Was ist neu

Nur ein Bienenstich

Seniors
Beitritt
21.12.2015
Beiträge
1.268
Zuletzt bearbeitet:

Nur ein Bienenstich

Benedikt sitzt mit seinem besten Freund Elias am Holztisch auf der Veranda. Sie schlürfen selbstgemachte Zitronenlimonade und reden über Benedikts Geburtstag. Die kleine Oma jätet ganz in der Nähe Unkraut. Sie hört gerne zu, was ihr Enkel so von sich gibt. Aber neugierig ist sie gar nicht. Kein bisschen, eher um ihn besorgt. Der Junge ist so ein Sensibelchen.
„Wow, und die kommen alle zu deinem Geburtstag?“
Benni hat gerade aufgezählt, wer alles zur Familie gehört. Zwei Omas und zwei Opas, etliche Tanten und Onkel, ihre Kinder und einige Menschen, von denen Benni nicht so genau weiß, wo sie hingehören.
„Na ja, wahrscheinlich nicht alle. Die kleine Oma kennst du ja, die wohnt hier im Haus. Die große Oma, bei der Mathilde und ich immer in den Sommerferien sind, kommt vom Bodensee. Wenn die aufs Gas drückt, schafft sie es mit ihrem BMW in einer Stunde zu uns. Manchmal fährt Opa Ralf auch mit, wenn er Zeit hat. Der ist aber viel auf Reisen. Meistens bleiben sie über Nacht. Opa Heinz fährt abends nach Hause, er hat nicht so weit.“
„Ich hab nur noch einen Opa, den sehe ich ganz selten. Er wohnt in einem Heim in Hannover. Deswegen fahren wir immer an die Nordsee, damit wir ihn besuchen können. Du hast's gut …, zwei Opas und zwei Omas.“
Benedikt pufft seinen Freund in die Seite und zieht geschwind die Einladung zum Kindergeburtstag aus dem Schulranzen.
„He, Digga, eigentlich wollte ich die erst morgen in der Schule verteilen.“
Auf der Vorderseite des blauen Faltblatts ist ein Foto von Benni zu sehen, wie er eine große Kugel nach oben stemmt. Schräg über der Kugel steht in roter Schreibschrift 'Bowling'. Das war seine Idee. Zusammen mit der Mutter hat er dafür einen ganzen Nachmittag am Computer gesessen. Sie ist Expertin für die Fotokalender, die es jedes Jahr zu Weihnachten gibt.
„Denk dran, Eli, am nächsten Samstag. Hier, nimm.“
Elias schaut das Foto an, schluckt ein- oder zweimal, dann liest er den Text innendrin.
„Cooles Programm. Bowling im Fitness-Center. Wie viel hast du denn eingeladen?“
„Acht. Eigentlich sollten es zehn sein. So viel Lebensjahre, so viel Kinder. Aber Papa hat gesagt, mehr als acht halten sie nicht aus. Pech für die Mädchen. Mann, das wird richtig geil! Mama und Papa fahren uns zum Center. Steht alles drin, Zeiten und so. Ach so, kannst du noch aufschreiben, was du nicht essen darfst? Mama will's wissen.“
Elias nickt. Das ist jetzt üblich, dass die Eltern vorsichtshalber nach Allergien und sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen fragen. Auch bei Klassenausflügen ist es so. Benedikt hat immer seine Notfallmedizin dabei, sowohl im Schulranzen, als auch in der Sporttasche. Das ist eine kleine Dose mit verschiedenen Tabletten. Bei der kleinen Oma ist auch eine deponiert. Bennis Mutter hat genau aufgeschrieben, in welcher Reihenfolge das Kind sie einnehmen muss und was sonst noch zu tun ist. Benedikt hat eine Erdnussallergie, eine von der gefährlichen Sorte. Kann zu schlimmer Atemnot führen bis hin zu einem anaphylaktischen Schock und muss sofort behandelt werden. Einmal, als er fünf war, wurde er mit Blaulicht in die Kinderklinik gebracht und dort eine ganze Nacht beobachtet. Benedikt macht einen großen Bogen um alles, was mit Nüssen zu tun hat, vor allem unterwegs. Bloß keine Schokoriegel oder unbekannte Süßigkeiten. Da ist er sehr zuverlässig.
Freitags kocht die kleine Oma für die beiden Enkelkinder, weil da die Schule schon um eins aus ist. Sie hebt alle Verpackungen auf, damit der Junge selbst nachlesen kann, ob dieser Satz 'Kann Spuren von … enthalten' irgendwo versteckt ist, auch wenn Benni schon zum zehnten Mal den leckeren Pudding gegessen hat. Deshalb bereitet die kleine Oma fast immer alles frisch zu, da weiß Benni, dass er reinhauen darf. Die kleine Oma ist sehr froh, dass Benni so gewissenhaft ist. Wenn sie einkaufen geht, braucht sie viel mehr Zeit als früher und sie darf ihre Brille nicht vergessen. Es gibt immer viel zu lesen. Und das ist meistens ziemlich kleingedruckt.

Am Sonntag, zum Kaffee um halb vier, sind alle Gäste eingetroffen. Es hat ein großes Hallo, herzliche Umarmungen, Küsschen und Auf-die-Schulterklopfen gegeben. Benedikt strahlt. Die Großeltern vom Bodensee haben ihm das so sehnlichst gewünschte Longboard mitgebracht. Patenonkel Matze hat sich, wie sie mehrmals erklären, auch an dem Geschenk beteiligt. Benni verspricht, sich ordentlich zu bedanken.
„Soll ich gleich anrufen?“
„Nee, lass mal. Den erreichst du jetzt ohnehin nicht. Schreib ihm doch ein Briefchen, da kannst du ihn mal richtig überraschen, wenn er von dir Post im Briefkasten hat.“
Benni schaut ungläubig, meint Opa Ralf das ernst mit dem Schreiben?
Die Geschenke der Eltern hat Benedikt schon ganz früh am Morgen ausgepackt. Es ist wie immer alles zu üppig, denkt die kleine Oma, als sie zum Gratulieren kommt. Sie legt nur einen Briefumschlag auf den Geburtstagstisch. Darin ist ein Gutschein für den Besuch des Planetariums, von dem Benni in der Schule gehört hat. Selbstverständlich gehört dazu noch eine Zugfahrt und die Einkehr in einer Eisdiele. Oma kennt ihren Enkel. Sie erwartet keinen Freudenschrei. Heute steht natürlich das Longboard im Vordergrund, aber demnächst sind Osterferien und sie hört die Kinder schon jetzt über Langeweile klagen. Da kommt ein solcher Ausflug gerade recht.

Opa Franz hat auch einen Brief mit einem Gutschein. Vielleicht mit einem Geldschein? Nein, das lehnt Opa aus Prinzip ab. Benni findet einen Prospekt über Kurse für Kinder in einem Bouldercenter. Opa hat einen angekreuzt.
„Bo...ulder...center ...Opa, was ist das? Ist das so wie kegeln?“
Opa lacht. „Benni, du weißt doch, dass ich gerne in den Alpen klettern gehe. Und Klettern kann man üben, an einer Kletterwand, wie auf deinem Spielplatz, nur in einer großen Halle mit riesigen Wänden und angeseilt. Genau das Richtige für Sportsfreunde wie du und ich."
Opa redet sich in Begeisterung, er möchte, sagt er, zu gerne noch erleben, mit seinem Enkel in den Alpen zu klettern.
„Ist das in dem Center gefährlich?“, will Benni wissen. Seine Augen glitzern. Er hat was übrig für Gefährliches, zum Beispiel schwarze Abfahrten oder Saltos auf dem Trampolin neben der Garage. Ja, das wüssten die Eltern auch gerne. Und ein Kurs, eine ganze Woche lang? Der könnte ja höchstens in den Ferien stattfinden, und die sind meistens ziemlich verplant.
Dieses Geschenk war offensichtlich vorher nicht abgesprochen. Die kleine Oma sieht es an der Miene von Bennis Vater, ihrem Sohn. Sie kennt diesen Gesichtsausdruck. Also, darüber muss unbedingt noch mal in Ruhe geredet werden, aber nicht heute.

