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Nur er

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16.01.2009
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Nur er

Sie saß an der Bushaltestelle und hielt ein Photo in der Hand. Ausdruckslos schaute sie auf das Photo. Nicht eine Regung war in ihrem Gesicht zu sehen.
„Ich habe doch nur ihn geliebt“, sagte sie als jemand sich neben sie setzte und offensichtlich war sie nicht daran interessiert ob der fremde Junge sich mit ihr unterhalten wollte.
„Ich habe doch nur ihn geliebt“, wiederholte sie. Der Blick der jungen Frau weilte weiterhin auf dem Photo.

„Ich hatte einen Mann, er war so wundervoll, so liebenswert. Wir wollten gemeinsam ein Kind haben. Unsere Zukunft miteinander verbringen.“

„Ich hatte einen Freund, so humorvoll und lebendig. Er wollte, dass wir nach meinem Studium zusammen ziehen und hat sich extra dafür eine größere Wohnung genommen.“

„Ich hatte einen Begleiter für mein Leben. Er war entgegenkommend und sexy gleichzeitig. Er hatte mir sogar eine Stelle in der gleichen Stadt verschafft, nur damit wir mehr Zeit miteinander verbringen konnten.“

„Ich hatte nur diesen einen. Meinen Liebhaber. Die Nächte mit ihm waren feurig und bewegt und an Schlaf haben wir nicht gedacht bis die Sonne aufging, und er arbeiten musste.“

Kurz hielt sie in ihrem Monolog inne, fast als würde sie über das Gesagte nochmals nachdenken wollen.

„Und dann kam sie. Diese Hexe. Das Biest. Ich könnte sie umbringen!“

Wie aus dem Nichts drehte sie sich zu der Person neben ihr um, beinah, als wollte sie ihren Nachbarn anfallen.
In diesem kurzen Augenblick war zu erkennen, dass das Photo einen Mann zeigte. Er war vermutlich zwischen fünfundzwanzig und dreißig und auf den ersten Blick war nichts Ungewöhnliches an dem Bild. Doch bei längerem Hinsehen schien irgendetwas nicht zu stimmen. Beinahe als würden die Augen zu einer Person gehören, die Lippen zu einer zweiten und die Nase wieder zu einer anderen.

Und so schnell wie die offensichtliche Wut gekommen war, verrauschte sie auch wieder in das Nichts.
Die Frau drehte sich in die gleiche Position zurück und starrte emotionslos wie zuvor auf das Photo.

„Sie kam und hat Lügen verbreitet. Sie wollte ihn für sich haben, sie wollte ihn mir einfach nur wegnehmen – ich weiß es! Sie hat erzählt, ich würde mit anderen Männern schlafen. Würde ihn betrügen.
Und ohne mich auch nur zu fragen ob das stimme hat er ihr einfach geglaubt. Ist gegangen – von heute auf morgen. Und mit ihm mein Mann, mein Begleiter, mein Liebhaber.
Als wäre auch nur ein Fünkchen Wahrheit an der Geschichte.“

„Er wollte nicht mal mehr mit mir reden, als ich ihm einige Wochen später zum Geburtstag gratuliert habe. Er hat einfach wieder aufgelegt.“

In diesem Moment fuhr der Bus in die Haltestelle ein und der Fremde stand auf um einzusteigen. Doch bevor sich die Türen wieder schlossen hörte er sie noch ein letztes Mal sagen: „Ich habe doch nur ihn geliebt.“

Und während der Bus in der Ferne immer kleiner wurde, saß sie weiterhin auf der Bank und starrte auf das Bild. Ein Bild das selbst bei genauem Hinsehen nicht verriet, ob es einen Mann darstellte oder die Photomontage mehrere Männer war.

 

Ich bin nicht ganz sicher, ob das hier die richtige Kategorie für meine Geschichte ist.
"Alltag" - nun ja, den wichtigsten Teil stellt etwas dar, was ich selbst erlebt habe.
"Experimente" - für mich wars eins ;)
"Seltsam" - triffts wohl auch

Kritik ist jederzeit erwünscht!

 

Hallo Shylinade!

Jetzt soll dein Text endlich die gewünschte Kritik bekommen.

