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Nikotinschock

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27.04.2002
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Nikotinschock

Der Nikotinschock

Sie rauchte. Man konnte sogar behaupten, das sie gerne rauchte und auch aus gutem Grund. Sie hatte das Patentrezept für ungestörtes Träumen gefunden.
. Denn Rauchen war das einzige, was ihr Vater wirklich respektierte, wobei er sie nicht störte, nicht für sich einzuspannen versuchte. Und das nutzte sie aus.
Damals zog sie noch gar nicht so richtig an der Zigarette. Sie hielt sie zum Schein, als Schutz. Endlich hatte sie die Zeit, die sie brauchte, um ein Phantasiebild immer plastischer werden zu lassen, es in die Realität zu holen.
So saß sie an einem Frühlingstag auf dem von der Sonne erwärmten Teerdach und lauschte in den trostlos wirkenden Garten. Vögel zwitscherten, und es schien, als legten sie ihre ganze Liebe und Lebensfreude in diesen Gesang. Sie sah, wie sich die zerbrechlichen Blütenknospen der ersten Schneeglöckchen dem Licht entgegenstrecken.
Auch in sich fühlte sie die Sehnsucht nach Licht, nach dem Wissen um ihr Woher und Wohin erwachen. So wanderten ihre Blicke unstetig umher und blieben gedankenverloren an einem Apfelbaum nahe der Mauer hängen. Das grau-grüne Gras unter ihm wehte ganz sacht, einem vom warmen lauen Seewind bewegten Meer gleichend.
Warum hatte sie diesen Baum nie zuvor beachtet? Vielleicht weil sie ihn noch nie aus dieser Perspektive gesehen hatte oder weil die Aufmerksamkeit eines jeden Betrachters eher auf die unglaublich großen, im Frühjahr zwar noch grünen, im Herbst jedoch reif und rot-gold glänzenden Früchte gelenkt wird, oder, und das war das Wahrscheinlichste, weil das dichte, dunkle Blätterwerk das Geäst umgab, wie das dunkelrote Fleisch die bleichen, vom Gebären geschwächten Knochen einer welkenden Frau.
Eigentlich war es auch kein richtiger Baum, nicht so einer mit Stamm, Ästen und Zweigen. Er vermochte weder seine ein bis zwei Vogelnester vorzuweisen, noch eine Aushöhlung, die als Eichhörnchenbehausung dienen konnte. Ebenfalls völlig ungeeignet waren seine Wurzeln für Maulwürfe, Wühlmäuse oder gar Fabelwesen. Er bestand vielmehr aus einem Stumpf mit einer Unmenge unverschnittener Triebe, die ihrerseits eine unverschämte Menge an Auswachsungen in den Kampf ums Überleben geschickt hatten.
Die schon mehrjährigen Haupttriebe waren verdickt und glichen in Form und Anzahl den Fingern der verkrampft geöffneten Hand eines Ertrinkenden. Der gesamte Baum ähnelte dem Ende einer Vorderextremität von Etwas, das qualvoll langsam verendet, das in das grau-grüne Meer gezogen wird. Kein Mensch, dazu sah das zu sehr nach einer Klaue aus.
Sie klopfte die Asche ihrer Zigarette ab, ein Windstoß erfaßt die Krümel und trug sie davon. Hm ja, wie eine Klaue, eine mit langen, spitzen gelben Nägeln und borstigen Haaren auf dem Rücken, vielleicht doch eine menschliche, vielleicht die eines Rauchers. Schockiert besah sie sich ihre eigene Hand.
Die Sonne verschwand, Wolken türmten sich bedrohlich auf, gleich würde es zu regnen anfangen. Sie stieg vom Dach auf die Mauer, und sprang hinunter, im Grasmeer neben dem Apfelbaum landend. Sie sah nach oben. Ein kurze Weile blieben die Tore des Himmels noch geschlossen. So zog sie noch einmal tief an der Zigarette und warf den Stummel unter den Apfelbaum.
Es plätscherte.

 

Hi Lauenstein,
und herzlich willkommen auf KG.de! :prost:

Als ich den Titel Deiner Geschichte las, war ich neugierig was es damit auf sich hat - vor allem in Fantasy/Märchen.
Und ehrlich gesagt, weiß ich es jetzt nach zweimaligem Lesen noch immer nicht.

