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Padmasana

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20.05.2014
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Padmasana

Uttanasana, Chaturanga Dandasana, hold it, hold it, hold it, hold it, hold it. Zittern in den Oberarmen. Sie konzentrierte sich darauf, die Spannung in den Bandhas zu halten. Ein Schweißtropfen kitzelte rechts am Nasenbein, sammelte sich kurz an der Nasenspitze und tropfe auf die Matte. Urdhva Mukha Svanasana. Tracys Stimme kam als Erlösung. Es war der achtzehnte Sonnengruß an diesem Morgen. Halb acht, die Sonne längst aufgegangen, die Luft schon warm, aber noch morgenfrisch, von den Ventilatoren in der offenen Shala in Bewegung gehalten. Müsste man den Blick nicht aufs dritte Auge richten, könnte man ihn von hier oben über die dunkelgrünen, dichten Wipfel des Dschungels wandern lassen.
Während Tracy die Hobby-Yogis drillte, brachten die Hardcore-Yogis ihre Körper in Positionen, die außerhalb des gewöhnlichen menschlichen Bewegungsspielraums lagen. Sie lebten Ashtanga-Yoga, mit Fitnesstraining hatte das nichts zu tun. Da komme ich nie hin, dachte Dania. Aber sich zu vergleichen, war verboten, und die Gedanken wandern zu lassen, auch. Adho Mukha Svanasana. Einatmen, ausatmen.
Erst duschen oder erst frühstücken? Gegen das Loch im Magen entschied sie sich, schweißnass, für die Dusche. Als sie die überdachte Terrasse mit den schlichten Holzmöbeln betrat, die als Rezeption, Restaurant und Treffpunkt diente, waren die meisten schon da, ungeduscht, und genossen ihr Müsli, vegan mit Kokosmilch, oder ihren tropischen Obstteller. Nur die Bedauernswerten, die außer Yoga auch noch Detox gebucht hatten, saßen vor einem viel zu großen Glas dunkelgrüner Flüssigkeit. An der Farbe war das Spirulina Schuld. Superfood, voller Vitalstoffe. Dania war froh, dass sie bei allem, was sie ihrem Körper hier zumutete, nicht auch noch fasten oder blaugrüne Algen zu sich nehmen musste. Sie bestellte ihr Müsli bei der burmesischen Köchin, die dauernd scheinbar grundlos lächelte und deren Englisch sie nicht verstand, mit Jogurt und Honig.
I started eating raw food three years ago and could never go back to eating cooked food or dairy, hörte sie die papierhäutige Rotblonde, Sendungsbewusste sagen, deren Namen sie nicht kannte und auch gar nicht wissen wollte. If you eat clean food you don't need to do detox. But Darling... if you live like that you really have to clean yourself from inside first. Sie sprach zu einer pummeligen Kanadierin Anfang Zwanzig, die schon mindestens eine der nachmittäglichen Hatha-Yoga-Einheiten geschwänzt hatte und offenbar auch mit dem Detox-Programm nicht so ganz gut klar kam. Überhaupt waren ausschließlich Hobby-Yogis im Detox, die Hardcores hatten das offensichtlich nicht nötig. Alle schienen sich bio und vegan zu ernähren, viele auch roh. Manche sah Dania fast nie essen. Andere reicherten jedes Essen im Retreat mit mitgebrachten Zusätzen an: Algen aus der Tüte, einer Handvoll Goji-Beeren oder einem Löffel Maca-Pulver. Als einfache Vegetarierin und Bioladen-Kundin kam Dania sich ernährungsmäßig wie eine belächelnswerte Anfängerin vor.
Wanna join us to the beach? Das war Ryan, amerikanischer Supersportler auf Weltreise, der noch nie Yoga gemacht hatte und mal was Neues ausprobieren wollte. No thanks, sagte Dania. Der Strand interessiere sie nicht sonderlich. Der Rest der Insel auch nicht. Sie wollte mit ihrem Buch in der bunt gestreiften Hängematte vor ihrem Bambus-Bungalow liegen, kurz an Corinna denken, die im Büro jetzt die doppelte Arbeit zu erledigen hatte, und an den schmutzigen Schneematsch auf den Straßen und dann ihren Urlaub um so mehr genießen.
