Was ist neu

Omega

Mitglied
Beitritt
29.01.2008
Beiträge
3

Omega

I wonder how
I wonder why
Yesterday you told me 'bout the blue blue sky
And all that I can see is just a yellow lemon-tree.

(Fool's Garden)

Als am nächsten Morgen einer der Mechaniker aus seinen ruhigen Träumen nicht mehr erwachte, zeigte sich die Besatzung nicht sonderlich bedrückt.
Eine gefühlte Ewigkeit irrten sie nun schon gezielt durch die tiefschwarzen Abgründe des Weltalls und die Euphorie von damals war lange verblichen.
Als einer von 140 Probanden wurde ich seinerzeit mit der ehrenvollen Aufgabe betraut neue Lebensräume für die selbstzerstörte Menschheit zu finden. Propagiert wurde diese Reise als Schaustück der modernen Wissenschaften, die unseren Retter in Not darstellen sollten, doch konnte diese Farce nicht darüber hinwegtäuschen, dass nun auch die Oberen 10.000 von Ressourcenknappheit und Klimaveränderungen betroffen waren.
Nachdem ich mich von Freunden und Familie verabschiedet hatte, trat ich die Reise voller Hoffnungen an. Ich war der festen Überzeugung einen Planeten mit geeigneter Atmosphäre zu finden. Manch einer definierte jedoch eine erfolgreiche Reise anders, so waren einige Mitreisende dem Irrglauben verfallen, dass wir an die Grenzen des Kosmos stoßen würden. Andere hingegen bereiteten sich auf ein spirituelles Treffen mit dem Allmächtigen persönlich vor. An extraterrestrische Lebensformen dachte erstaunlicherweise niemand.
Einer der Gründe für die unterschiedlichen Erwartungshaltungen war, dass unter den Teilnehmern nicht nur Wissenschaftler und Techniker weilten, sondern auch so genannte Weltraumtouristen - ein Querschnitt durch alle Bevölkerungsschichten -, die im Falle eines positiven Fundes zurückbleiben könnten, bis weitere Erdbewohner nachgeholt werden.
Ich selbst bekleidete in meinem früheren Leben das Amt des stellvertretenden Oberstaatsanwaltes einer kleinen spanischen Stadt. Das soll hier aber keine Rolle spielen. Im Schiff, das mit einem Augenzwinkern auch Arche 2.0 genannt wurde, waren alle Völker und Konfessionen vertreten. Zusammengepfercht in jenem kleinen Raumschiff wurde die Verbundenheit gestärkt, sodass alle irdischen Streitigkeiten plötzlich nichtig und klein erschienen.
Der Reiseplan schrieb eine fünfjährige Hinreise vor. Wenn bis dahin nichts gefunden ist, wird die sofortige Rückreise angetreten, um genügend Treibstoff zu behalten.
Unser Sonnensystem haben wir schon lange passiert und dennoch blieb die Suche bisher äußerst erfolglos. Einzige Veränderung des ansonsten beängstigend monotonen Sterneneinerleis betraf die Oberfläche der Kometen. Wo vorher ein mehr oder minder ebenmäßiger Sternenmantel prangte, herrschten nun Krater, Spitzen und Kanten.
Im ersten Jahr der Reise schien die Stimmung der Besatzung unbetrübt. Die besonders abergläubischen Mechaniker verbreiteten mürrisch ihre Theorien der Monolithen. Der Rest von uns trat in einen geregelten Arbeitsablauf ein. Skizzenhafte Karten wurden gezeichnet, Prognosen wurden aufgestellt, es wurde geputzt. Alle waren beschäftigt.
Die meisten Astronomen stimmten weitläufig darin überein, dass die wichtigen Entdeckungen uns erst in Jahr fünf erwarten würden.
Nach einem Jahr bereits schlich sich langsam aber sicher der Missmut in den Alltag ein. Seinen Ursprung fand diese gefährliche Mischung aus Melancholie und Nihilismus in den Köpfen der Techniker.
Mit steigender Unlust trat der erste Todesfall auf.
Es wurde viel Aufsehen erregt, da der gesunde Mann mittleren Alters im Schlaf verstarb. Auffällig war, dass er sich in den Tagen vor seinem Tod stark zurückgezogen hatte und kaum ein Wort mehr von sich gab.
Aufgrund dieses mysteriösen Todesfalls wurden Medikamente unter den Mitreisenden verteilt und der Leichnam in einer Quarantänestation gelagert. Vereinzelte Untersuchungen ergaben keine Todesursache und so stieg die Angst vor einer Seuche weiter. Ich befürchtete eine unkontrollierte Panik, doch machte sich nach einigen Tagen bereits stille Resignation breit. Fast schien es so, als wäre der Tod bereits in Vergessenheit geraten.
