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Operation Wolf

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30.01.2006
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Operation Wolf

„Bis du sicher, dass er sie fressen wird?“, fragte Hanna ihren großen Bruder, der gerade die vom Nachttisch ihrer Mutter geklauten Schlaftabletten in kleine Stücke brach.

„Na klar!“, antwortete Tim ihr selbstsicher. „Wir machen es einfach so wie Papa. Weißt du noch, als Charly letztes Jahr krank war? Da hat er die Medizin in ein Würstchen reingedrückt und Charly hat sich total gefreut und alles gegessen.“

Der Zehnjährige sah seine kleine Schwester vorwurfsvoll an.

„Wo ist eigentlich das Würstchen? Geh endlich und lass dir von Mama eins geben, ich will meinen Flummi wiederhaben!“

Eine knappe Stunde später lag Charly, der acht Jahre alte Beagle der Familie, selig schlummernd auf dem bunt gemusterten Teppich des Kinderzimmers.

„Und jetzt?“, fragte Hanna ängstlich.

Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie Ärger bekommen würden.

„Jetzt schneiden wir ihn auf“, stellte Tim sachlich fest. „Los, gib mir das Messer!“

Mit leicht zitternden Händen reichte Hanna ihrem Bruder das Schnitzmesser, das ihm Opa zu Weihnachten geschenkt hatte.

„Und du bist sicher, dass Charly nichts passiert?“

„Natürlich Hanna. Es ist genau wie beim Wolf, der die Geißlein gefressen hat. Du hast Oma doch zugehört: Sie haben ihm den Bauch aufgeschnitten, als er schlief, die Geißlein gerettet, den Bauch wieder zugenäht und dann ist der Wolf aufgewacht. Charly schläft jetzt, ich schneide ihn auf, hole den Flummi raus, den er gefressen hat, wir nähen ihn mit Mamis Nähzeug wieder zu und alles ist gut.“

Einige Sekunden später rannte die Mutter der beiden Märchenliebhaber, von den entsetzten Kinderschreien alarmiert, an die Operationsstätte. Von spritzendem Blut hatte die Oma nichts erzählt. Auch nicht davon, dass der Wolf zu zucken anfing und grässliche, röchelnde Geräusche von sich gab.

Tims Flummi wurde an diesem Tag zusammen mit Charly und dem um einige Flecken reicheren Teppich im Garten vergraben. Zusammen mit der Großmutter entfernten die Eltern nachts etliche Seiten aus dem großen Märchenbuch, so dass nur die unverfänglichsten bestehen blieben. Froschkönig und Co. schienen weniger Potenzial für weitere Experimente zu bieten.

Drei Monate später

„Tim, bist du sicher, dass ich ihn nicht doch küssen muss? Ich meine, du hast es jetzt schon zweimal versucht und es ist nichts passiert.“

„Im Buch steht aber, dass sie ihn gegen die Wand wirft, Hanna. Vielleicht muss ich einfach nur noch etwas fester werfen.“

Als der Frosch bereits zum dritten Mal mit hoher Geschwindigkeit auf die Hauswand zuflog, bereute er bitter die Entscheidung, aus dem Brunnen geklettert zu sein …

 

Hallo Penny!

Interessant, das ist mal ein anderer Ansatz zum Thema „Märchen, die nie erzählt werden sollten" und humorvoll umgesetzt.

Ein paar Kleinigkeiten:

„Jetzt schneiden wir ihn auf.“, stellte Tim sachlich fest, „Los, gib mir das Messer!“
Ein Punkt weg und ein Komma zum Punkt machen.
„Jetzt schneiden wir ihn auf“, stellte Tim sachlich fest. „Los, gib mir das Messer!“

Sie haben ihm den Bauch aufgeschnitten als er schlief,
Sie haben ihm den Bauch aufgeschnitten, als er schlief,

Charly schläft jetzt, ich schneide ihn auf, hole den Flummi raus den er gefressen hat, wir nähen ihn mit Mamis Nähzeug wieder zu und alles ist gut.“
Charly schläft jetzt, ich schneide ihn auf, hole den Flummi raus(Komma) den er gefressen hat, …

Potential
Potenzial

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix,

Korrekturen sind vorgenommen. Ich glaube, an dem Tag, an dem ich eine Geschichte ohne Fehler poste, schmeiß ich eine Party.

Danke für das positive Feedback.

Grüße,

penny

 

Hallo penny_lane,

auch wenn ich nicht für blutrünstige Geschichten bin, habe ich deinen Beitrag gerne gelesen. Da bekommt man ja wirklich einen anderen Blick auf unsere altehrwürdigen Märchen. Ich würde aber erst einmal dringend empfehlen, in dieser Familie alle bildgebenden Geräte schnellstens kindersicher wegzuschließen.

LG

Jo

 

Hallo Jo,

mir geht es da ganz anders: Bei den meisten Büchern, die ich lese, tropft das Blut förmlich von den Seiten.

Ursprünglich wollte ich auch eine Horror-Geschichte zu dem Thema schreiben, aber dann ist mir das kurz & gut - Thema aufgefallen, und ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen.

Vielleicht folgt die Horrorgeschichte trotzdem noch, quasi "Operation Wolf (Extended Version)".

Danke für's Lesen und Kommentieren!

