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Orangenfrau

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01.10.2002
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Orangenfrau

Hinter dem Vorhang wartete das Modell.
Und den Moment, wenn der Vorhang zur Seite gezogen wurde, liebte Jan am meisten. Es war vielleicht nicht der beste Moment des Abends, aber immer der spannendste.
Eine Frau mit langen schwarzen Haaren kam jetzt auf ihn und die anderen Zeichner zu. Ein älteres Modell mit wimpernlosen Augen und weichen, schweren Brüsten. Jan wunderte sich über ihr spärliches Schamhaar. Vielleicht fiel im Alter selbst das Schamhaar aus.
Er fing an zu zeichnen. Bogen um Bogen von der großen grauen Zeitungspapierrolle. Er mochte die Frau, deren Alter er nicht schätzen konnte. Sie lächelte ihn an. Als ahnte sie seine Gedanken, als kannte sie das Spiel und als rate sie, zu welchem Ergebnis er käme: fünfundvierzig, Mitte fünfzig oder über sechzig.

Später in der Lithowerkstatt, während er sich tief über die Wasserbecken beugte, dachte er an ihr wunderbares Lächeln, ihre überraschend weißen Zähne und der Gedanke an sie machte ihn leichter. Steine vorbereiten war eine schwere, ermüdende Tätigkeit. Wuchten, drehen, paarweise schleifen.
„Was für eine Unverschämtheit, so ein altes Modell“, unterbrach Miriam seine Gedanken. Sie schliff am Nachbarbecken ihre Steine und ärgerte sich, dass niemand ihr Hilfe anbot. „Wie ein Michelinmännchen sah die aus.“
Miriam schüttelte sich, als würden Kakerlaken aus dem Ausguss krabbeln. Gleich würde sie ihren Stein fallen lassen. Jan schwieg und betrachtete Miriams knappe Jeans, ihren winzigen Hintern, der auf ihn keine Wirkung hatte.
„Wenn ich so aussähe, würde ich mich operieren lassen“, fuhr sie fort, „zumindest würde ich mich nirgendwo ausziehen.“ Miriam redete sich in Rage. „Und wie ihr Arsch aussah, wie eine alte Matratze!“
„Das kommt vom Kontrapost, von der Gewichtsverlagerung“, sagte Jan. Er wusste nicht, warum er das Modell verteidigte, „dann staut sich das Gewebe auf dem belasteten Bein und kommt matratzenartig heraus.“
Jan ärgerte sich über den dozierenden Ton, den er ungewollt angeschlagen hatte.
„Außerdem kriegt sie vielleicht mit, dass du dich beschwerst“, fügte er hinzu. „Bei Stress sieht die Haut noch schlechter aus.“ Aber Miriam verstand sowieso nichts.
Jan betrachtete seinen Litho-Stein. Die verblassenden Umrisse eines alten Entwurfs, vielleicht sollte er nicht alles wegschleifen. Die zartgelbe Lineatur wie Striae, wie die vielen Zeichen auf der hellen Haut des neuen Modells. Jan überlegte sich, wie er den Akt auf den Stein setzen könnte.

In der nächsten Zeichenstunde blieben seine Kommilitonen weg und Miriam schlich sich lieber nach draußen, um mit Blumenstrauß und empörtem Gesicht wieder aufzutauchen.
- Schau, was ich gefunden habe. Ein verlassener Garten mit den sonderlichsten Blumen.
Blumen wanderten in Marmeladegläser, in denen vorher Pinsel standen.
Sie zeichne lieber florale Schönheit.
Jan fand die Situation seltsam. Allein zwischen Frauen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Die eine nackt, die andere zeichnend. Miriam gab sich große Mühe, das Modell zu ignorieren, obwohl sie heimlich abschätzige Blicke zu ihm hinwarf, über die die Ältere großzügig hinweg sah. Jan fragte sich, ob sie wirklich so gelassen war.

In den nächsten Wochen gab es noch mehr Blumen im Atelier. Ein Blütenmeer und Miriam die Königin darin, Königin nicht nur über die Blumengläser. Miriam sonnte sich in Bewunderung, lauerte hinter ihrer Staffelei, großäugig, mit dichten, über den Augen zusammengewachsenen Augenbrauen, die sie beim Zeichnen noch strenger zusammenzog.
Jan dachte daran, wie Miriam auf dem Hochschulbalkon residierte und stets den einzigen Liegestuhl für sich beanspruchte. Und obwohl sich die anderen - eher unlustig - wieder am Aktzeichnen beteiligten, hatte Jan das Gefühl, dass auch sie das Modell nicht mochten. Und Miriam genoss die begehrlichen Blicke über ihren winzigen Hintern noch mehr als sonst.