Abends im Bett schmerzte ihr Körper an mehreren, genauer gesagt sogar an sehr vielen Stellen, war aber nicht unzufrieden damit. Ob Yoga körperlich süchtig machen kann? Wahrscheinlich. Ein Rausch aus Schweiß, Schmerz und Stärke. Es war höchstens neun Uhr, abends war im Retreat nichts los. Ein paar der Hobbys saßen jetzt vielleicht noch zusammen und redeten darüber, welche Muskeln am meisten weh taten oder wie die Einläufe waren, die zum Detox-Programm gehörten. Oder über ihr richtiges Leben, das nicht von Yoga bestimmt war, oder über ihre Reisen in Thailand und allen anderen Ländern der Welt. Die Hardcores dagegen waren bestimmt schon in ihren Zimmern. Vielleicht meditierten sie noch oder übten sich in geheimnisvollen Yoga-Praktiken, von denen Dania keine Ahnung hatte. Um schon vor Sonnenaufgang wieder voller Lebensenergie zu sein. Das Prana ist morgens am stärksten.
Danias Bungalow lag ganz außen, direkt am Zaun, dahinter nur Wald und Berge. Durch das offene Fenster drangen die Geräusche des Dschungels herein, überraschend laut kamen sie sehr nah und füllten die Dunkelheit: fremdartige Schreie, ein Zirpen und Rauschen - sie musste sich bewusst darauf einlassen, um es nicht unheimlich zu finden. Sie schlummerte ein, wachte wieder auf, lauschte wieder auf die Geräusche. Dazwischen klang mehrmals etwas wie ein schrilles Lachen. Einmal hörte sie etwas poltern. Aber im Yoga-Retreat lachte niemand schrill. Die Yogis waren still. Sie polterten auch nicht, sondern bewegten sich geschmeidig und achtsam. Fast undenkbar, dass ein Glas umfiel oder ein Stuhl lauter als nötig verrückt wurde. Neuankömmlinge übernahmen das schnell von den Hardcores, man passte sich an, um zu sein wie sie, ein Stück weiter schon auf dem Weg zur Erleuchtung.
Sie wachte auf, als es noch kaum sichtbar dämmerte und der Dschungel erwachte. Vor allem die Vögel. Ein Getöse war das. Dania fühlte sich steif und seltsam unausgeschlafen. Dabei hatte sie bestimmt acht Stunden geschlafen. Sie erinnerte sich dunkel an einen Traum, der irgendwie exzessiv gewesen war, sie aufgewühlt hatte. Keine klaren Bilder. Schade, dachte sie, man muss die Träume früher festhalten, und ging ins Bad.
Die Shala war schon gut voll. Die Hardcore-Yogis kamen zum Teil schon vor fünf Uhr her und meditierten oder machten Pranayama, Atemübungen. Dania nahm sich eine Matte, suchte sich einen freien Platz auf dem glänzend-dunkelbraunen Teakholzboden und begann mit ihren Sonnengrüßen. Urdhva Vrksasana, Uttanasana A, Uttanasana B, der Körper sträubte sich, aber der Wille war stärker. Konzentration auf die Atmung. Spannung in den Bandhas. Dann wurden die Muskeln warm und weich. Adho Mukha Svanasana. Ging doch. Sie spürte die Hitze der vielen Körper, hörte ihren ozeanischen Atem, fühlte sich eins. Yoga ist not about touching your toes. Samasthitih. You are ready, sagte Tracy, we can move on. Einatmen. Ausatmen.
Beim Frühstück setzte sie sich mutig zu dem australischen Hardcore-Yoga-Pärchen. Die beiden waren Bilderbuch-Yogis und hatten sich bestimmt im Studio oder Retreat kennengelernt. Ihr fiel auf, dass sie von keinem der Hardcores wusste, was er oder sie außer Yoga noch im Leben machte. Vielleicht war da kein Platz für anderes. Niemand sprach über Beruf oder Familie. Is this your first time at the retreat?, fragte Ashley, der weibliche Teil des Yoga-Pärchens. Yes, sagte Dania, what about you? We come here every year for six weeks. I can stay only two weeks, sagte Dania. Because of my job. I see. Zum Harcore-Kern könnte sie schon allein deshalb nicht gehören. Beim Guru in Indien musste man mindestens zwei Monate am Stück bleiben, möglichst jedes Jahr.
Am Nebentisch tauschten sich Begonia, die exaltierte Spanierin, die schon ewig hier zu sein schien, und Keith, ein älterer Australier, der meistens nur mit einem Tüchlein um die Hüften herumlief, das jederzeit abzurutschen drohte - was Nachlässigkeit sein konnte oder auch Absicht und Dania so oder so als unangenehm empfand - über spirituelle Erfahrungen aus. Beide hatten die Vipassana-Meditation als äußerst gewinnbringend erfahren. Zehn Tage Schweigen. I managed to forgive everybody everything, sagte Begonia. Wow, dachte Dania.
