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Panorama mit Akkordeon und Pommes Schranke

Monster-WG
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10.09.2014
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Panorama mit Akkordeon und Pommes Schranke

Unsere kleine Gesellschaft steigt aus. Als Erstes vernehmen wir dieses Geräusch, das entsteht, wenn man alte Kleider zerreißt, die vielleicht noch als Putzlappen dienlich wären. Dieses Mal ist es das malvenfarbene neue Kleid von Rosa, ein schönes Modell. Hauteng geschnitten, ungemein raffiniert.
Rosa glaubt nicht, was sie zur Kenntnis nehmen muss. Doch in Ohnmacht zu fallen, hat sie hoffentlich nicht vor. Sie könnte hart aufschlagen; nicht nur die Kavaliere, auch die Riechfläschchen sind ausgestorben.
Also stützt sich Rosa bebend an der Karosse ab. Ich zeige meine Klasse und hülle mit ritterlicher Geste meinen Mantel um ihre herrliche Figur. Ich achte darauf, sie dabei nicht unnötig zu berühren. Das sollte ich auch beibehalten.
„Mensch, Bernd, mon chevalier – du rettest mich!“, haucht Rosa, ungefähr in der Art, wie ich meine Brillengläser beim Polieren andampfe. Mit dem Unterschied, dass mich Rosas Lippen, besonders wenn sie haucht, geradezu wahnsinnig machen.
Mir schwant, dass das keine gute Idee war – kleiner Umtrunk und so.

Das hässliche Geräusch ist bald vergessen, die Klänge eines Akkordeons wehen herüber. Die trösten, und sie zerstreuen Rosas Befürchtungen, dass irgendjemand Schadenfreude empfände. Außerdem sind wir nicht bösartig, wir lachen nur gern.

Gestern klingelte das Telefon. Rosa ist dran: „Na, Strohwittwerchen, hoe is ett?“
Die redet immer so einen Murks zwischen Platt, Ruhr und Holland, furchtbar. Aber durchaus reizvoll. Ihre Freunde finden das immer ganz bezaubernd, gerade in Situationen, die auf Hochdeutsch vielleicht peinlich wären – und auf Österreichisch katastrophal.
„Nou“, sage ich halb holländisch, also im Grenzbereich, „et gaat. Un sons? Wat willste?“
Oh ja, wir mögen uns sehr. Ohne Rosa geht nichts. Wenn ich nicht wüsste, dass sie meine Frau erst in der Grundschule kennenlernte, hätte ich angenommen, sie seien Schwestern. Eine schlank, eine üppig, beide wohlgeformt, roter Bob, schöne Augen – wenn die beiden zusammen aufmarschieren, werden die Herren unruhig.
Jedenfalls überredet sie mich, die Stelle ihres nunmehr verflossenen Rolands einzunehmen und sie zu einer Housewarming-Party (wie Rosa sagt) zu begleiten, weil ja auch mein Darling zur Zeit nicht vor Ort sei.
Das ist nicht fair! Mit meiner Frau Tina lasse ich keine Party aus – mit oder ohne Rosa. Aber jetzt, wo ich mich entsetzlich einsam fühle, zwischen Fernseher und Rechner pendle, schiebt sie mir dieses Angebot rüber.
„Und wohin genau?“, ziere ich mich, denn ehrlich gesagt, rumpelt’s ganz gewaltig in mir.
„Na, zu meiner Kumpeline, zur Franzi. Die hat’s immer schwer mit den Männern. Das will fürs Verrecken nicht klappen. Aber ihr Neuer, der Robert, der haut voll rein. Packt sie, schleppt sie auf den Malediven vor ’n Traualtar und jetzt, nach seiner Beförderung, einfach dahin, wo er Chef sein wird.“
„Und die Franzi spielt mit?“, will ich wissen.
„Kijk“, sagt Rosa weise, „sie ist vierunddreißig. Die muss mitspielen.“
„So wie Du“, sage ich, unnötig und blöd.
Rosa holt tief Luft, doch ich komme ihr zuvor: „Mensch, Mädel – bleib bloß so, wie Du bist.“

Wie Altweibersommerfäden hängen die Akkordeonklänge in der Luft.
Schwer hab ich’s mit denen. Die finden immer den direkten Weg in mein Herz, sie kommen über mich und ich kann mich nicht wehren.
Sie machen mich traurig, wenn ich keinen Anlass habe zum Traurigsein; sie fahren mir in die Knie, wenn ich gar nicht tanzen will. Dieses Instrument hat mir schon das Wasser in die Augen getrieben mit seinen betörenden Fähigkeiten.
Wir schlagen die Autotüren zu; Stimmen schwellen durch ein offenes Fenster, eine Alpenpolka wird gespielt. Da darf ich annehmen, dass meine Augen heute trocken bleiben.

Rosa hakt sich bei mir ein und ich helfe ihr bei der Bürde mit dem Mantel. Gleich wird sie ihn ablegen, die Hausherrin wird Nähzeug herbeiholen, und alles wird gut.
Wir erreichen die mit 'Willkommen' geschmückte Haustür. Die Frauen kontrollieren ihr Aussehen mit einem schnellen Blick ins spiegelnde Glas.
Wir müssen in die zweite Etage. Ich hasse Treppenhäuser. Jemand hat beim Versuch, ein Graffito zu entfernen, die ganze Wand versaut.
Die Gastgeber nehmen unsere Kleinigkeiten entgegen – das Übliche: Meersalz, Olivenöl, Balsamico.
Sie bitten uns auf die Terrasse. Gläschen Sekt zur Begrüßung, halbtrocken.
Gastgeber Robert stellt die Frage aller Fragen: „Na, gut hergefunden?“
Wir bejahen und sagen Prost.
„Und, wie gefällt’s euch? Habt ihr schon gesehen hier – der Blick, das Panorama?“
Neben Preis und neuer Arbeitsstelle in der Nähe sei das der dritte Grund gewesen, dieses Appartement zu kaufen.
Ich erschrecke fast. Was denn für ein Panorama?
Häuser sehe ich, Dächer, drüben die Stadtautobahn, unruhig wie ein endloser Zehntausendfüßler. Vier belanglose Wohntürme auf der einen, das Viadukt auf der anderen Seite. Weit hinter den Häusern mit ihren grauen und roten Dächern flache Berge, von der Abendsonne beschienen, durch den Autodunst in kupfernen Nebel gehüllt.
Menschen sehe ich von hier aus nicht, aber ich denke an sie. Dort, überall, hinter diesen Schießscharten von Fenstern, leben sie, bis ihre Frist verstrichen ist. Vielleicht ziehen sie noch mal um, um aus anderen Fenstern auf andere Häuser zu schauen, oder wenn sie weiter oben wohnen, wie unsere Gastgeber, auf andere Dächer.
Panorama – ich weiß nicht so recht. So etwas bedrückt mich, das möchte ich nicht sehen.
Hinter jedem Fenster weiß ich ein Schicksal. Nein, nichts Dramatisches. Einfach das Abspulen ungezählter Stunden, in hunderttausend Varianten.
Da wird viel Schlimmes dabei sein, vieles, was ich nicht wissen möchte.
Rosa zündet sich eine Zigarette an und schaut den Rauchwölkchen gelangweilt nach. Die vor uns ausgebreiteten Sensationen scheinen sie ungeheuer zu beeindrucken. Sie blickt mich an wie ein Vamp und gurrt: „Toll, wa?“ Mit der Zungenspitze nimmt sie einen unsichtbaren Tabakkrümel von der Oberlippe. Ich dreh’ gleich durch.

