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nothing for weak nerves
Es geschah kurz nach Mitternacht. Roy erwachte in seinem Bett und merkte, dass seine Blase entleert werden musste. Nichtsahnend richtete er sich auf und ging verschlafen zur Toilette. Angekommen in seinen sanitären Anlagen, die sehr grosszügig ausgestattet waren, merkte Roy, dass etwas nicht stimmte; er fühlte eine leichte Brise im Raum. Schlagartig schlug sein Herz hastig, nachts, atemlos in seinem WC. Aufgeregt knipste er das Licht an und bemerkte dann, dass nur das Fenster geöffnet war und dass dies der Grund für das Lüftchen war.
Er ging zum Fenster, streckte seinen Kopf hinaus und blickte herum. Was er erblickte, hatte wiederum zur Folge, dass seine Pumpe heftig zu schlagen begann: Er hatte am Vorabend den Rasensprenger nicht zugedreht. Roy war zwar vermögend, aber trotzdem - oder gerade deshalb - ein sehr kostenbewusster Mensch, und so ärgerte er sich immens bei dem Gedanken, unnötig Wasserkosten zu generieren. Er sprang sogleich aus dem Fenster, um den Sprenger keine Sekunde als länger laufen lassen zu müssen. Im Halbschlaf hatte er jedoch vergessen, dass er sich im dritten Stock befand. So stürzte er schreiend in die Tiefe, wurde aber glücklicherweise sanft von einem Haufen Perserteppiche aufgefangen, die er dort am Tag zuvor für die Müllabfuhr deponiert hatte.
Sofort hechtete er zum Wasserhahn, um die Sprinkleranlage umgehend zu deaktivieren. Mittlerweile war er ziemlich wach geworden und sein Blick richtete sich nun auf seinen Garten; er bemerkte, dass dort jemand ein Erdloch gegraben haben musste. Wiederum packte ihn ein Herzbeben als er sah, wie eine modrige Hand aus dem Loch erschien und eine röchelnde Gestalt versuchte, herauszuklettern. Glücklicherweise trug Roy nachts immer eine Baseballmütze mit drei eingenähten LED-Lämpchen. Diese schaltete er sofort ein und richtete den Leuchtkegel auf die Gestalt. Er atmete erleichtert auf, als er sah, dass es nur Willy, sein 82-jähriger Hauswart war. Dieser erklärte, er habe nur einmal überprüfen wollen, ob die verlegten Wasserrohre noch intakt waren, und dass er solche Arbeiten gerne möglichst früh erledigte, wenn es noch nicht so heiss war. Roy machte sich auf in Richtung Haustüre, um zurück ins Bett zu gehen. Just in diesem Moment spürte er, wie ihn etwas an der Schulter berührte - sein Herz ging abermals auf eine Achterbahnfahrt. Er nahm all seinen Mut zusammen und drehte sich um: Vor ihm stand ein Mann in brauner Uniform:
"Guten Morgen Mr. Johnson, wir sind von der örtlichen Müllabfuhr und etwas früher unterwegs. Sie haben uns bestellt, richtig?"
"Ähm, ja ... Aber es ist doch noch mitten in der Nacht?", stammelte Roy.
"Korrekt. Aber wie gesagt, unsere Top-Kunden bedienen wir immer als erstes, deshalb ..."
"Ja schon gut, dann nehmen Sie diese Teppiche mit."
"Aye aye, Sir!"
Roy wollte nur noch ins Bett. Die nächtlichen Ereignisse hatten seine Nerven stark strapaziert. Als er in der Eingangshalle war und die Tür hinter sich schloss, fiel ihm auf, dass das Portrait seines Urgrossvaters, das über dem Treppenaufgang in der Lobby hing, seltsam aussah... Das Bild an sich war schon unheimlich, doch Roy war sicher, dass irgendetwas anders war. Als Roy im Halbdunkel zögerlich die breite Treppe hochging und sich dem Gemälde näherte, erleuchtete ein Blitz durch die hohen Fenster die Eingangshalle, und da sah er es: Die Augen waren rabenschwarz, als seien sie mit Farbe übermalt worden! Roy's Herz raste, und als er schon vor Entsetzen losbrüllen wollte, wurde ihm klar, dass sich nur zwei seiner schwarzen Nachtfalter, die er als Haustiere hielt, auf dem Bild niedergelassen hatten. Aufgeschreckt durch den Blitz flatterten sie davon, und Urgrossvaters freundliche Augen kamen wieder zum Vorschein. "Verflixte Viecher ... mir so eine Angst einzujagen!", fluchte Roy. Nun war es aber wirklich an der Zeit, wieder in sein warmes Bett zurückzukehren.
