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Serie Oma - Wir wollen niemals auseinander gehen (2)

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08.01.2002
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Oma - Wir wollen niemals auseinander gehen (2)

Meine Eltern waren allein in den Urlaub gefahren und hatten mich zu Oma und Opa gegeben. Ich weiß nicht, wie lange ich dort war, mein Zeitgefühl als Siebenjährige war gewiss anders als heute.
Oma liebte es, zu singen. Sie hatte ein unzähliges Repertoire an Volksliedern, deren Texte sie gut kannte. Immer, wenn Oma gute Laune hatte sang sie. Manchmal unterbrach sie sogar ihre Hausarbeit dafür. Dann stand sie, den Kopf etwas schräg geneigt, einen Fuß vorgestellt und ihre Arme bewegten sich zum Takt, als würde sie eine kleine Sängergruppe dirigieren. Ihre Augen glänzten dann freudig. Für Oma war es perfekt, wenn jemand mitsang und bei allen Familienfeiern war sie stets diejenige, die dazu aufforderte: “Kommt, lasst uns ein Lied singen.“ Opa stimmte dann meistens mit ein, denn auch er fand, dass gemeinsamer Gesang zu einer gelungenen Familienfeier gehörte. Opa war dafür berühmt, auf den Weihnachtsfeiern der Oberpostdirektion, zu denen er auch noch als Rentner stets eingeladen wurde, “Det Lied von de Krumme Lanke” zu singen. Das war eine Scherz-Ballade mit vielen Zeilen, wohl aus Berlin, darin hieß es zum Beispiel:
“Und denn saß ick mit deah Emman uff ‘ne Banke
Üba uns, da sang so schmelzend een Pirol
Unta uns, da floß so still de Krumme Lanke
Vis-à-vis aß Eena Wurscht mit Sauakohl
Im Jebüsch, da zooch sich Eena um vom Baden
Und wia konnten’n noch im Badeanzuch seh’n
Und die Emma saachte traut:
“Biste ooch so scheen jebaut?”
Und denn jab sie mia’n Kuß; ach, wah det schön!“
Meine Mutter war mal bei so einer Feier dabei und berichtete, wie Opa vor allen Versammelten, auf der Bühne stehend, das Lied vollendet vorgetragen hatte. Da war er schon weit über 80.
Wenn bei Oma und Opa gesungen wurde, ging es nur darum mit zu machen, die richtigen Töne mussten nicht getroffen werden und der Text war unwichtig, auch wenn oftmals Oma als einzige Strophe um Strophe weitersang, weil nur noch sie den Text kannte und Opa schon lange ausgestiegen war, um den Gästen einen Schnaps anzubieten. Opa trank gerne, am liebsten Rumgrog, egal zu welcher Jahreszeit. In seinem Schrebergarten, den er noch bis zu seinem neunzigsten Lebensjahr regelmäßig per Fahrrad aufsuchte, befand sich stets genügend Rum und Zucker und ein Spirituskocher. So mancher Gartennachbar wird sich an Besäufnisse in Opas Laube erinnern.
In diesem Sommer, in welchem mich meine Eltern bei Oma und Opa untergebracht hatten, gab es einen Schlager, den ich Oma vorsang, wenn ich sie beeindrucken wollte. Oma war nämlich begeistert, dass ich einfach nur ein paar Mal die Schallplatte hören musste und dann Teile der Melodie und des Textes nachsingen konnte. “Wir wollen niemals auseinander gehen, wir wollen immer zueinander stehen, mag auf der großen Welt auch noch so viel geschehn, wir wollen niemals auseinander gehen.” Omas Bewunderung war mir Ansporn, ihr die anderen Schlager hinten dran vor zu singen, die ich aufgeschnappt hatte. “Kalkutta liegt am Ganges, Paris liegt an der Seine und dass ich so verliebt bin, das liegt an Madeleine.” Ich erinnere mich nicht mehr daran, ob ich richtig sang und ob ich die Textfragmente wenigstens treffend wiedergab. Mir ist nur noch in Erinnerung, dass Oma stolz auf mich war und genau zuhörte, wenn ich ihr etwas vorsang und ein Strahlen in ihrem Gesicht war, so dass ich mir sehr wichtig vorkam.
Später als ich eine wesentlich größere Anzahl an Volksliedern singen konnte, habe ich oft mit Oma in der Küche gesessen und gesungen. Meistens tat sie was dabei, schälte Kartoffeln oder putzte Gemüse und wir sangen ein ganzes Potpourri derjenigen Lieder, die wir beide kannten, nahtlos immer an das Ende des vorangegangenen Liedes anschließend,
manchmal eine halbe Stunde und länger.
Noch heute gibt es Momente in denen ich, ohne es zu bemerken, anfange zu singen. Meistens etwas, was meine Stimmung unterstreicht und wenn mir das bewusst wird, fällt mir manchmal Oma ein und ich muss lächeln. “Wir wollen niemals auseinander gehen...”