Wir trinken Ananasbowle, Sherry, oder Bier. Robert will sich bei uns Männern einschleimen mit polnischem Wodka.
Das Akkordeon erzählt von Vater Rhein und Matrosen auf hoher See, die Damen ziehen sich die Lippen nach, auf der Terrasse darf geraucht werden.
Zur Krebsgefahr kommt ein Mückenschwarm. Franzi, die Gastgeberin, bittet uns, die Gläser zuzuhalten und sprüht kräftig in die Runde.
Wir fliehen in die Wohnung, überhaupt sollten wir das Rauchen lassen. Unsere Schleimhäute sind gereizt, die Augen brennen.
Die Herren reichen den Damen Einwegtaschentücher; der Hausherr bittet zu Tisch, indem er mit dem Messer an sein Glas schlägt. Unnötig lange, finde ich, schließlich wissen wir, was sich gehört.
Die Gespräche finden wieder zueinander, ich finde zu meiner Tischdame, sie sieht irre gut aus, ich könnte ... – da schlägt er nochmals Alarm. Er möchte etwas sagen.
Redet über sich, die Firma, die Expansion. Da wäre noch viel Luft nach oben, sagt er. Vergisst auch nicht, Franzis Qualitäten zu erwähnen – das Private läge ihm sehr am Herzen. Und er danke für unser Kommen. Wir applaudieren und er wünscht guten Appetit.

Ja, danke schön. Und die anderen im Panorama, in diesen abertausend Häusern – was essen die gerade?
Mutters Küche, italienisch, orientalisch? Und was sie sich wohl dabei erzählen, oder ob sie streiten und sich die Köpfe einschlagen – ich bin mit meinen Gedanken fast mehr bei den anderen hinter den unzähligen Fenstern als an dieser Tafel.
Ich sollte meine Tischdame unterhalten und mir nicht den Kopf über die Welt zerbrechen. Doch sie beschäftigt sich mit Butter und Baguette und scheint mich nicht für sich interessieren zu wollen. Sie bittet mich, das Salz herüberzureichen und unsere Hände berühren sich zufällig.
Die Kerzen flackern ein bisschen, angeregte Gespräche füllen den Raum. Die Themen sind mir vertraut, die Witze ebenfalls.
Mich reitet der Teufel, aber ich schau sie nicht an.

Franzi hat Boeboetie gemacht, ein ‚Brigitte’- Rezept aus Südafrika, idiotensicher wie Moussaka, nur eben mit Trockenaprikosen statt Auberginen und Reis statt Kartoffeln. Putenhack ist bei beiden Rezepten gleich; Deifel noch! Ja, Auflauf, klar.
Wir trinken südafrikanischen Wein, bisschen schwer vielleicht, doch mit exotischen Noten am Gaumen, wie der Gastgeber erklärt. Wegen der Aprikosen; sie haben sich beraten lassen.
Einen kleinen Salat gibt es dazu, die Vegetarier und Veganer können ja mehr Salat essen, und Brot.
Franzi bringt den Nachtisch. Flambierte Schattenmorellen mit selbstgemachtem Vanilleeis.
Das klingt großartig.
Schade, sagt sie, obwohl der Rum in der Küche brannte, habe die Flamme nicht bis zum Tisch durchgehalten, wegen der Zugluft.
Ja, schade. Der Rum ist nicht verbrannt, das Dessert ist stark alkohollastig, aber passt schon. Nur das selbstgemachte Eis ist arg splittrig. Wenn alles eingerichtet ist, werden sie eine kleine Eismaschine kaufen, sagt Robert, und: „Hoffentlich verletzt sich niemand am Zahnfleisch, ist doch ziemlich hart gefroren.“ Dabei kriegt er so ein ansteckendes Lachen: „Ich hätt’ ja fast die Spitzhacke nehmen müssen!“
Der Typ ist wirklich toll. Rosa flüstert: „Sind Schattenmorellen und Sauerkirschen dasselbe?“
Da muss ich passen, aber ich glaube schon. Warum sie sich bei dieser Banalität die Lippen leckt, weiß ich nicht. Diesmal kann es kein Tabakkrümel sein.
„Schattenmorellen klingt schöner, das ist alles“, behaupte ich fahrig.
Damit will sich Rosa nicht abspeisen lassen, außerdem findet sie es befremdlich, dass die Gäste nicht nach ihren Allergien gefragt wurden.
„Wieviel hättest du denn aufzuzählen?“, frage ich beiläufig.
„Na, so Sachen wie Untreue, Lieblosigkeit, Gefühlskälte, Egoismus“, bricht es aus ihr heraus.
Dann hört sie auf, mit den Armen zu wedeln, um ihre aufgebrachten Worte zu verstärken, und fügt hinzu:
„Nee, aber ehrlich – fast gar nix; bei mir sind’s bloß Nüsse, Artischocken und Gluten.“
„Na, ich denke, damit kann man leben“, sage ich und hole meine Stielaugen aus ihrem Dekolleté zurück. Durch die provisorische Kleiderreparatur ist alles ein bisschen verrutscht, im positiven Sinne. Es kann auch der Wodka sein.
Einen nehmen wir noch.
Robert ist leicht angeschlagen, aber er hat den Gastgeber-Bonus. Der Einkauf, die Vorbereitungen, das ganze Handling – und besonders das Ausarbeiten der Rede – das alles zusammen ist schon eine Belastung. Aber gut, jetzt hat Franzi das Kommando.

