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Nur ein Mensch

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27.02.2008
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Nur ein Mensch

Wie jeden Morgen klingelte der Wecker um sechs Uhr dreißig. Wie jeden Morgen schlug Jim mit all seiner Kraft auf den viel zu großen Knopf des digitalen Störenfrieds, um das penetrante Piepsen möglichst für immer zu unterbinden. Wie jeden Morgen überlebte das verdammte Ding den Ausbruch seiner Aggressionen und fing gefühlte 10 Millisekunden danach wieder an zu versuchen, Jims Kopf mit hohen, lang gezogenen Tönen zum zerbersten zu bringen. Wie jeden Morgen gab das Teil erst nach dem sechsten Wiederholungsalarm endlich Ruhe und Jim war mal wieder viel zu spät dran. Ihm selbst war das scheiß egal. Er war ja schließlich der gottverdammte Sheriff dieser beschissenen kleinen Stadt am Arsch der Welt, oder, wie er zu sagen pflegte, im Arsch der Welt und die Leute würden wahrscheinlich eher anfangen zu reden, wenn er mal vor zehn Uhr auf der Straße zu sehen war.
Sein Kopf fühlte sich an, als ob er die Nacht zusammen mit einer Bowlingkugel in einer Waschmaschine verbracht hätte, die im Schleudergang an einen fahrenden Zug gekettet worden war. Den Rest hatte der beschissene Wecker besorgt. So ging es ihm immer, wenn er bis spät in die Nacht in der einzigen Kneipe der Stadt das Gesöff getrunken hatte, das sie hier Bier nannten und den beiden Tittenschwingerinnen einen großen Teil seines Monatsgehalts in den fast nicht vorhandenen Slip gesteckt hatte. Ihn konnten heute alle Am Arsch lecken. Er würde den ganzen beschissenen Tag hier in seinem Bett verbringen. Punkt… Arschlöcher…

Na das war ja jetzt wieder klar. Ich hab wieder den Jackpot geknackt...

Als Jim die Augen öffnete war es draußen dunkel. Der Wecker zeigte stumm die Zeit an: 23:31. Mitten in der Nacht. Er hatte tatsächlich den ganzen Tag verpennt. Was für ein riesen Haufen Scheiße. Er richtete sich abrupt auf und merkte sofort, dass das ein großer Fehler gewesen war. Sein Kreislauf war der Meinung, dass er für die Sünden, die er letzte Nacht begangen hatte, bezahlen musste und so wurde es ihm augenblicklich schwarz vor Augen. Sein Bett begann zu wanken und ihm stieg ein dicker Klumpen Kotze mit Bier-Erdnuss-Geschmack die Speiseröhre hoch, dem er sich auch prompt direkt neben seinem Bett entledigte. Nachdem er ein paar Minuten einfach so da gesessen und sein Bett endlich aufgehört hatte, sich zu bewegen, ging es ihm schon etwas besser. Er wagte es, den linken Fuß über die Bettkante zu schwingen und landete prompt in den halb verdauten Überresten seines Mageninhalts. Lauthals seine Lieblingswörter »gottverdammt« und »Scheiße« ausspuckend, schwang er auch den rechten Fuß über die Bettkante, achtete darauf, ihn neben der stinkenden Lache aufzusetzen und stand langsam auf. Immer noch wankend schlug er den kürzesten Weg ins Bad ein und nahm dort eine kalte, erfrischende Dusche, ohne sich vorher seiner Kleider entledigt zu haben. Das holte er dann unter der Dusche nach. Er trocknete sich ab und vertrieb den pelzigen Geschmack auf seiner Zunge, indem er geschlagene fünf Minuten mit Mundspülung gurgelte. Jetzt ging es ihm wirklich viel besser. Ihm fehlte nur noch was zu Essen und zu Trinken. Im Kühlschrank fand er nur fünf Dosen Bier, drei Packungen seit zwei Monaten abgelaufene Sandwiches und eine Tube Ketchup. Jim fand schnell heraus, dass die Sandwiches nicht mehr essbar waren und dass Ketchup nicht besonders sättigend ist. Das Bier würde er wahrscheinlich ein paar Stunden nicht anrühren. Er beschloss, an die Tankstelle zu fahren. Daneben gab es ein schäbiges Restaurant, in dem man bis zwei Uhr nachts fettige Pommes Frites und lauwarme Burger bekam. Genau das Richtige für den Moment. Um die Kotze würde er sich später kümmern.

