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23.02.2008
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Es gilt zu erzählen.
Es gilt zu erzählen; – wenn nicht schon in diesem Satz die ganze Sinnlosigkeit meines Unternehmens offensichtlich würde. In diesen Worten einer toten Sprache. Einer Sprache, die nur noch in mir weiterlebt, und selbst ich spreche sie nicht, hüte mich davor, sie erklingen zu lassen, weil es mir lächerlich vorkommen würde, diese Worte, die heute nichts mehr bedeuten, auszusprechen, in einer Zeit, für die sie nicht gedacht sind, und sie so zu entweihen.
Erzählen. Vielleicht ist es nur ein wunderbarer Zufall, vielleicht auch die grosse Weisheit derer, die diese Sprache einmal sprachen oder einmal sprechen werden – wo ist da der Unterschied? –, dass bereits in dem Wort „Erzählen“ selbst die Zahl enthalten ist. Schon das Wort enthält den Kern seiner Auflösung und Vernichtung. Denn Zahlen sind es, nicht Worte, aus denen die Welt geschaffen ist. Wir können die Welt in all ihren Einzelheiten zählen und errechnen; doch sie zu er-zählen, diese Fähigkeit ist uns nicht mehr gegeben. Es gibt in der Sprache, die wir heute sprechen – doch was heisst schon heute? Und was heisst sprechen? –, kein Erzählen mehr, denn Erzählen setzt Gewissheit voraus, die Unterscheidung zwischen wahr und falsch, dem, was nicht ist, und dem, was sein könnte. Doch der Fortschritt – das alte Wort klingt wie Hohn in meinen Ohren –, der Fortschritt hat dem Erzählen ein Ende gemacht.
Es gilt, mein Leben zu erzählen. Zeugnis über das Erlebte abzulegen. Doch was soll ich erzählen, wo ich nicht einmal weiss, ob ich tatsächlich lebe? In einer Zeit, wo uns die Zeit selbst abhanden gekommen ist. Wo wir nicht mehr wissen, ob das Gestern wirklich vergangen ist, wo Leben nicht mehr das Gegenteil von Tod ist, wo einer, der nicht lebt, noch lange nicht tot sein muss. Wo Erleben keine Angelegenheit des Einzelnen mehr ist. Wo das Blei in meiner Hand, das sich so fremdartig anfühlt und das ich mit linkischen, ungeübten Bewegungen übers Blatt führe, auch ein Trugbild sein könnte, die Kleider, die auch auf meiner Haut spüre, vielleicht nur der Einfall eines anderen.
Wer bin ich, dass ich auf solche Fragen Antworten geben könnte, dass ich es überhaupt wage, an ihnen zu rühren? Als ob ich mit meinem bescheidenen Verstande mehr verstehen könnte als der Carthesianer, für den die anderen Menschen bereits leblose, mechanische Apparate waren. Immerhin – ich werde mich nicht mit ihm vergleichen, denn er ist gross und hat die Zeit überdauert, ich dagegen werde schon bald vergessen sein, wenn man mich denn überhaupt je gekannt hat –; immerhin hatte er noch eine letzte Gewissheit, wusste er kraft seines Verstandes, dass er war. Heute – schon wieder dieses sinnlose Wort –, heute ist bereits dieses „ich“ eine Anmassung, können wir doch nicht wissen, ob wir wirklich sind. Bereits der Carthesianer spricht von dem ebenso bösen wie listigen Geist – und ich möchte nicht ausschliessen, dass es derartige Wesen damals wirklich gab, bevor sie im Lichte der Aufklärung verglühten. Einem so hellen Licht, dass es manchen, der es stolz vor sich hertrug, blendete – dem Geist also, dem Dämonen, der in böser Absicht eine Schattenwelt errichtet.
Vielleicht ist er, der den Zweifel zur ersten Tugend erhoben hat, tatsächlich einmal einer solchen Ausgeburt der Finsternis, dieser Gestaltwerdung der Lüge, begegnet. Doch solche Begegnungen waren damals noch selten. Wenn der Philosoph morgens in Paris über den Marktplatz schritt, wurden ihm die Dämonen nicht in farbig angemalten Flaschen feilgeboten, konnte er nicht unter den verschiedensten Mitglieder dieser teuflischen Familie auswählen, um dann schliesslich eine besonders kunstvoll geschmückte Flasche mit nach Hause zu nehmen, um sie zu öffnen und sich mit ihrem Bewohner zu vergnügen.
Dämonen in Flaschen, nichts anderes ist es, was unser Leben bestimmt, was das Erzählen verdrängt hat, was alle anderen Formen der Mitteilung fehlerhaft und unvollständig erscheinen lässt. Denn was bedeutet schon ein Wort, selbst ein so mächtiges und grossartiges wie Liebe? Wie dürr und schemenhaft muss es doch erscheinen im Vergleich zum wirklichen Erfahren von Liebe, der Liebe des anderen. Erst, wenn Dein Dämon von mir Besitz ergriffen hat, wenn ich Du bin und fühle, was Du für mich fühlst, kann von Liebe gesprochen werden; das heisst: eben nicht gesprochen, sondern gefühlt. Was sind dagegen Worte? Zeichen für Dinge, die sich dem Zeichenhaften entziehen.