Die könnt’ mir auch gefallen. Sportlertyp, straff, lustig, kleine feste Brüste. Alles dran.
Sie macht einem Versicherungsfritzen schöne Augen, so offensichtlich, dass es wohl nur zum Spaß gedacht sein kann. Immerhin kann der tanzen wie ein Weltmeister; ich sitze mit Robert und noch drei Herren in der Küche.
Der Wodka behält seine Qualität, wenn man ihn immer wieder in den Kühlschrank zurückstellt. Das Bier hat eh keine Chance, warm zu werden.
‚Aber komm’, sagt mein Bauch, der in Abwesenheit des Hirns die Regie übernimmt, ’hier sitzt du nicht gut. Kümmere dich um Rosa und es soll dein Schade nicht sein.’
„Ach?“, denke oder sage ich – und es leuchtet mir ein.
Mir sitzt dieser Schuft im Hinterkopf, der immerfort sagt: ‚He, Alter, Deine Frau ist nicht da. Willste nicht mal was probieren?’
Vorsicht also! Schnell sitzt man in der Patsche.
Trotzdem, im Ernstfall würde ich eher bei Rosa schwach werden als bei Franzi. Ich hab’s doch lieber im verschwenderischen Bereich.

Tango! Durch Schnelligkeit durchkreuze ich des Tanzweltmeisters Pläne, den Arm um Rosa zu legen. Das ist mein Part!
Sie ist erhitzt. Sekt, Sherry und Wein machen sie schwerelos, sie biegt sich und schmiegt sich, dass ich mich auf die Schritte konzentrieren muss. Rosas Körper, ihr Parfüm und das unwiderstehliche Akkordeon nehmen mir den Restverstand. Die dramatische Melodie erzählt vom Dahinrasen des Lebens und von verpasstem Glück. Dann kommt diese Drehung, für eine Sekunde stehen wir aneinander gepresst, schauen uns irre und schwitzend an und beschließen, gemeinsam in den Tod zu springen. Wir tanzen aus dem Raum, durch den Flur in eines der Zimmer. Rosa gibt der Tür einen Tritt und wir gehen zu Boden. Noch halb in der Luft, drehe ich den Schlüssel um.
Eine verdrängte Idee wird wahr. Eine Idee, die nie eine Chance hatte – und auch nicht haben durfte. Rosa ist eine exzellente Reiterin. Dann legt sie sich rücklings auf den Schreibtisch. Ihre Brüste werden breit wie die Hügel im Land der ständigen Sehnsucht. Ich bin über sie gebeugt und stehe kurz vor dem Wahnsinn. Bei ihr brauche ich keine erotische Fantasie, diese Frau ist das Konzentrat der Erotik.
Das hab ich die ganzen Jahre gewusst, und verdrängt. Ich bin überreizt, muss mich zügeln, an etwas anderes denken, sonst explodiere ich und sterbe.
In der langgezogenen Kurve der Autobahn leuchten weiße und rote Streifen – ich will an Pommes Schranke denken. An irgendeinen gottverdammten Imbiss, oder an ein Flugzeug in Turbulenzen, an eine Bananenplantage. Ich pack es nicht, es reißt mich fort, der Damm bricht. Auch Rosa kommt heftig und herrlich.

Den giftigen Rauch unsere Zigaretten inhalieren wir auf der Terrasse. Wir schweigen. Was sollten wir auch sagen?
„Na, ihr unterhaltet euch ja großartig! Hat das damit zu tun, dass ich nicht mit dabei bin?“, kichert meine Frau und haut uns von hinten kräftig auf die Schultern.
Wir fahren herum wie von der Tarantel gestochen.
„Ich hab diesen Quatsch da abgebrochen, die können sich selbst verarschen. Für dieses Geld hätten wir einen schönen Urlaub machen können. Bin aber auch zu dämlich.“
Ich mutiere vom Schuldbeladenen in Sekunden zum Trostspender: „Scheiß auf die Moneten. Hauptsache, Du bist wieder da, Schatz!“
Auf der Heimfahrt frage ich, warum sie nicht angerufen hat.
„Ach ja, das hatte ich eigentlich auch vor, aber dann quatschte ich mit dem Obstmann, und der erzählte mir, dass er gleich nach Berheim müsse. Tja, da stach mich der Hafer und ich bin mitgefahren. Hatte sowieso die Faxen dicke. Ihn hat’s jedenfalls gefreut, hat er bisschen was erzählen können. Und vor die Tür gefahren hat er mich auch noch.“
„Aber woher wusstest du, dass ich mit Rosa hier bin?“
„Investigation, mein Gebieter! Ein bisschen überraschen wollte ich euch auch. Jedenfalls freu’ ich mich riesig auf dich!“
„Oh, lass uns das mal auf morgen verschieben, ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Muss dieser polnische Wodka sein.“

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

In dieser KG habe ich mir zur Aufgabe gemacht, die millionenfach auftretenden 'Pommes Schranke' literaturfähig zu machen.
Mit Rücksicht auf Süddeutsche, Norddeutsche, Schweizer und Österreicher sei erklärt, dass der Kick dieser Pommes-Kreation die Krönung mit Mayo und Ketchup ist. Rot - weiß wie eine Bahnschranke.
Guten Lese-Appetit!

 

Hej josefelipe,

ein amüsanter Lesespaß am Morgen. Charmant, humorös, und leicht. Die Dekandenz vs. Proletariat. Schöne Frauen, lüsterne Männer, exotisches Essen. Daneben Alltagsphilosophie und Untreue. Ein überraschendes Finale. Alles, was das Herz begehrt.

Was ich aber daraus lerne, denn kritisieren mag ich die Geschichte nicht, ist, wie leicht sie klingen kann, wenn man beherzigt, dass weniger mehr ist. Natürlich kann ein eigener Ton nicht schaden, aber ein paar Stichpunkte, miteinander kombiniert und alles nicht weit hergeholt. Tadaa: fertig ist eine feine Geschichte.

Klingt einfach, leicht zu merken, aber ich muss weiter lesen und üben, damit ich irgendwann einmal so etwas schaffen kann. ;)

(Der Titel gefällt mir nicht, weil er Komponenten aufzugreifen scheint - ich wünschte ihn anregender)

Danke für die Lehrstunde und freundlicher Gruß, Kanji

 

Wenn ein Tag so wunderschön beginnt, …
Herrlich geistreich und humorvoll. Selten habe ich mich so umfassend unterhalten gefühlt.

