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Nur nicht in der Liebe.
Was ist das für ein Geräusch? Scheiße! Stell doch mal einer den verdammten Lärm aus. Alleine schon die Mühe die es mich kostete an diesem Morgen die Arme zu heben, um sie mir an die Ohren zu halten, in der Hoffnung wieder einzuschlafen, deutete darauf hin, dass es kein guter Tag werden würde. Aber welcher Tag kann schon gut werden, wenn er um acht Uhr morgens anfängt? Hm, wenn man ich ist, so ziemlich jeder. Acht Uhr?! Oh, Mist! Der Lärm war nichts anderes als mein Wecker, der übrigens schon so alt und kaputt ist, dass ich jedes Mal wenn er angeht denke, bei mir vor der Haustür wird gerade das Steinpflaster aufgerissen. Ich haute noch im Halbschlaf auf das alte Ding und war, wie jeden Morgen, erstaunt dass es mir nicht um die Ohren flog und dass es immer noch in der Lage war überhaupt ein Geräusch von sich zu geben. Ich brauche unbedingt einen neuen Wecker.
Ich stieg aus meinem Bett und wollte gerade ins Bad schlendern, als ich eine weibliche, noch so süße Stimme hinter mir hörte. Guten Morgen. Ich drehte mich um und sah dieses göttliche Wesen mit langen blonden Haaren, grünen Augen und einer Figur, wie Heidi Klum sie bei „Germany’s Next Top Model“ züchtet, nackt in meinem Bett liegen. Ah, Morgen. Jetzt kam auch der ganze gestrige Abend wieder zurück. Hör zu, ich muss zur Arbeit. - Bist du ein kleiner Morgenmuffel? Diese verführerische Art und Weise machte mich fast wieder schwach. Komm, such deine Sachen zusammen und sieh zu, dass du weg bist, wenn ich im Bad fertig bin! Mit diesem Satz verschwand ich auch schon im Bad. Das ist nicht dein Ernst! Das klang jetzt nicht mehr ganz so verführerisch. Ich knallte die Tür vom Bad zu, so dass sogar ich selbst zusammenzuckte. Aber ich glaube das gab ihr endlich zu verstehen. Wie hieß sie noch mal? Dann hörte ich nur noch merkwürdige Geräusche, die fast beleidigend wirken könnten. Ich glaube ich wurde an diesem Morgen 30 Mal verflucht, fünf Mal als Mistkerl bezeichnet und einige unzählige Male als Schwein. Komisch, letzte Nacht war ich noch ein Sexgott.
Als ich im Bad fertig war und wieder ins Schlafzimmer trat, bemerkte ich, dass irgendetwas anders war. Auf einmal war es so ruhig und der süßliche Geruch nicht jugendfreier Verruchtheit war nicht mehr in der Luft. Aber so sicher, wie dieser Morgen gekommen war, ist auch der Abend und vor allem die Nacht nicht mehr all zu fern.
Ich schmiss mich in einen meiner Armani Anzüge, rückte mir die Krawatte zurecht und, man sehe ich heute wieder gut aus.
In der Küche war mein Espresso auch schon durchgelaufen. Mit einem Schluck war dieser weg. Meine Aktentasche? Ah, da! Und jetzt nichts wie raus hier, sonst komme ich noch zu spät.
Ich liebe San Francisco. Noch nie habe ich eine hektische Stadt so ruhig den Morgen anfangen sehen. Mein Büro ist nur eine knappe viertel Stunde von meinem Apartment entfernt. Ich gehe diese Strecke jeden morgen zu Fuß, um wenigstens etwas frische Luft in meine Lungen zu kriegen.
Ich will nicht sagen, dass ich im Büro sehr beliebt bin, aber ich werde respektiert, denn auf meinem Gebiet bin ich ein verdammtes Genie!
Dieser Tag, die Minute der Stunde, als ich an diesem Tag zur Tür rein kam. Unbeschreiblich. Als hätte sich in mir ein sechster Sinn bemerkbar gemacht. Von der Eingangstür bis zu meinem Büro kam es mir vor, als ob ich in Zeitlupe einen Fuß vor den Anderen setzte und trotzdem verging die Zeit doppelt so schnell. Irgendetwas würde heute noch passieren. Ich hasse dieses Gefühl.
Kaum war ich in meinem Büro und hatte meine Tasche abgestellt, kam auch schon meine Sekretärin zur Tür herein und informierte mich über die nächsten 16 Stunden meines Lebens in knapp einer Minute und in nur zwei Atemzügen. Erstaunlich, wie ich manchmal finde, und manchmal auch wieder nicht. Da wünschte ich, ich hätte ein Strick und könnte sie hängen lassen. Aber dann würde ich mir entweder den Kaffee selbst kochen und dann würde die Firma Pleite gehen. Deshalb habe ich mir schon seit Jahren angewöhnt diesen Wasserfall am frühen morgen nicht mehr so genau zu verfolgen. Zum Glück schrieb sie alle meine Termine zusätzlich auch noch in meinen Terminkalender. So kann ich immer so tun, als ob ich ihr zuhöre. Danke Simone. Mein Kaffee? Sehr gerne. Sie ging zwei Schritte, eine 180 Grad Drehung folgte. Ach ja, flüsterte ich während dessen zu mir. Ach ja, ihr neun Uhr Termin ist schon da. Sie wartet im Konferenzraum.