Der Alltag hatte uns wieder und auch ich hatte den Vorfall kurzzeitig verdrängt. Rund einen Monat später wurden wir wieder schmerzhaft daran zurückerinnert, als kurz hintereinander zwei Passagiere verstarben. Die Symptome waren dieselben wie zuvor und beide waren im Schlaf dahingeschieden. Zwar wurden die Symptome vorher bemerkt, doch wurden diese als nichtig abgetan. Die Resonanz der Tode war nur noch gering und verebbte bald darauf.
Nun ist ein weiteres Jahr vergangen und bisher verstarben drei Dutzend Menschen. Besonders Mechaniker schienen betroffen, doch auch der Rest blieb nicht verschont. Niemand konnte gewiss sein aus dem Schlaf wieder zu erwachen. Außergewöhnlich war, dass niemand mehr Interesse oder gar Angst zeigte.
Krankheitsanzeichen waren schwerer auszumachen, da jeder Passagier nur noch selten über sein Befinden sprach und auch sonst jegliche Konversation vermied. Selbst die ansonsten so lebensfrohen Kinder, die die erste Generation der neuen Siedlung darstellen sollten, blieben ruhig und unterließen das Spielen.
Seit drei Tagen nun erkenne ich das Krankheitsbild auch an mir. Ich bin des Lebens überdrüssig geworden. Meine Existenz scheint mir sinnlos in den Weiten des Alls. Selbst meine Gedanken werden von bloßer Unlust regiert.
Der Tod scheint meine einzige Rettung zu sein, doch will ich nicht wie die Anderen im Schlaf dahingerafft werden, sondern will mit meinem Tod ein Zeichen setzen. Das System durchbrechen.
73 Stunden habe ich jetzt nicht mehr geschlafen aus Angst vor dem stillen Tod. Meine Augen sind ader-rot und meine Lider zucken unentwegt. Bald ist alles vorbei. Die mögliche Tatwaffe konnte ich aus der Kabine eines Verstorbenen entwenden. Ein Revolver - klassisch. Für einen Abschiedsbrief fehlte mir die Muße, außerdem glaube ich nicht an eine Rückreise. So schrieb ich auf die Rückseite des Speiseplans die Worte "Mir war so schrecklich kalt".
Auf dem Weg zum Zentrum des Schiffes, schritt ich durch einen Tunnel. Dieser hatte mich seit jeher fasziniert. Die Wandbekleidung bestand zu 90% aus Glas. Das Innenleben hingegen war in gleißend helles Licht getaucht, sodass die Dunkelheit des Alls vom Tunnel aus fast sogar albern wirkte. Als die dunklen Wellen des Kosmos vor mir an das große Fenster schlugen, konnte ich meine Tränen nicht länger zurückhalten. Meine wunden Augen brannten, als die salzigen Tränen sie benetzten.
Schnellen Schrittes gelangte ich ins Zentrum, das einem Marktplatz glich.
Ich zwängte mich durch die Massen der übrig gebliebenen Menschen, die ihrem Verhalten zufolge nicht mehr lange durchhalten würden.
In der Mitte des Platzes stellte ich mich auf eine kleine Anhöhe. Als ich mir die kalte Öffnung des Revolvers an die Schläfe hielt, brüllte ich, um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
Ein paar drehten sich zu mir um, als ich meine Gedanken auf den Zeigefinger richtete, der mir das Leben aushauchen sollte. Es. Ist. Vorbei.
Ein schriller Schrei riss mich aus meiner Anspannung. Mit mir drehte sich die komplette Besatzung um.
Die Quelle des Schreis stand mit nach draußen gerichtetem Indexfinger zitternd vor einer riesigen Glaswand.
Zuerst war nicht zu erkennen, worauf die Dame deutete, doch als die Bordbeleuchtung ausgeschaltet wurde, war die - aus der Dunkelheit ragende - Felswand erschreckend sichtbar. Wie ein Berg reichte das steinerne Monstrum in die Höhe.
Der Anblick bereitete mir eine Gänsehaut und ich fing unwillkürlich zu Zittern an.
Bei näheren herantreten erkannte ich, was alle ungläubig anstarrten: weiter unten zeichneten sich in der Wand Gravuren ab, die mit Licht gemeißelt zu sein schienen.
U.E.P.M.S.O.R.H.
Alle blickten sie aus dem Fenster und betrachteten fassungslos die monumentale Wand. Die Kinder , der Kapitän, der Wissenschaftler, der Steuermann. Jeder einzelne war herbeigekommen.
Doch ich hatte alles durchschaut. Mir schauderte als sich eine neue Welt vor meinen Augen eröffnete.