Hallo José,

ich bin’s nur, deine verschollen geglaubte amiga peregrina.
Stehe leider etwas unter Zeitdruck, wollte dich nur kurz wissen lassen, dass mir deine amüsante KG sehr gut gefällt und dass ich nicht verstehe, warum du dich nicht für den Humor-tag entschieden hast.
Der Einstieg ins Geschehen ist dir bestens gelungen und ich konnte mit Schmunzeln gar nicht wieder aufhören, bis zum bitteren Ende.

Später mehr Gedanken dazu.

 

Hallo josefelipe,

deine Geschichte hat mich hervorragend unterhalten. Wie du an das Thema herangehst, ohne es in Tragik zu ertränken, dass ist einfach gut gemacht. Trotzdem ist sie unterschwellig immer da - hinter den tausend Fenstern und im Sound des Akkordeons. Das ist so ein Titel, den du da gewählt hast, da merkt man, den hast du erst nach dem Schreiben der Geschichte gewählt. Und genauso wirkt er auch. Das sind für mich so die Knotenpunkte, an denen die Geschichte kippt, die den Kontrast zu Party und kulinarischer Köstlichkeit bilden. Auch mich hat er erst nicht wirklich angesprochen, jetzt aber mag ich ihn, weil man da extra nochmal hochscrollt und das Gelesene reflektiert.
Eigentlich wollte ich nur mal wieder was von dir lesen, weil ich deine ersten Geschichten hier gelesen hab. Es ist erstaunlich, was du für einen Sprung gemacht hast - jedenfalls aus meiner Sicht. Großes Kompliment also.
Es fällt mir immer deutlich leichter, einen Kommentar zu schreiben, wenn ich auch ein bisschen herummäkeln kann. Hier möchte und könnte ich das nicht. Einfach gute Unterhaltung.

Liebe Grüße

Hacke

 

Hallo José,

das Sinnliche ist wirklich dein Metier, da reicht dir keiner das Wasser. Sei es das Essen oder seien es die Frauen - Hauptsache Fleischeslust, könnte man kalauern. (Da ist sie wieder, unsere Paralipse. :D) Dazu passt einfach deine Erzählsprache, die auch so genüsslich den Wortschatz verkostet. Das geht nie schief, da weiß man einfach, was man hat.

In dieser Geschichte kann ich sogar besser mitfühlen als bei anderen von dir, weil ich in kulinarischen Themen schneller an meine Geschmacksgrenzen stoße. Hier habe ich dieses Problem nicht. :naughty: Genaugenommen schmeckt mir hier sogar das Essen besser, es ist nicht so überkandidelt gourmetmäßig, aber auch nicht so zum Abgewöhnen völlerisch wie in anderen Storys. Aufläufe, Schattenmorellen - auch Pommes sind okay, die Mayo denke ich mir weg, meine Schranke ist einfach rot. Und sogar an die Veganer haste gedacht!

Wenn ich etwas kritisieren sollte, dann ein gewisses Gefühl von Länge, das sich im Mittelteil bei mir einstellte. Ich kann nur schwer den Finger darauf legen, woher das kommt, finde es beim zweiten Lesen kaum wieder. Der Text ist ja auch objektiv nicht übermäßig lang. Vielleicht waren es die Aussicht über die Stadt und die latent peinliche Bemühtheit der Gastgeber, die mich nicht besonders gefesselt haben. Wahrscheinlich wollte ich einfach immer nur schnell wieder zurück zu Rosas Reizen. ;)

Wieder mal gern gelesen!

Grüße vom Holg ...


PS: Pommes Bahnschranke kennt man auch im nördlichen Deutschland, jedenfalls in meiner Gegend.

 
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Hallo Josefelipe,

ich werd mir doch dein Schmankerl nicht entgehen lassen! Bei deinen Geschichten geht's oft ums Genießen auf allen Ebenen. Und so könnte man sich zurücklehnen und denken, deine Protagonisten denken nur an die Sinnesfreuden und nehmen mit, was das pralle Leben so bietet. Denn das Leben ist bekanntlich kurz (und die Reu' ist lang).

Und die Anderen im Panorama, in diesen abertausend Häusern?

Ich bin mit meinen Gedanken fast mehr bei den anderen hinter den unzähligen Fenstern als an diesem Tisch.

Ich sollte meine Tischdame unterhalten und mir nicht den Kopf über die Welt zerbrechen.

Gleich dreimal schleicht sich hier die Dame Melancholie als ungebetener Gast in die Party. Weiß der Himmel, warum mir bei dieser Passage der "Jedermann " in den Sinn kam. Du könntest es mir sicher sagen.

Ich hab immer was zum Nachdenken bei deinen Texten.

Und jetzt die Schlussformel: sehr, sehr gerne gelesen

Viele Grüße
wieselmaus

 

Hola Kanji,

... ein amüsanter Lesespaß am Morgen.

Auch für mich – als ich Deinen Kommentar las. Sehr schmeichelhaft, vielen Dank.

Was ich aber daraus lerne, ..., ist, wie leicht sie klingen kann, wenn man beherzigt, dass weniger mehr ist.

Das hast Du gut gesagt! Dieser Erkenntnis stehen oft das Lebensalter (das Temperament) und der eigene Charakter im Wege. Das ideale Rezept wird es nicht geben.
Ist wohl ganz gut so, sonst würde uns der daraus resultierende Einheitsstil furchtbar auf die Nerven gehen.

(Der Titel gefällt mir nicht, weil er Komponenten aufzugreifen scheint - ich wünschte ihn anregender)
Klare Ansage. Bin auch nicht superzufrieden mit ihm. Das mit den Pommes Schranke ist etwas zu reißerisch, vielleicht. Um den Leser auf die KG aufmerksam zu machen, okay – doch die große Liebe ist es nicht.
Ich dachte an ‚Mein großes Panorama’, weil zum weiten Blick Milieustudie und Sex kommen. Hast Du eine Idee? Oder sonst jemand?

... , aber ich muss weiter lesen und üben, ...
Nicht nur Du – ich auch!
Jedenfalls freue ich mich, dass Dir mein Text zugesagt hat.

Kanji, prächtige Maientage und viel Spaß beim Schreiben!

José

 

Hej José,

angeregt durch deine Aufforderung zum Nachdenken bezüglich eines Titels, habe ich deine Geschichte erneut gelesen und erneut genossen. Dieses Mal sprach sie direkt Gefühle an und ich bekam nicht wenig Lust, deiner Party beizuwohnen und mitzuflirten.

