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Oculus

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13.07.2018
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Oculus

Die Maschine starrte ihn an.

Das wusste Anton jetzt, er hatte es realisiert, es war eine Eingebung, ja er war erleuchtet. Das hatte alles geändert. Nun kauerte er in der hintersten Ecke seines verwahrlosten Apartments, die Hände um die Knie geschlungen, war er doch nicht vor den Blicken geschützt.

Schlafen? Nein, schlafen konnte er schon lange nicht mehr, nicht mit diesem Monster in seinem Zimmer. Nie war es dunkel, immer nur dieses grässliche Licht, nicht wie die warme, wundervolle Sonne, nein, kalt und unnatürlich, schmerzte es im Kopf und erpresst die Augen. Dazu kam auch noch dieser Lärm. Die Maschine schnurrte und surrte unaufhörlich, wie ein fetter Kater, genüsslich, schadenfroh, sie wusste genau was sie tat. Nie wieder würde Anton Ruhe finden, nie wieder Stille, er gehörte ihr.

Er spürte wie die kalte Linse auf ihm ruhte, sie sammelte Informationen, die ganze Zeit. Aber was macht sie damit, sie tut nie etwas anderes, sie beobachtet nur, wie ein Perverser vor dem Fenster. „Was willst du von mir?!“ brüllte Anton sie an, aber es kam keine Antwort, nur das unaufhörliche Brummen und das Blinken der Lichter. „Warum lässt du mich nicht in Ruhe? Bitte!“ Anton fing an zu schluchzen erst ganz leise, dann immer lauter bis er schließlich hysterisch kreischend auf dem Boden lag. Als er sich beruhigte, fühlte er sich nackt und durchsichtig wie eine Figur aus kaltem Glas.

Flucht war keine Möglichkeit, die Maschine würde ihn immer sehen, egal wo. Ihre Augen waren überall, wie eine widerwärtige Spinne blickte sie in alle Richtungen gleichzeitig und sieht die Menschen. Verdammt sie sieht uns, warum versteht das niemand. Sie dient uns nicht. Sie hasst uns!

Anton musste sie loswerden. Es gab keine andere Möglichkeit, er würde sie verjagen wie einen räudigen Hund. Nein, das reichte nicht, er würde sie töten müssen. Auf wackeligen Beinen erhob sich Anton, sein Bewusstsein trüb, sein Verstand in Fetzen. Nur ein Gedanke trug ihn: Nie wieder! Nie wieder würde sie ihn anstarren mit ihren hämischen Spinnenaugen. Er stolperte durch das Zimmer auf die Lichter zu. Sie wurden immer heller, brannten auf seiner Netzhaut und raubten ihm die Sicht während das leise Surren zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen wurde. Wehr dich nur, dachte er grimmig, und wenn ich blind und taub werde, dein letztes Stündlein hat geschlagen

Seine Pupillen verengten sich und der Schmerz ließ nach. Sie hat aufgegeben ha! Fügt sich demütig ihrem Schicksal. Er stand nun direkt vor dem Ungetüm und erblickte nichts natürliches, nur Kabel und kühles widerwärtiges Metall. Das Monster musste sterben keine Frage. Er streckte seine zittrigen Finger aus und zum ersten Mal spürte er die Maschine, ihre Essenz drang in ihn ein und ihr kalter Körper biss seine Finger. Entsetzt stellte er fest, dass das Gefühl dort nicht blieb. Es grub sich unter seine Haut tief in seine Venen, kroch von da durch seinen Arm. Jetzt dämmerte es Anton. Weiter in seine Schulter. Was habe ich getan. Langsam in seine Brust. Das wollte sie von Anfang an. Gefrorene Hände griffen sein Herz und pressten es zusammen wie einen Schwamm. Er fiel auf die Knie und lachte, es war vorbei, sie waren eins, dann wurde es dunkel.

Stressbedingter Herzinfarkt stand nachher im Todesschein.

