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Ohne Worte.

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26.11.2017
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Ohne Worte.

Draußen plätscherten die Regentropfen gegen die Fensterscheibe. Ein kalter Luftzug kam durch das angekippte Fenster in die Wohnküche. Drinnen war es still. Dennoch war im Hintergrund das Summen einer gedimmten Leselampe zu hören und der schmale Lichtstrahl drang in den Flur hinein. Lina war im Badezimmer und nahm den Sturm nicht wahr, der draußen die Blätter tanzen lies. Wie immer war ihr Kopf voller Gedanken. Indem sie versuchte Ordnung in das Badzimmer zu bringen, wollte sie das Chaos in ihrem Kopf beseitigen. Sie verweilte lange im Bad. Könnten ihre Gedanken in Bildern zusammengefasst werden, würde sich in Linas Kopf Folgendes widerspiegeln: Der herzhafte Biss in einen grünen Apfel. Der Kaffeegeruch in einem kleinen intimen Café. Das Grün der Avocado auf einem Vollkornbrot. Die Sonnenstrahlen, die ihre Nase kitzeln. Musik hören in der U-Bahn. Kopfhörer auf maximaler Lautstärke. Kurzfilme im kleinen Kinotheater. Tränen, die ihre Wangen hinunter laufen, wenn sie emotional von einem Film ergriffen wird. Spaziergänge am Wasser. Küsse mit einem fremden Unbekannten im Regen. Flugzeuge. Schmetterlinge.

Sie betete zu Gott. Wenn sie nach ihrer Religion gefragt wurde, wusste sie keine Antwort. Dennoch glaubt sie. Sie glaubt, dass das Gute das Böse überwinden kann und sie glaubt an das Gesetz des Karmas. Lina ist sehr streng, was Lügen und unmoralische Handlungen angeht. Immerzu hat sie das Gefühl, dass sie sich vor sich selbst und vor anderen rechtfertigen muss. Das betrifft alle Lebensbereiche. Selbst Kaffee und süße Speisen betrachtet sie als Sünden des Lebens. Bei der Auswahl ihrer Lebensmittel benötigt sie viel Zeit und achtet stets darauf, frisch, biologisch und nachhaltig einzukaufen. Seit ihrer Jugend verzichtet sich auf Fleisch und Fisch und neuerdings achtet sie darauf sich vegan zu ernähren.

Geld spielt eine nebensächliche Rolle in ihrem Leben. Sie möchte lediglich alle Rechnungen bezahlen können. Ab und zu benötigt sie einen kleinen Betrag um sich auch mal etwas zu gönnen. Sie reist gerne und hat auf ihrer Liste noch viele Länder und Kulturen, die sie gerne sehen und entdecken möchte. Eine solide und halbwegs interessante Arbeit würde ihr genügen um sich diesen Traum zu erfüllen. Zwar reden alle von Selbstverwirklichung im Beruf, aber sie verspricht sich nicht viel davon. Ihre eigene Entwicklung ist ihr wichtiger. Beim Verrichten täglicher Arbeit kommt schnell das Gefühl der Langeweile in ihr auf. Sie braucht ständig Veränderungen. Sei es ein kleiner Flirt, ein neuer Haarschnitt oder ein neues Ziel, zum Beispiel ihre Französischkenntnisse wieder aufzufrischen. Manchmal überkommt sie das Gefühl nach Veränderung so sehr, dass sie mitten in der Nacht aufsteht und ihre Möbel umstellt. Das bedeutet nicht, dass die neue Situation besser ist für sie. Es ist jedoch besser, etwas Neues auszuprobieren, etwas zu riskieren als auf der Stelle zu verharren.

