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Ohnmacht

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22.08.2017
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Ohnmacht

Kennen Sie das, wenn alles um Sie herum aus den Fugen zu geraten scheint und Sie nichts tun können außer hilflos danebenstehen?

Ich heiße Thomas, bin dreiundvierzig Jahre alt verheiratet, eine Tochter. Na zumindest dachte ich Vater einer Tochter von zwölf Jahren zu sein. Meine Tochter (ich weigere mich sie anders zu nennen) ist krank. Zystennieren. Was das ist? Ich hatte bis vor kurzem selbst noch nicht davon gehört. Offensichtlich sind die Nieren meiner Tochter von flüssigkeitsgefüllten Blasen übersäht und haben nun versagt. Aber ich greife vorweg.

Vor etwa einem Monat war unser Leben noch völlig normal. Ich gehe jeden Tag meiner Arbeit als Ingenieur nach, meine Frau schreibt zuhause Kinderbücher und unsere (ihre) fabelhafte Tochter besucht die siebte Klasse eines Gymnasiums. An einem Samstag genossen wir den warmen Sommerabend in unserem Garten, ich stand am Grill…wie auch immer, plötzlich brach meine Tochter zusammen. Sie fühlte sich seit ein paar Tagen unwohl, wir waren mit ihr beim Arzt, doch der stellte nur einen leichten Infekt fest. Jetzt sitze ich hier am Krankenbett meiner Tochter und sehe zu wie die Maschinen sich um ihre Atmung und die Reinigung ihres Blutes kümmern. Sie darf einfach nicht sterben! Sie ist noch so jung, sie hat doch noch gar nicht angefangen zu leben, doch mein Leben hat sie komplett verändert.

Ich erinnere mich, wie ich sie das erste Mal im Arm hielt. Dieses kleine Etwas, das vor lauter Erschöpfung nach der Geburt eingeschlafen war und nun in meinen Armen leise schnarchte. Ich hatte noch nie etwas so Wunderschönes gehört. Später ihre kleinen, runden Ärmchen, die sich vertrauensvoll um meinen Hals legen, und der nasse Schmatzer der laut auf meinem Ohr landet. Ihr fröhliches Lachen, ihre Neugier und der Zauber in ihren Augen, wenn sie staunend die Welt für sich entdeckt und erobert.
Wie kann sie das tun? Wie kann Silke mir das antun? Dass sie mich betrogen hat, na schön. Aber mich zu belügen? Mich all die Jahre denken lassen ich sei der Vater dieses wundervollen Geschöpfs, um es mir jetzt zu entreißen. Das werde ich ihr niemals verzeihen!
Wir brachten Claire ins Krankenhaus wo Nierenversagen diagnostiziert wurde. Sie braucht dringend eine Spenderniere. Silke und ich boten uns beide an uns testen zu lassen, einer von uns beiden müsste doch ein passender Spender sein. Doch was sich herausstellte ließ meine Welt zusammenbrechen. Keiner von uns kam als Spender in Frage und als ob das noch nicht genug wäre, fand ich heraus, dass ich unter keinen Umständen Claires Vater sein konnte. Zuerst war ich fassungslos, dann wütend, jetzt nur noch verzweifelt. Mein kleines Mädchen steht nun auf einer Liste ganz oben, doch die Suche nach einem Spender ist zeitaufwändig. Zeit die sie nicht hat.