Aha, aha... Oh ja, da tut sich ja doch was. So sieht das also aus.
Ui, das ist jetzt wohl nicht so gut. –
Ah, besser.

Nachdem Jim sich angezogen hatte – Jeans, Pullover und eine versiffte New York Yankees Baseball Cap – trat er aus seinem Haus in die angenehm kühle Nacht hinaus. Sein Streifenwagen stand direkt vor dem Haus. Er stieg ein, startete den Motor, schaltete die Scheinwerfer an und fuhr langsam die einzige Straße des kleinen Kaffs entlang, an deren Ende sich der American Burger befand, sein augenblickliches Paradies. Sein Magen meldete sich des Öfteren und schien das Motorengeräusch seines Ford zu übertönen. Ansonsten war alles ruhig. Etwas zu ruhig nach Jims Geschmack. Normalerweise sah man zu dieser Zeit mindestens ein betrunkenes Arschloch, Arm in Arm mit einer Nutte, die in dieser Nacht ein gutes Geschäft machen würde, ohne dafür auch nur einmal die Beine breit machen zu müssen, bestenfalls auf dem Bürgersteig und ansonsten mitten auf der Straße, herumtorkeln. Am nächsten Morgen stand dieses Arschloch dann bei Jim im Büro und würde die Nutte anzeigen wollen, die ihn um sein sauer verdientes Geld gebracht hat. Kein Arschloch war zu sehen und auch sonst niemand. In vereinzelten Fenstern brannte noch Licht, aber in den Räumen dahinter ließen sich keine Bewegungen ausmachen. Sogar in der Kneipe, in der er sich noch gestern den Rausch seines Lebens angesoffen hatte, schien nichts los zu sein, sofern er das im Vorbeifahren beurteilen konnte. Wahrscheinlich einfach ein ruhiger Tag. Warum dachte er darüber überhaupt nach? Sein einziges Ziel für heute Nacht war ein lauwarmer Burger, fettige Pommes und eine große Pepsi on the rocks. Darauf kam es an. Der gottverdammte Rest war doch scheiß egal.

Was jetzt? Ach so, kenn ich schon.

Wenige Minuten später passierte er die Einfahrt der Tankstelle. Der einzige Weg den American Burger zu erreichen, führte an der Tankstelle vorbei. Auch hier war alles ruhig. In der Tankstelle brannte Licht, aber es war weder eine Verkäuferin an der Kasse noch ein Kunde im Raum davor zu sehen. An einer Zapfsäule stand ein Truck, der Zapfhahn steckte noch im Tank. Wahrscheinlich vögelte der Trucker gerade irgendwo im Hinterzimmer die junge Verkäuferin, die sich mit dem Job in der Tankstelle ihren Kontostand aufbessern wollte. Im Normalfall geschah dies mit Einverständnis der jungen Frau. Jim vermutete, dass dieses Einverständnis in den meisten Fällen entweder erkauft oder erzwungen war. Das kümmerte ihn aber nicht besonders. Einverständnis war Einverständnis und Ärger mit den Truckern wollte und konnte er sich nicht leisten. Trotzdem könnte der alte Bob in seiner Tankstelle endlich mal eins dieser modernen Sicherheitssysteme installieren. Hier gab es ja noch nicht mal Kameras.
Jim parkte die alte Rostlaube auf einem der Parkplätze vor dem Fastfood-Restaurant und stellte den Motor ab. Die Glasfront des American Burger erstrahlte in gelblichem Licht aber dahinter war wiederum nichts los. Kein Mensch genehmigte sich noch einen kleinen Mitternachtssnack, kein Zigarettenrauch stieg aus randvollen Aschenbechern auf und die beiden Spielautomaten blinkten traurig vor sich hin, in Erwartung, dass sie jemand mit Geld fütterte. Das kam Jim dann doch langsam alles verdammt komisch vor. Er schnappte sich seine doppelläufige Schrotflinte, öffnete die Fahrertür und trat hinaus in die angenehm kühle Nachtluft. Die Waffe locker in der rechten Hand, drehte er sich langsam einmal um die eigene Achse und schaute sich um. Nichts, nur der Wind, der sanft um seine Ohren strich! Die gottverdammten Hurensöhne hatten ihn alle alleine gelassen, sind irgendwohin abgehauen, ohne ihm auch nur ein Wörtchen davon zu sagen. Dann machte sich auch noch sein Magen lautstark bemerkbar. In der Stille klang es wie Donnergrollen. Fluchend nahm er die Schrotflinte in beide Hände und stapfte die drei Stufen zur Eingangstür des American Burger hinauf.