Okay, inhaltlich finde ich das zu mager für eine Geschichte. Da sieht sich jemand ein Foto vom Ex an und die Pointe ist, dass sie mehr als einen Ex hat. Tja, wie gesagt, zu mager.

Ich komme zum Handwerklichen. Da solltest du noch einiges tun, denn es gibt 'ne Menge Stellen, an der der Leser grübeln muss, was du eigentlich sagen willst. Nicht inhaltlich, rein handwerklich - das sollte nicht sein.

Details:

"und hielt ein Photo in der Hand das sie anstarrte, das Gesicht ausdruckslos." => Erstmal muss ein Komma nach "Hand", dann ist nicht zu erkennen, ob ihr Gesicht ausdruckslos ist, oder das auf dem Foto. Und: starrt sie das Foto an, oder starrt das Foto sie an? Letzteres fände ich etwas schräg, aber gelesen habe ich das schon öfter.

"sagte sie als jemand sich neben sie setzte, offensichtlich nicht daran interessiert" => Komma vors "als"; außerdem liest es sich so, als sich der jemand nicht für sie interessiert, nicht umgekehrt, der Bezug ist nicht in Ordnung. Du solltest den Satz umstellen oder zwei draus machen.

Übrigens, warum schreibst du "Photo"?

"an Schlaf haben wir nicht gedacht bis die Sonne aufging" => Komma nach gedacht.

"Eine kurze Pause setzte ein" => Das liest sich nach einer Drehbuchanweisung, bitte umformulieren.

"drehte sie sich zu der Person neben ihr um, beinah also wollte sie ihren Nachbarn anfallen." => Das "beinah also" macht keinen Sinn.

"In diesem kurzen Augenblick konnte man erkennen" => Wer soll "man" sein? Wenn du einen Erzähler hat, der da irgendwo mit an der Bushaltestelle herumsteht, solltest du gänzlich aus seiner Perspektive schreiben.

"zwischen 25 und 35" => Zahlen in literarischen Texten bitte ausschreiben.

"die meisten würden wohl sagen, dass er gut aussah." => Darunter kann sich ein Leser absolut gar nichts vorstellen.

"Beinah als würden die einzelnen Teile des Gesichts nicht zusammenpassen. Beinahe als würden die Augen zu einer Person gehören, die Lippen zu einer zweiten und die Nase wieder zu einer anderen." => Woran sollte das denn zu erkennen sein, wenn er doch so "gut aussah"? Um dem Leser nahezubringen, was du hier sagen willst, müsstet du erheblich mehr Beschreibung investieren.

"schnell wie die offensichtliche Wut gekommen war, verrauschte sie auch wieder in das Nichts.
Sie drehte"
=> Sie, die Wut? Der Bezug liegt jedenfalls noch immer auf "Wut". Protagonisten sind Menschen, Menschen haben Namen. Also gönne auch deiner Protagonistin einen.

Übrigens, warum bleibt der junge Mann eigentlich neben ihr sitzen? Wenn mich eine so vollquasseln würde, hätte ich schon längst das Weite gesucht.

"Und ohne mich auch nur zu fragen ob das stimme hat er ihr einfach geglaubt." => Bitte arbeite an der Kommasetzung.

"Ist gegangen – von heute auf morgen. Und mit ihm mein Mann, mein Begleiter, mein Liebhaber." => Also, hier gehen mindestens zwei. (Zu ein und demselben Zeitpunkt! Soll das eine Dreiecksbeziehung sein?)

"mit mir reden als ich ihm einige Wochen" => Komma vors "als"

"In diesem Moment fuhr der Bus ein" => "Ein"? Ist das ein regionaler Dialekt, oder was soll das bedeuten?

"und der Fremde stand auf um einzusteigen." => Komma vors "um"

Dann wechselst du noch die Perspektive auf den "Fremden" => Entscheide dich für eine Perspektive und bleibe den ganzen Text dabei.

"das fast so wirkte als ob es eine Photomontage" => Und wieder ein Komma vors "als".

Okay, das war's. Ich hoffe, du kannst damit ein bisschen was anfangen.

Grüße
Chris

 

Hat ja relativ lang gedauert bis ich mich daran gesetzt habe und die Geschichte nochmals überarbeitet wurde.

Als erstes möchte ich mich bei dir für deine Kritik bedanken Chris. (Ich darf doch einfach "Chris" sagen oder soll ich deinen Namen ausschreiben?)