Mathilde stellt stolz die Rüblitorte auf den Kaffeetisch. Sie hat beim Backen mitgeholfen und die Torte mit Marzipanrübli verziert. Ihre Mutter schneidet den Gugelhupf an und bittet alle, Platz zu nehmen. Als letzter kommt Opa Heinz an den Tisch. Er hat noch eine Überraschung. Es ist eine Kuchenplatte mit Bienenstich. Er hat sie in der besten Konditorei der Stadt besorgt, weil Vera, seine jetzige Freundin, sie empfohlen hat.
„Ich bin ja nicht so ein Fan von Kuchen“, sagt er und schaufelt sich ein Stück davon auf den Teller, „aber dieser Bienenstich ist sensationell. Benni, den musst du unbedingt probieren.“
Benni will aber lieber Rübchentorte. Zwar sieht der Bienenstich verführerisch aus mit seiner üppigen Füllung aus Vanillepudding und der goldgelb glänzenden Mandelkruste. Aber Benni hält sich an das Gewohnte.
„Das sind Mandelplättchen, die tun dir nichts. Deine Marzipanrübchen sind auch aus Mandeln, und die hast du ja auch gegessen.“ Opa ist ein wenig beleidigt, weil seine beiden Überraschungen nicht so gut angekommen sind. Benni bleibt störrisch. Er will keinen Bienenstich, auch nicht probieren. Dem Blick vom Opa weicht er aus. So kennt Opa Heinz seinen Enkel gar nicht, meistens sind sie prima Kameraden, spielen Tischtennis zusammen und messen ihre Kräfte beim Fingerhakeln. Benni bewundert Opa Heinz.
Inzwischen sind unter den Gästen hitzige Diskussionen ausgebrochen über Allergien im Allgemeinen und Besonderen. Sechs Meinungen prallen aufeinander, von sechs höchst kompetenten Leuten, die sich alle hervorragend auskennen. Sie stecken mittendrin in einer Grundsatzdebatte über das Gesundheitswesen, Wirtschaftsinteressen und Politik. Den Gugelhupf nehmen sie samt einer Flasche Gutedel mit auf die Terrasse, um die Nachmittagssonne zu genießen und um die Gemüter abzukühlen. Die kleine Oma ist heute eher zurückhaltend. Sie findet es nicht gut, dass ihr Exmann den Jungen so bedrängt hat. Bei Gelegenheit wird sie ihn darauf ansprechen.

Benni hat zwei Stück von der Rüblitorte gegessen. Jetzt schaut er sich den Bienenstich genauer an, kratzt mit einer Kuchengabel ein wenig am Pudding herum. Er will den Opa ja nicht kränken. Und es stimmt, mit Mandeln hat er noch nie Schwierigkeiten gehabt. Schließlich sticht er sich eine Ecke ab. Schmeckt wirklich lecker, besonders die Kruste aus Mandelblättchen. Nur noch ein winziges Stückchen, obwohl er ziemlich satt ist. Müde ist er auch. Er legt sich auf die Couch, weil ihm die Dispute der Erwachsenen in den Ohren dröhnen. Warum hören sie nicht auf zu streiten? Er hat ja probiert, dem Opa zuliebe.
Seine Mutter merkt zuerst, dass etwas nicht stimmt. Benni atmet schwer, auf seiner Stirn glitzern kleine Perlen. Er will etwas sagen, aber er bringt keinen Ton heraus. Sie reagiert blitzschnell: eine Tablette Cetirizin zum Lutschen, dann zwei Tabletten Decortin, dann heißt es warten. Die kleine Oma ist froh, dass ihre Schwiegertochter ganz ruhig bleibt. Sie ist ja auch vom Fach als Apothekerin.
Nach einer halben Stunde kann Benni wieder leichter atmen, aber er bleibt ungewöhnlich apathisch auf der Couch liegen, möchte mit niemandem reden, schon gar nicht irgendetwas spielen.
Schließlich packen die Eltern Benni doch ins Auto und fahren zur Notfallklinik. Eigentlich ist ja alles überstanden, aber man kann nicht wissen.

Zurück bleiben die betretenen Großeltern und Mathilda. Die sucht abwechselnd Trost bei den beiden Omis, braucht ganz viel Kuscheleinheiten. Alle sind ratlos, niemand hat eine plausible Erklärung.
„Die Rüblitorte kann es auf keinen Fall gewesen sein. Die gibt es jedes Jahr an den Geburtstagen.“
„Vielleicht ist eine Erkältung im Anzug, gestern kam er ziemlich verschwitzt vom Fußballplatz.“
„Wahrscheinlich hat er sich den Magen verdorben. Soll ja vorkommen an Geburtstagen.“
„Und wenn es doch der Bienenstich war?“
„Blödsinn. Er hat ja gar nichts davon gegessen.“
Da meldet sich Mathilda. „Doch, Omi, ich hab's gesehen. Nur ein ganz kleines Stückchen. Ihr wart draußen im Garten.“
„Was, und das sagst du erst jetzt? Verdammter Bienenstich!“ Opa Heinz ist ganz außer sich. „Ich ruf in der Konditorei an. Die sollen mir das erklären.“ Er rennt mit seinem Handy vor die Tür. Als er wieder hereinkommt, kann die kleine Oma, die ihren Ex gut kennt, sehen, dass er schwer angeschlagen ist.
„Die verarbeiten dort Erdnussplättchen. Sehen genau so aus und kosten viel weniger. Das sei in der Branche üblich. Eine Kennzeichnungspflicht gäbe es nur bei abgepackter Ware.“ Er knallt sein Handy auf den Tisch. "Eiskalt und scheißfreundlich waren die. Noch nie hätten sie Beanstandungen gehabt.“
Niemand hat mehr Lust zu diskutieren. Die beiden Omas räumen die Küche auf. Opa Ralf beschäftigt sich mit seinem Smartphone. Mathilda will Opa Heinz trösten und schleppt ein paar Bücher an zum Vorlesen. Er geht darauf ein, aber öfter bleibt ihm die Stimme weg.
Gott sei Dank sehen sie eine Stunde später Benni aus dem Auto steigen. Alles gut, signalisiert der Vater. Benni winkt kurz und verschwindet sofort in seinem Zimmer. An diesem Abend lässt er sich nicht mehr blicken. Und auch die Gäste machen sich früh auf den Heimweg.