Dein Stil zu schreiben gefällt mir sehr gut. Nur der Inhalt dieser Geschichte bleibt mir doch verborgen. Das Ganze liest sich wie der Auszug aus etwas Längerem, man erfährt nichts Näheres über die Protagonistin wodurch ihr Motiv zu rauchen auch Fragen aufwirft. Auch der Schluss bietet mehr Freiraum für Fragen statt zu beantworten.

Auch wenn ich kurze Geschichten sehr gerne mag, ist mir diese doch zu kurz - sicher das sie schon fertig ist?

Ugh

P.S. Bist Du mit dem User "Karina Richter" identisch?

[ 29.04.2002, 15:10: Beitrag editiert von: Bibliothekar ]

 

Jep, ich schließe mich Bibliothekar an - den Traum hättest du etwas länger und ereignisreicher machen können, der Rest ist prima.

Gruß Daniel

 

Boah, und ich hab die Geschichte bestimmt schon 5 mal verlängert. Wenn meine Spicker in Schulzeiten auch so kryptisch waren, wundert mich nicht warum mir meine Lehrerin den einen kommentar- und nachspiellos zurückgegeben hat.
Nein im Ernst. Es geht um einen Teeager, der eben träumt und erstmal nur die positiven Seiten des Rauchens sieht. Gehirnverschleiss und körperlicher Verfall spielen halt in dem Alter beim Rauchen eine Untergeordnete Rolle. Das ist die Vorgeschichte. Das, was die Geschichte zu Fantasy macht, ist die Ungewissheit, wo ihre Phantasie aufhört und die Fantasy-Realität anfängt. Und wieviel trägt ein Zuviel an Zigaretten (oder anderem)dazu bei. "Es plätschert" am Ende . Das kann heissen, es beginnt zu regnen. Kann aber auch heissen das unter dem Baum sich tatsächlich ein Meer ausbreitet und die Hand nicht ganz irreal ist. Ich fürchte, ch hab die Geschichte zu oft selber gelesen. Bei einem geb ich dir Recht, sie ist in gewisser Weise unvollständig, aber sie verlässt ja den Ort und damit ist die Geschichte auch wieder abgeschlossen.
PS Genau der bin ich. Hatte beim Anmelden eine kleine Zwistigkeit mit meinem zweiten Ich.

 

:eek:

Okay, ich bin für Verschiebung in "Philosophisches".
Nein, im Ernst: Da wäre ich jetzt nie darauf gekommen.

Ugh

Buäh..ich bin so dumm.. :heul:

 

Es geht um einen Teeager, der eben träumt und erstmal nur die positiven Seiten des Rauchens sieht. Gehirnverschleiss und körperlicher Verfall spielen halt in dem Alter beim Rauchen eine Untergeordnete Rolle. Das ist die Vorgeschichte. Das, was die Geschichte zu Fantasy macht, ist die Ungewissheit, wo ihre Phantasie aufhört und die Fantasy-Realität anfängt. Und wieviel trägt ein Zuviel an Zigaretten (oder anderem)dazu bei. "Es plätschert" am Ende . Das kann heissen, es beginnt zu regnen. Kann aber auch heissen das unter dem Baum sich tatsächlich ein Meer ausbreitet und die Hand nicht ganz irreal ist
Dann überarbeite die Geschichte doch schiddebön noch einmal, so dass man diese Absicht auch erkennt.

Daniel

 

Hi!

Also ich wäre da jetzt echt auch nicht drauf gekommen... Ich hab das Gleiche gedacht wie meine Vorredner; diese Story ist ein Auftakt zu einer weit größeren... Sie läßt für mich viel zu viele Fragen offen... Wobei sie echt gut geschrieben ist...

Griasle,
stephy

 

Hallo Lauenstein,

jetzt muß mir nur noch jemand erklären, worin der philosophische Aspekt besteht.

Tschüß ... Woltochinon

@ Bibliothekar: Sorry ... leider wiederhole ich mich schon wieder- bitte Nachsicht!
Siegbert

 

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