Grüße,

Penny

 

Hi penny_lane,

mach aus dem Beagle einen Kater, dann ist es für mich als Hundebesitzer deutlich leichter zu lesen. ;)

Ich finde die Geschichte kurz, unterhaltsam und eklig. Kurzum - sie hat mir gefallen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob sie wirklich in die Kategorie Humor fällt ;).


Kleiner Kritikikpunkt: Was mir nicht gefällt, ist der Schluss. Damit meine ich nicht den Einfall mit dem Frosch, der ist gut. Aber der plötzliche Pespektivwechsel ist nicht stimmig, wenn du plötzlich aus Sicht des Frosches erzählst. Da ist für mich ein Bruch, der mich um der Pointe willen aus der Geschichte rauszieht.


Die Kleine könnte auch schon vorher, bei dem fester-werfen-Satz enden. Da ist eigentlich schon alles klar und der Witz immer noch gegeben.

LG svg

 

Hi svg,

danke für die Anmerkung mit der Pointe, ich hab selber schon überlegt, ob ich's damit nicht etwas übertreibe.

mach aus dem Beagle einen Kater, dann ist es für mich als Hundebesitzer deutlich leichter zu lesen.

Du willst doch nur, dass ich es mir mit allen Katzenbesitzern verscherze ;-)

Ich denke, die Kategorie Humor passt schon - wie gesagt, ich denke über eine richtige "Horrorfassung" noch nach.

Grüße,

penny

 

Der Beagle ist schon in Ordnung,

liebe penny_lane,

aber Märchen hatten nie die Funktion des Infotaiments, ihnen gebricht's daher am Hinweis, dass Märchen tödlich enden können. Hanna & Tim erscheinen mir sehr aufgeweckte, kreative liebe Kleine mit eigenwilliger Dynamik zu sein. Freilich, bis zu den Wackersteinen hat's dann nicht gereicht. Dass man sich schon als Rotzbengel die Welt zurechtlegt, wie man's gerade braucht ... Es schüttelt mich ob der neuen Erkenntnis.

Reste von der Kleinkrämerseele:

Da hat er die Medizin in ein Würstchen reingedrückt, und Charly hat sich total gefreut und alles gegessen.“
Komma vor'm und entbehrlich.

3 Monate später
Üblich ist an sich, Zahlen bis zwölf auszuschreiben.

Ich meine, du hast es jetzt schon zweimal versucht, und es ist nichts passiert.
“s. o.

Gruß

Friedel
(alpha-Rüde)

 

Hi Penny,


Ja, eine schöne Geschichte. Wirklich lustig im Sinne von zum-Lachen-bringen fand ich sie jetzt zwar nicht (abgesehen von der Schlusspointe), aber sie hat Charme und mir deshalb beim Lesen Spaß gemacht. Kritik hab ich keine, war kurz und gut eben.

Womit übrigens auch mal wieder bewiesen wäre, daß Beagle im Vergleich zu Wölfen einfach nix vertragen. Weicheier.

 

Hallo pennylane,

hrhr, das ist ja ein fieser kleiner Text. Kein Brüller, aber ein Schmunzler. Kurz und knackig und damit absolut im Sinne von Rubrik und Vorgabe.

An deiner Stelle würde ich nach jedem Sprecherwechsel einen Absatz machen, das dient dem Lesefluss.

grüßlichst
weltenläufer

 

Na das nenn ich mal schwarzer Humor :D

Sehr nette Idee mit viel Potential.

Von spritzendem Blut hatte die Oma nichts erzählt. Auch nicht davon, dass (...)
:Pfeif:


Ich finds übrigens gut, dass Du die Märchen auch wirklich gelesen hast.

„Tim, bist du sicher, dass ich ihn nicht doch küssen muss?

„Im Buch steht aber, dass sie ihn gegen die Wand wirft, Hanna

 

Hallo penny_lane

kurz&gut, Thema interessant verarbeitet, erhält durch die kindliche Fehleinschätzung sogar eine satirische Note.

Einzig beim Perspektivenwechsel am Schluss ging's mir wie svg.

Und, der Frosch wurde ja schon zweimal an die Wand gepfeffert.

Vorschlag:
Als der Frosch bereits zum dritten Mal mit hoher Geschwindigkeit auf die Hauswand zuflog, ...

Gern gelesen, kommt auf jeden Fall in den Recall.
Gruss dot

 

Hallo zusammen!

Danke für die vielen guten Kritiken!

@Friedel

Fehler wurden ausgebessert, danke für's Finden!

Jaja, die lieben Kleinen. Freut mich, dass es dir gefallen hat.

@gnoebel

Und deutlich weniger Hirn als jede normale Hauskatze haben die verfressenen Viecher auch. Wer frisst schon Flummis. Selber schuld.

@weltenläufer

Tipp mit den Absätzen wurde berücksichtigt, danke!

@AbraCadaver

Ich liebe Märchen! Als Kind habe ich mir immer die allerschaurigsten vorlesen lassen, so ein leichter Grusel vor dem Zubettgehen - genial. Und das mit dem Frosch haben wir doch alle mal ausprobiert, oder? (Zumindest Küssen, kann mich nicht erinnern, dass ich mal einen gegen die Wand gedonnert habe. Vielleicht hätte ich das mit meinem Ex mal tun sollen...)

@dotslash

Danke!! Die Szene mit dem Frosch habe ich dementsprechend angepasst.

 

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