Eine knappe Woche später, am Samstag, feiert Benni seinen Kindergeburtstag. Es wird ein voller Erfolg. Die Buben können sich beim Bowlen austoben, Benni ist ganz in seinem Element. Fast ein wenig überdreht.
Am Sonntagabend kommt Opa Heinz vorbei, um sich nach Benni zu erkundigen. Er will wissen, ob Benni wieder ein Stück gewachsen ist. Es ist ein Ritual, das mindestens zweimal im Monat stattfindet. Dazu stellen sie sich ganz eng Rücken an Rücken. Benni hofft jedesmal, dass er den Opa bald überholt.
„Du musst die Schuhe ausziehen, Opa,“ sagt Benni, „ sonst bist du im Vorteil.“
Der Opa bückt sich und Benni tänzelt um ihn herum, boxt ihn auf den Rücken, drei-, viermal. „Lass das, Benedikt, ich kann auch zurückboxen.“
„Ich bin aber stärker als du, schau doch“, sagt Benni und trifft den Opa, der sich gerade umdreht, auf die Nase.
Opa Heinz lacht zwar, aber dann packt er den strampelnden Jungen an den Oberarmen, stemmt ihn in die Höhe und lässt ihn zappeln.
„Wer ist jetzt stärker, du Angeber, aber hallo!“
Benni tritt den Opa in den Magen und in den Unterleib, so dass dieser das Kind fallen lassen muss.
"Du bist gemein“, schreit Benni in den höchsten Tönen, „du bist ein Scheißopa. Du hast mir weh getan und gelogen hast du auch. Du hast gesagt, es wären keine Erdnüsse. Du lügst immer und ich geh nicht mit dir zum Klettern. Nie mehr, in meinem ganzen Leben!“ Und rast die Treppe hoch in sein Zimmer. Von dort hört man Poltergeräusche und Schluchzen.
Opa steht wie gelähmt im Zimmer, kreidebleich. Bennis Vater wirft seiner Frau einen fragenden Blick zu. Sie nickt und überlässt ihm die Aufgabe, das Kind zu beruhigen und zu trösten.
„Es ist gut, dass Benni alles aus sich rausgelassen hat“, sagt sie zu ihrem Schwiegervater, „wir haben uns schon gedacht, dass da noch was in ihm rumort. Du darfst es nicht persönlich nehmen.“
„Wie soll ich das nicht persönlich nehmen! Es war ja mein Fehler. Ich hätte ihn vielleicht nicht so unter Druck setzen sollen.“
„Ja, vielleicht, aber mit solchen Situationen müssen wir halt rechnen. Man muss einfach akzeptieren, wenn er was nicht essen will. Er hat ein ganz gutes Gefühl dafür.“

Die kleine Oma glaubt fest, dass sich alles wieder einrenken wird. Es ist durchaus möglich, dass Benni irgendwann von allein auf das Thema zu sprechen kommt, zum Beispiel, wenn sie wieder einmal den Lieblingspudding gekocht hat. Und wenn nicht, findet sie eine ruhige Stunde. Sie hat einen sehr guten Draht zu ihm. Es wäre nicht das erste Mal. Die kleine Oma ist eine unverbesserliche Optimistin.

 

Liebe wieselmaus

da ist sie also wieder: eine schön geschriebene wieselmaus-Familien-Geschichte.
Du hast ein aktuelles Thema aufgegriffen, bei dem alle Betroffenen gefordert sind. Ich mag deine natürliche Art, deine Themen zu verpacken.
Und als hätte Benni nicht schon genug mit sich zu tun, benimmt sich Opa Heinzi auch noch alles andere als pflegeleicht.
Das alles klingt so, als würde ich die Familie kennen.
Sehr gut hast du es hinbekommen, den vielen Protagonisten nicht alle die gleiche Gewichtigkeit zukommen zu lassen. Und wenn ich sonst so meine Probleme habe, mir Namen und Zugehörigkeit zu merken, fiel es mir hier ganz leicht. Eben weil es eine Familie von nebenan sein könnte.
In den Verlauf von Lebensmittelunvertäglichkeiten hast du ganz geschickt einen Familienkonflikt eingebaut. Aber nur einen kleinen mit ganz vielen vernünftigen Menschen so ganz nach wieselmaus-Art. ;)

kompeten

Hier ist dir eine Silbe verloren gegangen.

Das war ein aufregender Nachmittag mit Benni und family.

Schön, eine neue Geschichte von dir zu lesen.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo wieselmaus,

Kanji hat recht: schön geschrieben ist es ja, am Anfang war mir nicht ganz klar, wozu die Erwähnung von Oma Ullas Gartenarbeit nötig ist, aber du wirst es wissen.

Aber aufregend? An der Dramaturgie könntest du noch was arbeiten.

1. Du erwähnst die Erdnussallergie. Ab da weiß jeder, was kommt. Und dank des Titels auch wie. Hättest du nur eine Allergie erwähnt, dann hätte der Titel zumindest seine Doppeldeutigkeit bewahren können. Und wir hätten nach kleinen, geflügelten Honiglieferanten Ausschau gehalten.

2. Da gibt es den gefürchteten anaphylaktischen Schock und was passiert:

Benni atmet schwer, auf seiner Stirn glitzern kleine Perlen. Er will etwas sagen, aber er bringt keinen Ton heraus.
Sorry, da ringt ein Kind mit schwerer Atemnot, wenn nicht gar mit dem Tod. Mag ja sein, dass die Mutter supercool ist und alle Tabletten in der Schublade hat, aber das muss der Leser doch nicht so schnell wissen, oder? Ein bisschen Drama an der Stelle wäre doch angebracht. Und ein bisschen Hysterie. Muss unbedingt die Mutter auch noch die Apothekerin sein oder sollte sie sich nicht vielleicht etwas aufregen dürfen? Auch die anschließende Apathie und das "wir fahren mal ins Krankenhaus, aber das schlimmste ist ja überstanden" ist antiklimaktisch.

3. Zum Schluss flackert mit dem Boxkampf zwischen Benni und Opa Heinz ja nochmal kurz etwas Drama auf. Aber kann ein Kind seinen Groll wirklich so gut verbergen, dass es sich auf ein spielerisches Größe-Messen noch einlässt und dann erst im Verlauf eines ebenfalls (scheinbar) spielerisch begonnenen Schlagabtausches die ganze Wut herauslässt? Und auch hier siegt mir zu bald die Vernunft und der Optimismus. Wobei Harmonie auch einfach nicht mein Ding ist. Vielleicht scheitert es bei mir daran.

Vielleicht noch ein Wort zur Erzählperspektive: die kleine Oma ist also die eigentliche Erzählerin und deshalb überall im Hintergrund dabei? Da würde ich sie dann doch stärker beteiligen.

Ist Opa Franz und Opa Heinz die gleiche Person? Denn mal ist es Opa Franz, der den Kletterkurs verschenkt, mal Opa Heinz, dem Benni ins Gesicht schreit, dass er nicht mit ihm klettern will. Und mit Opa Ralf wären es dann drei Opas und nicht die am Anfang gezählten zwei.

Es könnte kürzer sein, aber das ist natürlich auch wieder so ein Allerweltsratschlag, der nicht ernstgenommen werden muss. Denn eigentlich ist mir die Erzählabsicht nicht klar genug geworden, um sagen zu können, wo genau.

Soweit mein Senf
Liebe Grüße
Ella Fitz

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Liebe Kanji,

schön, dass du Bennis Familie als eine vertraute Nachbarsfamilie wahrgenommen hast. Und besonders schön, dass du auch meine Erzählweise als angenehm empfindest. Es sind so kurze Sätze, ganz anders, als mein ursprünglicher Stil. Aber ein bisschen scheint doch noch der augenzwinkernde Humor durchzuscheinen. Vielleicht sollte ich ihn stärker reanimieren.

Ja, ich habe einige brisante Themen angetickert.Aber ich wollte sie nicht alle ausbreiten, sondern nur zeigen, dass es in einer privilegierten Durchschnittsfamilie von heute (in Deutschland) nicht nur heile Welt, sondern auch unterschwellige Gefährdungen gibt, neben den aktuellen, die man aus den Medien tagtäglich erfährt. Angstfreies Aufwachsen ist wohl ein Luxusartikel.

Herzliche Grüße
wieselmaus


Liebe Ella Fitz,

ich danke dir für deine freundliche Einschätzung meiner Erzählweise und den Hinweis auf den dritten Opa. So was passiert leider, wenn man unterwegs die Namen verändert. Es gibt natürlich nur zwei;).

