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Ohne Dich

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27.08.2013
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Ohne Dich

Ich erwachte aus meinem Schlaf als der Wecker klingelte. Um den Tag zu beginnen strecke ich am besten einen Fuß aus der warmen und kuscheligen Decke und anschließend den nächsten. Der erste Blick im Spiegel verrät mir, dass ich kein anschaulicher Morgen-Mensch bin.
Auf dem Weg zur Toilette kommen mir keine Bilder in den Kopf sondern Gedanken. Ich weiß nicht warum, aber in meinem Kopf schwirren nur Gedanken, keine Bilder und ich weiß bis heute nicht warum das so ist. Vielleicht bin ich stumpfsinnig und kalt oder einfach nur fantasielos.

Meine Gedanken kreisen schon auf dem Weg zur Toilette an dich. Ich setze mich auf den Klodeckel und frage mich, was du wohl genau jetzt in diesem Moment tust. Sitzt du auch auf der Toilette? Sitzt du auch auf der Toilette und denkst gar an mich, so wie ich an dich?
Während ich meine Blase leere und das Toilettenpapier nehme um mich abzuwischen, frage ich mich, ob du dich auf die gleiche Weise abwischst. Die Toilettenspülung macht einen unheimlichen Krach und ich gehe rüber ans Waschbecken um die morgendliche Pflege zu beginnen.

Manchmal frage ich mich, wie’s wohl wäre, würden wir zusammen wohnen. Wie würde unser Tag aussehen? Würden wir den ganzen Tag nur im Bett liegen und zusammen träumen und dabei dem Staat den Rücken kehren? Ich schätze ich werde es wohl nie erfahren. Der Gedanke, es wahrscheinlich nie zu erfahren schmettert mich auf eine ungewöhnliche Weise ziemlich nieder, so dass ich keine Lust mehr habe, mich anzuziehen und meinen Pflichten nachzugehen.

Ich bemerke, wie du mir alles raubst sogar die Lust am Tag. Ich würde mich am liebsten ins Bett verkriechen und erst wieder rauskommen, wenn du da bist und mich zärtlich weckst. Ich trinke den Kaffee und rauche dabei meine Zigarette und höre wie jeden Morgen Lieder, die mich an dich erinnern. Ob ich mich damit noch mehr in die Scheiße reite weiß ich nicht. Es ist ziemlich kalt draußen, also ziehe ich mich dick an. Auf dem Weg zum Bus höre ich weiterhin diese Lieder, die mich an dich erinnern. Mein Handy wimmelt nur von solchen Liedern. Jedes Lied ist für dich. Jede einzelne Lyric ist für dich. Die Musikalische Begleitung ist nur der Gipfel und die wunderbare Vollendung für die Zuneigung, die ich für dich empfinde.

Im Bus sehen alle Menschen so furchtbar schlecht gelaunt aus und jeder würde jeden am liebsten umbringen oder verletzen. Dieser Bus erdrückt mich… ich habe dich zwei Jahre lang nicht mehr gesehen und mache nicht so ein Gesicht, also warum tun sie es?

Als meine Haltestelle den ganzen Bus durch schallt, stehe ich auf und steige aus. Es wäre aber schöner gewesen, mit dir gemeinsam aufzustehen und auszusteigen, aber du bist nicht da. Also muss ich jetzt meinen Weg alleine gehen und dich zurück lassen. Nur wie soll ich meine Tage meistern ohne dich?

 
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Hallo everythingchanges

Herzlich willkommen hier im Forum. :)

Ich habe deinen Erstling gelesen, vernahm das Wehklagen deiner Protagonistin, das als innerer Monolog daherkommt. Als Geschichte vermag es mich nicht zu überzeugen, da es nicht mehr als ein momentanes Stimmungsbild vermittelt. Im Handlungsablauf geschieht nichts, es ist schlicht und einfach die Schilderung eines kurzen Zeitabschnittes, ausgefüllt mit Gedanken. Weder von Romantik noch von Erotik verspürte ich da was.

Eine Geschichte als inneren Monolog zu schreiben halte ich nicht für unmöglich, doch als eine sehr, sehr hohe Anforderung, weshalb es solche Erzählungen nur sehr wenige gibt. Bei Kurzgeschichten sind meist zwei oder drei Personen im Spiel, die einen Dialog ermöglichen und der Konflikt sich nicht nur gedanklich abspielt. Dies auch deshalb, da eine Geschichte bedingt, dass Ereignisse auftreten, die den Leser in den Bann ziehen, sich etwas verändert.

Noch etwas zum Inhalt:

Ich erwachte aus meinem Schlaf[KOMMA] als der Wecker klingelte.

