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Oma Krögers Hauptgewinn

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19.06.2002
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Oma Krögers Hauptgewinn

(Als hätte diese käsige Geschichte ein Vorwort nötig...)

Vorwort:

Stellt Euch diese Situation vor: Jemand hält Euch einen Revolver (Kaliber .45) an die Schläfe und sagt folgende Worte:

Poststempel, Zeitungsjunge, Verschwiegenheit, Staubsauger, Mumie

Anschließend habt ihr 90 Minuten Zeit, eine Story zu schreiben, in der diese fünf Worte plausibel verpackt sind...

Hier das Ergebnis dieser etwas ungewöhnlichen, aber dennoch sehr interessanten Challenge, die vor einigen Tagen auf einem anderen Kurzgeschichtenboard gestartet wurde. Alle Tipp- und Grammatikfehler habe ich nicht korrigiert - die Story sollte "pur" bleiben.

Übrigens: Ein Revolver war bei der Challenge nicht im Spiel, soweit ich mich erinnere...

OMA KRÖGERS HAUPTGEWINN

Ding Dong!

Oma Kröger schreckte jäh aus ihrem Mittagsschlaf auf.
"Hm? Wie? Was? Fliegeralarm?"
Bevor eine Panikreaktion Überhand nehmen konnte, erinnerte sich Oma Kröger daran, dass sie ihr Hörgerät ausgeschaltet hatte, um in Ruhe ein wenig schlummern zu können. Eiligst nahm sie es wieder in Betrieb. Genau in diesem Augenblick ertönte erneut die Türglocke:

Ding Dong! - dieses Mal jedoch gefolgt von einem krachenden Schlag gegen die Tür.

"Ja ja, ich komme ja schon", krächzte Oma Kröger schlaftrunken und wuchtete sich aus ihrem Fernsehsessel hoch, wobei sie ihre Brille mit einem eleganten Rückhandschlag von der Sessellehne beförderte.
"Huch, da hab' ich doch..." stammelte sie und hegte Intentionen, sich auf alle Viere niederzulassen, um die Brille zu suchen. Genau in diesem Augenblick ertönte ein neuer Schlag gegen die Tür. Oma Kröger entschied, die Brille zunächst einmal Brille sein zu lassen. Auch wenn sie ihre Umgebung nur schemenhaft wahrnahm, würde sie sich schon in ihrer Wohnung orientieren können.
Krach! Ein weiterer heftiger Schlag.
"Immer langsam mit den alten Damen", murmelte Oma Kröger. "Und wenn das wieder so ein Kerl ist, der mir einen Staubsauger andrehen will, dann kann er aber etwas erleben", fügte sie brummend hinzu - und lief schnurstracks gegen die Kommode, die im Flur stand. Glücklicherweise machte die Oma nicht sonderlich viel Fahrt, so dass der Aufprall nicht sonderlich schmerzhaft verlief. Als sie sich mit der Hand aber an der Kommode abstütze, um nicht zu Boden zu gehen, fühlte sie ein Briefcouvert unter ihrer Hand. Umgehend ging ihr ein Licht auf.
Es war der Botendienst! Dieser Botendienst, den Hugo, Oma Krögers Sohn, beauftragt hatte, um den Brief abzuholen. Den Brief mit dem Lotterielos.
Nicht irgendeinem Lotterielos, sondern dem absoluten Hauptgewinn!

Schnaufend wie eine Dampflokomotive raffte Oma Kröger den Brief sowie einen Kugelschreiber, der zufällig neben dem Couvert lag, ein und zuckelte weiter in Richtung Haustür, von wo nun rhythmische, krachende Schläge ertönten.
"Ich kohoooomme", flötete Oma Kröger, langte nach dem Türgriff und verfehlte diesen prompt. Die Tür öffnete sich dennoch, als ein weiteres Krachen ertönte. Das gesamte Türschloss flog mit einem leisen "Ping" an Oma Krögers ausladender Hüfte vorbei und die Türkante wischte nur wenige Zentimeter vor Omas Gesicht vorbei. Da das Hörgerät genau in diesem Augenblick eine pfeifende Rückkopplung produzierte, empfand Oma Kröger die Szene weit weniger dramatisch, als sie tatsächlich war.