Nun zu deiner Kritik am Spannungsaufbau. Ich habe damit gerechnet, dass es an Dramatik fehlen könnte.
Ich habe mich bisher dagegen entschieden, und zwar aus folgendem Grund:

Bei solchen Attacken müssen die kleinen Patienten bzw. die Eltern sehr darauf achten, dass ruhig gehandelt wird. Deeskalation ist ganz wichtig, und die Zuversicht in die Umsicht der Eltern für das Kind unabdingbar. Eine hysterische Mutter wäre eine Katastrophe. Die Personen um Benni herum sind mit den Abläufen vertraut, sie sind betroffen, aber nicht geschockt. Die streiten dann über Grundsätzliches im Gesundheitswesen usw., Akademiker halt.

Deshalb auch kein großes Geheimnis um Bennis Allergie. Das zeigt mit Absicht schon der Titel. Kein Leser sollte "Überraschung" schreien müssen. Ich glaube, du weißt, was ich meine ;) Die gesellschaftliche Bedeutung der zunehmenden Allergien, sowie - auch nur angedeutet - überbehütet sein, Geschenkestress ..., da ließe sich noch mancher Handlungsstrang dranhängen.

Im Fokus sollte die Frage nach dem Vertrauen stehen, vor allem zwischen Opa und Enkel. Ich sehe ein, dass hier noch nachgearbeitet werden muss. Es ist ganz richtig, dass die Erzählperspektive von der kleinen Oma ausgeht. Ich habe schon ein paar Ideen. Allerdings möchte ich noch den einen oder anderen Kommentar abwarten ( so denn noch welche kommen). Ob mein Text dann allerdings kürzer wird, kann ich nicht versprechen.;)

Nochmals danke für deinen scharfen Blick.
Senf mag ich sehr gern, scharfen und süßen. Es darf ruhig noch mehr davon sein.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo wieselmaus,

ich weiß jetzt gar nicht, was ich an Deiner Geschichte kritisieren könnte. Ich mag lieber Geschichten ohne viel Dramaktik. Wer schwerkranke Kinder hat, weiß, wie wichtig Ruhe und Besonnenheit sind. Und dieser Grundtenor zieht sich durch deine Geschichte. Das trägt auch zu dem Bild von dieser Familie bei. Und dann die unerwartete (?) Explosion am Ende. Ja, damit muss man rechnen, dass solche Phasen auftreten. Da hätte mich schon interessiert, wie weit jetzt die Aufarbeitung geht. Sollte man dem Benni sagen, dass die Konditorei schuld war? Oder würde das nur seine Abneigung verstärken? Insofern hast du an der spannendsten Stelle geendet - aber das kann ja auch eine gute Geschichte ausmachen.

Und den Hinweis, dass Kinder gut erkennen können, was ihnen schaden könnte - den würde ich dick unterstreichen.

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo wieselmaus

die Geschichte macht Lust auf einen Kindergeburtstag, ach würde ich mich freuen noch ein Kind zu sein, von mir aus auch mit leidigen Allergien. Du schaffst es, die Stimmung exakt wiederzugeben. Der Schluss ist zu früh gewählt. über die merkwürdige Beziehung von Bennie zu dem Kletteropa hätte ich gern mehr erfahren.

Zum Text:

Benni gibt gern ein bisschen an mit seiner Familie.
brauchst du den Satz, wird doch aus dem,was er in der Folge sagt, klar...

[QUOTEKindergeburtag][/QUOTE] fehlt das s

„He, Alter, eigentlich wollte ich die erst morgen in der Schule verteilen.“
sagen die das echt: Alter?

Den Gugelhupf nehmen sie samt einer Flasche Gutedel mit auf die Terrasse, um die Nachmittagssonne zu genießen und um die Gemüter abzukühlen.
mm im Südbbadischen gibt es klasse Wein, füllig... Gewürztraminer würde noch besser zu was Süßem oder zu Asia-Food passen...

, „du bist ein Scheißopa. Du hast mir weh getan und gelogen hast du auch. Du hast gesagt, es wären keine Erdnüsse. Du lügst immer und ich geh nicht mit dir zum Klettern. Nie mehr, in meinem ganzen Leben!“
mm, kommt sehr plötzlich...

Machst du mal ne romantische Kindergeschichte?
viele Grüße
Isegrims

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hallo jobär,

das hab ich auch noch nicht erlebt, dass ein Leser gar nichts zum Verbessern gefunden hat. Das schmeichelt mir um so mehr, weil du meine Intention sehr gut verstanden hast. Bennis Ausbruch dem Opa gegenüber ist eine Melange aus noch nicht ganz überstandener Angst und Aggressivität gegen die für ihn nicht greifbaren bösen Mächte. Da braucht er halt einen Sündenbock. Der harte Griff, mit dem der ( in dieser Situation) dumme Opa ihn in der Luft zappeln lässt, zeigt Bennis Ohnmacht und sein Ventil.

Auf deine Frage, wie es mit der Aufarbeitung aussieht, kann ich nur sagen: im vorliegenden Fall wird immer alles offengelegt. Für Benni bringt Wissen Sicherheit. Er kann mit seiner Allergie schon sehr gut umgehen.
Benni und sein Opa sind wieder dicke Freunde.

Danke für dein Interesse an einer alltäglichen Geschichte, von denen es immer mehr gibt.

Herzliche Grüße
wieselmaus


Hallo Isegrims,

Vielen Dank für deine positive Bewertung des Atmospärischen an Bennis Geburtstagsfeier. Und sehr aufmerksam hast du auch gelesen. Zu einzelnen Punkten:

Das S in Kindergeburtstag hab ich ergänzt.

"Alter" hab ich ersetzt durch"Digger". Nach Aussage aus kompetentem Kindermund (11 J.) die angesagte Anrede unter Freunden.

Gugelhupf und Gutedel sind eine klassische Kombination in Südbaden. Beides ist nicht besonders süß und kann zu jeder Tages- und Nachtzeit aufgetischt werden.

Zu dem plötzlichen Gefühlsausbruch habe ich in den anderen Kommentaren schon etwas gesagt. Ich kann dir versichern, dass diese Szene sich genau so abgespielt hat. Nun ist es ja verpönt, dass man zur Rechtfertigung die eigenen Erlebnisse anführt. Ich hätte aber nicht gewusst, wie ich sie authentischer zeigen könnte.

Zum Schluss noch eine Verständnisfrage. Was meinst du mit "romantische Kindergeschichte"?
Zwei romantische Geschichten habe ich ja schon hier abgeliefert. Ich glaube auch, wir haben uns über Romantik schon ausgetauscht. Meinst du für Kinder oder über Kinder? Du hast mich ins Grübeln gebracht.

Für heute mache ich mal Schluss und wünsche dir eine gute Nacht.
Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Liebe wieselmaus,

nach dem ersten Lesen hätte ich im Prinzip Ellas Komm bedenkenlos unterschrieben.
Mittlerweile, nachdem ich deine Erzählabsicht aus deinen Antworten erkennen konnte, revidiere ich meine Meinung in punkto Dramatik und Spannungsbogen.

Kritische Anmerkungen: eindeutig zu viel Personal!
Der kleine Allergiegeplagte hat für mich gefühlte zehn Großeltern. Etwas anstrengend und verwirrend für mich als Leser. Aber so sehen eben die Fußangeln aus, in denen wir uns verhaken, wenn tatsächlich Erlebtes zu einer Kurzgeschichte verarbeitet wird. Und da spreche ich aus Erfahrung.
Und zu guter letzt kriegt die kleine Oma im Abschlusssatz auch noch einen Namen verpasst, obwohl sie über den gesamten Text gut ohne diesen ausgekommen ist. Ist das nötig?

