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No way out
No way out (Ver.1.01)
Ich finde mich rennend auf irgendeiner Hauptstraße wieder. Keine Ahnung auf welcher, doch das ist egal. Wichitg ist nur, dass sie nach Westen führt. Ich weiß auch nicht genau, wie lange ich schon renne, aber durch meine Adern scheint Batteriesäure zu fließen, die meine Muskeln anscheinend darin ertränken will. Nicht, dass es zum ersten Mal der Fall wäre...Als Dieb ist man es gewohnt, viel laufen zu müssen.
Die untergehende Sonne blendet mich und ich drücke auf einen Knopf an der Seite meines Titanhelms (Modell M4, eigentlich dem Militär vorbehalten aber – hey), um die, in seine Front eingelassenen, Sonnengläser auszufahren. Schon besser, aber direkt darauf schlägt es links und rechts von mir ein. Die Bullen haben mich also wiedergefunden und ihnen scheinen die Passanten und die Hover-Driver (jedenfalls diejenigen, die sich kein kugelsicheres Vehikel leisten können) völlig egal zu sein. Ich riskiere einen kurzen Blick über meine linke Schulter und erkenne, dass mich eine bemannte, fliegende Einheit verfolgt, die an jeder Seite von einem Wachroboter flankiert wird. Mündungsfeuer blitzt auf und ich schaue wieder nach vorn. Ein Hover-Shuttle überspringe ich dank meiner schwerkraftisolierenden neuen Schuhe (199 Credits plus 250 für das Upgrade für den Häuserwandlauf - bei Rückenwind fliege ich an die 25 Clicks weit) und rolle mich unter dem nächsten hindurch, begleitet von Hupen und mir um die Ohren fliegenden Kugeln. Für einen kurzen Augenblick bin ich durch das Rollen orientierungslos, aber ich besinne mich und es geht weiter. Während ich wieder Tempo aufnehme, suche ich in meiner Hosentasche nach einem elektromagnetischem Sprengsatz, der mir die Bullen für einige Minuten vom Hals schaffen könnte, aber alles was ich finde, ist ein Holo-Projektor mit einer Reichweite von 70 Clicks. Was soll’s, denke ich und befestige ihn per Armband an meinem rechten Handgelenk. Vor mir ist ein Hover-Bus, der nach rechts abbiegt. Ich springe darüber und aktiviere, in dem Moment, wo ich für meine Verfolger unsichtbar hinter dem Bus verschwinde, das Hologramm und renne weiter, schlage aber einen Weg nach links ein. Mein Duplikat läuft derweil nach rechts. Die Verfolger müssen sich aufteilen. Mich verfolgt der Cop, die Wächter sind, aus allen Rohren feuernd, hinter meinem Abbild her. Bei der nächsten Möglichkeit renne ich wieder nach rechts, um die ursprüngliche Richtung beizubehalten und damit ich den Kontakt zu meinem nicht Hologramm verliere. Mittlerweile müssten wir gut 60 Clicks auseinander sein. Ich kann nur hoffen, dass es dort auch eine Strasse gibt, denn ansonsten sprinte ich als Lichtgestalt durch ein Haus oder so und die Wachbots würden ganz schnell schnallen, dass sie hinter dem Falschen her sind.
Vor mir erstrecken sich Häuser, die nacheinender wie Treppenstufen in der Höhe aufsteigen. Das erste Gebäude ist circa 12 Clicks hoch und ich denke, dass ich es schaffen kann, aufs Dach zu gelangen, bevor ich an der Hauswand ein zu gutes Ziel für meinen Verfolger abgebe. Per Druck auf meinen Gürtel aktiviere ich meine Schuhe und stoße mich vom Boden ab, fliege hoch und höher, doch es wird nicht reichen. Fenster unter mir vibrieren und schwingen hin und her, als sie vom Kugelhagel begossen werden. Ich bringe mich in horizontale Rücklage und renne die letzten drei Clicks an der Wand hoch. Ein donnernder Schlag auf meinen Kopf lässt mich fast abstürzen, da unter meinen Füßen das oberste Fenster des Hauses ein wenig nachgibt und nach innen gedrückt wird und mich, bei der Gegenbewegung, wieder von sich weg drückt. Ich bekomme jedoch ein Bein über die Dachkante und kann mich hochziehen. Jetzt wird mir bewusst, dass mein Titanhelm gerade eine Kugel abgefangen hat, die definitiv für meinen Kopf bestimmt war. Ich renne weiter über das Dach und ignoriere den Schmerz in meinem Nacken, höre ich doch, dass der Bulle dicht hinter mir ist. Das nächste Haus vor mir ist glücklicherweise nicht sehr viel höher als jenes, auf dem ich jetzt stehe und somit kann ich den Sprung beruhigt riskieren. Weiter geht es über drei weitere Dächer, bis ich auf einem etwa 30 Clicks hohem Gebäude stehe, dass an eine Strasse grenzt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist meine Rettung, mein Unterschlupf. Elektromagnetisch abgeschirmt und... verdammt! Aus der Straßenschlucht vor mir preschen die beiden Wachbots hoch und ich muss mir ganz schnell etwas neues einfallen lassen. Zu meiner rechten, über eine schmalere Strasse, steht ein Gebäude, von dem ich weiß, dass es keine kugelsicheren Fenster hat. Ich zögere nicht lang und schlage diese Richtung ein, kurz noch bemerkend, dass der Holo-Projektor an meinem Handgelenk rot blinkt, was bedeutet, dass seine Akku-Laufzeit vorüber ist. Daher kommen auch die Bots hierher.
