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Noch ´ne Adventsfeier!

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06.08.2005
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Noch ´ne Adventsfeier!

"Ja, gern." Sie legt den Hörer auf, und das Funkeln in ihren Augen ist verschwunden. Sie sieht mich entspannt an, sogar mit einem Lächeln. Gerade, vor dem Anruf, haben wir noch laut gestritten.

„Warum willst du mich nicht dabeihaben?“, maulte Sabine.
„Keiner nimmt seine Frau mit!“, konterte ich.
„Kommt die Dunkelhaarige mit den kurzen Kostümen auch?“
„Du meinst Daniela. Die neue Sekretärin vom Thöns. Natürlich kommt die auch.“
Scheiße, falsche Antwort! Kaum ist es heraus, ist mir das klar. Beim Streit sollten immer Untertitel mitlaufen, worum es eigentlich geht. Eifersucht? Oder nur ein Nebenthema?
„Ich weiß nicht, warum dir das plötzlich so wichtig ist!“, setzte ich wieder an.
„Du könntest es doch schön finden! Sei doch froh, dass ich mich für dich interessiere.“ Sie zuckte kurz, als käme ihr selbst der letzte Satz nicht glaubwürdig vor. Oder als leitete er in die Irre.
„Letztes Jahr warst du doch nicht so heiß drauf!“, führte ich meinen Gedanken weiter.
„Letztes Jahr wohnte ja auch noch Malte hier!“ Was hat mein Neffe mit einer Betriebsfeier zu tun?
„Und das heißt ...?“, fragte ich nach.
„Da war ich mit ihm im Kindergarten. Und beim Sankt-Martins-Umzug.“
„Dir geht es gar nicht um unsere Firma? Du willst nur irgendeine Adventsfeier?“ Ich verstand nicht.
Sie funkelte mich wütend an, Tränen in den Augen.
„Was verstehst du denn schon?“, warf sie mir lautstark vor.
Leider nichts, aber das sagte ich ihr nicht. Was hatte der Umzug meiner Schwester damit zu tun, dass Sabine mit auf die Feier wollte?

Dann das Klingeln des Telefons. Erlösend. Einen Moment Pause.
Ich hörte ihr „ja ...ja ...nein, noch nichts ...“ und überlegte, warum ich ihr eigentlich nicht nachgab. Wäre doch am einfachsten. Ich hatte überhaupt keine Lust zu dieser Feier! Fand es nervig genug, dass ich die Kollegen jeden Tag sehen musste. Und dann auch noch außerhalb der Arbeit! Es würde wieder über die Aufträge geredet und nebenbei gesoffen, und ich hatte mir vorgenommen, es diesmal möglichst kurz zu halten. Wenn sie mitkäme, wäre mindestens ein interessanter Mensch da. Andererseits, unterhalten könnten wir uns ja auch woanders.

Ich erwidere ihr Lächeln, und sie sagt: „War Moni.“ Ihre Ex-Kollegin also. „Hat mich gefragt, ob ich am Dienstag mit den alten Kollegen essen gehen will. Sie haben nach mir gefragt.“ Als wäre ein Schleier weggezogen, erkenne ich in ihrem Gesicht die Verletzung, die mit ihrer Arbeitslosigkeit einhergeht. Ich nehme sie in den Arm und halte sie, wie ich das immer tu, wenn sie Trost braucht.
„Tut mir Leid, war blöd von mir, der ganze Aufstand!“ Sie kuschelt sich in meine Arme. „Alle stöhnen über die ganzen lästigen Feiern, im Betrieb, in Vereinen, in Schule und Kindergarten. Ich konnte über nichts stöhnen, ich hatte nichts. Ich kam mir so isoliert vor ...“. Sie sieht mich an und grinst. „Komisch, nicht?“
„Wenn du willst, kannst du mitkommen“, lenke ich ein, aber sie winkt ab. „Ich hätte aber noch eine bessere Idee: Ich bleibe da nur ganz kurz. Sollen wir nicht danach gemütlich essen gehen?“

 

Hi Elisha,

im dritten Satz ist ein Leerzeichen zuviel. ;)

Abgesehen davon hat mir die Geschichte wirklich sehr gut gefallen. So schnell gerät man in Streit über nichts. Dabei will sie doch nur ein wenig Aufmerksamkeit.