Gerüche wie Sommer. Jan fiel Miriams Bemerkung ein. Dann würde es im Atelier duften. Nach Sommer und nicht nach Altenheim.
Die alten Modelle hätten Pippigeruch, meinte Miriam mit einem undefinierbaren Grinsen. Was bei den über Achtzigjährigen in Einzelfällen tatsächlich manchmal stimmte. Obwohl sich die Modelle, wie Jan wusste, vorher in der Hochschule duschten.

Miriam erzählte den anderen von einer Party. Das neue Modell sei plötzlich aufgetaucht, uneingeladen, mit ihrer blöden großen Tasche. Mit zwei komischen Zöpfen in ihrem schwarzen Indianerhaar und habe beinahe mit einem Mädchen geflirtet, dass den Zitronenduft, den die Alte über ihre Arme geschüttet hätte, nicht erkannt habe. Dabei war es nur Kölnisch Wasser.
Jan gefiel sie, diese riesige Rattantasche, aus der das Modell immer schöne Dinge zauberte, meist irgendwelche Esssachen, die sie in der Zeichen-Pause verteilte. Kekse, Orangen. Er freute sich schon immer darauf, stellte sie sich zuhause beim Backen vor. Die jungen Aktmodelle mochte er auch, sie waren quirlig, beweglich, hübsch, immer im Gespräch, immer eitel, was ihm durchaus gefiel. Aber die alte Indianerin hatte es ihm besonders angetan. Er fragte sich, was noch in ihrer Tasche war.
Jan tat es leid, dass die anderen später die Kekse in sich hineinstopften und über Miriams immer böser werdende Modellscherze lachten. Er wusste, dass Miriam sich schon beim Professor beschwert hatte über den „Pippigeruch“, aber eine Abfuhr erhalten hatte. Jan wusste, dass Miriam log.
Die Indianerin war anders, gepflegter als selbst die jungen Modelle. Wie gern würde er abends mit ihr ausgehen! Sie war nicht nur schön, sondern auch klug. Miriam ahnte, dass sie ihm nichts vormachen konnte und schaute ihn immer öfters warnend an. Er würde zum Präventivschlag ausholen müssen und er wusste, es gab genug, wovor sich Miriam fürchtete, nicht zu unrecht. Denn im Gegensatz zum Modell würde sie unschön altern.

Modellgespräche. In den Pausen bot er Angela, so hieß das Modell, Tee an, den sie meist dankbar annahm. Doch leider erfuhr er sonst nichts über sie. Er kannte jede Einzelheit ihres Körpers, liebte ihren schwarzen, schweren Zopf, der so aufreizend zwischen ihren Brüsten liegen konnte, als wollte sie ihn verlocken. Aber dennoch wusste er nicht, was sie sonst machte. Und vor allem nicht, wie alt sie war.
- Nein, sie würde ihr Alter nicht nennen, damals als Lehrerin hätte sie sich in einen jungen Mann verliebt, der auch mit ihr nach Hause gegangen wäre. Sie hätten miteinander geschlafen und alles wäre ganz wunderbar gewesen, er hätte aber in ihren Sachen gestöbert, Ausweise gefunden und wäre dann nie wieder zurückgekehrt.
Jan war es mittlerweile egal, wie alt sie war. Er fand sie einfach schön. Er mochte ihre Ruhe, ihre Weichheit, ihre Entspanntheit und wenn Miriam von der „schrecklichen“ Orangenhaut sprach, dachte er, wie wundervoll sich die so oft gezeichneten, kraftvollen Oberschenkel anfühlen mussten und Orangen waren ohnehin herrliche Früchte, süß, saftig, besonders die aus der großen Tasche.

 

Hallo petdays,

mir gefiel die Geschichte bis zur Hälfte recht gut.

Dann jedoch (so ab dem Blumenstrauß) springst du für mich in den einzelnen Abschnitten ohne roten Faden von einer Situation in eine andere und ich kann als Leser nicht richtig einordnen, wann das jeweils passiert sein sollte; ob das mehrere Sessions mit dem Modell waren - wie das mit dem Modellgespräch gemeint war.
Das ist mir zu sprunghaft gewesen im zweiten Teil.

Zum Ende hin hätte ich mir Jan forscher gewünscht - einmal Miriams Abfälligkeit gegenüber und andererseits im (möglichen) Kontakt mit dem Modell.

