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Ort: Kreuzung, Opfer: VW Golf Fahrer, Verletzung: Hals, Weapon of Choice: Eiskratzer
Ich habe mich mehrere Stunden bei IKEA rumgetrieben, auf der Suche nach einem neuen Badezimmerschrank. Am Samstag. Schlechte Idee. Verdammt schlechte Idee. Kurz davor, mir kreischend die Pulsadern aufzubeissen, habe ich die Flucht vor den tausenden hinrtoten Arschlöchern ergriffen, die das schwedische Möbelhaus des Teufels in Scharen aufsuchen und sitze nun in meinem Auto, das grummelnd und brummend (wie ich) an einer Ampel steht. Die Knöchel an meinen Händen treten weiß hervor, als ich das Lenkrad noch fester umklammere. Der Gedanke, nur mit einer Heugabel und einem Wikingerhelm bekleidet zurückzukehren und Amok zu laufen zaubert kurzfristig ein Lächeln auf mein Gesicht, als hinter mir ein langgezogenes Hupen ertönt. Sofort verdüstert sich meine Stimmung und stirnrunzelnd blicke ich in den Rückspiegel. Hinter mir steht ein grüner VW-Golf, dessen Fahrer seine widerliche Drecksvisage aus dem offenen Fenster hängt, sich mit der rechten Hand am Lenkrad festhält und mit der anderen, wild gestikulierend, Obszönitäten in meine Richtung brüllt. Mittlerweile habe ich festgestellt, dass es längst grün geworden ist. In der Nebenspur brausen die Autos bereits hupend vorbei und der Idiot hinter mir scheint mit jeder Karre, die seinen auf Hochglanz polierten Golf passiert, mehr und mehr den Verstand zu verlieren.
Ich bete darum, dass er den Fehler macht und aussteigt. Sich meinem Wagen nähert. Ich flehe regelrecht darum, dass er so dumm ist. An die Fahrerseite kommt. An die Scheibe klopft. Meine Mutter wüst beschimpft. Gegen die Seite meines Wagens tritt.
Mich dazu bringt mir den Eiskratzer zu schnappen, welcher im Seitenfach der Fahrertür steckt.
Mich dazu bringt, auszusteigen.
Mich dazu bringt, seinen Haarschopf zu packen und seinen Kopf mit Gewalt nach hinten zu verbiegen.
Mich dazu bringt, mit der scharfen Klinge des Eiskratzers auf seinen Hals einzustechen und ihn lauthals lachend in ein blutiges Fiasko aus Fleisch, Haut und Sehnen zu verwandeln.
Er steigt tatsächlich aus. Ich beobachte ihn immer noch durch den Rückspiegel. Sein hochroter Kopf scheint regelrecht zu leuchten, als er seine Sonnenbrille auf den Fahrersitz wirft und in meine Richtung stapft. Ein schneller Blick auf die Ampel zeigt mir, dass es immer noch grün ist. Ein weiterer auf die Digitaluhr auf dem Armaturenbrett, dass es kurz vor vier ist.
Der Drecksack hat Glück, ich habe es eilig. Als sich die Mißgeburt meinem Wagen bis auf ein paar Meter genähert hat, trete ich das Gaspedal durch und brause quietschend davon. Sein Spiegelbild schüttelt mir eine erhobene Faust nach. Scheiß auf ihn. Ich habe mir sein Kennzeichen gemerkt. Das nächste Mal, mache ich ihn alle.
Ich greife in die Seitentür und meine tastenden Hände finden den Eiskratzer. Kühl und schwer liegt er in meiner Hand. Ich liebkose ihn mit meinen Fingerspitzen und genieße das kalte Metall.
Mit einem Lächeln im Gesicht mache ich das Radio an, stelle es fröhlich lauter, als Jennifer Rush zu blöken beginnt und beschleunige den Wagen auf ganze 65 Stundenkilometer, während ich singend dem Nachmittagshimmel entgegenrase.