Nachmittags gab es ein Dampfbad. Die feuchte Hitze tat gut, Dania blieb so lange drin, bis ihr schummrig wurde. Sie schielte auf die vielen nackten Körper, fast alle sehr schlank und unprätentiös muskulös. Schöne Körper, in die viel Arbeit gesteckt wurde. Dabei lag dem wahren Yogi jeglicher Körperkult fern. Der leckere Body war gewissermaßen ein Randprodukt, das auf dem Weg zum Glück abfiel. Trotzdem: Ganz frei von Eitelkeit zu sein, nahm Dania selbst den Hardcore-Yogis nicht ab.
Nach der Hatha-Stunde ging sie auch noch zur Thai-Massage. Der thailändische Ladyboy gab ihr den Rest, sein Druck war sanft, aber tief und dauerte immer etwas zu lange. Abends im Bett fühlte sie sich ganz weich an. Der Muskelkater ist besiegt, dachte sie. Von jetzt an wird es nur noch besser. Sie lag lange bewegungslos auf dem Rücken im Dunkeln, wie Toter Mann im Wasser, ohne irgendeinen Wunsch.
In der Nacht weckte sie wieder ein schreiendes Tier. Ein hoher, hysterischer Laut. Vielleicht ein Affe, dachte Dania. Und dann war da wieder dieses Lachen. Und wieder. Es kam von der anderen Seite, nicht vom Dschungel, sondern aus der Richtung, in der die Bungalows lagen. Wenn es nicht aufhört, sehe ich nach, dachte Dania. Jetzt meinte sie, auch andere Geräusche zu hören. Ein Klappern. Mehr Stimmen. Es war kurz nach zwei. Sie ging aufs Clo, legte sich wieder ins Bett, konzentrierte sich. Sie konnte nicht mehr einschlafen. In ihr rangen Müdigkeit und Neugier, Unsicherheit und Mut um die Oberhand. Schließlich stand sie auf und zog Jacke und Flipflops an.
Die Nacht war samtig und voller Sterne, sie zog sie tief durch die Nase ein, bevor sie auf dem schmalen, von Büschen und Blumen gesäumten Weg zwischen den Gebäuden loslief. Auf der Terrasse war Licht. Je näher sie kam, desto deutlicher hörte sie, dass dort Leute waren, eine ganze Menge. Sie stieg die kleine Holztreppe an der Seite hinauf, dann sah sie sie: Um den großen Holztisch herum standen die Hardcore-Yogis, einige saßen darauf, andere lagen fast, alle streckten sich in die Mitte und stießen eilig große Löffel in riesige Eiskanister und schoben sie sich gierig in den Mund. Wo kommt das Eis her, dachte Dania. Köpfe drehten sich nach ihr um. Niemand schaute erschrocken oder ertappt, alle waren fröhlich, fast aufgekratzt; sie lachten und redeten durcheinander. Do you want some? fragte der Freund von Ashley. No, thanks. Just water. Sie ging zur Theke, nahm sich ein Glas und goss sich aus der Karaffe, die immer dort bereit stand, lauwarmes Wasser ein. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie all die Möchtegern-Lichtesser sich der Völlerei hingaben. Reinschaufelten und runterschlangen. Das Eis ekelte sie fast an. Milch, Fett, Zucker, dachte sie. Künstliche Aromastoffe, Farbstoffe, Konservierungsstoffe. Alles Schlechte. If it has added sugar, don't eat it.
This is my favourite flavor, sagte David, den sie als Algenfreak kannte, zu Ashleys Freund neben ihm. What is it? Kurzer Blick. Oh yes, it's awesome, I had it yesterday, sagte der mit vollem Mund. Tomorrow we will try some new flavors, sagte David. Sie würden nicht aufhören, bis die Kanister leer wären.
Am Morgen ging Dania früh in die Shala, sie war die erste der Hobby-Yogis. Einige der Hardcores saßen in Padmasana, dem Lotussitz, auf ihren Matten und atmeten. Er symbolisiert den Transformationsprozess. Er ist das Yoga-Symbol schlechthin. Jeder Yogi will den Lotus können. Wenn er so weit ist. Dania setzte sich in den Halblotussitz und schloss die Augen. Practice, practice, practice, all is coming.