Der Erzählperspektive fehlt die Konsequenz. Mir ist so, als könntest du dich nicht festlegen. Sollte die Erzählstimme wirklich der kleinen Oma gehören, dann solltest du das deutlicher herausarbeiten. Die Erzählerin könnte aus ihrer Position nicht nur mit scharfem Blick beobachten, sondern verstärkt ihre Meinung einbringen sowie Verhaltensweisen der Personen werten und kritisieren. Was möglicherweise die KG etwas prickelnder und aufregender erscheinen ließe.
Beispiele:

Dieses Geschenk war offensichtlich vorher nicht abgesprochen. Die kleine Oma sieht es an der Miene von Bennedikts Vater, ihrem Sohn. Sie kennt diesen Gesichtsausdruck.
oder
Die kleine Oma ist heute eher zurückhaltend. Sie findet es gar nicht gut, dass ihr Exmann den Jungen so bedrängt hat.
Solche Stellen hätte ich mir mehr gewünscht.
Über die Variante Ich-Perspektive hast du sicher nachgedacht und dich gegen sie entschieden.
Ansonsten könnte ich mir auch die Geschichte in dieser Form sehr gut vorstellen.

Ach, beinahe hätte ich es vergessen. Ich mag deine sichere, klare und schnörkellose Sprache,
die ein Markenzeichen all deiner Geschichten ist.

Deine kleine Anekdote hab ich gerne gelesen, auch wenn mein Genörgel andere Schlüsse zulässt.
Liebe Grüße in den Schwarzwald,
peregrina

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe peregrina,

zweimal gelesen plus Kommentare, da danke ich dir sehr dafür. Ich bin froh, dass ich meine Intentionen wenigstens über die Kommentare transportieren konnte. Das ist natürlich nicht ideal, es sollte schon durch den Text selbst passieren. Da muss ich nochmals nachdenken und nachlegen, wenn ich kann.

Eine kleine Korrektur möchte ich anbringen. Schon beim zweiten Satz wird die kleine Oma als Oma Ulla vorgestellt, Der Name wird allerdings tatsächlich erst wieder im letzten Satz verwendet. Inzwischen teile ich aber deine Meinung, dass ein Eigenname gar nicht notwendig ist. Die "kleine Oma" ist Eigenname genug, ist ja unverwechselbar für alle Beteiligten und auch für die Leser.

Leserfreundlicher wäre es sicher auch, das Personal zu reduzieren oder zu marginalisieren. Vor allem die Auflistung, wer welchen Beruf hat. Das hat nichts mit Angeberei zu tun. Das ist speziell der Fluch des anekdotischen Erzählens, man fühlt sich der historischen Genauigkeit verpflichtet. Hier möchte ich eine andere Lösung finden. Hoffentlich gelingt es mir.

Aus diesem Grund noch gravierender ist für mich die Aufwertung der kleinen Oma als Trägerin der Erzählperspektive. Da würde das fiktionale Element die Oberhand gewinnen. Deshalb habe ich auch die Ich-Perspektive verworfen, obwohl ich tatsächlich damit geliebäugelt habe.
Das ist eine Macke von mir, ich schätze diese Perspektive nicht so sehr, sie kommt mir oft egozentrisch, fast narzistisch vor. Als Autor mag ich eine gewisse Distanz zu meinen Protagonisten. Klar wird es dadurch deutlich schwieriger, Leser an deren Innenleben teilnehmen, sie mitfiebern zu lassen.
Hier zeigen sich die Grenzen meiner Fähigkeiten. Ob ich noch etwas dazulerne?

Liebe peregrina, du hast nicht genörgelt, sondern klar erkannt, was ich besser machen kann. Dafür Dank, auch dein Lob über meinen Sprachstil hat mir sehr gut getan.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Zweimal gelesen und im ersten Abschnitt die Ulla nicht wahrgenommen. Ich frage mich, wie ernst kann man einen derartigen Komm nehmen.

Liebe wieselmaus,

da wir uns aber einig sind, dass der Name entbehrlich ist und die Bezeichnung „kleine Oma“ markanter und origineller daherkommt, steig ich keck aus dem Fettnäpfchen heraus.

Immer wieder gerne diskutiert: Ich oder nicht Ich-Perspektive.
Ist natürlich in erster Linie abhängig von der Art der Geschichte und sicher von den Präferenzen des Autors.

Ich hab mich mal schlau gemacht (das heißt, ich wollte mich schlau machen), ein wenig Theorie aufgefrischt und bin auf Interessantes gestoßen, allerdings auch auf Widersprüchliches und Verwirrendes. Klar, die Theorie ist klar.
In der Praxis scheinen die Unterschiede zwischen auktorialem und personalem Erzähler nur minimal zu sein. Es könnte sein, dass du in deinem Text zwischen diesen beiden gependelt bist und ich deshalb diesen Eindruck habe, du wechselst den Blickwinkel.
Und die Ich-Form ist bei deiner KG gar nicht erforderlich. Nur weil ich mich im Gegensatz zu dir gerne in den Ich-Erzähler versetze, muss das ja noch nicht die Allerweltslösung sein.
Aber was plapper ich denn?
Wenn du möchtest, schau doch mal bei
www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/Erzaehlperspektive

Gestern der salopp hingeschluderte Leseeindruck, heute der Versuch einer Problemlösung durch Analyse. Wiedergutmachung sozusagen.

Übrigens, „Allergien im Allgemeinen und Besonderen …“ Ja, die Rechtschreibereform hält genau wie die nacherzählte Anekdote genug Fallstricke bereit.

Bevor ich mich noch mehr in denselben verheddere, wünsche ich dir vorsorglich ein sonniges und kreatives Wochenende

Lieber Gruß, peregrina

 

Liebe peregrina,

nur keine Selbstzerfleischung! Schließlich gibt es ja produktive Irrtümer, und deiner hat mich immerhin von Ballast befreit. Und danke für den Link. Die dort angeführten Kapazitäten sind mir nicht unbekannt, vor allem die Kontroversen. Du hast ganz Recht. Vorlieben und Bauchgefühl sind schon maßgebliche Faktoren bei der Wahl der Erzählperspektive. Man muss viel ausprobieren. Das tu ich auch, und in meinem Archiv finden sich einige Variationen.
Ich werde meinen Text nochmals durchgehen, aber erst nächste Woche. Das Wochenende widme ich meinen Enkeln. Es sind Sommerferien in B.-W.

Liebe Grüße
wieselmaus

Gerade hab ich einige ältere Texte herausgezogen. Es ist nicht so, dass die letzten Versionen mir immer am Besten gefallen. Das alles hat viel Prozesshaftes mit Open end.

Wann gibt es eine neue Geschichte von dir? Ich vermisse deinen selbstironischen Zugriff auf den Alltag von Frauen.

wieselmaus

 

Hallo wieselmaus,

ich bin ein bisschen spät dran mit dem Kommentieren, deshalb wären viele meiner Anmerkungen nur Wiederholungen dessen, was andere schon geschrieben haben. Damit du trotzdem ein Bild bekommst, sage ich einfach mal, Folgendes finde ich auch:

  • Das Personal ist verwirrend zahlreich.
  • Die erste Szene ist etwas zu lang, die Geschichte kommt dadurch etwas spät in Fahrt.
  • Mir fehlt es an Dramatik, alle agieren zu abgeklärt angesichts von Bennis Atemnot.
Zu letzterem Punkt argumentierst du, wie wichtig es ist, in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren. Damit hast du natürlich völlig Recht. Aber das bedeutet, dass du uns eine Geschichte darüber erzählst, wie das Leben sein sollte, und nicht darüber, wie es ist oder sein könnte. So ein Idealbild ist dann tatsächlich ziemlich undramatisch und für die Zwecke des Geschichtenerzählens ist undramatisch nun einmal bedrohlich nah an langweilig.