Auch wenn sie ohne Brille kein einziges Detail wahrnehmen konnte, so erkannte Oma Kröger doch, dass vor ihrer Tür ein riesiger Menschen stand, ganz in grau-weiß gekleidet. Er sagte: "Plermpfz!" und streckte Oma Kröger die Hände entgegen.
"Hach", sagte Oma Kröger herzlich, "da hat man mir ja einen richtigen Riesen geschickt. Wie schön! Es ist ja auch ein wichtiger Brief, den sie abliefern müssen."
"Uraigapffzzz!" meinte der Riese daraufhin und fuchtelte mit den Händen herum.
"Aber natürlich unterschreibe ich", antwortete Oma Kröger, deren Hörgerät in diesem Augenblick mangels frischer Batterien dezent das Leben aushauchte. "Sie müssen mir nur genau zeigen, wo ich meinen Namen hinschreiben soll. Ich sehe nämlich nicht mehr so gut, junger Mann."
Die Gestalt geiferte "Aaaagnpffffrrrrrt!" und streckte eine Hand nach Oma Kröger aus. Dieses fackelte nicht lange, schwang den Kugelschreiber und kritzelte geschwind ihren Namen nieder.
"So, junger Mann, nun hat alles seine Richtigkeit. Und denken sie bitte daran, den Brief gleich abzuliefern. Wenn der Poststempel ein zu spätes Datum aufweist, wäre alles für die Katz."
Mit diesen Worten drückte sie der Gestalt den Brief in die Hand. Um ihrer Freude den passenden Ausdruck zu verleihen, tat Oma Kröger dies mit ordentlichen Schwung. Dabei vergaß sie völlig den Kugelschreiber, den sie noch immer in der Hand hielt. Der Schwung genügte, um das Schreibgerät schnurstracks durch die Hand der Gestalt zu treiben und den Brief so buchstäblich festzunageln. Die Gestalt brüllte "AUUUAAAAA!" - was für ihren Wortschatz bereits relativ redegewandt war.
"Ja, junger Mann", rief Oma Kröger erfreut aus, "es ist auch für mich ein großer Tag." Sie beugte sich vertraulich zu der Gestalt vor, die gerade damit beschäftigt war, ihre durchbohrte Hand blöde anzustieren.
"Ich kann doch mit ihrer Verschwiegenheit rechnen, nicht wahr?" fragte Oma Kröger verschwörerisch. Als die - noch immer blöde stierende - Gestalt nicht antwortete, plapperte sie einfach weiter: "Wissen sie, ich habe nämlich gewonnen. In der Lotterie. Nun muss nur noch das Los zur Post gebracht werden, und dazu sind sie jetzt hier."

Genau in diesem Moment hatte die Gestalt endlich begriffen, dass ihre Hand durchbohrt war, und brüllte los: "Aiiiiituuuuunnnngaaaaahrgh!"
Oma Kröger fuhr zurück. "Was? Sie sind der Zeitungsjunge! Sofort her mit meinem Los!" Beherzt packte sie den Brief und riss ihn mitsamt dem Kugelschreiber an sich.
Doch damit war Oma Kröger noch nicht zufrieden. "Das mit der Unterschrift vergessen wir auch gleich. Her mit dem Zettel, auf dem ich unterschrieben habe!"
Durch die Aufregung verschlechterte sich Oma Krögers Sehkraft bedenklich. Inzwischen nahm sie nur noch helle und dunkel Schemen wahr. Und dort, mittendrin, glaubte sie, eine weiße Fläche zu sehen. Das musste das Formular sein! Mit Todesverachtung stieß sie mit dem Kugelschreiber zu, um das Stück Papier nachhaltig zu zerstören.
Genau in diesem Augenblick legte sich eine gigantische Pranke um ihren Hals, was Oma Kröger dazu veranlasste, endgültig die Fassung zu verlieren. Wie von Sinnen stach sie auf den vermeintlichen Zeitungsjungen ein, bis der Kugelschreiber ihren Händen entglitt.
Doch Oma Kröger gab nicht auf! Wild entschlossen, ihren Lotteriegewinn bis zum letzten Atemzug zu verteidigen, krallte sie sich in der Kleidung des Angreifers fest. Dort bekam sie einen merkwürdigen, hervorstehenden Stoffzipfel zu fassen und zog kräftig daran.
Die Gestalt grunzte überrascht und drehte plötzlich eine unbeholfene Pirouette. Oma Kröger setzte nach. Anscheinend hatte sie irgendeinen Stoffgürtel oder etwas Ähnliches erwischt. Sie fasste noch einmal beherzt zu und zog ein weiteres Mal kräftig. Der Angreifer legte noch einige Drehzahlen zu, verlor schließlich das Gleichgewicht und fiel schwer auf die Knie. Oma Kröger entschied, dass er genug hatte.
"So, du Unhold. Das soll dir eine Lehre sein. Und nun rufe ich die Polizei!"
Mit diesen Worten wandte sich die wehrhafte Oma um und stapfte in Richtung Telefon los. Allerdings nicht, ohne die Tür mit einem kräftigen Ruck zuzuschlagen. Das dumpfe "Umpf!", das ertönte, als die zufliegende Tür den Kopf des Angreifers traf und diesen somit endgültig in das Reich der Träume beförderte, nahm Oma Kröger mangels Hörgerät nicht mehr wahr.