 

Hallo Neuland,

willkommen bei den Wortkriegern!

Dein Einstand ist sehr routiniert geschrieben. Der Text floss so dahin und las sich gut.

Bis auf diesen Satz hier, drängte sich mir nichts auf, was es dringend zu verbessern gäbe, in puncto Textarbeit.

Am Nebentisch tauschten sich Begonia, die exaltierte Spanierin, die schon ewig hier zu sein schien, und Keith, ein älterer Australier, der meistens nur mit einem Tüchlein um die Hüften herumlief, das jederzeit abzurutschen drohte - was Nachlässigkeit sein konnte oder auch Absicht und Dania so oder so als unangenehm empfand - über spirituelle Erfahrungen aus.

Der Satz ist zu lang, aber was noch schlimmer ist, dass du ihn so arg auseinander gerissen hast. Er lautet in Kurzform:
Am Nebentisch tauschten sich Begonia und Keith über spirituelle Erfahrungen aus. So lange Sätze zu schreiben, bedeutet für mich immer, dass man nicht den Mut hat, den Aussagen genügend Gewicht zu geben. Man schiebt alles in einen Satz, anstatt jeder Mitteilung den eigenen Platz zu geben. Dadurch verliert alles an Gehalt. Es geht also nicht nur um die Frage, ob man lange oder superlange Sätze überhaupt erfassen kann, weil sie so lang sind, sondern auch darum, dass man mit langen Sätzen die Aussagen und Informationen verwässert.


Und nun zum Plot. Der Titel ist gewiss gut gewählt, wenn auch ich mich mit all diesen Yogisachen nicht auskenne, von daher also die Bedeutung von Padmasana nicht kenne.

Die Darstellung einer Gruppe von Yogi-Jüngern ist dir sehr gut gelungen. Plastisch und anschaulich dargestellt und ich konnte mir alles gut vorstellen.
Was mich aber unbefriedigt zurück lässt, ist der Gehalt deiner Geschichte. Wenn es dir darum ging, die Verlogenheit der ganzen Hardcore-Gruppe aufzudecken, die sich nachts Eiscreme reinzieht, dann finde ich die Gewichtung deiner Geschichte nicht gelungen.
Du beschreibst irre lange, was so vor sich geht, aber es tauchen viel zu wenig Hinweise darauf auf, dass etwas im Hintergrund vor sich geht. Eigentlich gibst du dem Leser nur in den Nachtszenen winzige Andeutungen zu lesen.
Ich würde also, wenn das das Thema deiner Geschichte sein soll, schon am Anfang der Geschichte Spannung aufbauen und nicht nur einfach die Kamera unkommentiert draufhalten. Ich würde einige Figuren auftauchen lassen, die bereits in der Protagonistin Fragezeichen erzeugen und somit dann auch im Leser.

Ich hoffe, du verstehst, wie ich es meine.

Was mir in diesem Zusammenhang auch nicht klar genug herausgearbeitet ist, ist die Einstellung deiner Protagonistin. Sie isst kein Eis. Sie will offensichtlich eine von den sog. nicht verlogenen Yogi-Anhängerinnen werden? Anfänglich wirkt sie aber so als fühle sie sich nicht wohl, weil sie die Leute alle für etwa überspannt hält. Deine Figur ist zu knapp dargestellt in diesem Kontext.
Das Drumherum wiederum, also Lokolkolorit, Stimmung etc. finde ich gelungen. Es ginge also darum, aus der Geschichte mehr zu machen als nur eine ausführliche Reisebeschreibung. Ich bin mir sicher, dass dir das gelingen wird.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo lakita,

vielen Dank für deine gute Kritik, die ich gerne annehme. Ich werde die Geschichte nach deinen Anregungen überarbeiten (und vielleicht kommen ja auch noch weitere...) und dann später nochmal reinstellen. Ist das ein übliches Vorgehen bei den Wortkriegern?!

