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- 15.03.2008
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Nutten sind raffiniert. Die nehmen das Geld.
„Nee, Baby“, sagte Priva und nahm der Nutte das Kondom aus der Hand. „Normal großes Überzieherli für ne Nummer? Ist für mich wie wenn du den ganzen Tag in Schuhen zwei Nummern zu klein rumrennst.“
„Wow“, sagte die Nutte und griff ihm zwischen die Beine, „schon länger keinen echten Kerl mehr gehört. Die sterben ja langsam aus.“
Priva lächelte.
„Wow“, sagte sie noch mal und fragte ihn, ob er glaube, es sei beeindruckend, einer Nutte zu erzählen, er habe einen großen Schwanz und dann auch einen großen Schwanz zu haben?
Priva wurde so weiß, wie seine gebräunte Haut nur werden konnte. Und er spürte außerdem, wie sich sein Bewusstsein zusammenschnurrte, auf einen relativ kleinen Bereich zwischen den Beinen. „Also im Verhältnis zur Körpergröße.“
„Das ist Hingabe, wahrhaftig“, sagte die Nutte, „Was ich mache, ist wahrhaftig. Und aus Hingabe entstehen heilige Kräfte. Denen Ungläubige nicht gewachsen sind“, sagte sie mit träumerischen Gesichtsausdruck.
„Ja, ich kenn mich aus“, sagte die Nutte, „die meisten Frauen kümmern sich nur um den Schwanz, lutschen und lecken, streicheln und saugen – die meisten würden sogar penetrativ vorgehen oder penetrierend oder wie der zweite Konjunktiv im Indikativ passiv hier hieße - aber weil sie sich nicht auskennen, lassen sie die Eier in Ruhe.“
Germanistenwitze. Priva lächelte. Weil er cool ist und einen Sinn für nichtlustige Nischenwitze hat und seine sichtbare Kauleiste so hervorragend renoviert war wie er untenrum ausgestattet, was Länge und Durchmesser, Grad der Rechtsneigung und Steigungswinkel betraf.
Doch das Lächeln gelang nicht. Er wurde nur noch blasser.
„Das Lächeln an dieser Stelle der meist enttäuschend gleich ablaufenden Gespräche gelingt eigentlich nie jemandem“, sagte sie in etwas wie überlegendem oder überlegtem Tonfall. „Zwei Frauen haben es bisher hingekriegt. Während meines ganzen Lebens. Insgesamt.“
Sie sagte das so, als wäre sie alt wie Morla, überlegte er leicht überdreht, während er stabil weiter auf der Stelle durchdrehte und leise kicherte. Eher ein Kieksen. Was immer es war: das hatte er auf jeden Fall nicht gewollt. So klang es auch.
„Bist nicht der einzige, der irgendwann vor Nervosität und …“ – sie öffnete wie nebenbei mit der Rechten den Knopf seiner Blue Jeans, ohne dass die Linke aufhörte, sein Geschlecht zu massieren. Zu manipulieren müsste es besser heißen, dachte er, und dass er hier einen Kampf kämpfte, den er nicht gewinnen konnte, und in den Händen des Feindes sich befand, und dass dieser Feind zu stark und mächtig, schlichtweg zu professionell war, als dass er es mit ihr aufnehmen könnte. Dass er sich trotzdem nicht zur Flucht entscheiden konnte, war so folgerichtig wie traumatisierend und glücklich machend.
Und als ihre Hand seine nackteste Wahrheit berührte, konnte Priva das Stöhnen nicht mehr zurück halten und sie beendete ihren Satz, den sie zu Beginn des letzten Absatzes begonnen hatte : „ … Geilheit am Zeiger dreht.“ Betrachtete prüfend sein Gesicht, achtete auf kleinste Regungen, während sie die prallen, privaten Eier zärtlich zwischen zwei Fingern wog. „Geilheit“, sagte sie, „viele denken vielleicht, so eine Hero-Schlampe wie ich, die es für 30 macht, könnte nicht wirklich geil sein.“ Privas Augen kullerten fast aus den Höhlen, so weit waren sie aufgerissen, während die Pupillen sich in ihnen überschlugen wie Drehscheiben beim Jackpot. Er biss sich auf die Lippen, betete nicht um himmlischen Beistand, sondern stellte sich Sartre in Unterwäsche vor. „Und mit wirklich geil meine ich nicht nur wirklich geil, sondern auch wirklich geil. Wenn du verstehst.“
Priva nickte. Schüttelte den Kopf. Erwog ein Achselzucken. „Bemüh dich nicht“, sagte die Nutte, „ich bin Maria, übrigens, also das ist mein Name. Ich sag’s nur, damit du von mir nicht die ganze Zeit nur als ‚Nutte‘ denken musst, sondern eine Wahl hast. Verstehst du?“ Er nickte wieder. „Eine Wahl haben“, fuhr sie fort, „was das bedeutet.“ Priva schüttelte den Kopf. „Du bist ein Süßer. Einer, der auch rhetorische Fragen beantwortet und sich einen Tag in der Woche die Zeit nähme, auf alle Spam-Mails zu antworten, wenn er die Chance hätte, oder?“ Über den letzten Satz musste er so lange nachdenken, dass sie schon weiter sprach, bevor er antworten konnte.
Maria die Nutte machte eine Pause.