Vorerst möchte ich kurz erläutern was ich mich zu dieser Geschichte inspiriert hat. Auf der einen Seite ein Erlebnis aus meinem Leben das schließlich zu der Frage führt "und - was ist eigentlich aus ihr geworden?" und auf der anderen Seite habe ich etwas bei Borchert abgekupfert. (Kennst du seine Geschichte "Die Küchenuhr"?). Ok ich muss zugeben: Ich bin kein zweiter Borchert aber ich übe mich.

Bezüglich der Kommafehler habe ich hoffentlich alle ausgebügelt. Bei nochmaligem durchlesen wirst du feststellen, dass ich auch einige der Stellen die du kritisiert hast verändert und hoffentlich auch verbessert habe. Auch habe ich hoffentlich die Perspektive ins Reine bekommen.

Den Begriff "Photo" verwende ich weil ich persönlich diese Schreibweise die "schönere" empfinde - man könnte auch sagen die "gewöhnte" weil ich damit aufgewachsen bin. (Neue Rechtschreibung war lange später... Ich schreibe auch noch von einem Telephon.)

Ich bezweifle übrigens, dass du das Weite suchen würdest wenn du gerade auf einen Bus wartest - egal ob dich eine vollquasselt oder nicht ;)

Was "in diesem Moment fuhr der Bus ein" bin ich mir tatsächlich nicht sicher. Ich habe es in "fuhr der Bus in die Haltestelle ein" umgeschrieben - ich bin überfordert mit der Frage ob das ein regionaler Ausdruck ist. Mein Freund (Der knapp 700 km nördlich von mir aufgewachsen ist) meinte, es wäre "etwas wackliger als wenn ein Zug in den Bahnhof einfährt aber wahrscheinlich kein no-go".

Bezüglich dem "zuwenig Story": Für mich muss eine Kurzgeschichte nicht unbedingt eine "normale" Geschichte sein im Sinne von "Einführung – Hauptteil - Schluss" sondern ebenso kann diese auch einfach einen kurzen Moment darstellen ohne zu verraten was davor oder danach war.
Extrembeispiel dazu von Hemingway: "For sale: baby shoes, never worn."

Ist aber vermutlich Geschmackssache - und ich behaupte auch gar nicht dass ich perfekt wäre - aber ich bemühe mich, mich zu verbessern.

Alles in Allem: Ich hoffe auf weitere Kritik zu den getätigten Veränderungen!

Grüße
Shylinade

 

Hallo shy,

ich kenne nur diese Überarbeitete Version, aber an dieser ist noch ordentlich was zu feilen.

Ich nehm mir jetzt nur mal den Anfang vor:

Ausdruckslos schaute sie auf das Photo. Nicht eine Regung war in ihrem Gesicht zu sehen.
das ist doppelgemoppelt
„Ich habe doch nur ihn geliebt“, sagte sie als jemand sich neben sie setzte und offensichtlich war sie nicht daran interessiert ob der fremde Junge sich mit ihr unterhalten wollte.
mal von den fehlenden Kommata abgesehen, ist das unglücklich formuliert. Dieses als impliziert, dass die Frau etwas tut, weil sich jmd neben sie setzt. das ist ja ebr nciht so. Du meinst: Sie sagt XY und nimmt kaum wahr, dass sich jemand neben sie setzt
„Ich habe doch nur ihn geliebt“, wiederholte sie. Der Blick der jungen Frau weilte weiterhin auf dem Photo.
falsch rum. So wirkt es, als würde der Blick der jungen Frau der Person gehören, die sich neben sie gesetzt hat. Wenn du das in den Begleitsatz übernimmst und den zweiten mit sie beginnst, ist das misverständnis behoben

Da holpert es also noch mächtig im Text.
INhaltlich... mja, die Pointe hat schon was, aber die geht leider ziemlich unter, weil du hier nicht genug pepp reinbringst.
Bilder braucht es hier. Zeige konkrete Szenen mit ihren Männern. Nicht einfach nur belanglose Sätze. Wenn du es hinbekommen würdest, diese Szenen so zu gestalen, dass man im Nachhinein so lesen könnte, dass es tatsächlich verschiedene Kerle oder eben ein und derselbe gewesen ist/ sind, das wäre schon was. In dieser Form ist das aber zu rasch und lieblos abgehandelt. Auch ist das Setting etwas unglücklich gewählt. Da auf der Parkbank. Fehlt mir der Bezug. ALso die Umgebung müsste schon irgendwie einen Anker werfen.