Ich stehe auf, laufe Kreise in den Krankenhausboden, bleibe stehen und erschrecke fast beim Blick in den Spiegel. Ich sehe plötzlich alt aus. Wann war ich bloß so alt geworden? Meine Haut ist grau, zerknittert wie mein Hemd, das aus der ebenfalls zerknitterten Hose heraushängt. Meine Haare sind strähnig und der Schatten auf Kinn und Wangen hat sich zu einem stattlichen fünf bis sieben Tage Bart entwickelt. Wie lange bin ich nicht zuhause gewesen? Wann habe ich das letzte Mal geduscht? Ich weiß es nicht mehr. Meine Welt ist geschrumpft, auf dieses Krankenhauszimmer, den Gang zum Snackautomaten. Mein Fühlen, mein Denken und mein Handeln dreht sich nur noch um Claire. Silke hat geweint, sie war ebenso verzweifelt wie ich, doch ich war nicht in der Lage sie zu trösten. Ich konnte nur an ihren Betrug, ihren Verrat denken. Ich habe ihr Vorwürfe gemacht, Beschuldigungen und Beschimpfungen ausgestoßen, sie hat sich nicht verteidigt, nur geweint. Selbst jetzt kann sie ihre Schuld nicht zugeben. Doch wie unwichtig ist das? Wie überflüssig und kleinlich? Claire stirbt und ich kann ihr nicht helfen. Ich blicke wieder in den Spiegel und sehe wie meine Tränen in meinen Bart rinnen. Ich bin ein Mann, stark, selbstbewusst, erfolgreich, doch was nutzt mir das nun? Ich bin gebrochen. Hilflos. Ohnmächtig dem Schicksal ausgeliefert. Ich lasse den Kopf hängen und weine lautlos.

Ich schrecke hoch. Versuche mich zu orientieren. Plötzlich ist leben im Krankenzimmer. Drei Ärzte und ein Pfleger rauschen herein und reißen mich aus meinem ungesunden Erschöpfungsschlaf. Ich rieche mich selbst. Wie entwürdigend, wie nebensächlich. Ich verstehe zuerst nicht was der Arzt mir sagt. Doch ein Satz durchbricht die Lethargie. „Wir haben einen Spender!“
Mein kleines Mädchen, so blass und still wird mit ihrem Bett herausgefahren. Ich komme nicht hinterher. Ich will ihr folgen, doch einer der Ärzte hält mich zurück. „Das grenzt wirklich an ein Wunder. Bei ihrer seltenen Blutgruppe war die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering in so kurzer Zeit einen Spender zu finden.“ Er lächelt mich an, ist voll Eifer in seiner Gestik. Ich will wissen wer der Spender ist. Er wird wieder unverbindlich. „Sie wissen, dass darf ich Ihnen nicht sagen. Ich kann nur so viel sagen: der Spender ist ein gesunder, junger Mann, nun ja er war es bis zu seinem Motorradunfall.“ Er fährt sich durch die Harre, sieht mich verlegen an, dann streckt er mir seine Hand hin, schüttelt die Meine überschwänglich und klopft mir mit der anderen väterlich auf die Schulter. „Das wird schon, mein Sohn. Ich bin sicher dass Ihre Tochter sich erholen wird. Sie ist jung und stark und die Medikamente zur Abstoßungsunterdrückung sind besser denn je.“ Er nickt noch einmal bekräftigend und lässt mich verwirrt und ruhelos zurück. Silke steigt aus dem Aufzug und kommt aufgeregt zu mir gelaufen. Ich kann nicht mehr wütend sein oder verletzt, ich kann nur meine Arme für meine Frau öffnen und sie festhalten. „Sie schafft es, sie wird es schaffen!“ wie zur eigenen Beruhigung sagen ich das immer wieder. Silke kann sich nicht entscheiden zu weinen oder zu lachen also wechselt sie ab. In der einen Minute fließen die Tränen in der nächsten lacht sie einfach los. Sie ist leicht hysterisch. Eine Schwester bringt Kaffee und versucht sie zu beruhigen. Sie schafft es, Silke schnieft nur noch leicht. Sie reden leise miteinander. Silke nickt. Ich bin mit meinen Gedanken zusammen mit meinem kleinen Mädchen im OP.
In meinem Kopf formen sich beängstigende Bilder. Ich stelle mir all die Schläuche und Geräte vor, sehe meine Kleine blass, mit zugeklebten Liedern auf dem OP-Tisch liegen. Ich will nicht hinsehen doch meine Fantasie erschafft blutige Bilder. Ich sehe wie der Arzt sie aufschneidet, sehe wie ihr Inneres frei liegt…Ich schüttle meinen Kopf, vertreibe die Bilder. Silke greift nach meiner Hand, doch ich kann es nicht ertragen. Minuten dehnen sich zu Stunden, endlich, endlich kommt ein Arzt im blauen OP Kittel auf uns zu. Sein Gesicht ist ausdruckslos, er erzählt von Komplikationen, die Luft bleibt mir weg. Doch dann die erlösenden Worte: „Sie ist jetzt im Aufwachraum. Sie wird noch eine Weile auf Station beobachtet, doch ich denke, sie hat alles gut überstanden.“ Er lächelt müde, drückt meinen Arm und geht.