Außerdem bist Du eine Männerversteherin, nicht wahr? ;)

Grüße,
Naut

 

Hallo Elisha,

Deine Protagonistin fühlt sich ausgegrenzt als Arbeitslose. An Weihnachten mag das ihr besonders auffallen, wenn eine Feier die andere jagt und man selbst gehört nicht mehr dazu.Da kann das Selbstwertgefühl auch schon gegen null sinken. Besonders, wenn man, wie die Prot wohl schon länger arbeitslos ist.

LG
Goldene Dame

 

Hi Elisha,

runde Geschichte, gute Idee :).
Ich habe nichts zu mäkeln, außer:

„Wenn du willst, kannst du mitkommen“, lenke ich ein, aber sie winkt ab. „Ich hätte aber noch eine bessere Idee: Sollen wir nicht danach gemütlich essen gehen?“

Auf den Weihnachtsfeiern, die ich erlebte, gab es immer was zu Essen. Dann will er nachher nochmal essen gehen? Fand ich zum Schluß etwas unlogisch.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo ihr drei, danke fürs Lesen und Kommentieren.

@Naut

Außerdem bist Du eine Männerversteherin, nicht wahr?
Ich bin versucht, dich mal einzuladen, damit du das meinen Männern (Partner und Söhnen) klarmachst! ;) Du scheinst mit Frauen ja auch ganz gut zu können, denn damit hast du meinen Tag versüßt.

@Goldene Dame
ja, war mal wieder eine kleine Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass Eingebundensein in soziale Bezüge nicht selbstverständlich ist

@Bernadette
Es gibt auch Weihnachtsfeiern, bei denen es höchstens ein paar Plätzchen gibt. Auf jeden Fall habe ich aber noch einen Satz eingefügt:

„Ich hätte aber noch eine bessere Idee: Ich bleibe da nur ganz kurz. Sollen wir nicht danach gemütlich essen gehen?“

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha

Erwischt. :)
Ich dachte erst, och jetzt kommt wieder so eine Eifersuchtszene, aber hallo, kam erfrischend anders und ich bekam den Spiegel vorgehalten.

„Kommt die Dunkelhaarige mit den kurzen Kostümen auch?“
"mit dem/ im kurzen Kostüm"
Sie hat zwar mehrere zu Hause, trägt aber wohl nur eines auf einmal.
;)

Hat mir gut gefallen.
Liebe Grüsse
./

 

Hallo Dotslash,

mit deinem Einstieg

Erwischt. ;)
hast du mich verwirrt. So heißt nämlich eine Geschichte von mir (http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=26494 ). Okay, meintest du nicht!

„Kommt die Dunkelhaarige mit den kurzen Kostümen auch?“
"mit dem/ im kurzen Kostüm"
hab ich auch überlegt. Aber dann dachte ich, es kommen Kommentare wie "trägt sie immer dasselbe?" :D Ich denke nochmal drüber nach.

Danke für Kommentar und Lob.

Gruß, Elisha

 

Hallo Elisha,

ganz knapp und zielgerichtet fängst du die Situation ein, trotzdem sind auch die Feinheiten zu spüren, die diese Beziehung ausmachen („Ich nehme sie in den Arm und halte sie, wie ich das immer tu, wenn sie Trost braucht.“).
Leider gibt es viel zu oft Streitigkeiten deren wirkliche Ursache vernachlässigt wird.

Eine besonders treffende Formulierung:

„Beim Streit sollten immer Untertitel mitlaufen, worum es eigentlich geht. Eifersucht? Oder nur ein Nebenthema?“

L G,

tschüß… Woltochinon

 

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