Wo sind denn alle? Bin ich so spät dran? –
Und wenn ich hier... Aha.

Drinnen war es heiß und es roch nach verbranntem Fett. In der Küche stieg über den Bratflächen und den darauf brutzelnden Burgern dichter Qualm auf, den die Abzugshauben gierig einsaugten. Alles war hell erleuchtet und auf einigen Tischen lagen Essensreste und Verpackungen auf Plastiktabletts. Es schien, als ob die Leute plötzlich alles stehen und liegen gelassen und die Stadt verlassen hatten. Auf dem Boden zwischen den beiden Tischreihen lagen ein Bestellzettelblock und ein Kugelschreiber, die die Bedienung an dieser Stelle einfach fallen lassen haben musste. Auf dem Tresen, der sich fast über die gesamte Breite des Fastfood-Restaurants erstreckte, standen einige Kaffeetassen und halb leere Biergläser.
Jim schnappte sich einen Donut aus dem Plexiglaskasten auf der Bar, stopfte ihn ganz in den Mund und ging kauend in die Küche. Nachdem er seine Schrotflinte auf einer Arbeitsfläche abgelegt hatte, bemächtigte er sich zweier roher Burger aus dem Kühlschrank und zweier pappiger, bereits aufgeschnittener Brötchen aus einer Kiste, die daneben stand. Alles zusammen legte er auf eine noch saubere Bratfläche und schaltete dann alle anderen elektrischen Geräte ab.

Oha, da kommt was. Igitt, wie eklig.

Ein paar Minuten später waren die Burger fertig. Er schob sie zwischen die Brötchenhälften, packte sie auf einen Teller, zapfte sich eine Pepsi mit Eis und setzte sich an einen mehr oder weniger sauberen Tisch, um sich im nächsten Moment über sein Mahl herzumachen. Als er die letzten Bissen mit einem großen Schluck Pepsi hinuntergespült hatte, fühlte er sich deutlich besser. Die Kopfschmerzen hatten nachgelassen und sein Magen war fürs erste besänftigt. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, fuhr sich mit beiden Händen über den beachtlichen Bauch und ließ einen Furz, der die Glasfront des American Burger erbeben ließ. Wie zur Bestätigung einer soeben getroffenen Aussage folgte darauf der Rülpser des Jahrhunderts. Zufrieden machte er es sich bequem – so gut das auf dem harten Plastikstuhl möglich war – und schloss für ein paar Sekunden die Augen.

Und noch mehr. Das ist wirklich nicht schön. –
Oh ja, sehr interessant. Das kann ich aber sicher besser. Einmal hier und einmal da… Hehe. –
Und wenn ich...

Sein linkes Augenlied fing plötzlich an zu zucken. Das hatte er manchmal. Nichts Außergewöhnliches. Hörte auch immer schnell wieder auf.

Und jetzt?

Ein Pfeifen im Ohr.

Was ist das denn da überhaupt?

Seine Hand fiel von seinem Bauch. Er musste eingedöst sein.

Aufwachen! Wie spät war es? Mist, Uhr zu Hause vergessen. Immer noch dunkel draußen. Wo sind denn alle... Ach so ja, da war ja was. Na dann… Aufstehen, ächz – Aua! Verdammter Tisch! Mein Knie! Ups, bloß nicht noch auf die Fresse legen. Schmeiß weg, lass liegen, leg dich dazu. Hehe. Olé olé. Mal die Knarre... Hey, was‘n jetzt? Bein eingeschlafen oder was? Tut aber verdammt weh, scheiße weh... Umpf, na toll, da liegt er dann doch. Arrrgh, tut das weh!