Was spricht denn dagegen, eine Geschichte zu erzählen, in der Menschen das Falsche tun? Es ist ja nicht so, als ob deshalb die realen Menschen in der Welt auch alle das Falsche täten und die Autorin das dann verschuldet hätte. Und selbst wenn man zeigen möchte, wie es richtig ist (Vorsicht, Belehrungsgefahr!), kann man das ja immer noch dadurch tun, dass man die Konsequenzen des falschen Handelns aufzeigt. In deiner Geschichte z.B. hätte ja auch ohne Weiteres die/der eine oder andere Oma, Opa oder Tante in Panik verfallen können, und solange die besonnene Mutter die Situation gerettet hätte, wäre immer noch alles gut ausgegangen. Das hätte jedenfalls für mehr Spannung gesorgt.

Des Weiteren scheint dich die Tatsache zu hemmen, dass du eine reale Begebenheit nacherzählst. Das brauche ich gar nicht zu vertiefen, denn diese Problematik hast du ja schon erkannt. Da wünsche ich dir einfach mehr Mut, von der Realität zu abstrahieren und mehr Schöpferin als Chronistin zu sein. Dass du das kannst, hast du ja in anderen Texten schon bewiesen.

Und damit das jetzt nicht allzu sehr nach Schelte klingt, möchte ich noch zwei positive Dinge hervorheben: Zum einen ist dein sprachlicher Stil mal wieder makellos, so dass ich keinerlei Bedürfnis verspüre, einzelne Textstellen aufzuzählen. Zum anderen habe ich (anders als manche anderen Wortkrieger) keine Probleme damit, das Verhalten von Benni und seinem Opa nachzuvollziehen. Dass Erlebnisse und die daraus hervorgehenden Emotionen eine Zeitlang in Kindern (oder auch Erwachsenen) gären, um dann scheinbar anlasslos hervorzubrechen, ist mir durchaus vertraut, so dass der Text für mich an diesen Stellen überhaupt nicht "klemmt".

Grüße vom Holg ...

 

Liebe wieselmaus,

das tut mir jetzt wahnsinnig leid, aber die Geschichte ist extrem langweilig. Mag ja sein, sie ist in deinem Umfeld so passiert, aber so real-Geschichten interessieren mich in etwa so, wie die Fotoalben fremder Leute. Und auch dein Aufhänger - die Allergie, ich mein, das Thema ist jetzt auch nicht so brandheiß und oh weh, sondern leider Alltag in vielen Familien. Sprich, in etwa so spannend wie Erbsensuppe.
Weißt Du was spannend wäre, der Opa und die Oma, also der Exmann - dieses Buhlen um das Kind, seine Liebe und Aufmerksamkeit, die kleine Konkurrenz, der Junge, der sich vielleicht vom Opa verlassen fühlt, oder es nicht gutheißt, dass er die Oma verlassen hat oder was weiß ich, was da in der Luft bei denen hängt. Den Fokus auf diesen Dreier gerichtet und von mir aus als Aufhänger die Allergiegeschichte - aber da schwelgt Konflikt. Bei der Erdnussallergie, da schwelgt nix, dass läuft von a nach b wie es eben läuft und wie jeder weiß, dass es läuft. Und Aufklärungsarbeit muss man bei diesem Thema nun auch nicht mehr leisten. Klar darf und soll man über ganz normalen Alltag schreiben, es muss auch nicht das Mega-Drama sein, gewiss nicht, ich mag ruhige Geschichten sehr, aber irgendwas müssen die Geschichten bei mir schon auslösen und bei der hier tut sich bei mir nix. Ich habe ab Mitte quergelesen, dass ist ein ganz schlimmes Urteil. Tut mir leid, dass ich hier so erbarmungslos ehrlich bin.

So, inhaltlich habe ich jetzt abgeschloosen, kommen wir zum Aufbau und Erzählperspektive.

Der ganze erste Absatz ... mal ab davon, dass das Kindergerede auch nicht grad dazu tagt, mich in den Text zu ziehen, wozu ist der da? Du führst einen Jungen ein, der überhaupt gar nix mehr mit der Sache zu tun hat. Den könnte man komplett streichen und der Geschichte würde überhaupt nix fehlen. Ich würde sie trotzdem verstehen.


Opa Franz hat auch einen Brief mit einem Gutschein. Vielleicht mit einem Geldschein? Nein, das lehnt Opa aus Prinzip ab. Benni findet einen Prospekt über Kurse für Kinder in einem Bouldercenter. Opa hat einen angekreuzt.
„Bo...ulder...center ...Opa, was ist das? Ist das so wie kegeln?“
...
Dieses Geschenk war offensichtlich vorher nicht abgesprochen. Die kleine Oma sieht es an der Miene von Bennis Vater, ihrem Sohn. Sie kennt diesen Gesichtsausdruck. Also, darüber muss unbedingt noch mal in Ruhe geredet werden, aber nicht heute.

Hier schwelgt es ganz leise. Das ist dein Anfang. Damit fängt man Leser. Das ganze als Anfang umgeschrieben - passt.

Oh, jetzt habe ich mich gar nicht um den Erzähler gekümmert. Weiß nicht, was mir jetzt verloren gegangen ist. Ich setze jetzt damit ein :).
Du willst einen personalen Erzähler - den der kleinen Oma. Die Wahl finde ich gut. Die anderen Großeltern würde ich übrigens komplett weglassen, die verwirren extrem. Und sie haben ja auch keine Handlung, die den Lauf der Geschichte beeinflusst. Sie haben da Auftritte, bei denen ich mich frage, warum erzählst Du mir das. Klar, Du willst es sehr realistisch, aber dann ist die Geschichte eben auch genau für diese Zielgruppe geschrieben, die werden sie auch mögen, aber nicht für die Leute, die da nicht mit getafelt haben.

Es ist eine Kuchenplatte mit Bienenstich. Er hat sie in der besten Konditorei der Stadt besorgt, weil Vera, seine jetzige Freundin, sie empfohlen hat.

Das ist irgendwie toll. Der Opa will punkten und vergisst dabei in der Bäckerei nach den Inhalten zu fragen. Er hat da auch eine gute Erklärung für, wie ich finde. Aber man kann ihm daraus schon einen Strick später drehen. Macht der Enkel ja auch und die Erwachsenen sicher auch - auch wenn sie es nicht sagen. Das ist aber eine sehr liebenswerte (je nach Sichtweise) Eigenschaft. Bei dem Geschenk ist ja auch schon so, er ist so bemüht, fast überbemüht, und landet immer nur auf der Nase damit, weil er zu kurz denkt. Das gibt einen schönen Charakterzug.

Zwar sieht der Bienenstich verführerisch aus mit seiner üppigen Füllung aus Vanillepudding und der goldgelb glänzenden Mandelkruste.

Der Satz ist kaputt. Der stimmt nicht.

So kennt Opa Heinz seinen Enkel gar nicht, ...

Das ist außerhalb der Erzählperspektive. Das ist Opa Heinz, nicht die kleine Oma. Zeigen oder lassen.

Benni bewundert Opa Heinz, weil er so sportlich ist.

Das ist Benni, nicht die Oma. Das müsste anders im Text verpackt werden.

Sechs unterschiedliche Meinungen prallen aufeinander, von sechs höchst kompetenten Leuten, zwei pensionierten Lehrern, zwei Apothekerinnen, einem Arzt und einem Jurist. Sie stecken mittendrin in einer Grundsatzdebatte über das Gesundheitswesen, Wirtschaftsinteressen und Politik.

Mich wundert, dass der Arzt so gar nicht zum Zuge kommt, wenn es ernst um den Jungen wird.