Wir sehen uns an. Stehen uns auf dem Gang gegenüber, keiner von uns wagt sich zu rühren oder irgendetwas zu sagen. Silke fängt wieder an zu weinen, ihre Schultern hängen herab, sie sieht so kraftlos aus wie ich mich fühle. Ich gehe zu ihr und ziehe sie in die Arme. Sie weint und weint und weint.

Claire ist auf einem guten Weg, seit ein paar Tagen ist sie wieder zuhause und die Ärzte sind sehr zufrieden mit ihrer Genesung. Ich bin dankbar. Ich bin vielleicht nicht ihr biologischer Vater, doch das ist unwichtig. Ich bin der Vater den sie kennt und den sie liebt. Meine Frau und ich haben beschlossen ihr vorerst nichts davon zu erzählen. Wir versuchen wieder zueinander zu finden, ich suche einen Weg ihr zu verzeihen. Mein Leben war kurzzeitig aus den Fugen geraten, doch ich bin fest entschlossen daraus gestärkt hervorzugehen. Das bin ich mir, meiner Tochter, unserer Familie schuldig.

 

Ein biografischer Einblick.

Ich denke, das Thema genetischer und sozialer Erzeuger kann man vor Deinem Hintergrund noch ausweiten.

Merci fürs Lesen.

 

Hallo Pampelmuse,

Vielen Dank für deine Story und herzlich willkommen hier, bei den Wortkriegern!

Ich bin hier ziemlich frisch hier, habe aber schon einige Geschichte gelesen. Manche von ihnen werden von den Autoren persönlich erlebt, aufgeschrieben und dann hier hochgeladen, als Versuch das Erlebte "besser" verarbeiten zu können, z.B. den Tod von Verwandten, Verrat etc. Diese Storys sind sehr oft literarisch nicht auf dem höchsten Niveau. Eine Geschichte - danach kommt nichts mehr.

Deine Story: da scheinst Du auch etwas verarbeiten zu wollen... Allerdings verpackst Du es effektvoller als manche hier.

Also, zum Aufbau. Dein Erzähler, nebenbei der zentrale Protagonist, wendet sich im ersten Satz an ein Publikum, in Form einer rethorischen Frage, die er gleich selbst beantwortet. Es werden im Text noch weitere Fragen gestreut. Also, der Mann spricht vor einem Publikum oder erzählt diese Story einer Person per Sie. Und hier ist meine Aufgabe als Leser klar zu stellen, wer ist eigentlich dieser stumme Zuhörer. Das lenkt etwas von der eigentlichen Story ab. Für mich wäre es erwünschenswert, nicht über die Zuhörerschaft den Kopf zu zerbrechen, sondern sie gleich zu fassen bekommen. Andererseits ist es aber auch spannend, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Darin stecken viele Möglichkeiten für Dich, als Autor. Auf jeden Fall ist es kein inneres Dialog... Ich stellte mir komischerweise die ganze Zeit eine Bühne vor, vielleicht eine Beichte in der Kirche, mit großer Mühe ein bequemes Sessel während einer Therapiestunde. Das ist mein Eindruck. Dann musste ich plötlich an Forrest Gamp denken, aber nur kurz. Also, überleg es Dir, ob Du diese Ansprache an das "Publikum" beibehalten willst, ob es Dir was nützt...

Dann sehe ich das Thema "Verrat". Äußerst spannend. Irgendwann dachte ich nur daran: Aha, der Verunglückte sei der Vater von der Kranken, so ein Zufall!" Du bist da aber nicht weiter darauf eingegangen, zumindest nicht so offensichtlich: Gut so! Also, doch kein Vater, also kein Zufall! Keine weiteren Toten im "engen" Familienkreise, keine Tränen der "ohnmacht nahen" Ehefrau etc.

