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Nov. 20 05

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08.12.2002
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Nov. 20 05

Endstation Tulln; soll ich ihn aufwecken? Nein! Er wird schon aufwachen. Der Typ auf dem Sitz hinter mir, übrigens aus dem selben Ort wie ich, ist eingeschlafen. Bahnhof Tulln; warten auf den Anschlusszug von Krems nach Wien Franz-Joseph Bahnhof. Ein leicht mongoloider junger Mann spricht wahllos Leute an. 'Komm ja nicht zu mir!' Ich drehe meinen MP3-Player lauter. Es ist November. Leichter Nebel liegt in der windstillen Luft. Sie schmeckt schon leicht nach Winter, obwohl es eigentlich noch nicht so kalt ist.

Der Zug fährt ein; das ging aber heute schnell. Ich steige ein. Im unteren Bereich sind die meisten Plätze besetzt; vielleicht ist oben eine Zweierplatz frei. Oben sieht es nicht viel besser aus, und so kommt es, dass ich ganz nach hinten gehe. Auf dem linken Viererplatz sitzt ein Mädchen, in komische 80er Kleidung gehüllt, und liest in einem Fashion-Magazin. Den rechten Vierer hat ein sehr junges Mädchen mit einem Wangenpiercing besetzt. Es telefoniert gerade. Ich setze mich zu ihr. Kurz zuvor bemerke ich noch, dass auf dem Zweierplatz hinter ihr ein Mädchen mit schönen braunen Haaren sitzt.

Beim Hinsetzen verfängt sich das Kabel meiner Ohrhörer im Träger meines Rucksacks und zieht mir den Stöpsel aus dem Ohr. Nur nicht rot werden... Warum sieht das Mädchen mit der Fashion-Zeitschrift dauernd zu mir her? Jedenfalls bilde ich mir das ein; ich mag sie nicht. Ich sehe nicht hin; ich ignoriere sie. Das Mädchen mit dem Handy redet lauter Mist. Kaum hat sie ein Gespräch beendet, ruft sie schon den nächsten an. Belangloses Geschwafel; hört sich wohl gerne selbst... Ich mache die Musik lauter. Draußen ist es dunkel, und in den Fenstern des Zuges spiegelt sich hell das Innere. Durch diesen Spiegel sehe ich das Mädchen mit den schönen braunen Haaren. Genau in diesem Augenblick sieht auch sie in diesen Spiegel, und ich glaube erkennen zu können, dass sie mir direkt in die Augen sieht. Schnell drehe ich meinen Kopf zur Seite. Sie hat ein sehr schönes Gesicht. Ich glaube, ich habe sie schon mal gesehen. Sie spielt mit ihren Haaren. Durch den schmalen Spalt zwischen den Sitzen sehe ich ihre wundervolle, braune Mähne. Das Haar ist leicht gelockt, ziemlich lang und glänzt gesund. Plötzlich trifft eines ihrer Augen meinen Blick durch den Spalt. Die schönsten braunen Augen... Erschrocken wende ich meinen Blick ab. Ich bin getroffen. Mein Herz pocht. Meine Hände werden kalt. In meinem Bauch rumort es. Hat sie etwas bemerkt? Weiß sie etwa, dass sie mir gefällt? Gefalle ich ihr? Ich wechsle die Musikrichtung in meinem MP3-Player, um mich zu beruhigen und abzulenken. Hoffentlich merkt keiner was. Ich merke, wie ich leicht rot werde und grinse. Ich kann nicht aufhören zu grinsen...

Gekonnt, als ob sie etwas bemerkt hätte, lässt sich das Mädchen die braune Mähne ins Gesicht hängen. Sieht sie mich an? Einige Sekunden blicke ich durch den Spalt, doch ich kann ihre Augen hinter den Haaren nicht erkennen. Erneut wende ich mich ab. Meine Hände schwitzen und sind eiskalt. Beruhige dich! Was hat sie da am Sitz neben sich? Eine Gitarre, nicht schlecht. Und eine Sporttasche. Auf der Sporttasche ist irgendein Gekritzel. Sie muss es mit Kugelschreiber auf die Tasche gezeichnet haben. Ich strenge mich an. Ich kann nichts erkennen.

Bahnhof Heiligenstadt. Sie legt den Schal an. Das Mädchen mit der Fashion-Zeitschrift steigt aus.

Sie legt den Schal an? Oh, bitte, steig noch nicht aus... Sie bleibt sitzen. Was soll ich nur machen? Was kann ich machen? Der Zug fährt weiter. Sie zieht ihre Jacke an, schnallt sich die Gitarre um, nimmt die Sporttasche und geht. Sie dreht sich nicht um. Ich mache mich fertig und gehe Richtung Tür. Zuviele Leute vor mir. Ich kann nur ihre Gitarrentasche sehen. Ich steige aus. Auf der Rolltreppe steht sie weit vor mir. Als ich oben angelangt bin, ist sie weg. Geblieben ist nur ein schönes Gefühl, wie ich es schon seit Jahren nichtmehr hatte. Ich kann mich wieder verlieben!

 

Hallo FuXi,
eine niedliche Geschichte hast Du da geschrieben. :)
Ein junger (?) Mann auf dem Heimweg (?)... die übliche öde BAhnhofszenerie mit bekannsten Gesichtern und der üblichen öden Stimmung. Doch plötzlich ändert sich seine Stimmung. Die Gelangweiltheit weicht einer spannenden Aufregung... echt süß geschrieben.

Nur finde ich, dass Dein Satzbau nicht so ganz passt. Mal sind die Sätze extrem abgehackt und kurz, dann wieder etwas länger und geschmeidiger, nur um gleich wieder abgehackt zu sein... wenn Du das noch einmalüberarbeitest, kannst Du es ganz gut zur Unterstreichung Deines Inhaltes nehmen. zB. können die Sätze kürzer sein, wenn er den Bahnhof beschreibt und länger, beschreibender, wenn es um das Mädchen geht. Ansatzweise hast Du das schon gemacht :)

Ich finde es auch lustig, dass der Protagonist quasi drei Frauen zur Auswahl hat... warum sitzen denn nur Frauen in dem Zug?

Aber Alles in Allem eine ganz witzige Geschichte!

LG Zebi

 

Hallo Zebi,
vielen Dank für Dein nettes Feedback! Freut mich, daß Dir die Geschichte gefällt.
Meine Intention war, alles so kurz wie möglich zu beschreiben, auf das Wesentliche reduziert. Es sollte durchaus wirken, als würde man teilweise in die Gedankenwelt des Protagonisten eintauchen können. Deshalb auch der abgehackte Stil. In den Gedanken ist man oft (vor allem als Mann ;---) nur fähig, sich auf eine Sache gleichzeitig zu konzentrieren. Dinge, die gerade wichtig sind, drängen sich in den Vordergrund (^=werden näher beschrieben), Dinge, die uninteressant oder nebensächlich sind, vernachlässigt oder weggelassen.

Ich hab vor der Veröffentlichung hier auch überlegen müssen, ob die Geschichte wirklich in die Kategorie Kurzgeschichte passt, oder nicht doch eher einem inneren Monolog nahe kommt...

LG
FuXi

 

Hallo FuXi,

gut gefallen an dem Text hat mir, dass ich sehr nahe beim Protagonisten war und mit ihm fühlen konnte. Ein großes Plus, wahrscheinlich hat das jeder auch schon einmal in seinem Leben so oder ähnlich mitgemacht ;)

Weniger gut sind die vielen inhaltlichen und auch wörtliche Wiederholungen in der Geschichte. Hier mal ein paar Beispiele:

Endstation Tulln; soll ich ihn aufwecken? Nein! Er wird schon aufwachen. Der Typ auf dem Sitz hinter mir, übrigens aus dem selben Ort wie ich, ist eingeschlafen. Bahnhof Tulln; warten auf den Anschlusszug

Ein leicht mongoloider junger Mann spricht wahllos Leute an. 'Komm ja nicht zu mir!' Ich drehe meinen MP3-Player lauter. Es ist November. Leichter Nebel liegt in der windstillen Luft. Sie schmeckt schon leicht nach Winter,
Ich steige ein. Im unteren Bereich sind die meisten Plätze besetzt; vielleicht ist oben eine Zweierplatz frei. Oben sieht es nicht viel besser aus, und so kommt es, dass ich ganz nach hinten gehe.
Draußen ist es dunkel, und in den Fenstern des Zuges spiegelt sich hell das Innere. Durch diesen Spiegel sehe ich das Mädchen mit den schönen braunen Haaren. Genau in diesem Augenblick sieht auch sie in diesen Spiegel,

Ich bin getroffen. Mein Herz pocht. Meine Hände werden kalt. In meinem Bauch rumort es. [...]. Meine Hände schwitzen und sind eiskalt.

Wenn du den Text laut liest, fallen solche unschönen Wiederholungen viel schneller auf.

Der Zug fährt ein; das ging aber heute schnell.
Was ging schnell? Das Einfahren oder die Zeit, bis er gekommen ist?
Auf dem linken Viererplatz sitzt ein Mädchen, in komische 80er Kleidung gehüllt, und liest in einem Fashion-Magazin. Den rechten Vierer hat ein sehr junges Mädchen mit einem Wangenpiercing besetzt. Es telefoniert gerade. Ich setze mich zu ihr. Kurz zuvor bemerke ich noch, dass auf dem Zweierplatz hinter ihr ein Mädchen mit schönen braunen Haaren sitzt.
Viel zu viel Informationen, die später nicht mehr aufgegriffen werden und den Leser dadurch nur verwirren. Bleibe bei den wichtigen Details und blende das andere aus.

Viele Grüße
bernadette

 

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