Dabei kam mir die Idee für "Tröstende Akkordeonklänge mit Aussicht" , wobei sich die Aussicht nicht nur auf das "Panorama" beziehen soll, sondern mehr auf die Aussicht, dass der sehnsuchtsvolle Bernd auch Trost findet, den er doch so dringend benötigt.;)

Einen schönen Maitag für dich, Kanji

 

Hallo José,

ich kann mich nur anschließen: Auch ich habe deine Geschichte wirklich gerne gelesen. Dein Schreibstil gefällt mir ebenfalls richtig gut.
Die vielen Worte ums Essen waren allerdings nicht so mein Ding. Die weiteren Gäste hätten mich mehr interessiert, aber du wolltest sicher den Fokus auf die Flirtenden legen. Warum die Gastgeberin dann auch noch kurz zum Objekt der Begierde werden muss, verstehe ich in dem Fall allerdings nicht.

Wir erreichen die aufwendig gestylte Haustür.

Das Wort 'gestylt' finde ich nicht so passend für eine Haustür und dann zusammen mit dem Graffito? Später hatte ich irgendwie den Eindruck, dass die Wohnung mit der Terrasse mindestens im sechsten Stock liegen müsse (wegen des Panoramas), beim zweiten Lesen fällt mir aber auf, dass es "nur" der zweite ist. Bei Malediven, Beförderung, Expansion etc. hätte ich eher ein Penthouse erwartet. Oder ist an mir vorbei gezogen, dass die Aussicht nicht nur für den Prot enttäuschend ist?

Gruß,
Rotmeise

 
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... ich bin’s nur, deine verschollen geglaubte amiga peregrina.

Ich glaub’ es nicht, Halleluja, Großer Gott im Himmel – sie lebt noch!!

Hola peregrina, von Dir (wieder) zu hören, ist die reine Freude!
Und dann auch noch solche netten Worte. Danke sehr.

... dass ich nicht verstehe, warum du dich nicht für den Humor-tag entschieden hast.

Ich wollte keine Erwartungen wecken, die der Text nicht erfüllen kann. Die beängstigend schnell wachsende Comedy-Szene lehrt mich das. Was da einem tumben Publikum als humorig angedreht wird, macht mich weinen. So weit muss es nicht kommen.

Später mehr Gedanken dazu.
Hast mich eigentlich schon bis zum Erröten gelobt, jetzt können nur noch Blitz und Donnergrollen kommen.
Ich begebe mich schon mal in Deckung.

Peregrina, geh nicht so schnell wieder fort – wir brauchen Dich im Forum! Und vielen Dank für Deine Post, für Deinen Post.

Alles Gute!
José

Stehe leider etwas unter Zeitdruck, ...
Den Stress halte Dir vom Leibe - dieser Mai ist schon zur Hälfte rum.

 

Lieber josefelipe,

was Schönes, Leichtes und Gewitztes hast du hier abgeliefert, alles in allem rund und anregend und kurzweilig.

Es gibt für mich nur zwei Textsachen zu erwähnen:

Geht doch gestern das Telefon!
  • Umgangssprache. >> Gestern klingelte das Telefon

Damit will sich Rosa nicht abspeisen lassen, außerdem findet sie es befremdlich, dass die Gäste nicht nach ihren Allergien befragt wurden.
  • Warum gibst du hier, und nur hier, indirekt wieder? Hört er nur halb zu? Dann wäre zu überlegen, dass du das verdeutlichst.

Ansonsten: Gern gelesen,
-- floritiv

 
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Nee, kein Blitz und Donner, nur ein paar Empfindungen, Überlegungen und (vielleicht) Anregungen.

Lieber José,

kijk, es gibt da so ein paar Elemente in der Geschichte, da habe ich beim Lesen das Gefühl, die hast du extra für mich platziert. So erinnert mich das Geplapper von Rosa an meine eigenen unbeholfenen Versuche, mich mit Holländisch, oder besser, Niederländisch, verständlich zu machen. Da biete ich heute noch eine bunte Mischung aus Deutsch, heimischer Mundart und schlecht artikulierten Diphthongen an.
Und dann natürlich die Überlegungen deines Prots zum leidigen Treppensteigen,

Ich hasse Treppenhäuser.
und zur Wohngegend
Panorama – ich weiß nicht so recht. So etwas bedrückt mich, das möchte ich nicht sehen.
Das sind Themenbereiche, die mich zurzeit stark tangieren, denn du weißt,
… vielleicht ziehen sie noch mal um.

Und nicht zuletzt das heiße Eisen: den Partner betrügen und sei es vorerst nur gedanklich.
Wen wird dieses Begehren der süßen Früchte aus Nachbars Garten in irgendeiner Form nicht schon befallen haben?

Obwohl ich diese Sätze nicht missen möchte, schwermütig und lebenserfahren,

Wie Altweibersommerfäden hängen die Akkordeonklänge in der Luft.
Schwer hab ich’s mit denen. Die finden immer den direkten Weg in mein Herz. Sie kommen über mich und ich kann mich nicht wehren.
irritiert mich dieses Akkordeon. Ich denke darüber nach, auf welcher Party denn durchgängig Akkordeonmusik dargeboten wird. Aber ich kenne ja den Musikgeschmack der Gastgeber nicht.

Vielleicht wolltest du die Brücke zum Tango schlagen, jedoch dann sollte dieses weinende Instrument allemal ein Bandeneon sein. Frag mich nicht nach dem Unterschied. Aber es gibt ihn.

Da finde ich eine kleine Ungereimtheit.

Unser Bus hält, wir steigen aus.
... wir schlagen die Autotüren zu.
Das vereinbart sich nur, wenn der Bus ein Van ist. Oder hab ich nicht aufgepasst?

Und die Anderen im Panorama, in diesen abertausend Häusern …
…ich bin mit meinen Gedanken fast mehr bei den Anderen hinter den unzähligen Fenstern als an dieser Tafel.
Du könntest mir eine Freude machen, und die „Anderen“ mit kleinen Anfangsbuchstaben schreiben. Ich meine, durch das Dickicht der Kann-, Soll- und Darfbestimmungen erkannt zu haben, dass sie klein richtiger sind.

Nur noch ein Wort zum Titel, da ich ihn auch nicht wirklich für gelungen halte.
Achillus hat mal in einem Komm geschrieben und die Formulierung hat mich stark beeindruckt:
„Der Titel einer Geschichte stellt ja so etwas wie eine Subtext-Pointe dar, eine Achse, um die sich der Text dreht.“
Das weiß du natürlich selber. Leider kann ich keinen besseren Vorschlag beisteuern, kann dir nur sagen, wie ich das handhabe. Alles an möglichen Ideen, auch absurde, unlogische, schreibe ich nieder, immer weiter, eine Variante ergibt sich aus der anderen. Und irgendwann leuchtet dann die einzig richtige (für mich) aus dem Kuddelmuddel heraus.
Na bravo, das war doch mal eine konstruktive Ansage.