Ich bin im großen und ganzen mit deiner GEschichte zufrieden. Als ich dann aber den letzten Satz las, war ich auf einmal k.o. Was genau meinte dein Held mit dem Satz: "Das bin ich... schuldig."? Habe ich etwas verpasst. Warum schuldet er ihnen etwas? Hatte er gerade einen Seitensprung, hatte er Schuld an dem Unfall des Spenders? etc. Was meint er damit?

Auf jeden Fall handelt es sich um eine gut überlegte, zusammenhängende Introspektion in die innere Welt des Erzählers, der den Leser dazu verleiten will, Mitleid für ihn zu empfinden, für seine Tochter. Es wird dann angekündigt, dass man der Kranken nichts davon sagen wird, über die Vaterschaft. Der Erzähler sagt nicht: Wir werden es ihr auf jeden FAll irgendwann sagen, aber jetzt nicht, weil... Krankheit und so... Also, die Eltern möchten erst zu einander finden... Also, die Lüge darf weiter leben! Wie man es schön in der Psychologie sagt: kontrafaktisches Bewältigungsgeschehen kritischer Lebensereignisse. Echt spannend! Und dann dieser letzte Satz mit "Schuld". Dein Held ist innerlich völlig am Boden, total durcheinander! Gut beschrieben. Er darf sich ruhig in diesem Moment "schuldig oder verpflichtet" fühlen. Das gibt ihm offensichtlich Ansporn, weiterso zu funktionieren. Denn die Schuldgefühle machen das kritische Nachdenken, wie bekannt, unmöglich.


Gerne gelesen, gute Leistung!!!

Herr Schuster

 

'N Abend Pampelmuse und willkommen bei den Wortkriegern!

Kennen Sie das, wenn alles um Sie herum aus den Fugen zu geraten scheint und Sie nichts tun können außer hilflos danebenstehen?
Gleich den Einstieg deines Textes finde ich problematisch - was ist z.B. mit den Lesern, die diese Frage schlicht mit "Nein" beantworten? Die meisten werden wohl trotzdem weiterlesen, aber sind von vorneherein ausgegrenzt. Ich finde es auch deswegen keinen schönen ersten Satz, weil ich mir quasi ein komplett fremder Charakter gleich seine Existenzkrise vor die Füße schmeißt und mich noch involvieren will. Klar wartet man jetzt auf eine Erklärung dieser Situation, aber ein bisschen mehr Diskretion am Anfang hätte mir besser gefallen.

Ich heiße Thomas, bin dreiundvierzig Jahre alt, verheiratet, eine Tochter.
Und diese Vorstellung ist im Gegensatz zum Einstieg sehr distanziert. Das klingt wie aus einer Polizeiakte oder einer sonstigen Kartei.
Nach dem Lesen des darauffolgenden Absatzes beginne ich mich zu fragen, ob ich vielleicht sein Psychiater bin ...

Vor etwa einem Monat war unser Leben noch völlig normal. Ich gehe jeden Tag meiner Arbeit als Ingenieur nach, meine Frau schreibt zuhause Kinderbücher und unsere (ihre) fabelhafte Tochter besucht die siebte Klasse eines Gymnasiums. An einem Samstag genossen wir den warmen Sommerabend in unserem Garten, ich stand am Grill…wie auch immer, plötzlich brach meine Tochter zusammen. Sie fühlte sich seit ein paar Tagen unwohl, wir waren mit ihr beim Arzt, doch der stellte nur einen leichten Infekt fest. Jetzt sitze ich hier
Warum das Chaos mit den Zeiten? Warum schreibt die Frau im Präsenz Kinderbücher, wenn die Aktion schon eine Weile zurückliegt? Gewohnheiten können auch in der Vergangenheitsform ausgedrückt werden. Der Zeitsprung zwischen der vergangenen, glücklichen Zeit und dem Jetzt im Krankenhaus ist mir bewusst, aber durch den Bruch vorher kommt es nicht richtig zusammen.

doch mein Leben hat sie komplett verändert.
Etwas, das jeder Vater bestätigen wird, sobald das Kind auf der Welt ist. Krank oder gesund.