Die volle Länge des Daches für meinen Anlauf nutzend, springe ich erst im allerletzten Moment ab und fliege über die Strasse, mit den Fäusten zuerst durch ein riesiges Glasfenster. Bei meiner Landung zerbricht unter mir etwas, was aussieht, als wäre es einmal ein Schreibtisch gewesen. Normalerweise hätte ich mir bei diesem Stunt alle Knochen gebrochen, aber die Bio-Mods (Biologische-Modifikations-Implantate), die meine Knochenstruktur permanent verstärken, kompensieren das meiste des Aufpralls und somit werde ich morgen bloß ein paar blaue Flecken und einige Kratzer haben. Entgeistert starren mich die Leute an, die in diesem Gebäude auf dieser Etage arbeiten und werfen sich, als sie die Bots bemerken, die mich ballernd verfolgen, panisch auf den Boden. Irgendwie muss ich ins Erdgeschoss dieses Gebäudes und halte nach einem Lift Ausschau. Vom Haupteingang aus wäre es nur noch ein Katzensprung bis zu meinem Versteck.
Da, ich habe eine Aufzugtür. Mit meiner linken Hand ziehe ich eine Waffe aus meinem Schulterhalfter und ziele darauf. Wer braucht heute noch eine Kabine? Als mein Geschoss, eine destruktive Explosivkugel aus Elektrizität (sehr langsame Waffe, aber effektiv), einschlägt, haben mir die Kugeln der Bots schon die meiste durchschlagende, Arbeit abgenommen. Ich werfe mich in den Schacht und ergreife das Aufzugseil. In einem neuen Gebäude wäre das nicht möglich gewesen, da es kein solches Seil gegeben hätte, aber da dies vor der Erfindung von Anti-Schwerkraft Modulen erbaut worden ist, mit denen auch Aufzüge betrieben werden, gibt es eines und ich klammere mich daran, mich innerlich verfluchend, meine Hände unter den Handschuhen nicht mit Brandgel eingerieben zu haben. Beim Versuch, mir in den Fahrstuhlschacht zu folgen, stoßen die Bots zusammen und explodieren. Ein Funkenregen verfolgt mich im Schacht, erreicht mich jedoch nie, da er vorher verglüht. Ich lande auf der Kabine, die stillsteht und öffne eine Klappe im Dach, durch die ich in die Kabine steige und auf E drücke. Während der kurzen Verschnaufpause bemerke ich, dass mein Kopf von dem Schuss an der Hauswand noch weh tut. Auch wird mir bewusst, dass der Bulle noch da sein wird, wenn ich das Gebäude verlasse. Ich muss vom Ausgang nur ein Stück rechts die Strasse hoch und dann über die Kreuzung, wobei ich mich links halten muss. Dann bin ich daheim.
Der Aufzug hält an und los geht’s! Die Schmerzen in meinen Beinen ignorierend (ich habe eine Bio-Mod dagegen, aber sie hat eine Fehlfunktion) sprinte ich Richtung Ausgang, der von dem Bullen versperrt wird. Ich drehe um und will in die andere Richtung, vielleicht durch ein Fenster oder so. Ich müsste nur dann links hoch statt rechts und mich an der Kreuzung länger links halten. Es klappt. Ich bin auf der Strasse, aber da ist der Bulle schon wieder, oder ist es ein anderer? Hinter dem Haus renne ich nach links in eine Einbahnstrasse. Ich verliere langsam die Orientierung. War die Strasse schon immer dort? Hinter mir höre ich jetzt deutlich das summende Geräusch von einem Bot, nein mehreren! Ich lege noch eine Schippe drauf und sehe das Ende der Einbahnstrasse, das durch ein Schild markiert ist, auf dem steht:
NO WAY OUT
Zwei bemannte Bots tauchen wie aus dem nichts vor dem Ausgang auf, noch ein paar Drohnen darüber. Rote Laserzielsucher flimmern durch den Nebel, der aus der Kanalisation aufsteigt und mir die Sicht nimmt. Mit ihren Infrarotscannern können sie mich jedoch wahrnehmen. Ich habe keine Chance. Mündungsfeuer blitzt, ich höre auch noch einen, vielleicht sogar zwei der etwa zwanzig auf mich abgefeuerten Schüsse und spüre einen Schmerz, der einem Kneifen nicht unähnlich ist. Ich stürze auf die Knie, verliere meine Beute, ein Töpfchen fruchtbarer Erde mit Maissamen, und sehe es noch wie in Zeitlupe zerspringen, sehe, wie die Erde sich über den Asphalt, der rot von meinem Blut ist, verteilt. Dann ist es dunkel und ich entschwebe meinem Körper. Dann passiert etwas wunderbares. Sobald mein Blut die bestellte Erde auf dem Asphalt erreicht, beginnt der Samen zu wachsen und dann zu blühen. Mais erscheint, ist in sekundenschnelle gewachsen und von praller, gelber Farbe. Warum, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich gleich die Augen aufschlagen werde. Oder hoffe es zumindest.