 

Hallo Plutenstuff,

und Willkommen im Sommerloch der Wortkrieger. Den Eindruck hatte ich die letzten Tage bissel. :)

Also deine Geschichte ist ja recht kurz. Ich glaube je kürzer eine Geschichte ist, desto wichtiger ist jeder einzelne Satz.
Ich musste beim Lesen irgendwie an einen tropfenden Wasserhahn denken, den man nicht still bekommt während man völlig übermüdet einzuschlafen versucht und langsam aggressiv davon wird.
Du möchtest eine Figur darstellen, die gerade durchdreht, den Verstand verliert. Die Sache ist, es kommt nicht so rüber. Obwohl die Geschichte sehr kurz ist, finde ich sie etwas langamtig.

Das wusste Anton jetzt, er hatte es realisiert, es war eine Eingebung, ja er war erleuchtet.

Das ist mir persönlich zu viel beschrieben.Du könntest das in kürzeren Ellipsen schreiben. Wenn sich Dinge oder Emotionen überschlagen, finde ich das eine gute Möglichkeit das so auf den Leser zu übertragen. In mancher Hinsicht (obwohl der Text so kurz ist) solltest du einiges kürzen, so würde es knackiger und die Verzweiflung besser spürbar.
Andererseits solltest du einiges weiter ausführen. Ich erfahre viel zu wenig. Finde daher auch keinen Bezug zu Anton.
Wer ist er, was macht er?
Auch was die Situation angeht, was passiert da warum? Und was ist das für eine seltsame Maschine?

Das mit dem Biss fand ich ganz gut. ( Er bekommt einen Stromschlag nicht?)

kalt und unnatürlich, schmerzte es im Kopf und erpresst die Augen.
Du meintest, kalt und unnatürlich, schmerzte es im Kopf und er presst die Augen zu.
Ist so aber auch kein schöner Satz.

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.

Liebe Grüße
Charly

 

Hallo, Plutenstuff

Einen Vorteil hat es, ins Sommerloch reinzufallen: Die Konkurrenz ist sehr gering, und jeder kann Dich nun mit Kommentaren zuschütten. Ich zumindest fange schon einmal an damit. In diesem Sinne: Willkommen bei den Wortkriegern!

Deine Geschichte will nicht viel, und das ist völlig in Ordnung. Ich glaube nicht, dass Deine Geschichte mehr Handlung braucht. Ein bisschen „mehr“ braucht sie aber schon, so denke ich. Du schreibst, wie Dein Prot wegen irgendetwas total irre wird, bis er komplett ausrastet. Was Du mehr brauchst, wären Emotionen. Denn darum geht es ja im Wesentlichen. Hier ist mir das aufgefallen:

Anton fing an zu schluchzen[,] erst ganz leise, dann immer lauter[,] bis er schließlich hysterisch kreischend auf dem Boden lag. Als er sich beruhigte, fühlte er sich nackt und durchsichtig wie eine Figur aus kaltem Glas.

Hier passieren ganz viele Emotionen und wahrscheinlich auch ein bisschen Zeit, mindestens mehrere Minuten, so würde ich vermuten, in zwei Sätzen. Da das aber den Schwerpunkt Deiner Geschichte bildet oder bilden soll, dieses Irrewerden, solltest Du dem mehr Raum geben, es langsamer, anschaulicher aufbauen. Du hast ja noch Platz, ohne dass es übertrieben lang wird. Darauf würde ich auf jeden Fall ausführlicher eingehen.

Kleinigkeiten:

Nie war es dunkel, immer nur dieses grässliche Licht, nicht wie die warme, wundervolle Sonne, nein, kalt und unnatürlich, schmerzte es im Kopf und erpresst die Augen.

Die Augen erpressen? (Mal ganz davon ab, dass Du hier ins Präsens rutscht …) Ruft das Licht an und sagt: „Wenn du jetzt nicht die Augen schließt, dann ermorde ich deinen erstgeborenen Sohn?“ Wahrscheinlich nicht. Vielleicht möchtest Du lieber: „und brannte in den Augen“/ „und blendete ihn“/ etc. schreiben?

Die Maschine schnurrte und surrte unaufhörlich, wie ein fetter Kater, genüsslich, schadenfroh, sie wusste genau was sie tat.

Komma vor „was“. Das Komma vor "wie" kann weg, in diesem Falle könnte ich es da aber auch tolerieren.

Er spürte wie die kalte Linse auf ihm ruhte, sie sammelte Informationen, die ganze Zeit.