Wie kann sie das tun? Wie kann Silke mir das antun? Dass sie mich betrogen hat, na schön. Aber mich zu belügen? Mich all die Jahre denken lassen ich sei der Vater dieses wundervollen Geschöpfs, um es mir jetzt zu entreißen. Das werde ich ihr niemals verzeihen!
Ich frage mich, worauf der Fokus seines Leids liegt; mal geht es um die Gesundheit des Kindes, das er noch immer liebt wie seine Tochter und als nächstes ist er wütend auf seine Frau und bemitleidet sich die ganze Zeit über selbst. Ich kann so keine Sympathie für ihn aufbauen. Er heult mir seit Anfang der Geschichte die Ohren voll, und das, obwohl ich nichts mehr als eine Karteikarten-Vorstellung von ihm bekommen habe. Du gibst ihm keine Eigenschaft mit, die ihn mir als Charakter näherbringen würde.
Ich muss hier auch noch mal auf deinen Erzählstil eingehen, weil dieser natürlich zwar sehr direkt ist, aber mit Standard-Floskeln arbeitet. Stichwort: "Wie kann sie das tun?" Das ist eine rhetorische Frage, auf die mir gleichzeitig etliche und keine Antworten einfallen. Es hält keine Informationen für mich bereit, keine Perspektiven. Es ist nur Gejammer.

Silke und ich boten uns beide an uns testen zu lassen
Die Wortdopplung hier lässt sich vermeiden.

Doch was sich herausstellte, ließ meine Welt zusammenbrechen.

Zeit, die sie nicht hat.

Ich lasse den Kopf hängen und weine lautlos.
In dem Absatz davor bin ich schon eher in die Geschichte reingekommen. Man erfährt ein bisschen mehr über Thomas und das in einem sachlichen Ton - keinem Gejammer. Das hat ihn sympathischer wirken lassen. Dieser Satz hingegen ist so kalt und direkt, dass ich keine Chance hab mitzufühlen. Es scheint fast, als würde er von außen sich selbst betrachten und mir dann berichten, was gerade passiert. Aber in dem Bericht fehlt mir die Schwere, es ist einfach zu oberflächlich.

Plötzlich ist Leben im Krankenzimmer.

Wie entwürdigend, wie nebensächlich.
Die Stelle finde ich gelungen - es ist eine knappe Aussage, aber man kann es quasi in seinem Kopf arbeiten hören. Es ist dieser Moment direkt nach dem Aufwachen, bevor man sich an seine Sorgen und Nöte erinnert. Ich glaube, es heißt der "goldene Moment", der jedoch unglaublich schnell verfliegt. Zunächst kommt die Sinneswahrnehmung des Riechens und sein Gestank ist ihm direkt peinlich, dann kommt die Erinnerung an den Todeskampf seiner Tochter im Geiste und sofort stellt es alles andere in den Schatten. Fand ich eine gute Beobachtung!

der Spender ist ein gesunder, junger Mann, nun ja er war es bis zu seinem Motorradunfall.“
Was hat denn jetzt schwarzer Humor hier zu suchen? Fand ich unpassend.

ich kann nur meine Arme für meine Frau öffnen und sie festhalten.
Die Formulierung (nicht die Aktion!) fand ich zu kitschig.

Silke kann sich nicht entscheiden zu weinen oder zu lachen also wechselt sie ab.
Nach deiner Formulierung klingt es so, als würde sie bewusst zwischen Weinen und Lachen hin und her Switchen, damit beide Gefühle gleich viel Aufmerksamkeit von ihr bekommen. Musste schmunzeln.
Den Rest des Absatzes fand ich ziemlich unbeholfen geschrieben. Wie in einer Slapstick-Comedy hat sich da ein Bild in meinem Kopf zusammengefügt und jegliche Atmosphäre zerschlagen. So nüchtern beschriebene, eigentlich schon unkommentiert gelassene Aktionen und Reaktionen können einfach keine Gefühle übermitteln und so schaue ich mir das alles an, zucke mit den Schultern und frage mich, was bei der Irren eigentlich grad abgeht.