Liebe Grüße,
neuland

 

Hallo neuland,

Ich werde die Geschichte nach deinen Anregungen überarbeiten (und vielleicht kommen ja auch noch weitere...) und dann später nochmal reinstellen. Ist das ein übliches Vorgehen bei den Wortkriegern?!
Nee, das ist hier nicht das übliche Vorgehen, sonst hätten wir hier x-Versionen derselben Geschichte stehen. Du kannst den Text einfach verändern, bzw. eine neue Version reinstellen, indem Du auf den Bearbeiten-Button unter der Geschichte klickst.

lg,
fiz

 

Hallo Neuland,

das freut mich, dass du mit meiner Kritik etwas anfangen konntest. Ich bin immer gespannt, wenn jemand hier neu auftaucht und wie der oder die mit Kritik umgehen kann. Das ist auch ein Part des Schreibens, dass man erträgt, was andere zu kritisieren haben. Und dass man sich freut, wenn man gelobt wird und das nicht niedermacht. ;)

Feirefiz hat ja schon etwas zum Überarbeiten geschrieben und ich möchte noch hinzufügen, dass ein paar mehr Kritiken abzuwarten und dann erst an eine Überarbeitung zu gehen, auch keine schlechte Vorgehensweise ist.

Lieben Gruß

lakita

 

Hey neuland,
willkommen und so. Ich finde, die Geschichte ist sehr souverän geschrieben. Musste heute früh länger wo warten und habe sie sogar auf dem Handy gelesen, hat trotzdem Spaß gemacht. Mir gefallen die Beobachtungen, die Details, lakita sagt es ganz richtig, der Lokalkolorit ist sehr gut eingefangen. Ich finde auch die Proportionen ziemlich treffend gewählt, Handlung, Reflektionen, Beschreibungen, Platz für die einzelnen Figuren, die Yogis werden nur soweit vorgestellt, wie sie benötigt werden, um die Atmosphäre, den Geist vor Ort einzufangen. Das ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Man bekommt auf jeden Fall ein Gefühl für diesen Ashram, es wirkt authentisch.
Mir ist aufgefallen, dass du bei direkter Rede keine Anführungszeichen setzt. ich denke da auch häufiger darüber nach, zu welchen Texten das passt, wo es für den Fluss förderlich ist. Hier funktioniert das gut. Vllt weil es immer auf Englisch ist oder indisch. Ich weiß es nicht genau, aber es gefällt mir wirklich gut.
Paar Kleinigkeiten

Ein Schweißtropfen kitzelte rechts am Nasenbein, sammelte sich kurz an der Nasenspitze und tropfe auf die Matte.
tropfte
Sie erinnerte sich dunkel an einen Traum, der irgendwie exzessiv gewesen war, sie aufgewühlt hatte. Keine klaren Bilder. Schade, dachte sie, man muss die Träume früher festhalten, und ging ins Bad.
Hier fand ich das irgendwie schade, dass es keine klaren Bilder gab, da liest man irgendwie dran vorbei. Der Traum war exzessiv und hatte sie aufgewühlt. Das ist mir irgendwie zu unpräzise, zu allgemein.
Abends im Bett schmerzte ihr Körper an mehreren, genauer gesagt sogar an sehr vielen Stellen, war aber nicht unzufrieden damit.
War jetzt der Körper nicht unzufrieden damit oder die Prota?
Sie ging aufs Clo
Clo?
Na gut, also sprachlich hast du mich überzeugt. In deinem Profil schreibst du, du hast vor Kurzem mit Kurzgeschichten angefangen, dafür ist dein Ausdruck aber schon sehr geschliffen und literarisch abwechslungsreich.
Inhaltlich jetzt. Mir sind diese Yoga-Menschen immer ein bisschen suspekt, wie alle, die meinen sich auf dem Weg der Erleuchtung zu befinden. Ich hab da nicht zu viel Erfahrung mit, hab aber auch mal ein paar davon in Indien kennengelernt auch so Leute mit dem ganzen rohen Essen und so Zeugs und da habe ich nicht das Gefühl loswerden können, von ihnen bemitleidet zu werden, dafür, noch nicht den wahren Weg gefunden zu haben. Da gehört schon viel Größe zu, aufrichtig bescheiden zu sein, ich denke, das ist für Westler sowieso schwierig sich vollkommen von dem hier herrschenden Habitus loszulösen und aufzuhören über andere zu urteilen.
Aber vllt habe ich auch total unrecht und argumentiere aus den eigenen verkrusteten Einstellungen.
Dania hat ja hier, so fasse ich das jedenfalls auf, eine ambivalente Haltung zu dieser ganzen Schose, das muss sie ja auch, dieser Umstand hält ja die Geschichte am Leben. Sie will ein Stück von diesem Lebensgefühl, will sich ein bisschen reinigen, dem Körper was gutes tun und begegnet dabei Menschen, die das ganz exzessiv leben. Da fragt sie sich, ob das Yoga alles andere aus dem Leben verdrängt, da gibts ja auch irgendwo einen Diktat, was Militantes fast und über das Ganze reflektiert sie halt. Das ist soweit so gut. Dann aber führt die Geschichte diese Hardcore-Yogis vor, entlarvt sie als verlogen, zieht sie ins Lächerliche. Du baust ein Bild auf, zeichnest ein makelloses Erleuchtetes-Leben-Gesicht und dann brichst du das, zeigst eine Fratze und die Prota fühlt sich überlegen. Ich weiß nicht, irgendwie habe ich diese Pointe erwartet, das musste ja so passieren, das ist ja auch das, was man sich bei diesen Leuten als Normalsterblicher wünscht, das man sagen kann, ja ja, da ist also eure Vollkommenheit, am Arsch! Da ist man auch als Leser mit der eigenen Imperfektion befriedet.
Na ja, ich versuche seit heute morgen rauszufinden, was ich davon halten soll und ich bin immer noch unschlüssig. Das ist schon irgendwie nach Schema F das Ganze, aber auf jeden Fall amüsant zu lesen. Mir fällt es auch immer ganz schwer, etwas wirklich neues zu finden.
Gut, ich finde, das ist ein toller Einstand, bin gespannt auf weitere Texte von dir.
Grüße,
randundband