Mal ganz davon ab, dass vor „wie“ ein Komma käme, würde ich über einen Austausch dieses „wie“s nachdenken. Streng genommen geht es ja nicht um die Art, auf die die Linse auf dem Prot ruht, sondern darum, dass sie auf ihm ruht. Deshalb wäre „dass“ wohl eher das richtige Wort. Trotzdem kommt dann da ein Komma vor.

Aber was macht sie damit, sie tut nie etwas anderes, sie beobachtet nur, wie ein Perverser vor dem Fenster.

Hier springst Du plötzlich ins Präsens. Wenn das Gedanken sein sollen, dann würde ich sie kursiv machen, um das zu verdeutlichen. Ansonsten im Präteritum schreiben. Komma weg vor "wie".

„Was willst du von mir?!“ brüllte Anton sie an, aber es kam keine Antwort, nur das unaufhörliche Brummen und das Blinken der Lichter.

Das ist eindeutig eine Frage, das Ausrufezeichen kann also weg. Zwischen der wörtlichen Rede und dem Redebegleitsatz kommt ein Komma also: „Was willst du von mir?“, brüllte Anton … Vor dem „Aber“ würde ich vielleicht einen Punkt machen, da das ja zwei völlig unterschiedliche Aktionen sind.

Anton fing an zu schluchzen erst ganz leise, dann immer lauter bis er schließlich hysterisch kreischend auf dem Boden lag.

Ganz davon ab, dass ich an genau dieser Stelle nochmal den Hebel ansetzen würde, kommt ein Komma vor „erst“ und vor „bis“.

Ihre Augen waren überall, wie eine widerwärtige Spinne blickte sie in alle Richtungen gleichzeitig und sieht die Menschen.

Hier wechselst Du mitten im Satz die Zeit. Ergibt gar keinen Sinn. „sah die Menschen“.

Verdammt sie sieht uns, warum versteht das niemand.

Auch das ist eine Frage. Du könntest den Satz entweder mit einem Fragezeichen beenden oder ihn in zwei Teile teilen, also: „Verdammt, sie sieht uns. Warum versteht das niemand?“ Übrigens, Komma vor „sie“.

Es gab keine andere Möglichkeit, er würde sie verjagen wie einen räudigen Hund.

Den „räudigen Hund“ würde ich weglassen. Ausgelutscht und passt auch nicht zur Sterilität des Settings. Es geht um Maschinen, um Glas und so … Was hat dieser mittelalterlich anmutende Vergleich da zu suchen? Ich denke, Du brauchst hier gar keinen Vergleich. Das würde das Ganze wuchtig absurd machen.

Sie wurden immer heller, brannten auf seiner Netzhaut und raubten ihm die Sicht während das leise Surren zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen wurde.

Komma vor „während“.

Wehr dich nur, dachte er grimmig, und wenn ich blind und taub werde, dein letztes Stündlein hat geschlagen

Hier fehlt ein Punkt am Ende des Satzes.

Sie hat aufgegeben ha!

Das „ha“ würde ich weglassen. Wenn Du es behalten willst, dann muss davor ein Komma.

Er stand nun direkt vor dem Ungetüm und erblickte nichts natürliches, nur Kabel und kühles widerwärtiges Metall.

„Natürliches“ ist an dieser Stelle eine Nominalisierung und wird groß geschrieben.

Das Monster musste sterben keine Frage.

Komma vor „keine“. Vielleicht wäre es aber auch wuchtiger, wenn Du das "keine Frage" ganz wegließest.

Es grub sich unter seine Haut tief in seine Venen, kroch von da durch seinen Arm. Jetzt dämmerte es Anton. Weiter in seine Schulter. Was habe ich getan. Langsam in seine Brust.

So viele Possessivpronomen. Ich würde maximal eines davon behalten, vielleicht das erste. Es geht aber auch komplett ohne. Und "Was habe ich getan?" ist natürlich wieder eine Frage.

Stressbedingter Herzinfarkt stand nachher im Todesschein.