Grundsätzlich also mag ich die Idee der Geschichte, aber im zweiten Teil würde ich es gerne etwas strukturierter geschrieben haben.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hi petdays,
schön wieder was von dir zu lesen.
Mir ging es wie bernadette.
Der erste Teil der Geschichte war wundervoll, du weißt ohnehin, dass ich deine Sprache sehr mag. Genauso wie die Schauplätze und die Atmosphäre, die du immer wählst und beschreibst. Das hast du alles sehr stimmungsvoll gemachtmit diesen ruhigen Betrachtungen des Erzählers über die ältere Frau und die missgünstige Miriam.
Doch ab dem Blumenstrauß fand ich es sehr schwierig zu überlegen, was denn nun wann spielt und stattfindet. Das ist zu fragmentarisch zumindest für meinen Geschmack. Du bist wohl auch in der Perspektive gesprungen?Oder? Vom Erzähler zur Indianerin?
Außerdem bemerke ich beim Erzähler wenig Entwicklung. Er mag ja die Indianerin schon von Anfang an, seine Vorliebe könnte sich von Vorsicht zu Vorliebe verstärken und er vielleicht auch in einen Gegensatz zu Miriam geraten. Letzteres sind natürlich nur Vorschläge, sie sollen lediglich ausdrücken, dass mir die Persönlichkeit und/oder seine Konfliktsituation zuwenig Entwicklung aufweist. Das plätschert mir ein wenig zu sehr dahin.
Wie auch immer, ich hab deine kleine Geschichte wieder einmal genossen, auch wenn ich mir Verbesserungen vorstellen könnte.

Liebe Grüße
Novak

 
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hallo bernadette, hallo Novak,

herzlichen dank fürs lesen und kommentieren. :) die geschichte ist in der tat noch etwas unausbalanciert, gerade im zweiten teil. ich werde sie auf jeden fall überarbeiten. eure hinweise sind mir sehr hilfreich!

besonders weiterhelfend:

seine Vorliebe könnte sich von Vorsicht zu Vorliebe verstärken und er vielleicht auch in einen Gegensatz zu Miriam geraten. Letzteres sind natürlich nur Vorschläge, sie sollen lediglich ausdrücken, dass mir die Persönlichkeit und/oder seine Konfliktsituation zuwenig Entwicklung aufweist.

Das ist mir zu sprunghaft gewesen im zweiten Teil.

Zum Ende hin hätte ich mir Jan forscher gewünscht - einmal Miriams Abfälligkeit gegenüber und andererseits im (möglichen) Kontakt mit dem Modell.


es ist ein kleiner "zwischendurchtext", "resteverwertung" einer alten geschichte, sozusagen die passagen, die in der anderen geschichte keinen platz mehr gefunden haben. die bruchstücke lagen mir dennoch am herzen und ich bin ganz froh, daraus eine kleine momentaufnahme gebastelt zu haben. (die "zwillingsgeschichte" zu dieser ist übrigens "aktzeichnen".)

es ist ein kleiner übungstext, recht schnell zusammenmontiert. sozusagen das totale gegenstück zu einer geschichte wie "thai lucky plant", wo ich sehr lange recherchiert, geplant, geplottet (sogar mit diagramm ;)! ) und geschrieben habe.

manchmal brauche ich das "lockere schreiben" und nehme dazu gerne dinge aus dem "restekästchen"....

dass daraus ein nettes geschichtchen geworden ist, freut mich und besonders, dass es nicht nur mir gefällt.

Der erste Teil der Geschichte war wundervoll, du weißt ohnehin, dass ich deine Sprache sehr mag. Genauso wie die Schauplätze und die Atmosphäre, die du immer wählst und beschreibst. Das hast du alles sehr stimmungsvoll gemachtmit diesen ruhigen Betrachtungen des Erzählers über die ältere Frau und die missgünstige Miriam.
@Novak
über dein Kompliment habe ich mich sehr gefreut! :)

liebe grüße petdays

 

Schon musstu wieder einen

Ü60ig[er]
Kommentar ertragen,

liebe petdays,

was mir nicht mal leid tut. Denn mir hat die Geschichte – eh ein Freund weniger Karl Mays als indianischer Kultur - insgesamt gefallen, wobei ich – kann’s anders sein? – einige Phasen lieber im Konjunktiv gelesen hätte und darum auch empfehlen würde (Du siehst, selbst ich verwende mal ’ne würde-Konstruktion. Doch vorweg bissken für die Kleinkrämerseele (eher Folge von Flüchtigkeit statt Regelverstöße):

Da haben sich widerspenstige Gänsefüßchen reingeschlichen …

„Was für eine Unverschämtheit“, so ein altes Modell“, unterbrach Miriam seine Gedanken.

