu bewerktstelligen, natürlich viel romantischer ist.
Ich habe vor einiger Zeit so ein effizientes, aber wenig romantisches Werkzeug fürs Schreiben entdeckt: Eine englische E-Book-Serie von "Thesauri" mit Aufschlüsselungen literarischer Versatzstücke (hier die offizielle Website – gibt's aber auch in gängigen E-Book-Stores).
Das erste Buch aus der Serie, das ich mir zugelegt habe, war The Emotion Thesaurus: A Writer's Guide to Charakter Expression. Darin finden sich für alle wichtigen Emotionen folgende Aufschlüsselungen:
- Physische Signale
- Innere Wahrnehmungen
- Geistige Reaktionen
- Hinweise auf akutes oder langfristiges Bestehen der Emotion
- Hinweise auf Unterdrückung der Emotion
Die Serie beinhaltet außerdem noch weitere Aufschlüssungen, nämlich von:
- Konflikten (2 Bände)
- Emotionale Wunden
- Verstärkung von Emotionen
- Negative Charaktereigenschaften
- Positive Charaktereigenschaften
- Urbane Settings
- Ländliche Settings
- Berufe/Anstellungen
- Psychologische Traumata
Beispiel Emotion Thesaurus: Das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Nachschlagewerk, das nüchtern und sachlich so ziemlich jede Option aufführt, die man hat, um eine bestimmte Emotion szenisch zu veranschaulichen. Meiner Meinung nach lässt sich dem nicht viel entgegenhalten – manche Dinge sind halt, wie sie sind. Es macht ja keinen Sinn, an einer Stelle in einer Story kreativ werden zu wollen, wo es nur darum geht, etwas so anschaulich und eingängig wie möglich zu schildern, sodass der Leser es versteht, auch wenn es nicht direkt ausgesprochen (also "getelllt" wird). Kreativität an dieser Stelle würde wahrscheinlich nur Verwirrung stiften.
Die einzig valide kritische Frage wäre also noch: Sind diese Listen wirklich komplett? – Vermutlich nicht, aber sie sind wirklich umfangreich, was auch den Vorteil hat, dass man Alternativen zu seinen eigenen Ideen findet, die wahrscheinlich im ersten Moment eher die naheliegenden sind.
Ist die Nutzung der Bücher eine Abkürzung im Schreibprozess? Auf jeden Fall – das ist ihr Sinn. Es geht aber in meinen Augen nicht darum, sich diese Bücher vorzunehmen und dann Stück für Stück und puzzleartig eine Story zusammenzusetzen. Sie dienen vielmehr dazu, das, was man ohnehin beschreiben oder erzählen will, möglichst konsistent, verständlich, anschaulich und stimmig zu machen. Hier kann mich sich absichern und inspirieren lassen. Ich finde das ziemlich genial, muss ich sagen, aber macht euch am besten ein eigenes Bild – die einzelnen Bände sind nicht teuer (man munkelt, eine geschickte Google-Suche fördert auch das eine oder andere kostenlose PDF zu Tage ;-)
Freundliche Grüsse
HK