Lieber José,

deine Geschichte mag ich sehr gerne, diese Kombination von Tragik und Komik macht ihren besonderen Reiz aus. Diese Balance von Schwermut und Leichtigkeit sagt sehr viel über die Lebensweisheit, die Kreativität und dem Schalk im Nacken des Erzählers aus.
Danke für das Lesevergnügen.

Lieben Gruß, peregrina



.

 

Hola Hacke,

Eigentlich wollte ich nur mal wieder was von dir lesen, weil ich deine ersten Geschichten hier gelesen hab.

Da war ja schon klar, dass es sich bei mir um ein außergewöhnliches Talent handelt:D. Aber ernsthaft: Das freut mich wirklich sehr, dass Du Dich meiner Anfänge erinnerst – im Herbst 2014.
Und es freut mich noch mehr, dass Du mir eine leichte Steigerung bescheinigst:

Es ist erstaunlich, was du für einen Sprung gemacht hast ...

Trotzdem, keine Angst, ich schaue weiterhin doppelt und dreifach auf die Noten; ich find die Schreiberei einfach toll. Und ich will auch meinem Motto treu bleiben:
Die Leser sollen meine Geschichten mit Vergnügen lesen, ...

Ja, bisschen Freude stiften; und wenn’s gelingt, auch Lesespaß.
Auf die höher hängenden Trauben darf ich keinen Appetit haben, weil ich sie nicht erreichen würde. Wäre auch nicht meine Welt (sag ich mir immer zum Trost).
Jedenfalls bin ich froh, dieses Forum gefunden zu haben, hier fühle ich mich wohl.

Hier verblüffst Du mich:

Das ist so ein Titel, den du da gewählt hast, da merkt man, den hast du erst nach dem Schreiben der Geschichte gewählt.

Stimmt! ‚Panorama’ war die erste Idee, aber die schien mir etwas zu mager.
Ich hab immer einen Klumpfuß, wenn es um den Titel geht.
Hinterher – nach der Einstellung – fällt mir manchmal noch ein besserer ein, doch das ist wie mit dem Text. Den beharke ich lange, doch nach der Einstellung erkenne ich immer noch genug Schwachstellen. Aber oft greift einem ein liebes Mitglied unter die Arme, und dann geht’s schon wieder.

Hacke, für Deinen sehr persönlichen Kommentar danke ich Dir. Das scheint mit der wahre Geist der Wortkrieger zu sein.

Ich grüße Dich und wünsche Dir alles Gute!
José

 
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Hola Holg,

Und sogar an die Veganer haste gedacht!

Ich denke immer an Dich:)! An Dein hartes veganisches Los – da kann es nur die Überzeugung bringen. Du bist doch nicht etwa rückfällig geworden?

Und ich danke Dir für Deinen wohlgesinnten (wohlgesonnenen?) Kommentar. (Ich liebe es, wenn man mich mit Glacéhandschuhen anfasst.)

Wenn ich etwas kritisieren sollte, dann ein gewisses Gefühl von Länge, das sich im Mittelteil bei mir einstellte.
Das ist meine Geschwätzigkeit! Die lastet wie ein Fluch auf meiner Schreiberei. Und dabei versuche ich schon immer, kräftig auszudünnen.
Diese Gedanken beim Blick auf sehr viele Häuser und noch mehr Fenster überkommen mich automatisch, das ist authentisch. Ich hab’s mehr mit Mutter Grün.

Da ich Dich schon mal an der Strippe habe, möchte ich Dir zur überarbeiteten ‚Schrittfehler’-Geschichte gratulieren.
Wenn ich mir das Gesamtpaket Deiner Kurzgeschichte (!) vor Augen führe, dann sehe ich eine Heidenarbeit, einen Berg von Komms, detaillierten und aufwendigen Antworten, jede Menge Veränderungen, vieles weg, vieles neu.
Dir muss ich meine Hochachtung aussprechen. Du bringst alle Tugenden ein, die idealerweise in eine Schreibwerkstatt gehören. Wenn ich einige aufzählen darf:
Du ackerst richtig, ernsthaft, ja, wie ein Sportsmann. Gehst auf alles und jeden ein, gründlich und liebenswürdig. Machst es Dir nicht leicht und gibst richtig Gas, um eine Geschichte zu einer runden und gelungenen Sache zu machen.
Bei dem Arbeitsvolumen verstehe ich, dass Dir die Zeit knapp war.
(Übrigens – wegen mir hätte die Geschichte gut und gerne so bleiben können. Mir hat sie gefallen.)

Unglaublicher Holg, bedankt nochmals
und viele schöne Momente im Lenz!

José

 
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Buenas noches José,

ich habe deine Geschichte schon vor Tagen gelesen. Aber ich bin so selten am Laptop gerade, dass ich kaum hinterherkomme die Kommentare auf meine eigenen Geschichten zu beantworten, geschweige denn richtige Kritiken zuverfassen.

Unser Bus hält, wir steigen aus. Als Erstes vernehmen wir dieses Geräusch, das entsteht, wenn man alte Kleider zerreißt, die vielleicht noch als Putzlappen dienlich wären.

Da stolperte ich doch direkt. Liegt es an mir? Vermutlich. Es hat einen Moment und drei Zeilen gedauert bis ich realisiert habe, dass das Geräusch, welches vernommen wurde, tatsächlich ein zerreißenden Kleid produziert hat. Fand ich verwirrend.

„Mensch, Bernd, mon chevalier – du rettest mich!“, haucht Rosa, ungefähr in der Art, wie ich meine Brillengläser beim Polieren andampfe. Mit dem Unterschied, dass mich Rosas Lippen, besonders wenn sie haucht, geradezu wahnsinnig machen.

Rosa ist ein wirklich damenhafter Name. Vielleicht assoziere ich es auch mit "Oskar und die Dame in Rosa?" Weiß weiß, das Hauchen hast du sehr gut beschrieben!

Mir schwant, dass das keine gute Idee war – kleiner Umtrunk und so.

Dieses Konstrukt gefällt mir hingegen nicht. Das passt m.E. vom Stil nicht, insbesondere der Nachsatz.


Die ganzen 'fillings' mit dem Akkordeon sind sehr gelungen, das gefällt mir prima!