Priva nutzte die Zeit und entschied sich für eine Art von Rückzugsgefecht und dafür, alle Energien darauf zu konzentrieren, diesmal keinem vorzeitigen Samenerguss zu erliegen, zu erstehen. Was immer. „Was immer vorzeitiger Samenerguss beim Handjob einer Nutte bedeuten könnte, was Schätzchen?“, fragte sie. „Nein, ich kann keine Gedanken lesen. Es denken nur die meisten Menschen meistens das gleiche, wenn’s um das Eine geht.“ Er konzentrierte sich darauf, keine Mimik mehr über sein Gesicht spazieren zu lassen. Außerdem den Augenaufriss und das Lippenbeißen unter Kontrolle zu kriegen.
„Geilheit“, sagte sie, „ist, was beiden Spaß macht. Und wenn’s dir Spaß macht, mich die Nutte Maria zu nennen, ist das nicht nur okay für mich, sondern sogar geil.“
„Ist der wirklich so groß?“, fragte eine der anderen beiden Teenie-Nutten, die gerade Privas Brieftasche durchwühlte.
„Allerdings“, lächelte Maria diese Nutte, „ist der mehr als stattlich. Füllt ausreichend die Elefantenkuh, passt prima zur Hindin.“ Sie schob sein Gesicht ganz nah an seines: „Und das ist geil. Oder, Baby?“ Sie machte irgendwas mit ihren Fingern an seinem Schwanz in der engen Jeans, was sonst nur die Rotorblätters eines Helikopters leisten können – zerriss seine Selbstbeherrschung und mit einem treppenhauserfüllenden Stöhnen spritzte Priva ab. „Pssst“, fauchten die drei drallen Nutten zugleich. „Wir sind nicht drall“, stellte die andere der beiden Nutten fest, die Privas Portemonnaie in der Hand hatte, das sie entspannt, systematisch und profesionell prüfte. „Er hat sogar ein XXL-Kondom“, meldete sie, und, nach genauerer Inaugenscheinnahme: „zwar nicht abgelaufen ist, aber so eineinhalb Jahre alt. Priva riss sich zusammen, nicht ‚verdammt‘ zu sagen und nicht zu sagen, dass er das nur von einem Freund habe, nur von einem Freund. „Sind bestimmt nur von einem Freund, oder?“, fragte Maria.
Priva fragte sich, ob sie die Teufelin ist, ein Teufel, oder ob der empathische Körperkontakt mit den Eiern eines Mannes einen telepathischen Kontakt bei entsprechend begabten Menschen herstellte. Ging einen Schritt zurück und sie hüpfte mit, bis sie ihre Hand aus seinem Schritt kriegte. Sah ihr dabei zu, wie sie ihre Hand ableckte und wusste gerade nicht, was er sagen sollte. Maria lachte. „Nimm nen Zwanni raus, Betty“, sagte sie zur Nutte, die seinen Geldbeutel am Wickel hatte, „hat ihm zwar unverschämt viel Spaß gemacht, aber Handjob bleibt Handjob. Hurenehre. Aber Nutten müssen auch von was leben. Verstehst du doch? Und es war sein Geld wert, meinst du nicht?“
Nachdem der ICE durch seinen Schädel gerast war, beruhigte sich der Synapsentanz langsam wieder. Genug, um genügend Arbeitsspeicher für den Check eines Nickens freizuschaufeln. Check – ging klar: Er nickte. So kompliziert waren seine Routinen normalerweise nicht, aber er fühlte sich normalerweise auch nicht so charmant geil aufs Kreuz gelegt. Schon gar nicht im Stehen.
Priva setzte sich wieder vor sein Blech. Chico sah ihn gespannt an, ob er jetzt vielleicht explodieren würde oder sich in eine Kröte verwandeln oder etwas ähnlich Außergewöhnliches. Betty warf Privas Geldbeutel rüber. Er kuckte nach, zwanzig Euro fehlten, kein Cent mehr. Das Kondom kam als nächstes geflogen. Priva steckte es verschämt ein. Maria lachte kurz, leise und dreckig. Priva rauchte ein paar Bahnen. Chico sagte, er wolle hier keinen auf clever tun, aber das wäre die abgewichsteste Show ge- „keine Wortspiele über Wichsen, Ficken und ähnliche heilige Handlungen körperlicher Ausdrucksformen von Liebe“, beschied Maria knapp, nahm von Betty den gerollten Zwanni entgegen, ladylike, faltete den so sechs bis acht Mal auf Puffmutterart, und verstaute ihn über der linken Titte. Priva rauchte stoisch weiter. Chico wünschte sich nun auch ein Blech, an dem er sich festhalten könnte.
Die beiden anderen Nutten kletterten wieder in die Zeitfalten zurück, wo sie noch einige Stunden verbringen wollten, bevor die Knaller nachließen. Maria widmete sich methodisch ihrem Blech. Die Kerzen verbreiteten eine romantische Stimmung, die jedes Mal ins Neoromantischen rüberspielte, wenn das Treppenhauslicht angeknipst wurde. Dann stoppten Maria und Priva das Klicken und Ratschen ihrer Feuerzeuge, sahen sich an und warteten, bis die Schritte des Nächsten von einer ins Schloss fallenden Wohnungstür abgeschnitten wurden und sie das fremde Treppenhaus wieder für sich hatten.