»Na los Kleiner, du bist spät dran.«

Was war das? Jetzt hör‘ ich auch noch Stimmen oder was? Komische Sprache. Noch nie gehört. Na wenigstens tut’s nich‘ mehr weh.
»Hallo? Is‘ da jemand?«

»Jaja, hat sich ne Zeit lang fast nichts geregt.«
»Hast du wenigstens ein bisschen experimentiert?«
»Na klar, war echt sehr aufschlussreich.«
»Komm schon, bring ihn mit hoch. Dann kannst du ihn noch sezieren und das war‘s dann für heute. Die anderen sind schon lange fertig.«

»Was zum...«

Das Letzte, das ein Beobachter von Jim gesehen hätte, war ein greller Lichtblitz.

Ende​

 

Premiere

Hallo Leute,

nachdem ich hier schon ein paar Geschichten gelesen habe, wollte ich mich auch mal verewigen. Das ist meine erste Kurzgeschichte überhaupt und ich hoffe, nicht kompletten Schund produziert zu haben. :)

Bei vielen Formulierungen war ich noch unsicher, ob das alles so passt, habe sie aber absichtlich drin gelassen, um nichts zu verschlimmbessern (böses Wort).

Ich habe auch versucht, ein bisschen zu experimentieren, unterschiedliche Erzählperspektiven miteinander zu kombinieren und die derbe Sprache des Prots mit sachlichen Beschreibungen zu vermischen.

Naja, Kritik ist jedenfalls ausdrücklich erwünscht.

Grüße,
Nico

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nico B!
Also herzlich willkommen hier und meinen Glückwunsch: Es ist nicht kompletter Schund :D
Dongeeee!

Tja ähm, Außerirdische entführen ein vulgäres Arschloch und alle Gäste einer Burgerbude um sie zu sezieren. Hab ich das richtig erfasst?
Ähm... Ja, fast. Es steckt schon noch ein bisschen mehr dahinter. Aber ich lass euch noch ein bisschen rätseln. Vielleicht auch ein bisschen die Überschrift beachten.

Mich stört dieses "Auf Teufel komm raus"-Fluchen. Wenn du mich fragst, macht das kein Mensch nonstop wie dein Prota hier. Das würde ich etwas drosseln (auch wenn du's ja in deinem Kommentar irgendwie begründet hast).
Naja, eigentlich war das genau so beabsichtigt. Der Prot soll einen verbitterten, alkoholabhängigen Fettsack in einer beliebigen kleinen Provinz irgendwo im Niemandsland darstellen. Vielleicht wurde er ja - als Sheriff - von irgendwo unfreiwillig da hinversetzt und hat eher mit anderen Sachen zu tun, als mit denen, die er sich so für sein Leben vorgestellt hat. Das Ganze macht er nun schon ne Zeit lang und natürlich hat er nur mit irgendwelchen Bauern zu tun, die sich auch nicht richtig ausdrücken können. Da wird man schon mal so. :)

Aber es kommt mir so komisch vor, dass du über weite Strecken ziemlich detailiert schilderst und dann auf einmal Zack! - Prota weg! und Ende Gelände. Hmmm...
Tja, die anderen waren ja auch alle auf einmal weg... Er hat ja nur länger durchgehalten, weil er die ganze Sache verpennt hat.

Toll fand ich übrigens, wie du die Szene beschreibst, als er das verlassene American Burger betritt! Da kam so Silent Hill-Feeling bei mir auf.
War aber zu hell dafür, oder?

Danke für deinen Kommentar. Kein Schund! *freu* :)

 

Hallo Nico B.

die Schreibe an sich ist ok, ich habe es in einem Stück durchgelesen.
Und wenn der Prota so ein Flucher ist, na gut!
Aber...

Für die Kürze der Geschichte ist die Kotze zu genau beschrieben,
sozusagen Raum verschwendet. Der erste Abschnitt
ist von der Genauigkeit her gut, ich möchte ja wissen
mit wem ich es zu tun habe.
Auch das zweite Erwachen ist zu ausführlich in meinen Augen,
so genau will ich in einer Kurzgeschichte nicht wissen, wie er was macht.
Dafür fehlt mir am Ende deutlich mehr die Überraschung beim Prota.
Auch wenn er verroht ist, er ist Bulle, und nachdem schon auf der Fahrt
zur Tankstelle alles ruhig war, so musste beim Burgerladen sein Instinkt doch ein wenig aufmucken. Da es nicht geschieht, fehlt mir die Spannung.
Dass die Menschen in seinem Kaff einem Ereignis zum Opfer gefallen sind,
ahnte ich bereits. Konnte man auf dem Weg zum Burger Laden ahnen,
aber aller-spätestens beim dem Notizblock war der
Hintergrund klar. Irgendwas tötet/entführt alle Menschen.