Die kleine Oma ist heute eher zurückhaltend.

Wieder aus der Perspektive raus. das würde die Oma nie über sich selbst sagen.

Sie findet es nicht gut, dass ihr Exmann den Jungen so bedrängt hat.

Das schön! Endlich mal Emotionen und nicht nur Tatsachenberichterstattung.

Benni hat zwei Stück von der Rübentorte gegessen. Jetzt schaut er sich den Bienenstich genauer an, kratzt mit einer Kuchengabel ein wenig am Pudding herum.

Das kann die Oma beobachten und daher auch erzählen.

Er will den Opa ja nicht kränken.

Das nicht.

Also, Du siehst schon, wenn Du als Erzähler die kleine Oma hast, dann hängt hier einiges schief. Sie könnte auch gar nicht den ersten Absatz erzählen, fällt mir dabei auf. Also hast Du hier einen auktorialen Erzähler, der sieht alles, weiß alles, hört alles. Aber bitte, dann wechsle bitte nicht innerhalb eines Satzes seine Identität. Das macht mich ganz kirre ;).

Und es stimmt, mit Mandeln hat er noch nie Schwierigkeiten gehabt. Schließlich sticht er sich eine Ecke ab. Schmeckt wirklich lecker, besonders die Kruste aus Mandelblättchen. Nur noch ein winziges Stückchen, obwohl er ziemlich satt ist. Müde ist er auch. Er legt sich auf die Couch, weil ihm die Dispute der Erwachsenen in den Ohren dröhnen. Warum hören sie nicht auf zu streiten? Er hat ja probiert, dem Opa zuliebe.

Das ist alles der Junge.

Seine Mutter merkt zuerst, dass etwas nicht stimmt. Benni atmet schwer, auf seiner Stirn glitzern kleine Perlen. Er will etwas sagen, aber er bringt keinen Ton heraus. Sie reagiert blitzschnell: eine Tablette Cetirizin zum Lutschen, dann zwei Tabletten Decortin, dann heißt es warten. Nach einer halben Stunde kann Benni wieder leichter atmen, aber er bleibt ungewöhnlich apathisch auf der Couch liegen, möchte mit niemandem reden, schon gar nicht irgend etwas spielen.Schließlich packen die Eltern Benni ins Auto und fahren zur Notfallklinik.

Das ist ein unbeteiligter Erzähler. So nüchtern und drüberschauend. Vor allem aber ist es tell und nicht show.

Ich höre an dieser Stelle mal auf. Wenn Du einen personalen Erzähler haben willst, dann darf der nur das, was eben diese Person sieht und hört und denkt - erzählen. Auktorial darf alles, aber auch da würde ich nicht so hin und herhüpfen.
Mathilde ... ist das die Schwester von Benni? Die braucht es auch nicht oder sie hat einen Auftritt, der die Handlung der Geschichte beeinflusst.

Ja, ich bin dafür, dass die Dreierbeziehung Opa-Oma-Benni die Hauptrolle bekommt. Die Schocksache kann dabei der Aufhänger sein. Aber das willst Du wahrscheinlich gar nicht. Dann ist, wie es ist: ein schöner Bericht für die Familienchronik. Und ich sage Bericht, weil viel tell, wenig show.

Ach Mensch, jetzt war ich echt fies. Das tut mir so leid, aber ich will hier auch nicht versuchen irgendwas schön zu reden, nur weil Du echt sympathisch bist. Ich habe aber noch was Gutes für den Schluß - Du bist stilistisch echt gewachsen!

Liebe Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber The Incredible Holg,

Ich freue mich über deinen Kommentar, hatte schon fast mit der Geschichte abgeschlossen. Danke für das Lob, was die sprachliche Seite angeht. Du hast natürlich Recht, dass die Geschichte leidet unter dem Anspruch, anekdotisch zu sein. Detailversessenheit und Erzählperspektive sind diesem Anspruch geschuldet. Das geht auf Kosten der Spannung. Zur Zeit kämpfe ich mit mir, ob ich das Ganze umarbeiten und die fiktionalen Elemente hervorheben soll. Es ist halt ein Stück Familienchronik, und ich habe bei der Präsentation jetzt am Wochenende bereits erlebt, wie alle Beteiligten darum gekämpft haben, "richtig" dargestellt zu werden.:hmm: ich bin jetzt ein Stückchen schlauer und werde dieses Experiment so nicht mehr wiederholen. Ein bisschen habe ich daran rumgeschraubt, aber die grundsätzliche Problematik besteht noch.

"Benni" fand die Geschichte total spannend. Für ihn ist es tatsächlich Aufarbeitung. Sein Opa und er sind wieder ein Herz und eine Seele.

Herzliche Grüße
wieselmaus

Liebe Fliege,


ja, ja, ja, du hast ja Recht. Spannender wäre allemal eine Dreiecksgeschichte zwischen Oma und Opa, die geschieden sind und beide um ihren Enkel buhlen. Nicht, dass mir dazu nicht noch so einiges einfiele:D, aber das ist eine andere Geschichte, die ich nicht unbedingt hier erzählen möchte.
Es ist immer eine heikle Sache mit dem Autobiografischen, mit der auch sehr berühmte Romane z. B. Buddenbrooks zu kämpfen hatten. Versteh mich bitte nicht falsch, ich weiß wohl, dass mein Text an meinem Hang zum Anekdotischen leidet.
Damit hängt auch zusammen, dass ich die Erzählperspektive (von der kleinen Oma aus) nicht konsequent genug eingehalten habe.

Was tun? Zum Umschreiben habe momentan keine Lust, zumal die Geschichte ihren eigentlichen Zweck ja erfüllt hat, wie ich bei Holg schon geschildert habe.
Kann gut sein, dass ich dahinter stehende Beziehungsdramen in ganz anderem Kontext auftauchen lasse.

Dass du das Thema mit den Allergien als langweilig empfindest, sozusagen nicht "plotwürdig", finde ich schade. Immerhin steckt hier ein gesellschaftliches Problem dahinter. Man müsste es wahrscheinlich anders präsentieren.

Danke für Dein sehr freundliches Urteil über meine verbesserten stilistischen Fähigkeiten. Das von dir zu hören, ist schon was Besonderes.

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Hallo wieselmaus!

Nur eine Detailinfo: Kennzeichnungspflicht gilt inzwischen auch für lose Ware.
Die Lebensmittelinformationsverordnung verlangt allerdings nicht, mögliche Spuren von Allergenen aufzulisten, also sollten schwere Allergiker besser einen Bogen um Produkte aus Handwerksbetrieben machen.

Grüße,
Chris

 

Hallo Chris Stone,

danke für die Information. Ja, es hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Aber man muss trotzdem gewaltig aufpassen. Auch sind die Verkäuferinnen nicht immer umfassend informiert. Aber unfreundliches Verhalten ist meiner Erfahrung nach eher selten geworden.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Ja, das ist eine Last mit Allergien, vor allem, wenn sie auf Unverträglichkeiten mit dem täglichen Brot stehen, und vor allem auch von Herstellerseite, wenn aus Kostengründen, die man getrost mit einer Gewinnabsicht gleichsetzen darf, billigere Ersatzstoffe verwendet werden als die üblicherweise zu erwartenden Zutaten (inzwischen wird ja sogar von vorgeblich um die Gesundheit des Kunden besorgte Produzenten dem Gesündesten eingeredet, laktose- und/oder glutenfrei zu leben), und so ist es wichtig, dass auch solche Themen angesprochen werden,

liebe wieselmaus,

wobei das hier dargestellte Missgeschick (Opas guter Glaube und die Gutwilligkeit des Enkels mitsamt unerwarteter Folgen) das erste Mal – so weit ich es mitgekriegt hab – thematisiert wird. Schon da gebührt Dir ein Ausrufezeichen!