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus neuland, willkommen hier.
Na ja, für mich ist das nicht viel mehr als ein Stimmungsbild, nicht wirklich eine Geschichte. Und ich erkenne auch nicht deine Erzählabsicht darin. Du beschreibst - durchaus wortgewandt und angenehm zu lesen - einfach ein - zugegeben exotisches - Geschehen, aber für mein Gefühl viel zu leidenschaftslos, zu unreflektiert, als dass ich als Leser herausfinden könnte, wie diese Dania zu der ganzen Sache steht, warum ich mir, der ich ja nicht gerade ihre beste Freundin bin, überhaupt davon erzählen lassen soll. Es ist halt irgendwie so ein Mittelding zwischen distanzlosem und objektiv beschriebenem Erleben, weder ironisch kritisch, noch hingebungsvoll oder enthusiastisch. Also im Grunde erfahre ich ja nichts von der Protagonistin. Warum ist sie in diesem Ressort? Was verspricht sie sich von diesem Esoterik-Trip? Wie steht sie dazu? Und dann ist mir auch Danias Entdeckung, dass die Hardcores quasi Pharisäer sind, als Höhepunkt oder gar Kernaussage der Story einfach zu harmlos.
Ich will jetzt nicht unbedingt sagen, dass der Text schulaufsatzhaft („Mein schönstes Ferienerlebnis“) klingt, aber wirklich mitreißende Außergewöhnlichkeit kann ich auch keine darin sehen.
Und die Frage ist halt auch, ob man als Leser, der mit diesem ganzen Esoterik-Zinnober nichts am Hut hat, so einem „Spezialdisziplin-Text“ überhaupt etwas abgewinnen können muss. Du scheinst ja die Kenntnis all der einschlägigen Begriffe (und ja, auch das Beherrschen des Englischen) beim Leser vorauszusetzen. Die Begriffe werden ja nicht sozusagen augenzwinkernd ironisch verwendet, sondern durchaus als Bedeutungstransportmittel. Aber wenn ich keine Ahnung habe, was sie bedeuten (und auch keine Lust zum Googlen habe), fange ich mit Begriffen wie Bandhas, Shala, etc. einfach nichts an.
Vermutlich wäre Kenntnis der einschlägigen Szene, bzw. gar Interesse an ihr, von Vorteil, den Text unvoreingenommener genießen zu können.
Mir hat er jetzt nicht so viel gegeben.

Noch ein paar Kleinigkeiten:

sammelte sich kurz an der Nasenspitze und tropfe auf die Matte.