Könnte auch "der letzte Mensch" heißen, oder?

Die Geschichte hat keinen Höhepunkt, zu dem sie sich hinbewegt.
Und wenn es nur die Furcht des Prota vor dem Unbekannten wäre und
seine Hoffnung, davon nicht erwischt zu werden. Oder am Ende doch ganz alleine zu sein.

Die 'Wesen':
Jackpot???
Die verspielte Art und Weise schiebt die Wesen in die Horrorecke,
vielleicht Fantasy. In der Art wie King schreibt, das Unbekannte oder Grauen ohne Erklärung stehen zu lassen. Allerdings müsste der Prota dann mehr Gefühl zeigen. Egal welches.

Achja, den letzten Satz würde ich weglassen, stattdessen so enden:

"Was zum ... ?"
Den Blitz, in dem er verschwand, sah er nicht mehr.

Nur nicht unterkriegen lassen, schreiben macht Spass!

Beste Grüße
Harri

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Harri,

danke für deine Kommentare. Mein Senf dazu:

Für die Kürze der Geschichte ist die Kotze zu genau beschrieben, sozusagen Raum verschwendet.
Wieso, ich hab sie doch nur zwei mal erwähnt, oder? Die Kotze dient außerdem noch einem anderen Punkt, den ich gleich beschreiben werde. :)

Könnte auch "der letzte Mensch" heißen, oder?
Nein, definitiv nicht.

Zum Rest möchte ich folgendes sagen:
Die Geschichte handelt von der Gleichgültigkeit, die sich ins Leben der Menschen einschleicht. Wenn ich ne Fliege mit der Fliegenklatsche umbringe, dann plagen mich schließlich keine Gewissensbisse. Is ja "nur eine Fliege". Übertragen auf eine hochentwickelte außerirdische Rasse, die nicht, so wie wir, an räumliche Gegebenheiten, namentlich die Erde, gebunden ist sind wir es eben, die "nur Menschen" sind. So fliegen sie also rum und führen Experimente an Menschen (und vielleicht auch anderen Rassen?!) durch. Noch schlimmer, sie benutzen uns als Versuchsobjekte zur spielerischen Ausbildung ihrer Kinder. Ich stelle mir hier vor, wie wir Menschen im Biologieunterricht z. B. Frösche sezieren. Sie bringen uns ja nicht vorsätzlich um, es dient nur den Forschungszwecken.
Der Titel ist also in der Art "Macht nix, es ist ja nur ein Mensch" und nicht als "nur noch ein Mensch auf der Erde" zu verstehen.

Thema Gleichgültigkeit: Jim ist dafür natürlich das Paradebeispiel. Er hat die Scheiß-egal-Einstellung ja quasi erfunden. Er säuft, obwohl er eigentlich am nächsten Tag arbeiten muss, verpennt den ganzen Tag, übergibt sich neben das Bett und will sich später drum kümmern (verteilt das Erbrochene ja sogar noch im ganzen Haus :)), duscht mit Klamotten, hat nichts zu Essen im Haus, trägt keine Uniform usw. Und das alles als Sherrif. Da sollte er doch eigentlich ein Vorbild sein...
Spätestens als er mit dem Streifenwagen durch das Dorf fährt merkt er, dass niemant mehr da ist. Konsequenterweise ist ihm das auch relativ egal und er denkt erstmal nur ans Essen. Als sein Hunger gestillt ist, hat er sogar schon fast die Situation vergessen, in der er sich befindet. Erst mal kurz die Augen zumachen...