Häuser sehe ich, Dächer, drüben die Stadtautobahn, unruhig wie ein endloser Zehntausendfüßler. Vier belanglose Wohntürme auf der einen, das Viadukt auf der anderen Seite. Weit hinter den Häusern mit ihren grauen und roten Dächern flache Berge, von der Abendsonne beschienen, durch den Autodunst in kupfernen Nebel gehüllt.
Menschen sehe ich von hier aus nicht, aber ich denke an sie. Dort, überall, hinter diesen Schießscharten von Fenstern, leben sie, bis ihre Frist verstrichen ist. Vielleicht ziehen sie noch mal um, um aus anderen Fenstern auf andere Häuser zu schauen, oder wenn sie weiter oben wohnen, wie unsere Gastgeber, auf andere Dächer.
Panorama – ich weiß nicht so recht. So etwas bedrückt mich, das möchte ich nicht sehen.
Hinter jedem Fenster weiß ich ein Schicksal. Nein, nichts Dramatisches. Einfach das Abspulen ungezählter Stunden, in hunderttausend Varianten.
Da wird viel Schlimmes dabei sein, vieles, was ich nicht wissen möchte.

Hier habe ich langeweile empfunden, wie an einigen weiteren Stellen auch. Das ganze geschwafel über das Panorama und wer wo was isst .. versteh ich nicht.


‚Aber komm’, sagt mein Bauch, der in Abwesenheit des Hirns die Regie übernimmt, ’hier sitzt du nicht gut. Kümmere dich um Rosa und es soll dein Schade nicht sein.’
„Ach?“, denke oder sage ich – und es leuchtet mir ein.
Mir sitzt dieser Schuft im Hinterkopf, der immerfort sagt: ‚He, Alter, Deine Frau ist nicht da. Willste nicht mal was probieren?’
Vorsicht also! Schnell sitzt man in der Patsche.
Trotzdem, im Ernstfall würde ich eher bei Rosa schwach werden als bei Franzi. Ich hab’s doch lieber im verschwenderischen Bereich.

Das ist super :D

Tango! Durch Schnelligkeit durchkreuze ich des Tanzweltmeisters Pläne, den Arm um Rosa zu legen. Das ist mein Part!
Sie ist erhitzt. Sekt, Sherry und Wein machen sie schwerelos, sie biegt sich und schmiegt sich, dass ich mich auf die Schritte konzentrieren muss. Rosas Körper, ihr Parfüm und das unwiderstehliche Akkordeon nehmen mir den Restverstand. Die dramatische Melodie erzählt vom Dahinrasen des Lebens und von verpasstem Glück. Dann kommt diese Drehung, für eine Sekunde stehen wir aneinander gepresst, schauen uns irre und schwitzend an und beschließen, gemeinsam in den Tod zu springen. Wir tanzen aus dem Raum, durch den Flur in eines der Zimmer. Rosa gibt der Tür einen Tritt und wir gehen zu Boden. Noch halb in der Luft, drehe ich den Schlüssel um.
Eine verdrängte Idee wird wahr. Eine Idee, die nie eine Chance hatte – und auch nicht haben durfte. Rosa ist eine exzellente Reiterin. Dann legt sie sich rücklings auf den Schreibtisch. Ihre Brüste werden breit wie die Hügel im Land der ständigen Sehnsucht. Ich bin über sie gebeugt und stehe kurz vor dem Wahnsinn. Bei ihr brauche ich keine erotische Fantasie, diese Frau ist das Konzentrat der Erotik.
Das hab ich die ganzen Jahre gewusst, und verdrängt. Ich bin überreizt, muss mich zügeln, an etwas anderes denken, sonst explodiere ich und sterbe.
In der langgezogenen Kurve der Autobahn leuchten weiße und rote Streifen – ich will an Pommes Schranke denken. An irgendeinen gottverdammten Imbiss, oder an ein Flugzeug in Turbulenzen, an eine Bananenplantage. Ich pack es nicht, es reißt mich fort, der Damm bricht. Auch Rosa kommt heftig und herrlich

Könnte auch in Südamerika spielen, kein Schmarrn! Sehr anregend!

Also José, ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen! Du erzählst mit einer beeindruckenden Leichtigkeit und schaffst es die Zwischentöne aufzugreifen, auf die es ankommt. Ich hab deinem Protagonisten alles geglaubt, und alles nachempfunden. Sehr schön! Nur der Mittelteil ... den könntest du kürzen. Das war mir teilweise zuviel des Guten.

In Chile ist der Italiano übrigens sehr beliebt. Wurst, Avocadocreme, Mayonaisse und soetwas ähnliches wie Ketchup in den Farben der italienischen Flagge. "Akkordeon Italiano" oder "EXIT ITALIANO" wäre also mein Vorschlag für den Titel :)) oder wahlweise "Code Pommes Schranke" , weil er es ja als ablenkung sieht. :)

saludos,

sonne

 

Hola wieselmaus,

danke vielmals für Deinen Kommentar!
Die von Dir zitierten Zeilen sind von anderen als ‚Längen’ empfunden worden.
Du hingegen sagst:

Gleich dreimal schleicht sich hier die Dame Melancholie als ungebetener Gast in die Party.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Es ist verhältnismäßig viel Text, den diese Panorama-Gedanken benötigen; weil das aber meine Empfindung ist, wollte ich sie gern einarbeiten.
Ich verstehe, dass sich das nicht so spannend liest.

... warum mir bei dieser Passage der "Jedermann " in den Sinn kam. Du könntest es mir sicher sagen.

Da überschätzt Du mich leider. Ich hab das Stück mal auf einer Freilichtbühne gesehen, und ja, man könnte schon einen Zusammenhang konstruieren, aber das brennt mir jetzt nicht so unter den Nägeln.

Ich hab immer was zum Nachdenken bei deinen Texten.
Das empfinde ich als großes Lob.
Betrüblich, wenn es nicht so wäre. Ist immer meine (beiläufige) Absicht, doch ob’s ankommt, ist nie sicher. Bei Dir habe ich Glück.

Wieselmaus, Dein Kommentar hat mich sehr gefreut. Bei dieser Wetterlage schöne Maientage zu wünschen, klingt leider nach veräppeln.
Trotzdem sind wir voller Hoffnung!

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Manlio,

Darf ich mäkeln? Ich kritisiere so gern.