Mein neun Uhr Termin? Sie? What the F? Es stimmte vorne und hinten nicht. Nicht mit der einminütigen Anreihung meiner Termine, die sie mir noch vor 30 Sekunden in die Ohren stopfte, noch mit meinem Terminplaner. Ich dachte das wäre mein Gig? Mein Baby?
Ich stürmte in den Konferenzraum und ein kaltheißer Windhauch blies mir ins Gesicht. Ich erstarrte. Ich wusste du würdest dich freuen mich zu sehen. Dieses unverschämte Grinsen, fast schon ein Lächeln. Sie! Ich freute mich keineswegs. Miststück. Wie ich sie geliebt habe. Die Zahlen sehen gut aus. Ich habe fast keine Änderungen vornehmen müssen. Meinetwegen können wir das so über die Bühne bringen. Als ob du das entscheidest! Ich war immer noch perplex, stand im Türspalt mit nur einem Fuß im Raum an die Tür gelehnt. HEY! Nimmst du das Zeug etwa immer noch? Ich konnte mich gerade so vor dem Ertrinken retten. Wenn du auch nur ein Wort sagst, bist du schneller wieder vor der Tür, als… Dass du mich betrügen wirst. Hatte ich erwähnt, dass sie ein Miststück war? Wer hat sie eingestellt? Reg dich ab. Ich bin nicht hier um deinen Platz einzunehmen. Ich soll dir nur etwas zur Hand gehen. Ja, bitte!
Und das war es auch schon. Die Vergangenheit war wie wegradiert. Kein Wort. Keine Nachtragungen, bis auf die eine. Keine Zukunft. Monat für Monat für Monat verging und die Professionalität unser beiden Individualitäten stieg. Wir waren ein Dreamteam. Oder besser gesagt war ich das Dreamtea und sie war das m. Jetzt brachte sie mir meinen Kaffee und ich befürchtete schon, dass Simone bald ohne Job dastehen würde. Mich sollte es nicht an meiner linken Arschbacke jucken. Tat es auch nicht. Immerhin hat Simone schon einen Therapeuten.
So vergingen die Tage, Wochen, Monate der gemeinsamen Arbeit. Trotz, wie ich gestehen muss, gerechter Arbeitsteilung hab ich mich nie als Teamplayer gesehen. Ich fühlte mich alleine, bei der Arbeit. War sie wirklich da? Träumte ich?
Drei Jahre später stand ich wie angewurzelt in meinem Büro und schwimmte wieder in ihren Augen kurz bevor wir den Deal unseres Lebens machen sollten und ich endlich Partner werden würde. Doch dieses Mal würde ich ertrinken. Nicht weil meine Kräfte mich verlassen haben, sondern weil sie meinen Kopf unter Wasser hielt.
Mein Chef, ein größeres Arschloch als ich es bin, ein wundervoller Mann, fast schon mein Vorbild, stürmte ins Büro. Smart & Eezy sind da. Martin, ich will sie Blut schwitzen sehen! Wie immer. Ich trat hinter meinem Schreibtisch hervor und ging an ihr vorbei, langsam. Ich glaube ja schon fast du nimmst das Zeug immer noch. Ich liebe dich nicht, verstanden?! Und jetzt würde ich gerne meinen Job machen. Du lügst dir doch selbst in die Tasche. Unheimlich. Ich log mir tatsächlich selbst in die Tasche. Auf dem ganzen Weg zum Konferenzraum habe ich nicht mehr hinter mich geblickt. Meine Gedanken waren schon in der 44sten Etage. Wirklich alle Gedanken. Dann…
Der Homerun war geschlagen und die Sektkorken knallten und Yvonne war tot. Überdosis Kokain. An dem Tag fragte keiner mehr nach ihr. Die Einsamkeit meiner Arbeit wurde wieder mal bestätigt. Der kaltheiße Wind blieb weg, für immer. Ja, sie war wirklich ein Miststück, damals und heute mehr als je zuvor. Sie war der Grund warum ich so geworden bin, wie ich bin. Wegen des Engelstaubes hat sie mich damals verlassen und mir das Herz gebrochen. Ich oder das Zeug. Ich oder das Zeug. Jeden Teil von ihr hätte ich einzeln genommen, aber nie sie ganz. Das Zeug. Es war ihr Tod. Es war mein Tod. Das zerbrochene Herz nahm sie in Teilen mit und ließ nur so viel da, dass mein Kreislauf im Gang blieb. Die 44ste Etage gehört mir. Inzwischen auch die Firma. Der Respekt ist geblieben, genau wie die Frauen, die ich jeden Morgen aus meinem Schlafzimmer schmeiße. Ich bin immer noch der Beste auf meinem Gebiet.