Vielleicht hast du recht, vielleicht habe ich ihn zu stark überzeichnet. Für große Gefühle ist er jedenfalls nicht der Typ. :)

Die 'Wesen':
Jackpot???
Ja, Jackpott. Die Außerirdischen nisten sich in Menschen ein, beobachten zunächst und drehen an ein paar Synapsen oder sonstwo rum, um irgendwelche Reaktionen des Körpers auszulösen. Der Außerirdische in Jim hat jetzt ausgerechnet den erwischt, der die ganze Zeit nur schläft, während die anderen schon voll dabei sind. :) Ach so, die kursiv geschriebenen Gedanken des Außerirdischen in Jims Körper beziehen sich dabei übrigens meistens auf die anderen Abschnitte. Beispiel:

Ein paar Minuten später waren die Burger fertig. Er schob sie zwischen die Brötchenhälften, packte sie auf einen Teller, zapfte sich eine Pepsi mit Eis und setzte sich an einen mehr oder weniger sauberen Tisch, um sich im nächsten Moment über sein Mahl herzumachen. Als er die letzten Bissen mit einem großen Schluck Pepsi hinuntergespült hatte, fühlte er sich deutlich besser.

Und noch mehr. Das ist wirklich nicht schön. –

Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, fuhr sich mit beiden Händen über den beachtlichen Bauch und ließ einen Furz, der die Glasfront des American Burger erbeben ließ.

Oh ja, sehr interessant. Das kann ich aber sicher besser. Einmal hier und einmal da… Hehe. –

Wie zur Bestätigung einer soeben getroffenen Aussage folgte darauf der Rülpser des Jahrhunderts.

[...]

Und wenn ich...

Sein linkes Augenlied fing plötzlich an zu zucken


Die Gedanken des Außerirdischen sind natürlich von mir als Autor möglichst objektiv ins Deutsche übersetzt worden, damit ihr sie auch versteht. ;)

Die verspielte Art und Weise schiebt die Wesen in die Horrorecke, vielleicht Fantasy. In der Art wie King schreibt, das Unbekannte oder Grauen ohne Erklärung stehen zu lassen.
Ja Horror, genau. Außerirdische sind im Grunde auch nur Menschen wie du und ich. :)

Die Geschichte hat keinen Höhepunkt, zu dem sie sich hinbewegt.
Hmm, der Höhepunkt sollte im Erkennen des Lesers liegen. Man kapiert es beim Lesen evtl. zu früh.
Jedenfalls hat sicherlich jeder schonmal Augenzucken oder ein Piepsen im Ohr, auf jeden Fall aber ein eingeschlafenes Bein gehabt. Hier sollte die Erkenntnis kommen. Nach dem Motto "Huch, das hatte ich auch schon, das könnte mir auch passieren".
Am Ende kontrolliert der Außerirdische Jim immer stärker, alles bewegt sich aufs Unausweichliche zu. Erst ein leichtes Zucken, dann ein Piepsen im Ohr. Die Hand wird vom Bauch bewegt, das Knie am Tisch angestoßen, schließlich werden direkt Schmerzen im Bein zugefügt, er wird auf den Boden geworfen. Das alles geht so schnell, dass Jim gar nicht mehr dazu kommt, sich Gedanken zu machen.

Achja, den letzten Satz würde ich weglassen, stattdessen so enden:

"Was zum ... ?"
Den Blitz, in dem er verschwand, sah er nicht mehr.

Hmmm, der Blitz kommt sozusagen aus seinem Inneren, deshalb hätte er ihn sowieso nicht gesehen. Mit dem letzten Satz sollte nochmal festgehalten werden, dass es in dem Dorf keine Beobachter mehr gibt, die das Ganze hätten sehen können, dass einfach so ein Dorf am Ende der Welt ausgelöscht wird, ohne dass jemand was davon mitbekommt.

Aber nochmal: Es geht nicht darum, dass er der letzte Mensch ist, dass die Menschheit von der Erde gefegt wird, sondern um die Gleichgültigkeit der Außerirdischen, die mit uns umgehen, als wären wir Fliegen oder Frösche.

Natürlich habe ich mich auch gefragt, in welche Kategorie ich das Ganze einordne. Horror, Science Fiction, Seltsam, Philosophisches, vielleicht sogar Experimente wegen der unterschiedlichen Erzählperspektiven (Kein Ich-Erzähler für Jim, denn wir sind ja alle nicht so, oder? Ich-Erzähler für den Außerirdischen in Jims Körper, denn ja, der ist sympatisch, damit kann ich mich als Leser identifizieren; am Ende merke ich jedoch "ups, der ist ja doch nich so nett", sind wir Menschen wirklich so. Innerer Monolog - hier bitte berichtigen, falls das der falsche Ausdruck ist - am Ende, wenn sich alles überschlägt, vor allem um die schnelle Abfolge der Ereignisse zu unterstützen)? Das Setting ist jedenfalls definitiv Science Fiction, deshalb hier.