Oben angekommen lief er auf dem beigen Teppich in Richtung Schlafzimmer. Kurz vor der Türe zu seinem Schlafzimmer bemerkte er, dass der Teppich sich nass und klebrig anfühlte. Er schaute zu Boden und bemerkte entsetzt, dass der Teppich blutrot war! Erneut fühlte er, wie sein Herz in seiner Brust heftig schlug. Er öffnete langsam die Zimmertüre und sah am Boden die blutüberströmte Leiche einer Frau. Roy kreischte wie am Spiess, was zur Folge hatte, dass die vermeintliche Leiche aufschreckte. Erst jetzt begriff Roy, wer da vor ihm auf dem Boden lag: Es war Dolores, seine Haushälterin.
"Mister Johnson, oh Gott, haben Sie mich erschreckt. Ich wollte Ihnen einen Mitternachtssnack vorbeibringen. Leider fiel mir dabei das Tablet mit den Croissants und der offenen Ketchup-Flasche aus der Hand. Beim Aufwischen der Sauerei schlief ich ein."
"Dolores, Sie haben mich zu Tode erschreckt! Ich hatte noch nie einen Snack um Mitternacht, warum gerade heute? Egal, ich möchte einfach ins Bett. Wischen Sie das morgen auf."
"Vielen Dank Mr. Johnson ... und bitte entschuldigen Sie vielmals. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nachtruhe."
Mit diesen Worten entfernte sich Dolores vom Ort des Geschehens und schloss die Tür hinter sich. Roy wollte sich gerade ins Bett legen, als er eine dumpfe Stimme hörte: "Du wirst sterben..." Sofort gefror im wiederum das Blut in seinem Körper. Er drehte seinen Kopf wie wild herum und war ausser sich! Nun sah er zu Boden, und bemerkte erleichtert, dass er auf eine digitale Grusskarte von seinem Freund Gusti getrampt war. Da dieser Horror-Filme liebte, schickte er seinen Freunden immer solche ulkigen Dinge, wie diese Karte, die eben diesen Spruch von sich gab, sobald man diese berührte. Endlich legte er sich zu Bett - er war total erschöpft! Bald schlief er unter seiner kuschligen Decke ein und freute sich, über die wohlverdiente Nachtruhe. Als er circa fünf Minuten eingeschlafen war, bemerkte er plötzlich, wie es von oben herab auf ihn herabtropfte! Sein Herz blieb beinahe stehen und er öffnete die Augen und war wiederum hellwach. Er sah ein schwarzes Etwas, das an der Decke klebte. "Und was ist das nun wieder?", fragte sich Roy genervt. Er knipste seine LED-Lampe in seinem Cap an und sah gebannt an die Decke. Dieses schwarze Etwas war irgendwie liquide, bewegte sich und formte sich neu. Diesmal war er sich sicher, dass es sich um etwas wirklich horrormässiges handeln musste! Er setzte sich auf die linke Seite des Bettes, griff zum Handy und wählte die Nummer von Gusti, da dieser sozusagen ein Spuk-Experte war. Gusti nahm den Anruf entgegen und sagte:
"Was zum Teufel willst du um diese Uhrzeit?!"
"Gusti, ich bins, Roy. Hör mir zu, in meinem Schlafzimmer ..."
"... hängt ein schleimiges schwarzes Ding! Ich weiss, das hab ich dir aus Jux übers Bett gehängt, du Dödel! Ich habe die liquide Masse in einem russischen Labor für Spassartikel herstellen lassen, deshalb sieht es so echt aus!"
"Du verdammter Hur... ", doch Roy unterbrach abrupt das Gespräch, seine Hand mit dem Handy in der Hand senkte sich langsam aber bestimmt zu Boden, seine Miene versteinerte sich.
Der Grund war, dass sich vor seinem Spiegel im Schlafzimmer eine Art Stargate öffnete - es war ein Sog aus hellem Licht mit einem Ereignishorizont in der Mitte. Roy schaute wie gebannt dahin, war gleichzeitig, aber auch fassungslos, dass sich in seinem Schlafzimmer ein Wurmloch öffnete!
Aus dem Wurmloch trat ein dunkelhäutiger Mann mit einem grünlich glänzenden, enganliegenden Anzug und schaute Roy verdutzt an.
"Oh, bitte entschuldigen Sie, ich habe mich wohl in der Zeit geirrt!", sprach er, und verschwand direkt wieder im Loch, das sich sogleich wieder schloss.
Nun hatte Roy genug, er wollte einfach nur Schlafen!
So besuchte er kurzerhand eine nächtliche Mario Barth Show und pennte direkt in den ersten fünf Minuten vor Langeweile ein.