Er wusste nicht, warum er das Modell verteidigte. „dann staut sich das Gewebe auf dem belasteten Bein und kommt matratzenartig heraus.“
Nach „verteidigte“ ist entweder das Satzzeichen (Punkt) oder das erste Wort (dann) nicht korrekt …

Auch mal was im hiesigen Soziolekt, der irrtümlich für'n Dialekt gehalten wird:
Wat is’n dat, ’n oda ’ne

Striae[?]

Und schon jetzt findet die unliebsame, gefräßige und dürstende Seele ihre Ruh:
…, um mit Blumenstrauß und empörten Gesicht zurückzukommen.
Akkusativ oder Dativ?

Hier nun zöge ich die indirekte Rede vor (denn es ist ja Miriams Ansicht und Bewertung der Dinge, die da geäußert wird, deshalb erfolgt auch kein Aufsatz zum „komisch“en Adjektiv, so würdetu niemals formulieren!), wobei mir das zweite Komma eher entbehrlich erscheint

Miriam hatte von der Party erzählt, auf der das neue Modell … erschienen war, mit ihrer blöden großen Tasche und das sie mit einem Mädel beinahe geflirtet hatte, und das die Kleine so doof war, dass sie den Zitronenduft, den die Alte über ihre Arme geschüttet hatte, nicht erkannte. Dabei war es nur Kölnisch Wasser.

Das kürzest Kapitel
Modellgespräche.
wäre m. E. soweit als möglich in den Konjunktiv zu übersetzen …

Wa lakota

Makatataka Hela,
was so wenig wie Tschüss von einem, der die Erde liebt, bedeutet und an den sieben Ratsfeuern sitzt.

PS: Hab ich eigentlich schon verraten, dass ich Modell und Model beinahe verwechselt hätt’? Nun aber rasch Neil Youngs Pocahontas aufgelegt ...

 

lieber friedel,

herzlichen dank für deinen ausführlichen kommentar! :) hab deine anregungen schon reingebastelt und die geschichte auch sonst verändert, hoffe, sie ist jetzt runder.

schöne grüße petdays, die neil young auch mag

 

ich fand die geschichte gut , es ist nicht immer leicht wenn was ein packt z.b. mit den blumen , den weg zurück zufinden zu der frau mit zöpfen . ich hätte liebe etwas geschrieben wie dir miriam gefallen hätte ,oder den leichten konflickt etwas ausgebaut

 

N'Abend petdays!

es ist ein kleiner übungstext, recht schnell zusammenmontiert. sozusagen das totale gegenstück zu einer geschichte wie "thai lucky plant", wo ich sehr lange recherchiert, geplant, geplottet (sogar mit diagramm ! ) und geschrieben habe.

Interessant. Es war schon zu spüren, es mit etwas Fragmentarischem zu tun zu haben. Da fehlt der Fluss, du springst in dieser Geschichte von Baustein zu Baustein, aber das Verbindende im Handlungsgerüst fehlt zum Teil. Natürlich bilden Kulisse, Figuren und Ereignisse einen funktionierenden Rahmen, aber es wäre gar nicht schwer, die einzelnen Passagen unter einander zu vertauschen und in eine andere Reihenfolge zu bringen, naja: Zumindest zum Ende hin wäre das möglich.

Auch mir gefallen Sprache und Stimmung des Textes. Und ich finde es sympathisch, dass du keinen Hehl aus deinem Vorgehen bei dieser Geschichte gemacht hast. Ich habe das seat of the pants-Schreiben versucht und muss gestehen, das Planen und Recherchieren zu brauchen - heute mehr noch als früher -, weil ich auf die Weise, in der du diesen Text verfasst hast, zu weniger befriedigenden Ergebnissen komme.


Bis denne!
Sam:)

Schau, was ich gefunden habe. Ein verlassener Garten mit den sonderlichsten Blumen.
Das würde ich in Anführungszeichen setzen.

 

hallo Sam!

herzlichen dank fürs lesen und kommentieren! :)

seat of the pants-Schreiben
... gern lerne ich was neues.

....bei mir gibts eben die SOTP-Texte und längere, genau recherchierte Texte. Ich finde, dass sich das Pendeln zwischen den beiden Extremen lohnt und hoffe, auf Dauer die längeren leichter schreiben zu können.

schöne grüße petdays

 

Da bin ich doch wieder,

liebe petdays,

denn gestern in aller Herrgottsfrühe, da Fuchs und Hahn sich lange schon gut Nacht gewünscht haben, schriebstu nach einigen Änderungen an der Geschichte

..., hoffe, sie ist jetzt runder.