Nur nicht unterkriegen lassen, schreiben macht Spass!

Beste Grüße
Harri

Keine Angst, ich kann mit Kritik umgehen. :)

Ich habe irgendwie das Gefühl, dass das, was ich eigentlich ausdrücken wollte, nicht richtig beim Leser ankommt, wenn er die Geschichte liest. Gibt es hier Vorschläge, wie ich das besser machen kann, ohne den Leser zu früh darauf zu stoßen?

Außerdem würde mich interessieren, was ihr zu bestimmten "Stilmitteln" und Ausdrücken sagt:

Wiederholung von
Wie jeden morgen klingelte [...]
soll ausdrücken, dass es sicherlich kein Tag wie jeder andere werden wird.

Sein Kopf fühlte sich an, als ob er die Nacht zusammen mit einer Bowlingkugel in einer Waschmaschine verbracht hätte, die im Schleudergang an einen fahrenden Zug gekettet worden war.
Gut, nicht gut? Zu viel?

Lieber die Abschnitte mit den Gedanken des Außerirdischen direkt an der richtigen Stelle unterbrechen oder ist es so besser, damit der Lesefluss nicht leidet?

[...] und ließ einen Furz, der die Glasfront des American Burger erbeben ließ.
Zu krass/unrealistisch?

Passen die Erzählperspektiven oder sollte man es anders machen?

Auf dem Boden zwischen den beiden Tischreihen lagen ein Bestellzettelblock und ein Kugelschreiber, die die Bedienung an dieser Stelle einfach fallen lassen haben musste.
Stimmt das die die an dieser Stelle oder lieber anders schreiben weils sich komisch anhört?

Grüße,
Nico

PS: Nico reicht. Das B. gehört zum Nachnamen. :)

 

Hallo Nico,

Riesenantwort.
Mit dieser Erklärung wird es (natürlich) sofort klar. Vielleicht versucht du, einiges davon in die Geschichte einzuflechten. Nicht im Klartext, aber durch Umschreibungen in der Art, daß das Aussie-Kind denkt 'mal sehen..', dann Jim handelt und irgendwann das Ding in ihm sagt 'Super, klappt.'
Ist halt nur eine vage Möglichkeit, direkte Zusammenhänge anzudeuten.

Wiederholung von
Wie jeden morgen klingelte [...]
soll ausdrücken, dass es sicherlich kein Tag wie jeder andere werden wird.
'...soll andeuten', würde ich eher vermuten..

Sein Kopf fühlte sich an, als ob er die Nacht zusammen mit einer Bowlingkugel in einer Waschmaschine verbracht hätte, die im Schleudergang an einen fahrenden Zug gekettet worden war.
Gut, nicht gut? Zu viel?
Finde ich gut, echt. Aber wahrscheinlich zu schade für diese Geschichte..

Lieber die Abschnitte mit den Gedanken des Außerirdischen direkt an der richtigen Stelle unterbrechen oder ist es so besser, damit der Lesefluss nicht leidet?
Die anfangs versetzten Gedanken der Aussies sind ok. Ich habe nur Schwierigkeiten, den Punkt zu finden, den sie aus der Sicht Jims beschreiben. Wenn das deutlicher würde, könnte ich mir vorstellen, daß der Hintergrund sich einem schneller erschließt.
[...] und ließ einen Furz, der die Glasfront des American Burger erbeben ließ.
Zu krass/unrealistisch?
Jepp!
Auf dem Boden zwischen den beiden Tischreihen lagen ein Bestellzettelblock und ein Kugelschreiber, die die Bedienung an dieser Stelle einfach fallen lassen haben musste.
Stimmt das die die an dieser Stelle oder lieber anders schreiben weils sich komisch anhört?
..einfach fallengelassen haben musste.
Nö, mich hat es nicht gestört.

Trotzdem, ich könnte mir die Geschichte in Horror besser vorstellen,
Überwesen müssen nicht von anderen Planeten kommen.

Beste Grüße
Harri

 

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