Sie sprach zu einer pummeligen Kanadierin Anfang Zwanzig [zwanzig]

und offenbar auch mit dem Detox-Programm nicht so ganz gut klar kam.
Hier würde mir eines oder höchstens zwei der drei Wörter reichen.

Sie ging aufs Clo,
So hab ich das noch nie gelesen.

Ein wenig irritierte mich auch der gänzliche Verzicht auf Kenntlichmachung der direkten Rede, keine Anführungszeichen, keine Kursivierung, keine Zeilenumbrüche, kein gar nix. Ein bewusstes Stilmittel?

Ich wünsch dir noch viel Spaß und Freude hier.

offshore

 
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Hallo randundband,
danke für dein Feedback und für die Zeit, die du meinem Text gewidmet hast! Deine Gedanken dazu helfen mir auf jeden Fall weiter. Das ist genau das, was ich mir von diesem Forum erhofft hatte. (Bin das erste Mal in einer virtuellen "Schreibgruppe".)
neuland
P.S.: Bevor ich hier beigetreten bin, habe ich natürlich im Forum gelesen, und dein Text Vom Streitacker bis nach Leidenhausen hat mir besonders gut gefallen! Vor allem sprachlich.

Hallo ernst offshore,
tja, sieht so aus, als würde ich dich mit meiner Geschiche nicht erreichen - und schriebe ich noch so viel um. Das ist ok. Die Zielgruppe ist bei dem Thema sicherlich begrenzt. Wie bei jedem Thema, oder? Englischkenntnisse setze ich tatsächlich voraus, ich finde, das kann man heutzutage, ohne arrogant zu wirken. Die Yoga-Fachausdrücke setze ich beim Leser nicht voraus. Sie sind für die Geschichte notwendig und ich dachte, man kommt schon drauf, was ungefähr damit gemeint ist. Dass zB die Shala halt der Raum ist, in dem Yoga gemacht wird. Aber ich kann schon nachempfinden, dass sich da nicht jeder drauf einlassen will.
Danke für deine Kritik,
Gruß, neuland

 

Hej neuland,

ich find das sehr kurzweilig geschrieben, hab mich zwischendurch aber schon gefragt, worauf es hinaus läuft. Der Text will nach meinem Empfinden nicht anprangern oder bloßstellen

Niemand schaute erschrocken oder ertappt, alle waren fröhlich, fast aufgekratzt; sie lachten und redeten durcheinander.
(die sind doch eigentlich niedlich), das ist kein böser Blick, den Du da auf diese Yogis wirfst, also wofür steht diese Eis-Aktion?

Merkwürdig find ich, wie unbeeindruckt Dania bleibt, obwohl sie vorher beschrieben wird, als eine, die sich teilweise unterlegen fühlt und ab und an auch ein wenig neidvoll.
Sie wirkt aber auch nicht so, als hätte ihr diese Entdeckung irgendeine Erkenntnis oder eine innere Ruhe geschenkt.

Für mich ist es das hier,

Sie wollte mit ihrem Buch in der bunt gestreiften Hängematte vor ihrem Bambus-Bungalow liegen, kurz an Corinna denken, die im Büro jetzt die doppelte Arbeit zu erledigen hatte, und an den schmutzigen Schneematsch auf den Straßen und dann ihren Urlaub um so mehr genießen.
was der Geschichte ein wenig den Wind aus den Segeln nimmt: Dania will nicht viel, sie quält sich ein bisschen, sie will in guter Yoga-Tradition eben nicht irgendetwas erreichen (obwohl man auch das ziemlich qualvoll gestalten könnte) und diese ohnehin kaum vorhandene Reibefläche (ich hoffe, Du verstehst, was ich mit dem Wort meine?) verschwindet gegen Ende der Geschichte spurlos. Ohne dass ich ahne, warum.

Sonst noch:
Ich hab mich gefragt, wie es sich lesen würde, wenn Du das Gesprochene kursiv setzt. Auch beim den Asanas hab ich das gedacht, wobei es irreführend wär, wenn die nicht gesprochen, sondern gedacht werden.

Die Shala war schon gut voll.
Für mich ist das gesprochene Sprache. Hat mich beim Lesen irritiert. Sonst hab ich sprachlich nichts gefunden, was ich störend fand.

Viel Spaß noch hier,

LG
Ane

 

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