Aber gewiss! Nur zu!
Einen jeden Deiner Kritikpunkte werden wir gründlich überprüfen:

Wir erreichen die aufwendig gestylte Haustür. Die Frauen kontrollieren ihr Aussehen mit einem schnellen Blick ins spiegelnde Glas.
Frauen? Beim ersten Lesen dachte ich, er sei mit mehreren Frauen unterwegs. Ich ahne, was du sagen möchtest, aber warum nicht einfach: "Rosa kontrolliert ihr Aussehen" usw.

Nun, es war so, wie Du beim ersten Lesen angenommen hast: Er ist mit mehreren unterwegs, ob mit Frauen oder Pärchen, spielt keine Rolle – aber eben auch Frauen. Aber auf Deinen Einwand:
„Rosa kontrolliert ...“
habe ich aus dem Auto einen Bus gemacht, damit es klarer wird.
Daraufhin sagt peregrina zu Recht, dass Bus und Autotüren nicht zusammenpassen. Ich bin ein armes Hascherl.

Was, jetzt treten sie bloß in ein profanes Treppenhaus? Und warum baust du das Graffito ein??
Bei Lift, Korridor oder Treppenhaus muss ich immer an Graffiti denken:).

Ist das nun eine Absteige oder ein Luxusappartement?

Warum von einem Extrem zum anderen? Es ist irgendwas in der Mitte. Ein hochgelegenes, mehrgeschossiges Haus mit Eigentumswohnungen. Jemand aus meiner Sippe wohnt so.

Beim Blick übers (Häuser)-Panorama schreibst Du:

Hrrmmm... das nehme ich deinem Erzähler nicht so richtig ab. Ein Anfall von Melancholie? Du hast zwei Erzähltöne hier, aber dieser, der traurige, der wirkt etwas unwahrhaftig. An den glaube ich nicht.
Ich wage nicht, Dir zu widersprechen, doch für mich ist das legitim, dass ein- und dieselbe Person abschweifen darf in Gedanken – so wie Du und ich.
In unserem Fall ist der Prot auf einer sehr bürgerlichen, langweiligen Party. In solchem Rahmen gehen die eigenen Gedanken schon mal ein bisschen spazieren.

„Na, ihr unterhaltet euch ja großartig! Hat das damit zu tun, dass ich nicht mit dabei bin?“, kichert meine Frau und haut uns von hinten kräftig auf die Schultern.
Och nö!
Was für ein Stimmungstöter.

Jetzt mach aber mal ’nen Punkt, Manlio! Du hast Deinen Spaß gehabt, und die beiden ihren Orgasmus – jetzt muss es aber gut sein! Soll das denn ewig so weitergehen?

Nein, die Ehefrau zum Schluss ist die Beauftragte, die die Wüstlinge wieder zum normalen Leben zurückführen soll. Noch Fragen?

Aber mit

Sehr gern gelesen & viele Grüße
kannst Du mich immer versöhnlich stimmen.

Ebenfalls viele Grüße!

José

 

Hallo josefelipe,

deine Geschichte hat mir gut gefallen: Der Erzähler war mir sympathisch. Ich mochte, wie du am Anfang so häppchenweise gesprungen bist (Bus - Akkordeon - Telefonat - Akkordeon usw.), dadurch war's kurzweilig. Ich mochte auch den Humor, und du kannst gut kleine, alltägliche Dinge in unterhaltsamer Weise beschreiben (also auch gute Beobachtung). Und sehr gut gelungen ist dir m.E. auch die Steigerung der Spannung synchron zum Alkoholgenuss. ;)

War wirklich unterhaltsam, danke dafür!

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hola Rotmeise,

Dankeschön für Deinen Kommentar.
Meine Geschichte ist bei Dir gut angekommen – und schon ist alles in Butter. Obschon, weil wir gerade bei der Butter sind:

Die vielen Worte ums Essen waren allerdings nicht so mein Ding.
Versteh ich. Ich erwarte immer, dass sich alle Welt fürs Essen interessiert.

Hier aber wollte ich ausnahmsweise dem Leser nicht das Maul wässrig machen, sondern durch ‚Brigitte-Rezept’ und ‚Auflauf’ verdeutlichen, dass in diesem Haushalt nicht die Kreativität zu Hause ist. Und beim ‚Putenhack’ ist mir selbst übel geworden, doch es hat sich niemand daran gestört. Komisch.
Außerdem sollte ein Gastgeber heutzutage nicht mehr davon ausgehen, dass jeder Gast Fleisch mag. (Diese Deppen sollen gefälligst mehr Salat essen, und Brot).
Mit dem Pleite-Dessert wollte ich dem die Krone aufsetzen.

Das Wort 'gestylt' finde ich nicht so passend für eine Haustür und dann zusammen mit dem Graffito?
Da gebe ich Dir uneingeschränkt Recht.
Die Haustür ist jetzt mit „Willkommen“ geschmückt. Danke für den Tipp.
Der Graffito? Sprayer gibt’s überall, und den Ärger darüber auch.

Später hatte ich irgendwie den Eindruck, dass die Wohnung mit der Terrasse mindestens im sechsten Stock liegen müsse (wegen des Panoramas), beim zweiten Lesen fällt mir aber auf, dass es "nur" der zweite ist.
Ich hab’s Manlio schon gesagt:
„Ein hochgelegenes, mehrgeschossiges Haus mit Eigentumswohnungen. Jemand aus meiner Sippe wohnt so.“

Bei Malediven, Beförderung, Expansion etc. hätte ich eher ein Penthouse erwartet.
Kann Dich verstehen. Ich hatte Gastgeber Robert eher im Sinn als Filialleiter, denn deutlich Mittelmaß sind doch die Details der Party.
Malediven – für jeden erschwinglich / Beförderung – jeder ist mal dran / Expansion – es ist nicht seine Firma.

Aber Du warst ja mit meinem Text zufrieden, und das freut mich sehr.
Rotmeise, weiterhin ein schönes, langes Wochenende
und hoffentlich bald wieder Sonnenschein!

José


Hola Kanji,

... ich bekam nicht wenig Lust, deiner Party beizuwohnen und mitzuflirten.
Nur zu! Äh – wie weit würdest Du denn gehen? Am Flur liegen viele Zimmer:shy:.

"Tröstende Akkordeonklänge mit Aussicht"
Danke fürs Brainstorming. Ich bin nun doch der Meinung, dass der etwas reißerische Titel so unglücklich nicht gewählt war, denn die Resonanz ist zufriedenstellend.
Durch ungeschickte Titel (z.B. „Winterspaziergang“ u. a.) hab ich mir schon einige Chancen verdorben.

Kanji, wir sehen uns in Japan!

José

 

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