Ich merke es, je länger ich schreibe und Zeichen hinter Zeichen setze, dass diese Sprache, die Sprache grosser Denker, olympischer Geister, von denen heute niemand mehr weiss – dass diese Sprache nicht in der Lage ist zu beschreiben, was an ihre Stelle getreten ist. Und so muss ich mir denn mit kümmerlichen Metaphern und Bildern behelfen, denn ein Dichter bin ich nicht – kann ich auch gar nicht sein, denn diese Zunft ist endgültig ausgestorben –, um zu erzählen, was nicht erzählt werden kann. Doch Zeugnis muss ich ablegen, ich muss berichten. Pietät freilich verbietet es mir, neue Worte zu erfinden, die Sprache mit Begriffen zu erweitern, die mir meine Aufgabe erleichtern würden. Die Toten soll man ruhen lassen, und meine kümmerlichen Erfindungen, sie wären ohnehin sinn- und kraftlos und könnten die Aufgabe, die an sie gestellt würden, nie erfüllen. Was könnte eine armselige Schöpfung wie „Bewusstseins-Transmission“ schon bedeuten? Dieses Unwort, diese Chimäre, kann nicht einmal annähernd die Gewalt des Augenblicks erfassen, wenn ich Du werde, wenn die Mauern der Wirklichkeit zusammenbrechen und den Blick frei geben auf eine neue Welt.
So unterlasse ich denn auch weitere Versuche und bleibe beim Bild der Dämonen, denn dämonisch hätten unsere Zeiten denen erscheinen müssen, deren Sprache ich mich bediene. Diese Sprache, die ich so liebe, die ich konserviere und in Zahlen fasse. Bald ist mein Werk vollendet, wird diese edle und hohe Sprache vollständig in einer langen Abfolge von zwei Ziffern beschrieben und aufgelöst sein, wird sie vollständig erfasst und endgültig tot sein. Denn wer wird sich noch die Mühe machen, sie zu erlernen, wenn alles, was es über sie zu wissen gibt, schon da ist, von einem einsamen Forscher in mühsamer und liebevoller Kleinarbeit in Nullen und Einsen gefasst?
Wir sammeln und konservieren. Neben mir gibt es andere, die die gleiche Aufgabe verfolgen, die ihren kleinen Teil der Vergangenheit erforschen und zergliedern, bis am Schluss die ganze vordämonische Welt in die zwei Ziffern gefasst ist und dann für immer vergessen werden kann. Gemeinsam tragen wir eine vergangene Welt zu Grabe, geben ihr das letzte Geleit, betten sie mit grosser Zärtlichkeit zur letzten Ruhe.
Es ist zweifellos diese Sprache, die Sprache des Könisberger Philosophen, die mich zweifeln lässt, denn im Zeitalter der Dämonen gibt es keine Zweifel mehr. Zweifel bedingt Wirklichkeit, aber in einer Welt, die keine Wirklichkeit mehr kennt, einer Welt, in der die Dämonen die Herrschaft errungen haben, kann kein mehr Zweifel existieren. Wirklichkeit und Illusion, Vergangenheit und Zukunft, Wahrheit und Lüge sind eins geworden. Wir haben die Philosophie überwunden, und nur wer wie ich das Überwundene kennt, wer die Sprache der Denker versunkener Epochen versteht, kann noch zweifeln, kann den Schmerz fühlen, die Unsicherheit, die pure, namenlose Angst. Ich kann niemandem mitteilen, was ich fühle; das heisst, was ich fühle vielleicht, aber nicht, was ich denke. Denn Denken ist Sprache, und Denken in einer toten Sprache ist totes Denken.
Der Gedanke, dass ich vielleicht tatsächlich nicht hier bin, in diesem gut geheizten Zimmer sitze, sondern im Gegenteil in eisiger Kälte liege, oder – nicht auszudenken! – gar nicht bin, und nur nachfühle, was andere für mich erleben, was sich die Dämonen ausdenken, dieser Gedanke ist mir unerträglich. Er bringt mir keine Ruhe. Vielmehr treibt er mich an, nach dem Blei zu greifen und Zeugnis abzulegen.
Die Überwindung der Wirklichkeit, das ist der Fortschritt, das Ende des Suchens. Die Gewissheit, dass es keine Gewissheit gibt, beruhigt. Sie relativiert alles, nimmt die Angst, bringt heitere Gleichgültigkeit. Wie ein weiches Tuch legt sie sich vor die Augen und deckt die Wirklichkeit zu. Wenn es keinen Tag mehr gibt, verliert auch die Dunkelheit ihre Schrecken. Ich aber habe Kunde von einer Zeit, in der das Tuch noch nicht fertig gewoben war, in der Löcher im Gewebe den Blick auf die Wirklichkeit frei gaben, in der noch Zweifel und Unsicherheit herrschen konnten. Ich kenne die Angst vor der Dunkelheit.
Es ist eine Schreckensvision, die mir den Verstand zu rauben droht, ein Gedanke, der so schrecklich, so infam ist, dass es über den Glauben geht. Was wäre, wenn dies alles, die Sprache und die Zeit, aus der sie stammt, auch nur das Werk eines Dämonen ist? Wenn es dies alles nie gab, wenn ich diese Zeilen in einer Sprache schreibe, die nie gestorben ist, weil es sie gar nie gegeben hat! Wenn mein Zweifel nicht meinem Verstande entspringt, sondern von Wesen, deren Wirken mir verborgen ist, gezielt gesät wurde. All die Unsicherheit, die heilige Raserei meines Geistes, der Schmerz, der Schrecken, das Grauen, all dies nur zur Belustigung einer teuflischen Brut, die amüsiert meine Verrenkungen beobachtet. Es ist nicht auszudenken – und doch: wenn selbst ich, ein unbedeutender Erforscher einer toten Sprache, eine derart teuflische Intrige ersinnen kann, welche diabolischen Einfälle müssen sie dann erst haben? Sie, die ich nicht einmal benennen kann, die mir für immer verborgen bleiben werden!
Und so muss ich denn erzählen. Muss schreiben, die Sprache verlangt es von mir. Die Sprache, die sie ersonnen haben, um mich zu quälen, die nie wieder jemand verstehen wird. Muss Seite um Seite mit Zeichen anfüllen, die für den Aussenstehenden wie das sinnlose Gekritzel eines Wahnsinnigen aussehen müssen. Zeile um Zeile, Seite um Seite, Heft um Heft. Muss schreiben, muss Zeugnis ablegen, denn dies sind Fluch und Schicksal dieser Sprache.