Am Ende schreibst du noch eine Art Abschlussbericht, eben dass alles gut gegangen ist, und schließt die Akte. Vom Psychotherapeuten bin ich zum Zuschauer einer Dokumentation geworden und mit beiden Rollen möchte ich mich nicht abfinden. Obwohl man als Leser direkt dran ist, hast du es nicht geschafft, mich emotional zu packen. Das liegt eben z.B. an diesen Floskeln, die man in fast jedem deutschen Film zu hören bekommt. Es liegt am ständigen Gejammer am Anfang und an der fehlenden echten Erleichterung am Ende. Auch liegt es daran, dass die Charaktere nicht realistisch und greifbar sind. Weder ihre Aktionen oder Gefühle noch ihre Sprache wirkt authentisch.

Ich gehe mal vorsichtig davon aus, dass du noch nicht lange schreibst. Übung macht den Meister, keine Frage, aber ich würde dir raten, mehr zu beobachten. Und zwar im realen Leben und in Literatur von guten Schriftstellern. Nicht alles, was veröffentlicht wird, taugt dazu, aber es gibt da draußen genug Werke, die für ihre Authentizität immer wieder gelobt werden.

Lass dich jedenfalls nicht entmutigen! :)

Liebe Grüße,

Jana

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Pampelmuse,

willkommen im Verbund der Edlen, die die Welt retten werden!
Erstaunen macht mich:

Ich möchte endlich meiner Leidenschaft nachgehen, ich warte schon sooo lange.
Ja, aber warum denn? An mir kann es nicht gelegen haben.
Dein Nick lässt mich auf einen Altersgefährten schließen, sonst wärest Du eine Grapefruit.

Jetzt aber zur Sache:

Ich erinnere mich, wie ich sie das erste Mal im Arm hielt. Dieses kleine Etwas, das vor lauter Erschöpfung nach der Geburt eingeschlafen war und nun in meinen Armen leise schnarchte. Ich hatte noch nie etwas so Wunderschönes gehört. Später ihre kleinen, runden Ärmchen, die sich vertrauensvoll um meinen Hals legen, und der nasse Schmatzer der laut auf meinem Ohr landet. Ihr fröhliches Lachen, ihre Neugier und der Zauber in ihren Augen, wenn sie staunend die Welt für sich entdeckt und erobert.
Trotz meiner Unvoreingenommenheit empfand ich zu viele Häkchen im Text. Meinem Vorsatz, neutral zu lesen, zu schauen, was der Text mit mir macht, konnte ich nicht nachkommen, weil:
Dieses kleine Etwas, das vor lauter Erschöpfung nach der Geburt eingeschlafen war und nun in meinen Armen leise schnarchte.
Schnarcht ein Neugeborenes tatsächlich?
Später ihre kleinen, runden Ärmchen, die sich vertrauensvoll um meinen Hals legen, ...
Sind die lang genug, einen Männerhals zu umschlingen?
... und der nasse Schmatzer K der laut auf meinem Ohr ...
Für mich klingt das eher nach der Fantasie des Autors; den Austausch von Zärtlichkeiten lernt ein Frischling viel später.
Ich habe keine Ahnung von diesen Dingen, weiß nur, dass unsere Allerjüngsten fast blind sind, bzw. extrem kurzsichtig, aber Du schreibst:
... der Zauber in ihren Augen ...
Soll es der väterliche Stolz sein – dagegen ist nichts zu sagen. Im weiteren Verlauf der Geschichte jedoch vermehren sich meine Zweifel an der Authentizität von Autor und Geschildertem.
Ich vernehme, pardon, meine zu vernehmen einen Ruch von Süßlichkeit, vom Pressen auf Tränendrüsen – und das hat auch zu tun mit den ooo in Deinem Profil:
... , ich warte schon sooo lange.
Bevor ich zarte Gefühle (
Pampelmuse: schrieb:
Ohnmächtig dem Schicksal ausgeliefert.
)
und andere sensible Befindlichkeiten verletze, beschränke ich mich im Sinne der Schreibwerkstatt auf’s Handwerkliche und bitte um Nachsicht, wenn ich Dir mit meiner Vermutung Unrecht getan habe.
Aber eines noch:
Wie kann sie das tun? Wie kann Silke mir das antun? Dass sie mich betrogen hat, na schön. Aber mich zu belügen? Mich all die Jahre denken lassen ich sei der Vater dieses wundervollen Geschöpfs, um es mir jetzt zu entreißen. Das werde ich ihr niemals verzeihen!
Der Leser (ich) hat keine Ahnung, woher der Gehörnte plötzlich diese Information hat. Verwirrung. Erst danach kommt die Auflösung. So etwas hemmt den Lesefluss gewaltig.
Der Autor muss immer daran denken, dass er mehr weiß als der Leser.
übersäht
ohne h
Unnötige Kommafehler (sehr viele!) vermeidest Du, wenn Du mal ins Internet schaust.
Na K zumindest dachte ich K Vater einer Tochter von zwölf Jahren zu sein.
Noch deutlicher:
Zeit die sie nicht hat.
Zeit Kdie sie nicht hat.
... ich stand am Grill…wie auch immer, plötzlich brach meine Tochter zusammen.
Vor und nach den drei Pünktchen Leerstelle (Grill, ... wie).
Dieses ‚wie auch immer’ finde ich unpassend. Das ‚plötzlich’ ist stark genug.
Ich bin ein Mann, stark, selbstbewusst, erfolgreich, ...
Ich bin gebrochen. Hilflos.
Das folgt unmittelbar aufeinander. ?
Plötzlich ist leben im Krankenzimmer.
Leben?
Er fährt sich durch die Harre, ...
... streckt er mir seine Hand hin, schüttelt die Meine
... meine. Bezieht sich auf Hand.
... klopft mir mit der anderen väterlich auf die Schulter. „Das wird schon, mein Sohn.
Der Arzt spricht auf diese Weise mit dem Vater einer Patientin? Ist das ein katholisches Krankenhaus? Pardon.
... wie zur eigenen Beruhigung sagen ich das immer wieder.
... mit zugeklebten Liedern auf dem OP-Tisch liegen.
Im OP wird nicht gesungen!
OP Kittel
Besser mit Bindestrich.
Liebe(r) Pampelmuse, mag sein, dass mein Komm zu korinthenkackerhaft ausgefallen ist, doch es ist nur meine ganz persönliche Wahrnehmung Deines Textes.
Das Problem (Problemchen ist es nicht, denn es verdirbt oftmals den Text) mit den Kommas solltest Du ins Auge fassen, denn Deine ‚Schreibe’ ist echt gut, um nicht zu sagen: routiniert.

Mit diesem Kompliment möchte ich mich verabschieden und hoffe auf rege Mitarbeit Deinerseits im Forum.

Alles Gute!
José

 

Hallo Leute,

vielen, lieben Dank für eure Kritiken. Wow, das hat mich umgehauen. Ich habe gar nicht damit gerechnet überhaupt einen Kommentar zu bekommen, und jetzt gleich vier! Und so ausführlich. Danke.

Kurz zu meiner Person: es scheint, als haltet ihr mich für einen Mann, liegt wahrscheinlich an meinem Protagonisten. Ist aber nicht so. Ich bin weiblich, nicht mehr ganz jung und ich verarbeite auch nix biografisches.
Warum ich schon so lange mit dem Schreiben (öffentlich machen) warte? Tja, das weiß ich auch nicht so genau, das liegt vielleicht an meiner Biografie.

Nun zu euren Kommentaren:

Vertellminix, nix biografisches ;)

Herr Schuster, mich freut, dass du meine Geschichte überwiegend so verstanden hast, wie ich es beabsichtigt hatte. Nur zwei Dinge hier: ich will nichts verarbeiten, es ist nur eine Geschichte und mit dem letzten Satz hast du recht, den sollte ich streichen.