Das Wi[e]derlesen ist keine schwere Last, wobei m. E. die eingefügten Änderungen – bis auf zwei, drei kleine Schnitzer – durchaus gelungen sind und einiges in der Zeichenklasse verdeutlicht wird, ohne das Geheimnis der Orangenfrau zu gefährden, und sich nahtlos in die Geschichte einfügen.

Die Ergänzungen beginnen mit dem Absatz

Jan fand die Situation seltsam. Allein zwischen den beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Miriam gab sich große Mühe, das Modell zu ignorieren, obwohl sie heimlich abschätzige Blicke zu ihr hinwarf, über die das Modell großzügig hinweg sah. Jan fragte sich, ob es wirklich so gelassen war,
der die Situation als potentielles Dreiecksverhältnis offenlegt - zunächst zwischen Jan, Miriam (die sich wohl in einer Konkurrenz wähnt) und dem Modell, weiter unten erfährt der Leser dann, dass Miriams Aversion gegen das alternde Modell unter den anwesenden Zeichnern kein Einzelfall ist.
Dabei scheint Dir einmal das grammatische Geschlecht zu entglitten zu sein, wenn Miriam die fremde, andere Frau, eben
... das Modell zu ignorieren [versucht], obwohl sie [Miriam] heimlich abschätzige Blicke zu ihr [DEM(!!) Modell] hinwarf, über die [abschätzigen Blicke] das Modell großzügig hinweg sah.

Korrekt also wäre, so seltsam es manchem allein und/oder bevorzugt umgangssprachlich trainierten Ohr klingen mag
…, obwohl sie heimlich abschätzige Blicke zu [ihm] hinwarf, …

Der abschließende Satz des gleichen Absatzes wäre im Konjunktiv anzubringen, denn der Gedanke Jans wäre der wörtl. Rede gleichzusetzen:
Jan fragte sich, ob es wirklich so gelassen [sei/besser: wäre],
was sich im Prinzip unten wiederholt
Er fragte sich, was noch in ihrer Tasche war [besser: „sei/wäre“].

Eher eine Spielerei denn Notwendigkeit wäre nun ein vielleicht absurd klingender Vorschlag, aber ist Kunst nicht eher Spiel, selbst wenn sie neben dem Kopf- auch Handwerk und somit auch Arbeit ist? Warum sollte an einer Kunstakademie nicht über Hoch- und Kunstsprache gesprochen werden? Denn wenn der ganze erste Absatz sich in einem einzigen Satz zusammenfassen ließe, ohne dass er an Inhalt verlöre (keine Bange, ich verrück [klingelt verrückt darin?] nur das Mobiliar), was wäre dann mit dem ganzen Text möglich? Lass uns mal Kleist mit Kafka verschwägern:

Ein älteres Modell mit vollem, langem und im Lichte stahlblau glänzendem schwarzen Haar, doch Augen ohne Wimpern, aber umso schwereren, wenn auch ersichtlich weichen Brüsten, kam geradewegs auf die Zeichner zu, unter denen Jan saß, der sich ob des spärlichen Schamhaars bei der Frau wunderte, dass er sich ernstlich fragte, ob im Alter selbst das Schamhaar ausfiele.

Gern gegengelesen vom

Friedel

 

lieber friedel,

ganz herzlichen dank für die weiteren verbesserungsvorschläge! :)

Lass uns mal Kleist mit Kafka verschwägern:
;)


Dein Satz gefällt mir auch sehr gut, nur müsste dann die ganze Geschichte in diesem Stil sein.... Aber vielleicht probiere ich den etwas "barockeren" Stil mal an einer anderen Geschichte aus. Danke für die Anregung.

schöne Grüße Petdays

 

hallo maria,

danke fürs lesen und deinen kritischen kommentar! nach dem lesen deiner einwände bin ich zu dem schluss gekommen, dass die geschichte in "gesellschaft" besser aufgehoben wäre.

der Anfang hat mir total gut gefallen, da hat das Ganze irgendwie geknistert. Ein junger Maler und ein älteres Model, da brennt bei mir sofort die Phantasie durch und ich habe die dreckigsten und gleichzeitig farbenfrohesten Bilder vor mir. Es baut eine gewisse Erwartung auf. Es muss nicht gleich Sex sein, ich habe mir das so sehr gehofft, aber irgendetwas, das den Erwartungen gerecht wird.

>>> deine gedankengänge finde ich inspirierend, eine weitere geschichte zu schreiben, dreckig und farbenfroh. :)

schöne grüße petdays

 

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