Der Einleitung einer Kurzgeschichte kommt wichtige Bedeutung zu, der Leser sollte neugierig werden oder sich verwundert fragen, was da folgt. Deshalb sollten Autoren sich genau überlegen, wie sie beginnen wollen und die Inhalte der ersten Sätze sorgfältig abwägen. Dieser Satz klingt ausgesprochen normal, es ist das, was die meisten Menschen täglich erleben. Auch die nächsten beiden Sätze sind bedeutungslos, geben der Geschichte keinen wichtigen Impuls. Als Leser weiss ich nun einzig, dass die Protagonistin ein Morgenmuffel ist.

Auf dem Weg zur Toilette kommen mir keine Bilder in den Kopf[KOMMA] sondern Gedanken.

Meine Gedanken kreisen schon auf dem Weg zur Toilette an dich.

Wiederholungen sind meist überflüssig und störend. Auch fragte ich mich, wie du Gedanken und Bilder differenzierst? Gedankliche Bilder bleiben im Wachzustand eher sehr vage und skizzenhaft, nicht wie in einem Traum. Es ist also von Vorteil, sich der Realität der Aussagen bewusst zu sein, auch wenn eine Geschichte natürlich fiktives Erleben darstellt.

Während ich meine Blase leere und das Toilettenpapier nehme[KOMMA] um mich abzuwischen, frage ich mich, ob du dich auf die gleiche Weise abwischst.

Ein natürliches Geschehen, doch von unnötiger Offenheit. Diese Preisgabe ihrer Intimsphäre durch die Protagonistin ist in dieser Form reizlos und ohne ersichtlichen Wert für den Verlauf.

Ich würde mich am liebsten ins Bett verkriechen und erst wieder rauskommen, wenn du da bist und mich zärtlich weckst.

Da tritt ein Widerspruch zum vorgehenden Abschnitt auf, wo die Protagonistin noch denkt, sie steht nicht auf.

Im Bus sehen alle Menschen so furchtbar schlecht gelaunt aus und jeder würde jeden am liebsten umbringen oder verletzen. Dieser Bus erdrückt mich… ich habe dich zwei Jahre lang nicht mehr gesehen und mache nicht so ein Gesicht, also warum tun sie es?

Zwischen einem Wort und Auslassungszeichen immer einen Leerschlag einbringen. Eine Ausnahme ist nur da gegeben, wenn es sich um ein unvollendetes Wort handelt, z. B. Verd…!
Wie ist denn ihr Gesicht? Doch wohl genauso, wie sie es bei andern wahrnimmt. Ist es nicht vielmehr eine Spiegelung ihrer eigenen Empfindungen, die sie auf ihre Umgebung projiziert? Alles deutet darauf hin, dass sie sich einer depressiven Verstimmung hingibt, keine Krankheit, aber eine Einstellung, die sie die Welt einzig negativ wahrnehmen lässt. Natürlich strahlen nicht alle Leute sie lächelnd an, einige haben vielleicht Sorgen, andere schlicht eine entspannte Gesichtsmuskulatur. Doch die Protagonistin verbaut sich die Freude am Alltag selbst, da sie sich nur auf das eine fixiert. – Es wäre durchaus ein Thema, das sich greifbar umsetzen lässt, wenn es sich sichtbarer an ihrer Umwelt reibt, und letztlich sie sich verändert.

Als meine Haltestelle den ganzen Bus durch schallt, stehe ich auf und steige aus.

durchschallt
Es ist die Ankündigung der Haltestelle, die klanglich auftritt, sie selbst bleibt tonlos.

Also muss ich jetzt meinen Weg alleine gehen und dich zurück lassen. Nur wie soll ich meine Tage meistern ohne dich?

Ein Zurücklassen findet nur in Gedanken statt, die sie in ihrer Verfassung aber wohl kaum ausschaltet. Und wieso Tage und nicht Tag?

Aus dem von dir gesetzten Fokus auszubrechen dürfte nicht ganz einfach sein. Am günstigsten wirkte mir, es träte da noch eine andere Person auf, mit der sie sich austauschen könnte. Doch auch der Handlung bedürfte es mehr und sei es nur eine Begegnung, in der sie jemandem begegnet in den sie sich Hals über Kopf verknallt. Das Bild des bisher Angebeteten zerbröckelte in ihrem Gedächtnis, oder so.

Vielleicht versuchst du ja die Geschichte umzuschreiben, diese Möglichkeit besteht hier. Daraus kannst du nur lernen. Lese auch in andern Geschichten, frage dich, warum du dies oder jenes gelungen findest. Natürlich wirkt dir auch bei andern Geschichten nicht immer alles treffend, aus deiner Perspektive könnte es anders sein. Ein Grund auch andere Geschichten zu kommentieren, da man für sich daraus entnehmen kann, was man selbst nicht so formulieren oder umschreiben möchte.

Lass dich von meinen Worten als kritischer Leser jedoch nicht entmutigen, überlege es dir gut, wäge ab und versuche es so dazustellen, dass es aus deiner Überzeugung heraus, die Leser packen müsste.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

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