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Ohne Titel
Sie warf die Autotür zu und schloss den Wagen ab. Mit Handtasche über der Schulter und Plastiktüten in der Hand ging sie über den Bürgersteig und trat in den Hauseingang. Als sie die Tüten abstellte, um in der Tasche nach ihrem Hausschlüssel zu suchen, fiel ihr plötzlich - nach den fünf Jahren, die sie nun schon diese Wohnung hatte - auf, dass die Tür eine Farbe hatte, die sie sonst noch nirgendwo gesehen hatte. Es war kein kastanienbraun, kein "dunkelbraun", es war ein eigenartiges braun... Warum war ihr das vorher nie aufgefallen? Dieses braun war so seltsam, und sie hatte das in fünf Jahren nicht bemerkt. Als jetzt auch noch ein bisschen Sonne auf die Tür fiel und die Farbe zu glänzen begann, versank sie völlig in ihren Gedanken. Gedanken darüber, warum sie erst nach fünf Jahren die Farbe ihrer Tür richtig bemerkte, Gedanken darüber, welche anderen Dinge sie noch übersehen hatte und auch Gedanken darüber, was sie an ihren Mitmenschen so alles übersehen haben mochte. Manche kannte sie erst seit einigen Monaten, konnte sie sich da ein Urteil über sie erlauben, wenn sie noch nicht einmal in fünf Jahren die Farbe einer Tür bemerkte? Was hatte sie überhaupt in ihrem Leben übersehen, wenn sie es hätte bemerken sollen, und wieso machte sie sich überhaupt Gedanken über die Farbe einer Tür? Nun konnte sie kaum einen klaren Gedanken mehr fassen, sie war vollkommen in Überlegungen über ihre Mitmenschen und sich selbst vertieft, als plötzlich ein Schatten über sie fiel. - "Schatz, warum stehst du denn hier in der Tür und rührst dich nicht?" - "Ach, nicht so wichtig..."