UEPMSORH
HSEPROUM
EUORPMSH
HRSPOUEM
PMHSUREO
MORPHEUS
RUSOMHPE
ROMPEHSU
PER HUMOS

Er musste leise schmunzeln, als das Schiff unkontrolliert auf den Berg zuraste und dort unbemerkt zerschellte.

 

Hallo,

ich habe mich ein wenig auf der Seite hier umgesehen und da es mir hier gefallen hat, habe ich mich angemeldet und einen Versuch gewagt.

Zum Verständnis sollte man die Geschichte als Parabel auf unsere heutige Zeit sehen.

Ich würde mich über Kritiken freuen.

 

Hi Schelm,

erstmal willkommen auf kg.de und in der SF-Rubrik :thumbsup:

Deine erste Geschichte hier wäre ohne das Wissen, dass sie eine Parabel darstellen soll, inhaltlich recht belanglos. Mit diesem Wissen ist sie, hm ... uninteressant.

Aber zunächst zwei Detailanmerkungen:

Ich selbst bekleidete in meinem früheren Leben das Amt des stellvertretenden Oberstaatsanwaltes einer kleinen spanischen Stadt. Das soll hier aber keine Rolle spielen.

Wenn es keine Rolle spielt, schreib es nicht. Die Kunst bei Kurzgeschichten liegt in der Reduktion. Alles weglassen, was nicht unbedingt erforderlich ist!

Die Wandbekleidung bestand zu 90% aus Glas. Das Innenleben hingegen war in gleißend helles Licht getaucht, sodass die Dunkelheit des Alls vom Tunnel aus fast sogar albern wirkte.

Physikalisch unsinnig; unter den beschriebenen Verhältnissen würde die Glaswand einfach wie ein Spiegel wirken, man könnte kein bisschen vom Weltall sehen.

Die ersten zwei Drittel Deiner Story sind reines Runtererzählen von Hintergrund. Sowas flechtet man besser in eine spannende Handlung ein - die es in Deiner Story aber nicht gibt. Der Anfang ist zwar vielversprechend (man meint sich in einem Thriller zu befinden), aber Du verfolgst das Thema ja nicht weiter, sondern verlierst Dich in überflüssigen Backgroundinformationen.

Zurück zu der Parabel-Sache. Ich fürchte, man kommt nicht drauf, was Du meinst. Es fehlt der Schlüssel. Wie soll ich drauf kommen, dass mit den Todesfällen die Klimakatastrophe gemeint ist, hm? Woher soll ich wissen, dass mit dem leuchtenden Tunnel die untergehende Erde gemeint ist, mit dem Raumschiff aber die Erde an sich? Was sollen die Anagramme?

Ich fürchte, Du hast es gut gemeint, aber eine Parabel ohne Schlüssel, d.h. eine, bei der der Autor erstmal erklären muss, was er gemeint hat, funktioniert nicht. Ich würde Dir empfehlen, erstmal eine "geradlinige" Story zu schreiben, bevor Du Dich an hintersinnige Dinge wie eine "Meta-Ebene" wagst. Sprachlich hast Du's durchaus drauf, also hau rein.

Uwe
:cool:

 

Hi Schelm,

erstmal willkommen auf kg.de und in der SF-Rubrik :thumbsup:


Danke! Ich freu mich hier zu sein.

Deine erste Geschichte hier wäre ohne das Wissen, dass sie eine Parabel darstellen soll, inhaltlich recht belanglos. Mit diesem Wissen ist sie, hm ... uninteressant.

Aber meinst du nicht in beiden Fällen dasselbe? "Ohne das Wissen" findest du die Geschichte im Sci-Fi Genre langweilig, da spannungslos und nicht detailiert. Anderseits scheinst du meinen Blick auf die Welt uninspiriert/uninspirierend zu finden. Also von jedem Blickwinkel aus öde, wenn ich das richtig verstanden habe?!