Jana, vielen lieben Dank für deine kritische Sicht. Mir ist bewusst, dass ich nicht jeden Leser "touchen" werde, das liegt auch gar nicht in meiner Absicht. Trotzdem hast du dir die Mühe gemacht, und das finde ich toll.
- Ich denke, dass Menschen, die meine Eingangsfrage mit 'Nein' beantworten könnten noch zu jung zum lesen sind ;)
- Zur zweiten Bemerkung: so war's gedacht.
Muss man sich bei Gefühlen entscheiden welches man fokussiert? Also ich kann mehrere Dinge gleichzeitig empfinden, manchmal konkurieren die Gefühle miteinander, ich habe aber eher selten eine Gewichtung dabei.
- Mit der Wortdopplung hast du recht.
- Stimmt, er betrachtet sich von außen, im Spiegel.
- Der schwarze Humor, ist gar keiner. Ärzte sagen in den unpassensten Momenten die seltsamsten Dinge. Bringt der Beruf wohl so mit sich.
Ich schreibe schon etwas länger, jedoch nur für mich. Bisher hatte ich nie den Mut meine Geschichten zu präsentieren, ich habe sie in der Vergangenheit sogar oftmals nicht auf dem Papier zuende gebracht, frag mich nicht wieso, für die Antwort müsstest du dann wirklich Psychater sein :D

José, danke für deine lieben Worte. Ein paar Anmerkungen
- meine Rechtschreibung war schon immer eine Katastrophe! Mit Gramatik stehe ich irgendwie auf Kriegsfuß. Ich muss dazu sagen, ich habe die Geschichte nicht Korrektur gelesen und auch nicht überarbeitet. Sie steht hier genauso, wie sie aus meinen Fingern floss. (Ich kann eigentlich immer noch nicht fassen, dass ich sie online gestellt habe. Wie ist das passiert? :eek: )
- Ja, es gibt Neugeborene die schnarchen
- Später ist hier ein echter Zeitsprung von Jahren. Er erinnert sich erst an den Säugling, dann an das Kleinkind...
- das mit den 'Liedern' ist süß :lol: natürlich meine ich Lider. Aber woher weißt du, dass im OP nicht gesungen wird? :lol:

Nochmals Danke für eure Kritiken, ich werde sie mir durch den Kopf gehen lassen, auf jeden Fall haben mir eure Worte eine Menge Motivation geschenkt, ihr werdet sich noch mehr von mir lesen.

Liebe Grüße
Pampelmuse
(Bianca)

 

Hola Pampelmuse,

mit großer Sorge lese ich:

Ich muss dazu sagen, ich habe die Geschichte nicht Korrektur gelesen und auch nicht überarbeitet. Sie steht hier genauso, wie sie aus meinen Fingern floss.
Oha, oha, oha!
In jüngeren Jahren hätte ich das nur einmal gesagt – das ist wirklich ein schweres Vergehen im Sinne der Schreibwerkstatt.
Aber allen Ernstes: Eine KG muss bei ihrer Veröffentlichung so perfekt erscheinen, wie es dem Autor nur irgendwie möglich ist. Im Idealfall helfen – danach - die Forumsmitglieder.
Dein oben zitiertes kokettes Eingeständnis könnte ich an wolkenverhangenen Tagen auch als Respektlosigkeit dem Leser gegenüber deuten.
Aber so weit würde ich heute nicht gehen. Dennoch habe ich meine Zeit vertan für Korrekturen, die Deine Sache gewesen wären.

José

 

Lieber José,

ich entschuldige mich, respektlos wollte ich wirklich nicht sein.
Es war ja gar nicht geplant die Geschichte überhaupt einem Publikum zu präsentieren. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie das passiert ist.
Ich wollte wahrscheinlich nur mal sehen was passiert.
Doch eure Kritken haben mich inspiriert, schreibe schon wieder. Und ich verspreche, das nächste Mal poste ich meine Geschichte mit Absicht und korrigiert.

Liebe Grüße
Pampelmuse

 

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