"Oje, oje." Professor Gaggenau stand fassungslos vor den zerfledderten Bandagen.
"Ja, Professor, da ist wohl nichts mehr zu machen", sagte Inspektor Dörrschulz mitleidsvoll. "Frau Kröger hat ganze Arbeit geleistet."
Der Professor schüttelte langsam den Kopf. "Inspektor, diese Mumie war unbezahlbar. Und nun ist sie nur noch ein wüster Haufen Bandagen, teilweise völlig zerfetzt. Nun ja, vielleicht ist es aber besser so."
"Professor, ich muss sie bitten, uns zum Revier zu begleiten. Wir benötigen noch eine detaillierte Aussage. Aber ich kann meine Neugierde nicht zügeln. Bitte sagen sie mir doch schon vorab, wie es zu diesen merkwürdigen Vorgängen gekommen ist."
"Es war Netzlaff, mein Assistent. Mein ehemaliger Assistent." Professor Gaggenau begann, seine Brille gedankenverloren zu putzen, bevor er weitersprach. "Beim Sarkophag der Mumie haben wir ein altes Papyrus gefunden. Darauf war eine Warnung vermerkt, dass die Mumie mit dem ‚Fluch des untoten Lebens' belegt sei. Dummerweise war auch die Formel notiert, mit der die Mumie wieder zum Leben erweckt werden kann. Netzlaff hatte nichts besseres zu tun, als diese Formel laut vorzulesen. Tja, die Mumie hat ihm die Gurgel umgedreht, mich selbst niedergeschlagen und ist ausgebüxt."
"Meinen sie nicht auch, dass sich diese Geschichte ein wenig wild anhört?" fragte Inspektor Dörrschulz und lächelte kopfschüttelnd. "Nun ja, Professor, wie dem auch sei, wir nehmen nun zuerst einmal ihre Aussage auf dem Revier auf. Und vielleicht kann man danach die Mumie wieder irgendwie restaurieren und im Museum ausstellen."
Der Professor schaute den Inspektor böse an. "Wie stellen sie sich das vor? Selbst wenn wir die Mumie wieder zusammensetzen können... haben sie schon einmal eine Mumie gesehen, auf deren Handfläche der Name ‚Kröger' hingekritzelt ist?"

 

Hi
Also ich fand deine Geschichte war flüssig zu lesen, und deine Gags waren meistens ziemlich witzig, aber nur ziemlich denn bei keinem Gag konnte ich mich totlachen.
Aber ansonsten ist deine Geschichte gut. :)

cu

 

Hehe... langsam trudeln sie alle hier ein, die Wettbewerbsgeschichten. Auch der fiese, finstre Captain gibt sich nun also als Teilnehmer preis :)

Auch ich fand diese Geschichte ziemlich gut. Flüssiger und vor allem lockerer Stil, eine gute Grundidee und die urige Oma Kröger machen deine Geschichte zu einer insgesamt wirklich gelungenen.

Einige Gags sind wirklich treffend - besonders en Anfang finde ich gelungen, bis sie die Tür aufmacht bzw fast ins Gesicht geschlagen bekommt. Denn ab da muß ich leider sagen, daß die Geschichte mMn schon ein wenig abfällt.
Du gleitest hier für meinen Geschmack manchmal ein wenig zu weit in den Slapstick ab. Beispiel: Oma K. durchbohrt die Hand, die Mumie guckt erst blöde und merkt den Schmerz erst dann. Das erinnert mich sehr an die alten Dick und Doof Filme. Das ist hier vermutlich in etwa beabsichtigt (schließe ich aufgrund des Vokabulars zB "blöde stieren"), und wenn es Absicht war, dann auch gut gemacht, aber eben nicht ganz mein Ding.

Aber na gut, insgesamt habe ich mich doch sehr bei der Geschichte amüsiert, was vor allem an deinem lockeren Stil und Oma K. lag, die du wirklich sehr gut beschrieben und charakterisiert hast - nicht nur angesichts der 90 Minuten eine klasse Leistung.

 

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