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Oculus
Die Maschine starrte ihn an.
Das wusste Anton jetzt, er hatte es realisiert, es war eine Eingebung, ja er war erleuchtet. Das hatte alles geändert. Nun kauerte er in der hintersten Ecke seines verwahrlosten Apartments, die Hände um die Knie geschlungen, war er doch nicht vor den Blicken geschützt.
Schlafen? Nein, schlafen konnte er schon lange nicht mehr, nicht mit diesem Monster in seinem Zimmer. Nie war es dunkel, immer nur dieses grässliche Licht, nicht wie die warme, wundervolle Sonne, nein, kalt und unnatürlich, schmerzte es im Kopf und erpresst die Augen. Dazu kam auch noch dieser Lärm. Die Maschine schnurrte und surrte unaufhörlich, wie ein fetter Kater, genüsslich, schadenfroh, sie wusste genau was sie tat. Nie wieder würde Anton Ruhe finden, nie wieder Stille, er gehörte ihr.
Er spürte wie die kalte Linse auf ihm ruhte, sie sammelte Informationen, die ganze Zeit. Aber was macht sie damit, sie tut nie etwas anderes, sie beobachtet nur, wie ein Perverser vor dem Fenster. „Was willst du von mir?!“ brüllte Anton sie an, aber es kam keine Antwort, nur das unaufhörliche Brummen und das Blinken der Lichter. „Warum lässt du mich nicht in Ruhe? Bitte!“ Anton fing an zu schluchzen erst ganz leise, dann immer lauter bis er schließlich hysterisch kreischend auf dem Boden lag. Als er sich beruhigte, fühlte er sich nackt und durchsichtig wie eine Figur aus kaltem Glas.
Flucht war keine Möglichkeit, die Maschine würde ihn immer sehen, egal wo. Ihre Augen waren überall, wie eine widerwärtige Spinne blickte sie in alle Richtungen gleichzeitig und sieht die Menschen. Verdammt sie sieht uns, warum versteht das niemand. Sie dient uns nicht. Sie hasst uns!
Anton musste sie loswerden. Es gab keine andere Möglichkeit, er würde sie verjagen wie einen räudigen Hund. Nein, das reichte nicht, er würde sie töten müssen. Auf wackeligen Beinen erhob sich Anton, sein Bewusstsein trüb, sein Verstand in Fetzen. Nur ein Gedanke trug ihn: Nie wieder! Nie wieder würde sie ihn anstarren mit ihren hämischen Spinnenaugen. Er stolperte durch das Zimmer auf die Lichter zu. Sie wurden immer heller, brannten auf seiner Netzhaut und raubten ihm die Sicht während das leise Surren zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen wurde. Wehr dich nur, dachte er grimmig, und wenn ich blind und taub werde, dein letztes Stündlein hat geschlagen
Seine Pupillen verengten sich und der Schmerz ließ nach. Sie hat aufgegeben ha! Fügt sich demütig ihrem Schicksal. Er stand nun direkt vor dem Ungetüm und erblickte nichts natürliches, nur Kabel und kühles widerwärtiges Metall. Das Monster musste sterben keine Frage. Er streckte seine zittrigen Finger aus und zum ersten Mal spürte er die Maschine, ihre Essenz drang in ihn ein und ihr kalter Körper biss seine Finger. Entsetzt stellte er fest, dass das Gefühl dort nicht blieb. Es grub sich unter seine Haut tief in seine Venen, kroch von da durch seinen Arm. Jetzt dämmerte es Anton. Weiter in seine Schulter. Was habe ich getan. Langsam in seine Brust. Das wollte sie von Anfang an. Gefrorene Hände griffen sein Herz und pressten es zusammen wie einen Schwamm. Er fiel auf die Knie und lachte, es war vorbei, sie waren eins, dann wurde es dunkel.
Stressbedingter Herzinfarkt stand nachher im Todesschein.