Aber ach, es sind noch einige Schnitzer auszumerzen, wie gelegentliche Flüchtigkeit, wie hier

Elias schaut das Foto an, schluckt ein-[...]oder zweimal, dann liest er den Text innendrin.
der beim "soviel", wenn es eben nicht als Konjunktion daherkommt
So[...]viel Lebensjahre, so[...]viel Kinder.
und dann eine ganz andere Art von Zusammengehörigkeit auftaucht
, schon gar nicht irgend etwas spielen.
(ein Wort „irgendetwas“) - oder auch mal das Komma vergessen wird
„Ist das in dem Center gefährlich?“[,] will Benni wissen.

Zwomal schnappt die Fälle-Falle zu

Hier ein wenig verwachsen, es könnte das falsche Adverb gewählt sein

Er verschwindet mit seinem Handy vor die Tür.
So sagt man wohl und er mag wohl vor die Tür gehen und somit verschwinden, aber er verschwindet auf jeden Fall „hinter“ der Tür.

Das nächste halt ich eher für Flüchtigkeit oder Tippfehler, liegen doch m und n üblicherweise nebeneinander

Gott sei Dank sehen sie eine Stunde später Benni aus de[m] Auto steigen.

Ohne Kommentar
Fast [ein] wenig überdreht.
Und so schließt sich der Kreis
, boxt ihn auf den Rücken, drei-[,] viermal.

Gruß

Friedel,
der vorsorglich ein schönes Wochenende wünscht!

 

Lieber Friedrichard,

schön, dass du wieder vernetzt bist. Das wäre schon ein Verlust hier im Forum, und da steh ich nicht allein mit meiner Meinung.
Ja, das Thema lag mir am Herzen, man glaubt gar nicht, wie häufig gerade Kinder damit zurecht kommen müssen. Es ist eine unterschwellige Bedrohung. Dramatische Szenen gibt es eher selten, wenn die Krankheit erst mal diagnostiziert ist. Gerade das Understatement ist ein Merkmal. Die Kinder sollen möglichst "normalen" Alltag erleben.
Einige Fehler haben sich bei der Bearbeitung eingeschlichen, die du natürlich mit scharfem Blick erspäht hast. Dafür Danke! Ich war wohl ein wenig angesäuert, weil die Geschichte als langweilig empfunden wurde. O.K.,das muss ich aushalten. Schließlich geht es hier um literarische Aspekte.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo wieselmaus,

deine Geschichte hatte ich auch noch auf meiner Merkliste.
Habe die vorherigen Kommentare nicht gelesen und beginne jetzt mal einfach …

Benedikt sitzt mit seinem besten Freund Elias
Benni hat gerade aufgezählt, wer alles zur Familie gehört.
Ich persönlich hätte es schöner gefunden, ihn von Anfang an Benni zu nennen.

Die kleine Oma
Die große Oma,
Spricht so tatsächlich ein Kind/Teenie? Warum nicht „meine kleine/große Oma“ oder "Oma X / Y?"

„He, Digga, eigentlich wollte ich die erst morgen in der Schule verteilen.“
Hier überlege ich krampfhaft, wie alt die Jungen sind … Ah, 10 lese ich später. Ja, das passt. :thumbsup:

Freitags kocht die kleine Oma für die beiden Enkelkinder, weil da die Schule schon um eins aus ist.
Deshalb bereitet die kleine Oma fast immer alles frisch zu, da weiß Benni, dass er reinhauen darf. Die kleine Oma ist sehr froh, dass Benni so gewissenhaft ist. Wenn sie einkaufen geht, braucht sie viel mehr Zeit als früher und sie darf ihre Brille nicht vergessen. Es gibt immer viel zu lesen. Und das ist meistens ziemlich kleingedruckt.
Diese Schreibweise erinnert mich an ein Buch für Kinder. Sind Kinder die Zielgruppe für deine Geschichte?

damit der Junge selbst nachlesen kann, ob dieser Satz 'Kann Spuren von … enthalten' irgendwo versteckt ist,
Die Geschichte scheint noch vor 2015 zu spielen, denn seit dann sind diese Allergene etc. zusätzlich auch fett oder farblich in den Ingredienzien gekennzeichnet. :klug:

Mathilde stellt stolz die Rüblitorte auf den Kaffeetisch.
Mathilde wurde zuvor kurz erwähnt. Aber wer ist das? Schwester?

Sechs Meinungen prallen aufeinander, von sechs höchst kompetenten Leuten, die sich alle hervorragend auskennen. Sie stecken mittendrin in einer Grundsatzdebatte über das Gesundheitswesen, Wirtschaftsinteressen und Politik.
Wer behauptet, dass sie höchst kompetent sind? Der Erzähler, die kleine Omi oder weiß das Benni?
Irgendwie komme ich mit der Erzählperspektive nicht klar.

Zurück bleiben die betretenen Großeltern und Mathilda. Die sucht abwechselnd Trost bei den beiden Omis, braucht ganz viel Kuscheleinheiten. Alle sind ratlos, niemand hat eine plausible Erklärung.
„Die Rüblitorte kann es auf keinen Fall gewesen sein. Die gibt es jedes Jahr an den Geburtstagen.“
„Vielleicht ist eine Erkältung im Anzug, gestern kam er ziemlich verschwitzt vom Fußballplatz.“
„Wahrscheinlich hat er sich den Magen verdorben. Soll ja vorkommen an Geburtstagen.“
„Und wenn es doch der Bienenstich war?“
„Blödsinn. Er hat ja gar nichts davon gegessen.“
Da meldet sich Mathilda. „Doch, Omi, ich hab's gesehen. Nur ein ganz kleines Stückchen. Ihr wart draußen im Garten.“
Ich blicke hier nicht durch, wer da gerade spricht.

Ich kam ab und zu Mal durcheinander mit den Namen, den Omas und Opas, und konnte sie nicht eindeutig zuordnen. Die Story hätte sicher auch mit weniger Figuren geklappt. Wieso ist es auch so wichtig, dass sich zwei von denen getrennt haben? Hier hätte ich gerne mehr drüber erfahren.

Mir gefällt dieses „Und die Moral von der Geschicht, esse Opas Mandeln nicht“ nicht so gut, was hier so dick aufgetragen wird. Zudem war das Ende absehbar, bzw. dass er einen allergischen Anfall bekommen wird. Hätte mir hier ein wenig mehr Spannungsaufbau gewünscht.
Ansonsten flüssig und sauber geschrieben. :thumbsup:

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

du befindest dich in bester Gesellschaft, was deine Kritik betrifft. Ich habe wohl den Fehler gemacht, eine Geschichte für die Familienchronik zu schreiben, so wie sie tatsächlich passiert ist. Und da sollten alle Beteiligten sich wiederfinden. Die Erzählperspektive sollte von der kleinen Oma ausgehen, die sich allerdings sehr im Hintergrund hält mit dem immerzu besorgten Blick auf den gefährdeten Enkel.

Die (echten) Beteiligten konnten natürlich sehr viel besser erkennen, was zwischen den Zeilen steht, z.B. vergangene und noch latente Konflikte. In einem Familienroman wären das bestimmt spannende Konstellationen.

Für meinen Zweck hat die Geschichte funktioniert, wie sich bei der Präsentation vor einigen Tagen gezeigt hat. Für Außenstehende ist das wohl eher eine langweilige Angelegenheit.

Ich jedenfalls habe durch die hier erhaltenen Kommentare eine Menge dazugelernt. Dafür bin ich allen sehr dankbar. Es freut mich auch besonders, dass du den Text nochmals reanimiert hast.

Danke und freundliche Grüße
wieselmaus

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom