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Oma Melle

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03.07.2004
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Oma Melle

Helmut und Friederike feierten Silberhochzeit. Friederike war gerade mit Tobias beschäftigt und so thronte Helmut alleine am erhöhten Tisch des Jubelpaares. Zufrieden schaute er über die zahlreich erschienenen Familienmitglieder. Onkels, Tanten, Nichten, Neffen und vor allem ihre eigenen neun Kinder. Regina, ihr kleiner Blondschopf, war mit zehn Jahren die Jüngste. Sie war wie ein Wirbelwind durch den Saal getobt und spielte jetzt mit einigen Kusinen Verstecken in dem großen Park des Kurhauses. Hier fand die Feier statt, weil in ihrer Wohnung kaum ausreichend Raum für die fünfzig Menschen gewesen wäre. Dennis, der vierzehnjährige Zwilling, sclich sich verstohlen aus dem Saal. Er heckte mit seinem Bruder Elvis sicher wieder einen haarsträubenden Unfug aus. Aber Helmut ließ ihn laufen. Er war seit fünfundzwanzig Jahren ein ruhiger, freundlicher Mensch. Ein richtiger Bär, meinten viele Leute. Fast zwei Meter groß, mit kurzen, inzwischen ergrauenden Haaren, einem kantigen Gesicht und muskelbepackt hätte er schon Angst hervorrufen können, aber da er immer lächelte und nie laut wurde, liebten ihn seine Kinder. Aber sie gehorchten ihm auch aufs Wort, denn was er sagte, das meinte er auch. Helmut hatte am Hochofen gearbeitet, dort hatte er sich nicht nur Muskeln zugelegt, sondern auch eine aufmerksame Gelassenheit, die ihm half, familiäre Katastrophen frühzeitig zu erkennen und soweit möglich zu verhindern. Als das Stahlwerk geschlossen wurde, fand Helmut eine Schreibtischtätigkeit in einer Kleinstadt im Sauerland. Hier hatten sie sich ein Haus gebaut mit einem großen Garten, einem Swimmingpool und einem eigenen Spielplatz. Damals war ihr viertes Kind gerade unterwegs, aber sie hatten viele Kinderzimmer eingeplant und machten sich noch keine Gedanken über den Abschluss ihrer Kinderserie.
Franziska, die Älteste, kam mit ihren Zwillingen im Buggy zu Helmut. „Ist Mama bei Tobias?“
„Ja, aber sie wird sicher bald kommen. Tobi schläft schnell ein und dann wird das Kindermädchen auf ihn achten.“
Helmut hielt Franziska für eine Schönheit, denn sie sah ihrer Mutter sehr ähnlich. Auch ihr Ehemann vergötterte sie und hatte so bei Helmut gleich punkten können.
Herbert, der zweiundzwanzigjährige Stammhalter, kam jetzt auch und verkündete, dass es in zehn Minuten Kaffee und Kuchen geben werde. Helmut betrachtete wohlwollend seinen Sohn, der ihm geradezu aus dem Gesicht geschnitten war. Weil er als Kraftfahrzeugmechaniker nicht so schwer arbeiten musste wie sein Vater, trainierte er so oft wie möglich im häuslichen Fitnessraum, denn er fand sich immer noch zu schmal gegenüber seinem großen Vorbild.
Als jetzt Sophia und Melanie an den Tisch kamen, platzte Helmut heraus: „Stammhalter ist ein blöder Ausdruck. Wieso können Mädchen nicht die Stammeslinie fortführen?“
„Aber das können sie doch“, entgegnete Sophia, die ungeachtet ihrer blonden Haarfülle hochbegabt war. Sie hatte frühzeitig ihr Abitur machen können und studierte jetzt mit achtzehn Jahren Jura im dritten Semester. „Frauen können bei einer Heirat ihren Geburtsnamen beibehalten und so den Stamm weiterführen.“
„Ein Glück“, seufzte Helmut und Melanie kicherte. Natürlich war ihnen klar, dass dieser Ausruf ironisch gemeint war. Helmut schaute auf seine beiden Töchter und dachte wieder einmal, dass Friederike und er bei der Namenssuche hier tatsächlich voll getroffen hatten. Neben der weisen Sophia die schwarzhaarige Melanie, die mit ihren zwanzig Jahren gerade die Lehre abgeschlossen hatte und jetzt als Buchhalterin ihrem Traumjob nachging. Schon als Neugeborenes hatte sie einen dunklen Haarflaum gehabt und seit Jahren färbte sie ihre kastanienbraunen Haare tiefschwarz, um ihrem Namen gerecht zu werden.
Die Kellnerinnen und Kellner brachten Kuchenplatten und Kaffeekannen. Auch Friederike kam jetzt und nahm neben ihrem Mann Platz. Der klopfte an seine Kaffeetasse und reichte das Wort an Heinrich. Sein sechzehnjähriger Filius trug einen schwarzen Anzug, schaute aber recht verschmitzt auf die Gästeschar. Seinen künftigen Beruf kannte er seit seiner Konfirmation. Er würde sein Abitur machen und Pfarrer werden. Den beiden Eltern war kein Pfarrer in der Familiengeschichte bekannt, aber Heinrich konnte so einfühlsam zuhören und Rat geben, dass er ein wichtiges Glied der Familie geworden war. Jetzt sprach Heinrich ein freies Tischgebet, in dem er für alle Gaben Gottes dankte - die freudigen und auch die bitteren.
Kurz vor Abschluss des Kaffeetrinkens, die Gespräche und Gelächter fluteten bereits durch den Saal, wandte Friederike sich an Helmut: „Ich werde mal nach Tobias schauen. Ich glaube, er hat Sehnsucht nach mir.“
„Ich liebe dich“, antwortete Helmut nur. Er hatte oft genug erlebt, dass Friederike auch aus weiter Entfernung ahnte, dass Tobias sie herbeiwünschte.

Nach dem Kaffeetrinken wurden zwei Mannschaften für ein Kricketturnier gebildet, wobei Dennis und Elvis ausführlich mit Händen und Füßen die Familienregeln erläuterten. Sie konnten das so gut, dass anschließend niemand mehr Bescheid wusste. Aber da sie auch Schiedsrichter waren, spielte das keine große Rolle. Tobias saß in seinem Rollstuhl am Spielfeldrand und fuchtelte mit seinen Ärmchen, wenn der Ball durch die Luft flog.
Eine entfernte, ältere Großtante schaute mitleidig auf Tobias und meinte dann zu Helmut: „Naja, dann habt ihr ja aufgehört, noch mehr Kinder zu bekommen. Ist ja auch sicherer.“
Helmut lachte, obwohl er auch leichten Ärger verspürte: „Zwei Jahre nach Tobias kam Regina, unsere Jüngste. Und die Behinderung von Tobias hätte uns auch nicht abgehalten, weitere Kinder zu bekommen. Aber als uns klar wurde, dass Tobias immer Kind bleiben würde, haben wir daran gedacht, was wir uns bei der Hochzeit versprochen haben.“
„Ins Heim wollt ihr ihn anscheinend nicht geben. Aber es ist doch eine Belastung vor allem für Friederike - immer ein Kind um sich zu haben.“
„Genau das haben wir uns vor fünfundzwanzig Jahren vorgenommen: Immer ein Kind um uns zu haben. Ein eigenes, ein Enkelkind oder Pflegekinder, das war uns weniger wichtig. Aber wir wollten immer Kinder in unserer Familie haben. Jetzt muss ich mich um das Abendessen kümmern.“ Mit diesen Worten verließ Helmut die Großtante und grummelte auf dem Weg ein wenig über die Engstirnigkeit mancher Menschen vor sich hin.

Es war ein wunderschöner Herbsttag und die Sonne schien kräftig vom Himmel. Einige Jugendliche sonnten sich noch am Teich, aber die meisten Gäste suchten die schattigen Räume des Kurhauses auf. Friederike hatte Tobias unter eine Baumgruppe geschoben und saß dort neben ihm auf einer Bank. Tobias unterhielt sich mit Händen und Füßen und einigen kurzen Lauten mit ihr, als eine alte Dame neben ihnen Platz nahm. Sie hatte schütteres graues Haar, einen gekrümmten Rücken und unglaublich viele Falten im Gesicht. Sie erinnerte Friederike an eine andere alte Frau, damals vor fünfundzwanzig Jahren. „Hallo, ich weiß jetzt leider gar nicht deinen Namen, aber du erinnerst mich an jemanden. Doch das ist lange her.“
„Vielleicht bin ich ja die Tochter. Nenn mich Oma Melle, das genügt“, lächelte ihre Nachbarin und schaute auf den Teich.
Friederike sprach wieder eine Zeitlang mit Tobias, wofür mehr Berührungen als Worte erforderlich waren. Dann schlief er ein und sie wandte sich wieder ihrer Nachbarin zu, die sie aufmerksam betrachtete.
„Vor fünfundzwanzig Jahren hast du einen Wunsch geäußert.“
Friederike erstarrte und schaute ungläubig auf die alte Frau. War es etwa doch die gleiche Person? Wie war das möglich? „Ich habe mir gewünscht, immer ein Kind um mich zu haben, das ich bemuttern kann. Eigene Kinder und Enkel, aber auch Pflegekinder oder Ferienkinder.“
Sie schaute liebevoll, aber auch ein wenig erschöpft auf ihren schlafenden Sohn. „Das wusste ich damals nicht, was aus meinem Wunsch werden würde.“
„Nun, jetzt kann ich deinen Wunsch wieder zurücknehmen.“
Friederike senkte ihren Kopf, so dass ihr die langen dunkelblonden Haare ins Gesicht fielen. Tobias liebte ihre Haare, glatt und lang. Also hatte sie es aufgegeben, sich eine moderne Frisur zuzulegen. Tobias schwärmte eigenartigerweise auch für Kleider. Er selbst wollte in der Regel ein Kleidchen tragen und Mama in Hosen mochte er überhaupt gar nicht. Also trug Friederike Kleider und so langsam weinte sie ihren Jeans und Hosenröcken nicht mehr nach. Auch mit Unterstützung der Kindermädchen und ihrer eigenen Kinder war sie rund um die Uhr für Tobias da und wurde von ihm ständig gebraucht. Helmut arbeitete seit Jahren halbtags, um sie im Haushalt und bei Tobias zu unterstützen. Finanziell ging es ihnen gut, ihre anderen Kinder bereiteten ihr viel Freude und nur selten Kummer und fast nie Ärger.
Langsam hob sie den Kopf und schaute Oma Melle an. Die blickte mit ihren blauen Augen gütig zurück.
„Und was würde bei einem anderen Wunsch geschehen? Ich habe damals nicht vorhergesehen, was aus meinem Wunsch werden würde. Aber er hat sich erfüllt. Ganz anders, denn es ist viel mehr geworden, als ich erwartet hatte. Aber ich bin auch glücklicher, als ich es mir damals erhofft hatte. Nein, danke, ich möchte meinen Wunsch behalten.“

 

Hallo jobär,

vorgestern las ich deine Geschichte, jetzt will ich dir sagen, wie sie auf mich wirkt.

Erstmal: Das ist schon eine erstaunliche Wendung/Auflösung am Ende, recht unerwartet. Aber da liegt auch ein Logikbruch (wenn man das so nennen kann) vor, denn: Helmut und Friederike haben neun Kinder, davon noch mindestens zwei im Kindesalter, dazu sind sie schon mehrfache Großeltern und so weiter. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass sie IMMER Kinder um sich haben werden. Tobias wäre da schlichtweg unnötig gewesen. Finde ich.

Es war auch sehr anstrengend, sich durch die Geschichte zu lesen, weil da unzählige Figuren benannt werden. Ich als Leser widme jedem Namen meine Aufmerksamkeit, weil ich natürlich denke, es hätte eine Bewandnis damit. Dazu hast du einen Helmut, einen Herbert und einen Heinrich drin. Dreimal H-Namen, zwei davon unwichtig. Ich war echt damit beschäftigt, auseinanderzuklabüstern, wer jetzt nochmal wer war. Am Ende habe ich gemerkt, dass es vollkommen unwichtig war, im Grunde, denn sie spielen keine Rolle.

Die vier Figuren, die wichtig sind: Helmut, Friederike, Tobias und die alte Frau. Ich glaube, ich weiß, weshalb du den anderen Figuren so viel Raum gibst, schließlich soll der Leser begreifen, wie groß die Familie ist und dass diese Größe von Helmut und seiner Frau gewünscht war. So.

Aber trotzdem ist das zu groß aufgeblasen, finde ich. Und Helmut und Friederike habe ich, wegen der Vornamen und den neun Kindern, als deutlich älteres Ehepaar vor Augen. Am Ende kommt dann diese "alte Frau" hinzu, das hat mich sehr verwirrt, eben weil ich H und F als altes Ehepaar vor Augen hatte. Und diese alte Frau wird sofort von Friederike geduzt, ist ja schließlich eine Familienfeier, aber dass sie sich da nicht gewundert hat, dass sie nicht mehr weiß, wer diese Frau ist? Da war ich wirklich verwirrt. Da duzt man doch nicht einfach, schon gar nicht einen alten Menschen, oder? Und selbst wenn sie dachte, "Ach, sie gehört wohl zur familie, ich duze sie jetzt", da sagt man doch nicht: "Ich weiß gerade gar nicht, wer du bist." Das überspielt man doch, in der Hoffnung, es möge einem im Laufe der Unterhaltung klar werden, oder?

Jobär, es tut mir leid, dass dieser Kommentar nun so ausfällt, aber irgendwie hatte ich beim Lesen so viele Fragen, gerade am Ende, und mittendrin der Namenfrust und so, da will ich dir das auch ehrlich sagen.

Wer ist denn jetzt diese alte Frau am Ende? Soll das Gott sein?

Liebe Grüße,
PSS

 

Hallo Jobär,

ich hatte im Sommer Gelegenheit, an einer Goldenen Hochzeit teilzunehmen. Das Ehepaar hatte sich eine Erneuerung ihres Eheversprechens in der gleichen Kirche gewünscht, in der es 50 Jahre zuvor geheiratet hatte. Die Pastorin beschrieb während der Zeremonie das stets arbeitsreiche Leben der alten Menschen sowie die Liebe zu ihren Kindern, Enkelkindern und Urenkeln.
Daran hat mich deine Geschichte erinnert. Auch diese Menschen haben ihren Wunsch nach einem einfachen, von Familiensinn geprägten Leben nicht zurückgenommen, sondern bekräftigt. Das hast du wunderbar eingefangen, ebenso die Stimmung auf einem solchen Familienfest (Ganz egal, ob das eine Idealvorstellung ist - das gehört zu einer anderen Diskussion).
Allerdings muss ich Purersternenstaub recht geben, dass die vielen Personen auf einem so kurzen Text enorm verwirrend wirken, zumal schon in der ersten Zeile drei Namen auftauchen. Vielleicht lässt du deine Figuren langsam nacheinander aufmarschieren und erwähnst nur die Namen der Hauptfiguren zusammen mit einer Handlung oder Funktion?
Denn um eine Geschichte im Sinne von Wandel der Zeiten zu erzählen, braucht es meiner Meinung nach nicht Namen von Protagonisten, sondern nur die Benennung der Zeichen, wie du es mit der Diskussion um den Begriff "Stammhalter" ja auch angerissen hast.
Trotzdem, die Atmosphäre hat sich mir gut vermittelt!

Viele Grüße

Willi

 

Hallo Purersternenstaub und Willi

danke für eure Kritiken. Es freut mich, dass sich die Atmosphäre der Silberhochzeit gut vermittelt hat. Die alte Frau ist eben auch gegenüber den Eltern (die noch unter fünfzig sind und sich gar nicht alt fühlen) "uralt". Vielleicht ist sie ein Engel, vielleicht eine Fee (die Geschichte steht in einem Block mit anderen Geschichten zum Thema "Feen und weise Frauen").

Nun aber zu den vielen Namen. Ich gebe euch recht, dass die für einen Leser verwirrend sein können. Aber der Sinn der Geschichte erschließt sich ja offensichtlich dennoch. Und diese vielen Namen haben einen eigenen Zweck. Ich habe die Geschichte schon in zwei Seniorenkreisen vorgelesen und besonders bei älteren Menschen können diese vielen Namen zu interessierten Reaktionen führen - nach der Devise - "ja genau, Herbert und Helmut ..." Also lasse ich sie als "pädagogisches" (eigentlich ja gerontagogisches) Element stehen.

Liebe Grüße

Jobär

 

Nach dem Kaffeetrinken wurden zwei Mannschaften für ein Kricketturnier gebildet, wobei Dennis und Elvis ausführlich mit Händen und Füßen die Familienregeln erläuterten. Sie konnten das so gut, dass anschließend niemand mehr Bescheid wusste.

Hallo jobär,

schön, Dich im Sauerland (ist ja nicht so weit weg von der Wiege der Ruhrindustrie, deren Totenglocken eben da auch als erstes läuteten) besuchen zu können und gleich mitzufeiern in einer von Kinderreichtum (einstmals der alleinige Reichtum der Armen) und Kinderliebe geprägten ehem. Arbeiterfamilie, das durch die titelgebende „Oma“ an (alte?) Märchen erinnert. Soweit ich weiß, liegt Melle auch im (Alt-)Sächsischen, Niedersachsen an der nordöstlichen Grenze zu NRW. Natürlich hab ich, wie‘s halt meine Art ist, nach der Bedeutung gesucht und da mir auch die Bewohner Melles nicht helfen werden, denk ich mir „Melle“ als eine Kurzform des Namens „Melanie“, „die Dunkle/Schwarz(haarig)e“, wie auch seltsam genug ein anderer Name der Demeter, Göttin des Ackerbaus und somit der Fruchtbarkeit.

Mehr werd ich nicht verraten, soll schließlich gelesen werden.

Darum zum Trivialen:

Onkels, …
Ich unterstell mal, dass Du bewusst den kinder-/umgangssprachlichen Plural der Onkeln gewählt hast (was ja nix über die Umgangssprache an sich verrät – erst wenn sie aufs Niveau des Pidgin fällt, wird‘s bedenklich – nix anderes ist in dem Alter von Fünfjährigen i. d. R. die Kindersprache, aber auch nur, wenn das soziale Umfeld in Ordnung ist und sich auch um die sprachliche Entwicklung kümmert).

Er war schon vor fünfundzwanzig Jahren ein ruhiger freundlicher Mensch gewesen.
Hm, hier würd ich ein Komma zwischen den m. E. gleichrangigen Adjektiven ruhig und freundlich empfehlen, schon weil sich beide durchaus verstärken und so dann doch in Abhängigkeit zueinander geraten, da es durchaus auch laute Menschen gibt, die freundlich sind, man fahre nur mal ins Rheinische …, aber eben nicht dieser Bär von einem Menschen in sächsischen „Südlanden“ (so die ursprüngliche Bedeutung der „suderlande“). Überhaupt wollen mir Bären wie Helmut eh idR ruhiger und gelassener erscheinen als mancher Zwerg, der sich ja erst lärmend durchsetzen muss.

Aber da ist noch ein Zwotes, der Satz (und einige andere auch) ist keineswegs falsch, klebt aber arg an der Schulgrammatik „war … gewesen“, obwohl das exakte Vierteljahrhundert ein Wink mit dem Besensti(e)l der Vorzeitigkeit ist. Hinzu kommt: Die Menschenfreundlichkeit hat ja auch nach 25 Jahren und sicherlich darüber hinaus noch Bestand.

Hier fällt‘s gleich nochmals auf

Als das Stahlwerk geschlossen worden war, …,
wo ein „geschlossen wurde“ genügte.

Hier, nun eindeutig mit Komma zwischen den gleichrangigen Adjektiven
Hier ist's eindeutiger

Eine entfernte[,] ältere Großtante schaute …

Zuletzt noch eine winzige Flüchtigkeit
... Melanie, die mit ihren zwanzig Jahren gerade die Lehre abgeschlossen hatte und jetzt als Buchhaltern ...

Gern gelesen vom

Friedel,
der auch mal ohne Bier auskommen kann!

 

Hallo Jobär,

ich habe deine Geschichte gerne gelesen, und zwar als echten Gegenentwurf zu dem, was heute Familie zu oft sein soll: effektiv, nützlich und dem eigenen Plänen nicht so arg im Weg. Bekannte, die mehr als drei Kinder großziehen, bekommen nicht selten Kommentare in der Richtung 'Wieso tut ihr euch das an?' 'Wer bezahlt denn das alles' etc.
Die Erzählung läuft ruhig, beschreibend und beschaulich ab, es gibt jetzt nichts unheimlich Spannendes, aber es ist doch angenehm, in dieser Runde dabei zu sein und ein bisschen was über das Leben der Anwesenden zu erfahren.
Als weitere Möglichkeit, mal einen anderen als den üblichen Blickwinkel einzunehmen, sehe ich die Wunscherfüllerin am Ende. Die Aussage mag ich, aber ich empfinde ihr Erscheinen als Bruch, denn bis dahin war alles eher alltäglich, dieser Schlenker in eine ganz andere Sphäre kommt mir zu überraschend und fühlt sich auch nicht stimmig an für mich.
Trotzdem schön,
viele Grüße,

Eva

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Jobär!

Zunächst mal ein großes Lob an deine Geschichte - ich habe sie zu meinem eigenen Erstaunen gelesen, obwohl ich angesichts der Hochzeits-Viele-Kinder-Kaffee-und-Kuchen-im-Sommer-Idylle spontan Lust gekriegt habe, eine Story über einen Atomkrieg zu schreiben!!:D

Ich schätze, das liegt an deinen sehr ansprechenden und bildhaften Beschreibungen, die das von dir intendierte Bild eines glücklichen, harmonischen (Groß-)Familienverbandes sehr gut und plastisch einfangen konnten. Deine Bildsprache und die Situationsbeschreibungen ließen sofort eine ausgesprochen angenehme Szenerie vor meinem inneren Auge erscheinen. Großes Lob - das ist schon mal eine phantastische Voraussetzung für eine gute Geschichte.

Aber daneben fand ich auch die Handlung schön, wenn auch ein bisschen nachdenklich stimmend. Ich hatte mich nämlich mal im Bekanntenkreis darüber unterhalten, wie "herausfordernd" es wohl sein müsste, ein körperlich/geistig behindertes Kind zu haben. Zu erleben, wie sich viele der hoffnungsvollen, wundervollen Träume und guten Hoffnungen für die Zukunft seines Kindes mit einem Schlag in Trauer, Verbitterung, Wut und Leid verwandeln könnten. Einerseits habe ich oft gehört, dass viele Eltern (zum Glück!) erleben können, dass solche Kinder trotzdem -oder vielleicht erst recht- ein Geschenk sind. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, welche Gefühle in den Eltern vorgehen, wenn sie gesunde Kinder beim Fussballspielen sehen und dann zu der Erkenntnis gelangen, dass ihr Kind so etwas wohl niemals erleben wird.
Hm ... wenn ich so drüber nachdenke, ziehen grad doch schon ziemliche Regenwolken in deiner schönen Familienidylle auf.
Hinzu kommt die tragische Vorstellung, dass Tobias tatsächlich für immer ein Kind bleiben wird.
Nun, Jobär, du hast gnädigerweise eine Großfamilie auf den Plan gerufen - dort wird es sicher immer jemanden geben, der sich um Tobias (liebevoll!) kümmern kann, wenn die Eltern mal nicht mehr können.
Ich jedoch musste daran denken, wie es wohl all den armen, armen (!) Kindern ergehen muss, die der Gnade, Geduld, Hilfsbereitschaft und Sorgfalt von mehr oder weniger fremden Menschen in anonymen Pflegeheimen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind - angesichts hoffnungslos überarbeiteter und unterbesetzter Pflegekräfte.

Eine (trotz allem) sehr schöne, optimistisch stimmende, aber auch beklemmende Geschichte mit einem Ende, das durchaus nachdenklich stimmt und viel Raum für eigene Gedanken lässt.

Sehr gut gemacht, Jobär!

Grüße vom EISENMANN

 

Ich war einige Zeit mit anderen Themen beschäftigt und musste deshalb auch verreisen, aber jetzt fange ich langsam wieder an, mich vom Stress zu erholen.

Hallo Friedrichard

es gibt im Internet einige Erklärungen für die Bedeutung dieses Namens, abhängig davon, von welchem Namen er abgeleitet ist. Vielleicht ist Melle die Kurzform von Maline und das ist die Kurzform von Magdalena. Aber vielleicht ist er ja auch die "Verdeutschung" des hawaianischen Namens Mele (Gesang)

Die Onkels sind gewollt, ja. Die anderen Fehler habe ich berichtigt und die Verbesserunsvorschläge eingearbeitet. Danke, dass du die Geschichte gerne gelesen hast.
Eva Luise Groh

Danke für dein Lob. Die "Wunscherfüllerin" kommt für die Lesenden vielleicht überraschend (trotz des Tags Seltsam), aber für Friederike letztlich ja nicht.
Eisenmann

Danke für dein großes Lob. Ich bin gleich um einige Zentimeter gewachsen. Da du ja auch den nachdenklichen Aspekt ansprichst: Ich habe selber behinderte Kinder und die Geschichte habe ich auch für Familien mit behinderten Kindern, die ich näher kenne, geschrieben.

Liebe Grüße

Jobär

 

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