Ihre Sexualität versucht sie zu untergraben. Schon als junges Mädchen hat sie sich zu älteren Männern hingezogen gefühlt. Ihren ersten Freund hatte sie mit 14 Jahren. Er kam zu einem Zeitpunkt in ihr Leben, als sie Rückhalt gebraucht hatte, denn von Kindheit an fehlte es ihr an mütterlicher und väterlicher Liebe. Das mag zum einen daran liegen, dass beide Elternteile berufstätig waren und sie bei ihren Großeltern aufgewachsen ist. Zu gleichaltrigen Kindern hatte sie keinen Kontakt, weil sie nicht in den Kindergarten gegangen ist. Die Eltern haben entschieden, sie bei der Großmutter zu lassen, damit sie sich um sie kümmerte. Ihr Vater war von sowjetischer Erziehung geprägt und verfehlte jedes Mal die Grenze beim Füllen eines Glases. Der regelmäßige Konsum alkoholischer Getränke hat ihn zu einem wilden Tier gemacht, dem sie nicht in die Augen schauen wollte. Lina fürchtete sich vor lauter Rockmusik, die er anmachte, wenn er wieder einmal zu viel getrunken hatte. Sie ertrug seine aggressive Gemütshaltung und seine damit einhergehenden Handlungen nicht. Immerzu beschimpfte er Familienmitglieder der Mutter und warf ihnen Sachen an den Kopf, die für Lina absolut keinen Sinn ergaben. Sie fragte sich immer wieder, warum er ihre Mutter überhaupt geheiratet hatte. Schließlich wusste er, dass die Familie jüdischer Herkunft war. Sein immenser Hass gegen die Juden erinnerte sie an die Grolltaten der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland. Haben wir die Geschichte nicht schon hinter uns gelassen? Haben wir denn nichts daraus gelernt? Was unterscheidet einen Rabbiner von einem Priester? Sind wir nicht alle aus Fleisch und Blut? Für Lina war das alles unbegreiflich. Einerseits lehrte man sie, friedlich mit allen Menschen umzugehen, andere zu akzeptieren und ihre Meinungen zu tolerieren. Andererseits hörte sie so schreckliche Ausdrücke aus dem Mund ihres Vaters, dass sie oft zu weinen anfing und sich wünschte nicht mehr da zu sein.

Viele Bilder aus ihrer Kindheit hat sie bis heute noch in ihrem Kopf. Diese Bilder verfolgen sie bis in ihre Träume. Die Eltern haben sich ständig gestritten. Sie erinnert sich an Szenen, wie ihr Vater eines Nachts fast das gesamte Geschirr in der Küche auf dem Boden zerschlagen hat. Sie hörte alles aus ihrem kleinen Zimmer, das sie sich mit ihrer jüngeren Schwester teilte. An jenem Abend war ihre beste Freundin zu Besuch. Lina wusste nicht, was schlimmer war. Die Geräusche draußen in der Küche oder die Tatsache, dass ihre beste Freundin miterlebte, was sich in ihrer Familie abspielt, wenn der Vater über den Durst getrunken hat. Sie war sich sicher, dass Bekannte und Verwandte wussten, womit die Familie zu kämpfen hatte. Dennoch schwiegen alle. Lina war peinlich berührt. Ihre Mutter hatte oft blaue Flecken und jedes Mal, wenn Lina wieder ein blaues Auge sah, packte sie die Wut und schnürte ihr den Hals zu. Am liebsten hätte sie ihren Vater dafür bestraft. Wie sollte sie ihre Mutter beschützen? Sie stürzte sich oft in die Streitsituationen und verteidigte die Mutter. Dafür wurde sie natürlich auch von ihm bestraft. Er tat ihr weh. Einmal musste sie den brennenden Schmerz in ihrem Unterleib ertragen, als er sie mit seiner Faust verletzte. Sie schrie und Tränen liefen an ihrer zarten jugendlichen Haut hinunter. Wie viel Gewalt kann in diesem Menschen stecken und warum vergreift er sich grundlos an unschuldigen, hilflosen Menschen?

Sobald sie das Gefühl hatte, es komme wieder zu einem Streit, begann ihr Körper zu zittern. Gleichzeitig kochte sie vor Wut. Ihr Zorn beherrschte ihre Zellen und sie konnte jede einzelne Ader unter ihrer Haut zucken spüren. Sie hasste ihn. Sie hasste ihn so sehr, dass sie darüber nachdachte, sein Leben einfach auszulöschen, doch das erschien ihr so einfach, dass es keines besonderen geistigen Aufwandes bedarf. Lieber wünschte sie ihm eine schlimme Krankheit. Eine Krankheit, die ihn lähmen und zu einem langwierigen schmerzvollen Tod führen würde. Sie stellte sich eine Welt vor – eine Welt ohne IHN. Sie könnten so glücklich miteinander leben, die Schwester, ihre Mutter und Lina. Lina glaubte. - Eines Tages würde all das Böse zu ihm zurückkommen. Dessen war sie sich sicher. Daher beschloss sie, der Entwicklung Zeit und Raum zu geben. Mord ist ein schweres Verbrechen. Sie wollte ihr eigenes Leben nicht für ihn aufs Spiel setzen.

 

Willkommen Mookee,

Du hast gerade Pech, glaube ich. Etwas lustlos klickte ich mich durch das Forum - ja, kann passieren, wenn man eine kurze Pause von der Arbeit macht und die grauen Wolken nicht gerade zur Erheiterung beitragen - und dann sehe ich eine unkommentierte Geschichte, begann zu lesen und schon erwachte meine innerer Meckerhund über den unsauberen Wortgebrauch:

Draußen plätscherten die Regentropfen gegen die Fensterscheibe.

"Plätschern" entsteht meiner Meinung nach, wenn fließendes Wasser auf ein Hindernis trifft (-> Turbulenzen), sodass Luft mit dem Wasser vermischt wird, was wiederum das "Plätschergeräusch" verursacht.

Ein Regentropfen, der gegen die Scheibe knallt plätschert nicht oder nur so leise, dass man dies nicht hört. Was man hört, ist der Impuls des Regentropfens, der auf die Scheibe übertragen wird, wodurch entsprechende Schallwellen erzeugt werden.

Und schon geht es weiter:

Ein kalter Luftzug kam durch das angekippte Fenster in die Wohnküche.

Wieso ist das "angekippt" und nicht gekippt? Was soll angekippt überhaupt sein? Entweder es ist gekippt oder nicht. Einen angekippten Zwischenzustand zwischen gekippt und nicht gekippt kenne ich nicht.

Drinnen war es still. Dennoch war im Hintergrund das Summen einer gedimmten Leselampe zu hören und der schmale Lichtstrahl drang in den Flur hinein.

Still oder nicht still, das ist hier die Frage, welche im zweiten Satz beantwortet wird: nicht still.
Übrigens die "Lampe" ist das Mittel, das leuchtet ("Glühbirne"), wenn Du das "ganze Teil" meinst, ist es die Leseleuchte (ich weiß: Spitzfindigkeit ahoi!).

Und eine Glühbirne summt nicht, wenn etwas summt, dann bspw. ein Transformator, der aber oftmals in der Zuleitung zur Leuchte steckt und nicht in der Leuchte selbst.

Lina war im Badezimmer und nahm den Sturm nicht wahr, der draußen die Blätter tanzen lies.

Verwirrung pur: wozu die ganze vorherige Erzählung, wenn Lina das alles gar nicht wahrnimmt?

An der Stelle breche ich ab mit der Kleinkritik.

Der folgende Text, den ich dann nur kurz überflog, ist mehr eine Beschreibung einer Person als eine Geschichte. Für mich liest sich das zum Großteil ein wenig wie eine Charakterstudie, die man vielleicht anfertigen würde, wenn man Lina für einen Roman als Figur charakterisieren würde.

Diese Charakterisierung finde ich übrigens ganz gelungen. Da könnte man was draus machen. Also packe doch Lina in einen Plot, in dem sie agieren muss, einen Konflikt durchlebt, um etwas kämpft, in dem sie einen fiesen Gegenspieler hat, Mitstreiter oder was auch immer.

Ich wünsche Dir noch viel Spaß hier und ärgere Dich nicht über meine Spitzfindigkeiten!

Gruß
Geschichtenwerker

 

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