 

Hallo Noel,

zu solch nachtschlafender Zeit noch ein so nettes Feedback zu bekommen ist einen :kuss: an den Kritiker wert. :)
Danke!

Der Dialekt erklärt sich hoffentlich aus dem Text selbst, ich erwähne, dass es vermutlich eine Berliner Ballade ist. Der Dialekt, naja Dialekt ist es eher nicht, stammt aus Berlin, was man am letzten Satz des Liedes genau erkennen kann, das klingt total Berlinerisch.
"Nicht so einem Typen wie mir"??? Meinst du damit, lieber Noel, dass ich mit der Darstellung zu intim geworden bin und zu nahe an den Leser heranrücke?
Ich möchte meiner Oma ein kleines Stückchen Ewigkeit schenken, indem ich in aller Öffentlichkeit von ihr berichte, das ist meine Intention.
Ich weiß, Oma würde im Erdboden versinken, wenn sie wüsste, dass ich exta über sie eine Geschichte schreibe und sie sogar von einer x-beliebigen Anzahl von Leuten gelesen werden kann, aber mir ist das irgendwie wichtig, weil sie eine wichtige Person in meinem Leben war.
Ich hoffe, ich bleibe weiterhin so motiviert und schreibe auch noch die anderen Teile über sie.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita!

Der Einstieg zu dieser Episode hat für mich nicht ganz zum Rest gepasst - die Erzählerin ist als über die Ferien bei ihrern Großeltern. Da erwarte ich mir als Leserin ein bestimmtes Erlebnis, das herausgegriffen wird. Allerdings geht es in der Geschichte (zumindest habe ich es so aufgefasst), eher allgemein um die Vorliebe der Oma zu singen.
Schön finde ich es, wie diese Erlebnisse als Kind einen bis zum Erwachsenenalter prägen, dieses jetzt-noch-singen ist auch ein gewisses Andenken, dass Oma in den Gedanken lebendig hält.
In dieser Episode sind mir ein paarmal recht umgangasspracheliche Formulierungen aufgefallen z.b " Meine Mutter war mal bei so einer Feier dabei" was die Geschichte etwas unsauber erscheinen lässt, meiner Meinung nach.
Wenn ich grad beim bekritteln bin, ist mir am Anfang der Geschichte Dein recht häufiger Gebrauch von "dann" aufgefallen - "Dann stand sie, den Kopf etwas schräg geneigt,", " Ihre Augen glänzten dann freudig", "Opa stimmte dann meistens mit ein," ...

schöne Grüße
Anne

 

lakita schrieb:
Ich möchte meiner Oma ein kleines Stückchen Ewigkeit schenken

Ich finde, das spürt man :)

Ich habe das Gefühl, dass Du mit viel Liebe geschrieben hast und das wirkt sich auch auf den Leser (naja, wenigstens auf mich) aus. Die Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind, hat Maus schon erwähnt, deswegen bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich auch diesen Teil gerne gelesen habe :)

Liebe Grüße,
gori

 

Oma-wir wollen niemals auseinander gehen

Hi Lakita,

ist mir egal, ob Umgangssprache oder nicht.
Deine kleine Erzählung ist aus dem Leben gegriffen und ganz süß. :)

Wenn ich so etwas lese, fällt mir auf, dass ich so wenig an die Vergangenheit denke und das ist sehr schade.
Ich bin davon überzeugt, dass sich deine Omi sehr darüber freut in deinen Geschichten zu leben.

ganz liebe Grüße, Coleratio
(freue mich auf Samstag)

 

Liebe Elvira!

Weil sie so kurz sind, hab ich diese auch gleich gelesen. ;)

Und sie hat mir ebenfalls gut gefallen, wobei Du bei beiden noch ein wenig am Stil feilen könntest. Aber inhaltlich finde ich sie sehr nett erzählt. Das Bild der singenden Oma, und wie die Protagonistin auch später beim Singen immer an sie denken muß, ist Dir gut gelungen. :)

So, jetzt noch das Übliche:

»Ich weiß nicht, wie lange ich dort war, mein Zeitgefühl als Siebenjährige war gewiss anders als heute.«
– der Vergleich des Zeitgefühls mit heute gefällt mir nicht, vielleicht: »mein Zeitgefühl war das einer Siebenjährigen«

»Sie hatte ein unzähliges Repertoire an Volksliedern, deren Texte sie gut kannte.«
– Vorschlag: Sie hatte unzählige Volkslieder in ihrem Repertoire, deren Texte sie auswendig konnte.

»Immer, wenn Oma gute Laune hatte sang sie.«
– hatte, sang sie

»Dann stand sie, den Kopf etwas schräg geneigt, einen Fuß vorgestellt und ihre Arme bewegten sich zum Takt, …«
– vorgestellt, und
– würde schreiben: »Dann stand sie mit etwas schräg geneigtem Kopf da, stellte einen Fuß vor und bewegte ihre Arme im Takt, …«

»“Kommt, lasst uns ein Lied singen.“«
– hier wäre ich für ein Rufzeichen

»wie Opa vor allen Versammelten, auf der Bühne stehend, das Lied vollendet vorgetragen hatte. Da war er schon weit über 80.«
– »vollendet«? Würde ich weglassen, da man ja nicht davon ausgeht, daß jemand, der ein Lied vorträgt, nach der Hälfte geht. ;)
– achtzig

»ging es nur darum mit zu machen, die richtigen Töne mussten nicht getroffen werden und der Text war unwichtig, auch wenn oftmals Oma als einzige Strophe um Strophe weitersang, weil nur noch sie den Text kannte und Opa schon lange ausgestiegen war, um den Gästen einen Schnaps anzubieten.«
– darum, mitzumachen
– würde den Satz teilen; das »auch« ist eigentlich nicht nötig, wenn Du hier einen neuen Satz beginnst: Oft sang Oma

»“Wir wollen niemals auseinander gehen, wir wollen immer zueinander stehen, mag auf der großen Welt auch noch so viel geschehn, wir wollen niemals auseinander gehen.”«
– wäre schöner mit Zeilenwechseln, so wie im oberen Text

»ihr die anderen Schlager hinten dran vor zu singen, die ich aufgeschnappt hatte.«
– »die ich aufgeschnappt hatte« würde ich zu den Schlagern geben, statt »hinten dran« fände ich besser »auch noch« oder sowas

»“Kalkutta liegt am Ganges, Paris liegt an der Seine und dass ich so verliebt bin, das liegt an Madeleine.”«
– ebenfalls Zeilenwechsel ;)

»Mir ist nur noch in Erinnerung, dass Oma stolz auf mich war und genau zuhörte, wenn ich ihr etwas vorsang und ein Strahlen in ihrem Gesicht war, so dass ich mir sehr wichtig vorkam.«
– »wenn ich ihr etwas vorsang« würde ich streichen, da Du ja von einer Begebenheit schilderst

»Meistens tat sie was dabei, schälte Kartoffeln oder putzte Gemüse und wir sangen ein ganzes Potpourri derjenigen Lieder, die wir beide kannten, nahtlos immer an das Ende des vorangegangenen Liedes anschließend,
manchmal eine halbe Stunde und länger.«
– besser »etwas« statt »was«, und »jener« statt »derjenigen«
– den Satz würd ich unbedingt teilen

»Meistens etwas, was meine Stimmung unterstreicht und wenn mir das bewusst wird, fällt mir manchmal Oma ein«
– »das« statt »was«
– »manchmal« würd ich streichen

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Liebe Susi,

das ist ja glatt schon fürn nächsten Burzeltag im voraus. ;)
Auch hier lieben herzlichen Dank für deine Mühe. Ich werde es mir genau durcharbeiten und da schon in der anderen Oma-Geschichte deine Verbesserungsvorschläge super waren, wohl auch hier exakt umsetzen. Nochmals danke und nu hab ich ja echt genug zu tun.... :)

Lieben Gruß
elvira

 

Auch hier möchte ich endlich meine Versäumnisse wieder in Ordnung bringen und den anderen Kritikern antworten. Tut mir leid, dass ich so lange nicht reagiert habe.

@ Mausige Kritikmaus, ;)
jepp, der Anfang hat keinen richtigen Bezug zum Rest der Story, ich werde mir was anderes überlegen müssen als Einstieg. Mal sehen. Und auf wiederholte "dann" werde ich den Text durchschauen und ein paar davon in der Elbe versenken. Danke für dein kritisches Auge.

@ gori
lieben Dank für deine aufmunternde Worte. Ich werde den Text nochmals überarbeiten und hoffentlich bald wieder einen zufügen können. :)


@ coleratio

Liebes Irmchen, ich habe erst gestutzt als ich deine Bemerkung las, weil ich dachte, jetzt willst du mir versteckt mitteilen, dass es nicht so gesund ist, sich laufend in der Vergangenheit aufzuhalten, aber genau das hast du ja gar nicht gemeint und auch nicht geschrieben.
Wenn Oma noch lebte, würde sie diese Geschichte über sich gar nicht akzeptieren, weil es ihr gewiss peinlich wäre, dass ich über sie etwas schriebe. Ihre Devise war immer: bloß nicht negativ auffallen und auch nicht sich positiv in den Vordergrund bringen.Bescheidenheit ist das wirklich treffende Wort für Omas Verhalten.
Mal sehen, wie es mir gelingt, sowas in den nächsten Episoden, darzustellen. Danke für deine positiven Worte.


Euch noch liebe Grüße
lakita

 

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