grüßlichst
weltenläufer

 

also erst mal auch dir Weltenläufer danke für deine Kritik. Allerdings hab ich da noch die eine oder andere Frage dazu:

Dieses als impliziert, dass die Frau etwas tut, weil sich jmd neben sie setzt. das ist ja ebr nciht so. Du meinst: Sie sagt XY und nimmt kaum wahr, dass sich jemand neben sie setzt

Ich hatte das etwas anders gemeint - und eigentlich gedacht, dass das auch in meiner Formulierung genau so rüberkam. Sie interessiert sich nicht dafür, ob er ihr zuhören will. Sie geht davon aus, dass er das will (weil sie jemanden zum reden - oder zuhören - braucht). Ich hatte nicht geschrieben, dass sie ihn nicht wahrnimmt. Aber wahrscheinlich braucht das (genau wie der Rest des Textes) weitere Verbesserung.

Bezüglich der Szenen mit ihren Männern bin ich nicht ganz sicher was du meinst. Sowas in die Richtung von wegen "Wir haben lange Spaziergänge unternommen und uns dabei unterhalten über Gott und die Welt und auch wenn wir oft verschiedener Meinung waren, hatten wir doch allein an der Diskussion viel Spaß. Oder wir sind gemeinsam ins Kino gegangen und haben uns diesen Liebesfilm angeschaut und hatte anschließend beide vor lauter Rührung feuchte Augen."? (Ok das ist jetzt aus dem Stegreif hingekritzelt.)

Grüße
Shylinade

 

Hallo again,

Bezüglich der Szenen mit ihren Männern bin ich nicht ganz sicher was du meinst. Sowas in die Richtung von wegen "Wir haben lange Spaziergänge unternommen und uns dabei unterhalten über Gott und die Welt und auch wenn wir oft verschiedener Meinung waren, hatten wir doch allein an der Diskussion viel Spaß. Oder wir sind gemeinsam ins Kino gegangen und haben uns diesen Liebesfilm angeschaut und hatte anschließend beide vor lauter Rührung feuchte Augen."?
DAs ist genau das gleiche, was du auch schon im Text drin hast. Das sind beliebige Sätze, die keine Bilder erzeugen. Bilder erzeugst du dadurch, dass du eben zeigst, also wiedergibst, worüber die beiden sich unterhalten. Sodass die Magie zwischen den Zeilen fühlbar wird.

Oder dein Bsp mit dem Film: Zeige einen Ausschnitt aus dem Kino. Welche Szene berührt denn die beiden? Darüber machst du deine Prota plastisch.

So, und jetzt selbst mal ein bisschen aktiv werden hier :peitsch: ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

tjaaaaaa - das hast du jetzt von der peitsche.. ;) ich hab mich hingesetzt, alles überschrieben, nochmal geschrieben, wieder geschrieben...
jetzt isses eine komplett neue geschichte und bis ich die so fertig hab, dass ichs online stellen würde... ;) also bisschen dauerts noch

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Shylinade,

(die kleine Schwester der Bionade? ;)), Weltenläufers Peitsche bezog sich auf etwas anderes: Dieses Forum funktioniert nur über Nehmen und Geben. Wenn Du Kommentare bekommst - Du hast ja einige Texte hier, und fragst auch gern mal nach, ob Deine Kritiker noch konkretisieren können - wird es höchste Zeit, daß du Dich auch mal um Fremdtexte kümmerst. Konstruktive, aussagekräftige und belegte Komms: dabei lernst Du selbst nämlich auch ne Menge.

Geht halt nur, wenn sich hier alle gegenseitig helfen, und nicht einseitig Editierdienstleistungen abgezogen werden - wenn Du einen, mehrere, Texte einstellen kannst, gilt auch keine faule Ausrede keine Ahnung, was ich zu einem Text sagen soll / wie das geht / bin krankhaft schüchtern - hab ne online Sozialphobie / nie Literatur studiert ...
Guck Dir ein paar Komms an - und ran an den Speck, bitte!

Herzlichst,
Katla

 

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