Die Perspektive zu verlassen, um den Leser/inne/n noch schnell am Ende zu erklären, was passiert ist, finde ich immer nicht so schön. Ich denke gerne ein bisschen selbst, und wenn ich Deinen Text ohne diesen Satz noch einmal lese, finde ich ihn deutlich wuchtiger. Denk mal drüber nach. ;)

Ich glaube, wenn Du jetzt noch mehr auf Deinen Prot und seine Gefühle eingehst, das Verrücktwerden deutlicher ausschmückst, dann wird das richtig cool. Mehr muss nicht passieren, denke ich. Du hast ein einfaches Setting gewählt, und das ist eine super Idee, um etwas über das Innenleben Deiner Figuren zu lernen – und ist das nicht die interessanteste Lektion des Schreibens?

Also: Make it work! Und viel Spaß hier im Forum.

Emotionale Grüße,
Maria

 
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Hola Plutenstuff,

Du bist, wie Deinem Profil zu entnehmen ist, angehender Autor – und wegen der Roman-Idee – auch Romancier. Klasse. Einen winzigen Vorgeschmack hast Du ja eingestellt.

Mir hat das sehr gut gefallen. Der Thermomix im Hause.
Von wegen! Ich finde, Du hättest ‚Philosophisches’ taggen können, weil die Leser sich nicht den Kopf zerbrechen würden über dieses sonderbare Ding, sondern um unsere beängstigend zunehmende Nähe zur Technik.
Dass die unser Leben angenehmer machen kann, bleibt unbestritten – wenn sie aber die Oberhand über unser Leben gewinnt, dann hört der Spaß auf. Leider deutet vieles in diese Richtung. Der Zauberlehrling verliert die Kontrolle, KI übernimmt die Regie; eine echte Horror-Vorstellung.

Eine Eisberggeschichte: ein Siebtel Text, sechs Siebtel Sinn. Tolle Mischung!

Kompliment von mir – da kommt des Lesers Hirn ans Rattern.
José

 
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Hallo @Charley1406,

erstmal Danke, dass du dir zeit für ein Feedback genommen hast.

Ich werde mal schauen was ich kürzen kann, mir wurde schon anderorts gesagt, dass ich zuviel mit Beschreibungen um mich werfe.

Ansonsten habe ich die Geschichte bewusst wage gestaltet. Mein Plan war es eigentlich die heutige permanente Kamerabeobachtung durch Antons Wahnsinn anzusprechen. Daher auch der Name Oculus (Auge). Für diesen Zweck hätte ich gedacht, dass es eigentlich für den Sinn der Geschichte nicht weiter wichtig ist wer Anton ist, da ich ihn ja nicht wirklich behandle.

Ebenso die Frage was das für eine Maschine war? War es nur ein normaler Computer und Anton verrückt oder war es mehr? Hatte ich wieder bewusst so gelassen, ich wollte Fragen und Gedanken erzeugen, so weit das Sinn hat ^^

"( Er bekommt einen Stromschlag nicht?)" Möglich ;)

So, und jetzt zu dem Satz "kalt und unnatürlich, schmerzte es im Kopf und erpresst die Augen."
Da meine ich tatsächlich erpressen im Sinne einer konstanten Überreizung aufgrund derer er nicht Schlafen kann.

Vielen Dank und Güße
Plutenstuff

Hi TeddyMaria,

Danke erstmal, dass du dir die Mühe gemacht hast all diese Kleinigkeiten herauszusuchen und Hola die Waldfee, dass waren ganz schön viele, da muss ich mal ein ernstes Wörtchen mit meinem Lektor wechseln.

Tatsächlich wundert es mich aber nicht, schließlich war ich einer dieser Dullies die im Abitur mehr zeit bekommen haben, da sie zu doof für die deutsche Rechtschreibung waren. :D

Über diesen letzten Satz zermartere ich mir jetzt auch schon eine weile den Kopf, mal gucken was ich damit mache.

liebe Grüße,
Plutenstuff

Hallo josefelipe,

es ließt sich also tatsächlich jemand durch, kaum zu glauben. ^^

Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat! Genau das wollte ich mit der Geschichte bewirken.
Und eventuell passt philosophisches wirklich besser, tatsächlich war die Vorlage für den Text ein Gedicht, welches ich vor einiger Zeit geschrieben hatte.

Liebe Grüße,
Plutenstuff

 

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