 

Hallo zusammen, das ist mein erster Versuch hier, und ich gespannt, wie er ankommt. Der Text ist schon ein wenig älter. Ich habe ihn kürzlich wieder ausgegraben und da er mir nach wie vor ganz gut gefällt, dachte ich, ich schau mal, was das Publikum meint.
Obwohl der Text in meinen Augen thematisch auf jeden Fall unter SF einzuordnen ist, sehe ich ihn primär als Sprachspiel. Es ging mir nicht um eine dramatische Geschichte, sondern um einen bestimmten Tonfall, um eine Stimmung.

 

Hallo und Willkommen bei uns!

Also die Geschichte würde ich nicht unter Sciencefiction einordnen. Das passt schon eher in Seltsam oder Philosophisches.

inhaltlich konnte ich dir ehrlich gesagt nicht folgen. Worum geht es da eigentlich? Warum soll das Sciencefiction sein?
für mich, einen den philosophische Texte bislang nie so richtig packen konnten, liest sich das Ganze wie eine etwas überdrehte Ansammlung von grundsätzlich spannenden Überlegungen, die dabei in ihrer Länge und verdrehtheit, diesem ständigen hinterfragen echt anstrengend sind und letzten Endes nur sagen, dass da einer zutiefst misstrauisch ist gegenüber dem, was er wahrnimmt oder auch nicht. Das wäre gar nicht so schlecht, wenn es ein bisschen mehr in einer Geschichte verpackt wäre. So lese ich das eben und habe das Gefühl, ein in Intellektualität verpacktes Nichts nicht verstanden zu haben und es bleibt mir gleichgültig.

Georg

 

Warum es SF ist? Weil es um eine Welt geht, in der Bewusstseinszustände aufgezeichnet und wieder abgespielt werden können.

 

konstruktiver Vorschlag: mach das deutlicher!

War das übrigens alles, was du zu meinen Anmerkungen sagen willst?

 

Vorläufig möchte ich zu Deinen Anmerkungen in der Tat nicht mehr sagen. Ich bin gespannt, ob andere das ähnlich sehen wie Du. Wenn die Geschichte in ihrer jetzigen Form tatsächlich nicht verständlich ist, dann muss ich akzeptieren, dass sie nicht funktioniert. Dann würde es meiner Meinung nach auch nichts bringen, den zentralen Punkt deutlicher zu machen, denn der "Witz" des Textes liegt gerade darin, dass man sich aus diesem halbirren Monolog zusammenreimen muss, um was es da gehen könnte. Das ist gewissermassen "die Geschichte".

 
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Hallo simifilm und "welcome" hier im SciFi - Eck!

Tja, ich darf mich Schreibär inhaltlich voll und ganz anschließen.
Ich hab keinen, aber auch wirklich absolut keinen Schimmer was diese Geschichte aussagen soll.
Für mich kommt das alles wie eine bekiffte Samstagabenddiskussion daher.
Nein, eher wie eine Philosphiestunde in der 6. Klasse Gymnasium. Viele, viele Fragen auf die es keine Antworten gibt, die man auch irgendwie nicht finden möchte, weil man ja sonst nix mehr hat worüber man gescheit reden kann.
Tausend Anspielungen machen noch keinen Diskurs. Sorry.

Mir würden ein paar klärende Worte auch helfen.
Im Übrigen sind noch ein paar brutale Rechtschreibfehler drin.

bg, LE

 

Hallo simifilm,

ich halte Deinen Text für völlig misslungen. Viel Unsinn ergibt längst keinen Sinn, selbst dann nicht, wenn der Leser als Sinnschaffender herhalten muss wie im vorliegenden Fall, denn unmittelbar erkennbar ist da nichts. Der Text selbst ("Geschichte" halte ich mangels erzählter Handlung für einen unangemessenen Begriff) besteht aus meiner Sicht aus einer Aneinanderreihung von Unfug, den ich im folgenden zerlegen werde, bis mir die Lust vergeht:

diese Sprache einmal sprachen oder einmal sprechen werden – wo ist da der Unterschied?

Im Tempus. Das ist ein Unterschied. Es sei denn, die Zeit verläuft nicht mehr linear (was schon ein Widerspruch in sich ist), und dann lässt sich auch keine lineare Geschichte erzählen. Später benutzt Du durchaus "früher" und "später" explizit, so dass offensichtlich ein größtenteils linearer Zeitablauf gegeben ist. Daher sage ich: Es ist ein Unterschied; Vergangenheit und Zukunft einfach in Frage zu stellen, ist daher in dieser simplen Form unsinnig.

Denn Zahlen sind es, nicht Worte, aus denen die Welt geschaffen ist

Unsinn. Die Welt besteht aus Elementarteilchen. Zahlen können höchstens dazu dienen, sie zu beschreiben.

in dem Wort „Erzählen“ selbst die Zahl enthalten ist

Ich bin kein Sprachwissenschaftler, aber laut einer kurzen Recherche im Grimm-Wörterbuch haben "Erzählen" und "Zahl" nicht denselben Wortstamm (wer es besser weiß, möge mich verbessern). Folglich ist es Unsinn, hier einen Zusammenhang herzustellen, wo keiner ist, bis auf eine zufällige Übereinstimmung von Buchstaben.

Es gibt [...] kein Erzählen mehr

Dass es kein Erzählen mehr gibt, ist wenigstens mal eine Aussage, mit der der Leser was anfangen kann. Sie erklärt nämlich, warum der Text nichts erzählt. Wenn man das Herunterleiern verschwurbelter Gedanken nicht als "Erzählen" durchgehen lassen will, was ich gewöhnlich in der Tat nicht tue.

denn Erzählen setzt Gewissheit voraus

Unsinn. Man kann auch eine ungewisse Geschichte erzählen, einen Zeitstrang des Möglichen in Worte pressen oder den Konjunktiv verwenden. Auch die Behauptung, es gäbe "kein Erzählen mehr", setzt übrigens Gewissheit voraus. Mehr noch als jede fiktive Handlung, denke ich.

Und was heisst sprechen?

Ich bin sicher, dass jemand, der einer Sprache (und sei es eine Schriftsprache) mächtig ist, dem Wort "sprechen" eine Bedeutung zuweisen kann.

Doch was soll ich erzählen, wo ich nicht einmal weiss, ob ich tatsächlich lebe?

Wie wäre es mit dem im Vorsatz erwähnten "Erlebten"? Egal wie subjektiv oder falsch die Erinnerung sein kann, egal ob jemand lebt oder (wie z.B. eine Maschine) nicht: Wenn es abgespeicherte Erlebnisse gibt, kann man sie wiedergeben.

wo Leben nicht mehr das Gegenteil von Tod ist

Ja und? Klar kann man gewisse Fragen diskutieren: Ist der Tod nicht der zeitliche Nachfolger von Leben statt das Gegenteil? Gibt es nicht zahlreiche Dinge, denen man keinen von beiden Begriffen sinnvoll zuweisen kann? Mag ein interessanter Diskurs sein - aber Du führst ihn nicht.

die auch auf meiner Haut spühre

Haarsträubender Rechtschreibfehler. Ich hhhhhhhoffe, Du siehst ihn selbst ...

Wer bin ich, dass ich auf solche Fragen Antworten geben könnte

Welche Fragen? Die, was der Erzähler erzählen soll? Ob die Kleidung echt ist oder nicht? Die Fragen sind nicht einmal klar auf dem Tisch! Hohle Phrase.

Was sind dagegen Worte? Zeichen für Dinge, die sich dem Zeichenhaften entziehen.

Was bitte ist denn das "Zeichenhafte"? Okay, "Kennzeichnend" laut Grimms Wörterbuch. Dinge entziehen sich keineswegs einer Kennzeichnung. Wörter sind eine Vereinbarung innerhalb einer Personengruppe, die dieselbe Sprache verwendet. Wieder eine Behauptung in Deinem Text, die ich als Unsinn bezeichnen würde, es sei denn ...

(den Rest habe ich nur noch überflogen, um zu schauen, ob noch irgendeine Wendung kommt; auf jeden unsinnigen Satz einzugehen, ist mir jetzt einfach zu anstrengend)

... es sei denn, Du verfolgst nur ein Ziel: Alles in Frage zu stellen - Richtung des Zeitpfeils, Kausalität, "Gewissheit", eigene Existenz, Realität. Tut mir Leid, aber das finde ich (jedenfalls in dieser Form) langweilig, ermüdend, sinnlos. Zudem widersprichst Du Dir mehrmals selbst; so ist einmal davon die Rede, dass es keine Gewissheit mehr gibt, später aber, dass es eine Zeit gab, in "der noch Zweifel und Unsicherheit herrschen konnten." Also was jetzt?

Gut, irgendwelche "Dämonen in Flaschen" scheinen mit der Sache zu tun zu haben. Aber wo sie herkommen, was sie wirklich tun, warum, und wobei es sich denn nun handelt, das bleibt alles offen.

Ich glaube, dass ich mich jetzt wirklich redlich bemüht habe, einen Sinn, eine Handlung, eine Idee in diesem Text zu finden (was ich in dieser Ausführlichkeit übrigens nicht zuletzt getan habe, weil mein Kollege Dante, der sich hoffentlich auch noch hier äußert, meine Meinung, dieser Text gehöre gelöscht, da er keinerlei Handlung enthält, nicht teilt). Es tut mir wirklich Leid, aber mir bleibt nur dasselbe Urteil wie das meiner Vorredner: Was auch immer Du vorhattest, es hat nicht funktioniert.

Für mich als Leser ist dieser Text nur eine undurchdachte Aneinanderreihung von ziemlich zusammenhanglosem Blabla, das mich weder zum Nachdenken anregt noch als ernsthafte philosophische Auseinandersetzung durchgeht. Freilich darf die Philosophie einfach mal alles in Frage stellen (methodischer Zweifel). Aber nur, um dann nach Antworten zu suchen, sonst hat das keinen Wert.

Lässt man die Philosophie in Deinem Text mal weg (denn wirklich ernsthaft kann ich das, was da in Deinem Text steht, nicht als solche auffassen), bleiben nur die Flaschendämonen, die irgendwie alles durcheinander gebracht haben. Und das ist an Handlung einfach viel, viel zu wenig.

Fazit: Schrott.

Uwe
:cool:

 

Ich sehe schon, der Text stösst auf grosse Begeisterung. ;)

Ich muss sagen, dass ich überrascht bin, dass der Text als unverständlich taxiert wird. Ich dachte, die Kritik würde eher in die Richtung gehen "Da wird was Uraltes in schwurbeliger Sprache" neu aufgewärmt.

Was war die Idee dahinter: Es ging, wie ja eingangs kurz erwähnt, um ein Sprachspiel, und das gewissermassen in zweifacher Hinsicht. Es ging einerseits um die Frage, wie das wirkt, wenn ein typisches SF-Szenario in einem ungewohnten Stil, einem überkandidelten 19.-Jhdt.-Deutsch erzählt wird, und andererseits auch um die Frage, was geschieht, wenn jemand in einer toten Sprache erzählt.

Das Szenario, das – zugegebenermassen - nur angedeutet wird, könnte man vielleicht als P.-K.-Dick-Welt bezeichnen. Es ist eine Welt der Zukunft, in der es ein Verfahren gibt, um Bewusstseinszustände aufzuzeichnen und wieder abzuspielen. Und der Erzähler ist ein Sprachforscher, der die Aufgabe hat, das Deutsche quasi mathematisch zu zerlegen und der durch diese Beschäftigung mit der Vergangenheit gewissermassen in "andere Zustände" kommt.

Eine Story im eigentlichen Sinn ist da wirklich nicht vorhanden (wobei eine Kurzgeschichte ja durchaus nicht unbedingt einen klaren Plot haben muss), es ging mir mehr darum, von dieser Ausgangslage aus zu einer Art manischem Poe-Monolog anzusetzen, der sprachphilosophische und erkenntnistheoretische Fragen anreisst und mit ihnen spielt. Für philosophisch tiefgründig halte ich den Text dabei übrigens keineswegs (obwohl der zentrale Bezugspunkt natürlich Descartes "Meditationen" sind), sondern für durch und durch spielerisch. Gewisse Stellen sind durchaus ironisch auf gewisse aktuelle Sprachtheorien gemünzt. Es ging mir eigentlich mehr darum damit zu spielen, dass jemand aus einer fernen Zukunft in einer vergangenen Sprache spricht, und das ist durchaus witzig und nicht bierernst gedacht und sollte – im besten Fall – eine gewisse lyrische Qualität haben. Aber anscheinend scheint das nicht zu funktionieren. Naja.

 

Und der Erzähler ist ein Sprachforscher, der die Aufgabe hat, das Deutsche quasi mathematisch zu zerlegen und der durch diese Beschäftigung mit der Vergangenheit gewissermassen in "andere Zustände" kommt.

Tut mir Leid, das kann ich wirklich nicht erkennen. Was ist denn jetzt mit den Flaschendämonen?

 
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Hallo simifilm!

Gräme dich nicht, Rettung naht! :D Das hat man jetzt davon, sich hier mit Physikern und Medizinern rumplagen zu müssen, als alter Philosoph habe ich deinen Text - wenn auch nicht zu 100% - doch in weiten Teilen verstanden oder konnte mir einen Reim auf deine Anspielungen machen. Ein Szenario fehlt leider völlig, das wird auch der Casus Knacktus sein, warum man als Leser keinen festen Angelpunkt vorfindet, denn es werden kaum "plastische Bilder im Kopf" erzeugt. Schon Descartes hat es sich wenigstens in seinem Zimmer gemütlich gemacht, bevor er die Wirklichkeit negierte. ;)

Gut. Hier meine Instant-Interpretation:

Wenn einem als "denkendes Ding", um bei Descartes zu bleiben, nur noch das eigene Denken bleibt, weil vielleicht der Körper fort ist und man nur noch als solipsistisches Computerprogramm o.ä. in schwarzer Ewigkeit dahinschwebt, während man aus der Erinnerung heraus die gekannte Welt digitalisiert, kann man da schon in wahnhaftes Grübeln verfallen ... ;)

Allerdings: Dein Protagonist scheint doch noch "alle Sinne" beisammen zu haben, ergo: über einen eigenen Körper als Erfahrungshorizont zu verfügen, was ja immerhin schon etwas ist ... Dennoch scheint sich seine Welt irgendwie "in Auflösung" und/oder "Metamorphose" zu befinden; da wird von "Bewusstseins-Transmission" gesprochen, was wohl ein Überführen des menschlichen Erlebens in einen anderen (Seins-)Zustand beschreibt, also:

1) sinnlich emotionale Erfahrung von z.B. Liebe --->
2) Liebe als Wort, als Kommunikationsbegriff -->
3) Liebe als mathematisches Konstrukt

Somit ist dann "Liebe" möglicherweise berechenbar geworden, steht aber nun außerhalb menschlicher Seins-Erfahrung und ist somit nicht mehr für den Menschen real, weil sie "außerkörperlich ist" bzw. "abstrahiert" wurde.

Was bleibt dann? Eine nicht mehr mit menschlichen Gedanken zu erfassende Welt! Und somit kann der Einzelne keine Basis-Realität mehr, keine "Stimme im Kopf" für sich erzeugen, jedenfalls nicht mehr mit Worten .... er müsste dann mathematisch oder schlimmer noch "digital" denken und zwar wie ein Computer: sequenziell.

Wenn also unser Neo-Descartes nicht einmal mehr sein "Denken" hat, nicht mehr als "denkendes Wesen" existiert, wie soll er dann überhaupt wissen, was "Ich" und was "Welt" ist; dann bricht ihm alles auseinander und selbst die letzte Gewissheit fällt: Ich bin! Weil ich denke! Oder besser: solange ich denke, bin ich. Wenn ich nicht mehr denken kann, dann löse ich mich auf ...

Joah. Ich find's okay soweit! Nächstes Mal aber bitte mit Handlung! ;)

Dante

 
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Hallo Dante,

das freut mich doch, dass mich wenigstens jemand versteht. ;) Deiner Interpretation habe ich kaum was zuzufügen, das ist im Wesentlichen "um was es da geht" (neben der sprachlichen Seite: einen SF-Umstand in "Nicht-SF-Sprache" zu beschreiben). Ich bin etwas überrascht, dass Du das bislang als einziger verstehst. Es ist sicher so, dass man dem Text nur mässig folgen kann, wenn man noch was von Descartes gehört hat, aber ich dachte, zumindest die Grundidee der "Meditationen" könnte man voraussetzen, resp. wenn das im Text drin erklärt werden würde, wär's mir zu didaktisch und zu wenig spielerisch.

simifilm

 

Tut mir Leid, das kann ich wirklich nicht erkennen. Was ist denn jetzt mit den Flaschendämonen?

Bei Descartes ist der Dämon ein wichtiger Teil der erkenntnistheoretischen Überlegungen – woher weiss ich, dass die Welt, die ich erlebe, nicht das Werk eines hinterlistigen Dämons ist? In der Welt meines Textes gibt es nun eben ein Verfahren zum Aufzeichnen von subjektiven Erfahrungen (wie etwa auch bei Gibson oder in "Strange Days"). Die Dämonen in den Flaschen ist die Metapher, die der Erzähler für diese Geräte erfindet, ich hätte es auch "Simstim-Tape" nennen können, nur ging es mir eben darum, völlig auf den üblichen SF-Jargon zu verzichten. Eigentlich stört mich bereits, dass so ein Begriff wie "Bewusstseins-Transmission" auftaucht. Ich dachte, bereits das wäre zu eindeutig und zu plump ...

 

Hallo simifilm,
Der Rationalismus, wie er in deiner Geschichte, die insofern in der Tat jeden Aspekt einer Geschichte (klarer Anfang, klares Ende zwischen die sich der Bogen des Lebens spannt) negiert oder mit paranoiden Vorstellungen abtut, entäußert sich in der kargen Form eines Monologs, bringt sich selbst um die Wirkung, die die Gedanken, augrund ihrer Ferne von anderen Lebenden, vom Leben überhaupt, erzeugen sollen.

Ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob ich das recht verstehe: Die monologische, solipsistische Form des Ganzen, das Fehlen von Interaktion mit anderen Menschen nimmt Deiner Meinung nach dem Text die Wirkung?

Ein Ich, das nur aus Gedanken noch besteht (in welcher Flasche auch immer) versinkt in einer uferlosen Reflexion über Alles und Nichts und wird letztlich an innerer Auszehrung versickern. (Sensorische Deprivation) Selbst die abgehobensten Abstraktionen, etwa die Zahlen, kommen nicht in den Bregen ohne Analgien zur Welt der Dinge und der Körper.

Analgien – das ist ein schweinischer Verschreiber, der mir gefällt. ;)

Es gibt kein Denken ohne gut durchblutetes Gehirn. Die ganze geistige Wixerei, etwa bei Kant mit seiner transzendentalen Deduktion ist, grob gesagt, für den Arsch.

Das wäre noch zu klären ... Der Punkt ist ja genau, dass das eben nicht überprüfbar ist.

 

Kann man eigentlich irgendwie den Thread-Titel ändern, habe einen provisorischen Titel für den Text.

 
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Hallo simifilm,

ich kann verstehen, dass den eingefleischten SF-lern die Handlung zu dünn ist. Als eingefleischter (Alt-)Philologe hatte ich am Text meine Freude. Ich glaube, wer sich mal mit einer toten Sprache beschäftigt hat, hat sich früher oder später auch mal gefragt, was das Ganze eigentlich soll. Und weil dieses Ganze keinen unmittelbar erkennbaren Sinn macht, fängt man an, darüber (mehr oder weniger anspruchsvoll) zu philosophieren.

Du machst es angenehm anspruchsvoll! Und kleidest darüber hinaus das nackte Philosophieren in eine Zukunftsvision, die – wie ich finde – in sich stimmig sowie nachvollziehbar ist.

Sprache und Bewusstsein sind die Grundelemente, auf die du baust. Inwiefern sie sich einander bedingen, die Grundfrage. Beklemmend, dass Sprache Bewusstsein fördert (was ja eigentlich schon unheimlich ist), um es wiederum in Frage zu stellen. Vielleicht keine neuen Überlegungen (was du ja weißt;)), aber ich fand sie sehr ansprechend verpackt.

Verschieb’ den Text nach Seltsam oder Philosophisches (wie schon vorgeschlagen) und dann ist dir meine Empfehlung sicher. (Ich will mir hier keine Feinde machen!:D)

Gruß
Kasimir

PS: Den Titel würde ich aus interpretatorischen aber auch technischen Gründen so lassen.

 

Dass es so weit kommen muss, dass ich hier ausgerechnet von einem Altphilologen Komplimente kriege. Wo Latein doch mein absolutes Hassfach war. ;)

Ernsthaft: Freut mich, dass es doch auch Leser gibt, die Gefallen an dem Text finden. Ich halte ihn ja nicht für einen grossen literarischen Wurf, aber solchen Widerstand habe ich dann doch nicht erwartet.

simon

 

Dass es so weit kommen muss, dass ich hier ausgerechnet von einem Altphilologen Komplimente kriege. Wo Latein doch mein absolutes Hassfach war.;)

Gern geschehen! Von Latein war - zum Glück für uns beide :D- nicht die Rede.

Jetzt verfasse ich noch mein Empfehlungsschreiben und wünsche dir noch viele Leser hier und überall!

Gruß
Kasimir

 

Doch was soll ich erzählen, wo ich nicht einmal weiss, ob ich tatsächlich lebe? In einer Zeit, wo uns die Zeit selbst abhanden gekommen ist. Wo wir nicht mehr wissen, ob das Gestern wirklich vergangen ist, wo Leben nicht mehr das Gegenteil von Tod ist, wo einer, der nicht lebt, noch lange nicht tot sein muss. Wo Erleben keine Angelegenheit des Einzelnen mehr ist. Wo das Blei in meiner Hand, das sich so fremdartig anfühlt und das ich mit linkischen, ungeübten Bewegungen übers Blatt führe, auch ein Trugbild sein könnte, die Kleider, die auch auf meiner Haut spüre, vielleicht nur der Einfall eines anderen.
Ein Sprachforscher, der "wo" als Frage nach der Zeit verwendet?
Da wird was Uraltes in schwurbeliger Sprache neu aufgewärmt
Das wäre ja grundsätzlich konsequent, wenn die Sprache mittlerweile so tot ist wie weiland Latein. Aber zu schwurbeliger Sprache gehört eben gerade wegen fehlender Praxis Lehrbuchgrammatik.

Lieben Gruß
sim

 

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