Wenn es keine Rolle spielt, schreib es nicht. Die Kunst bei Kurzgeschichten liegt in der Reduktion. Alles weglassen, was nicht unbedingt erforderlich ist!
Ich wollte dem Charakter ein (wenn auch gewollt verschwommenes) Gesicht geben. Der Staatsanwalt, die Verteidigung, die optimistische Suche nach Unschuld.

Physikalisch unsinnig; unter den beschriebenen Verhältnissen würde die Glaswand einfach wie ein Spiegel wirken, man könnte kein bisschen vom Weltall sehen.
Auf physikalische Begebenheiten habe ich keinen Wert gelegt. Ich finde es aber sehr gut, dass bei Science-Fiction immer mehr wert auf physikalische Werte und Gesetze gelegt wird.

Die ersten zwei Drittel Deiner Story sind reines Runtererzählen von Hintergrund. Sowas flechtet man besser in eine spannende Handlung ein - die es in Deiner Story aber nicht gibt. Der Anfang ist zwar vielversprechend (man meint sich in einem Thriller zu befinden), aber Du verfolgst das Thema ja nicht weiter, sondern verlierst Dich in überflüssigen Backgroundinformationen.
Das ich bei meiner Geschichte versagt habe streite ich nicht ab. Meine Beschreibung der Welt ist vielleicht nichts Neues oder einfach nur unwichtig. Aber Spannung sollte die Geschichte nicht aufbauen (im Gegenteil?)
Sicherlich bevorzuge ich selbst Geschichten die spannend sind, doch ist mit den "Dan Brown"-Büchern erst klar geworden, dass es nicht mehr wichtig ist sich Gedanken über eine Geschichte zu machen oder gar nach einem Sinn zu fragen, sondern die reine Unterhaltung im Mittelpunkt steht. Ich hingegen habe zwar Ansätze für einen Spannungsbogen gelegt, doch dann apathisch den Rest der Geschichte weitererzählt.

Zurück zu der Parabel-Sache. Ich fürchte, man kommt nicht drauf, was Du meinst. Es fehlt der Schlüssel. Wie soll ich drauf kommen, dass mit den Todesfällen die Klimakatastrophe gemeint ist, hm? Woher soll ich wissen, dass mit dem leuchtenden Tunnel die untergehende Erde gemeint ist, mit dem Raumschiff aber die Erde an sich? Was sollen die Anagramme?

Wie kommst du darauf, dass eine Klimakatastrophe gemeint ist? Sicherlich hast du recht, doch dann scheinst du doch einen "Schlüssel" gehabt zu haben. Zu einfach wollte ich es euch natürlich auch nicht machen. Ich hatte allerdings auch Angst die Geschichte zu simpel zu gestalten, sodass jeder die Lösung rot angezeichnet findet.
Die Anagramme sind der eigentliche "Schlüssel": "MORPHEUS": Gott der Traumes, "Per HUMOS": (lat.) durch die Erdreiche.

Ich würde Dir empfehlen, erstmal eine "geradlinige" Story zu schreiben, bevor Du Dich an hintersinnige Dinge wie eine "Meta-Ebene" wagst. Sprachlich hast Du's durchaus drauf, also hau rein.
Danke für den Tipp, aber ich habe wahrscheinlich zu viele expressionistische und postmoderne Bücher gelesen um Ideen für eine gradlinige Geschichte zu haben. Ich befürchte, dass meine nächste Geschichte dir noch weniger gefallen würde, aber die ist dann in einem anderen Sub-Forum.
Ebenfalls danke für das Lob am Ende. :shy:

Christian

 

Wie kommst du darauf, dass eine Klimakatastrophe gemeint ist? Sicherlich hast du recht, doch dann scheinst du doch einen "Schlüssel" gehabt zu haben.
Ja: Das andere Forum, in dem Du dieselbe Geschichte gepostet - und dann erläutert hast ;)

Ansonsten wäre ich nie und nimmer drauf gekommen. Deshalb macht die Geschichte als Parabel keinen Sinn.

Und wegen der anderen Mängel eben auch als "Nicht-Parabel".

Aber Du schreibst recht sauber und denkst anscheinend drüber nach (Deine Kritik an Dan Brown ehrt Dich), daher bin ich auf Dein nächstes Werk gespannt.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom