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Nicki

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22.01.2002
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Nicki

Nicki

Wenn man ihm gegenübersteht weiß man zuerst nicht wie man ihn einschätzen soll. Alles an ihm scheint in einem Gegensatz zu stehen. Er ist von mittlerer Statur. Sein magerer Körper und die weite Kleidung wollen nicht so recht zueinander passen. Das Gesicht ist scharf geschnitten, mit hervorstehenden Wangenkno-chen. Es ist übersät mit Sommersprossen. Aus den traurigen Gesichtszügen leuchten die fast immer lachenden Augen fast ironisch heraus. Sie sind grün und klein. Sie glänzen förmlich und blicken irgendwie schelmisch in die Welt hinaus. Die Nase war schon mal gebrochen und er hat es danach nicht für nötig gehalten sie richten zu lassen. Das verschiebt er auf das nächste Mal, sagt er. Aber da er ja sowieso nicht sonderlich auf sein Aussehen achtet, ist diese Kleinigkeit auch nicht sonderlich von Bedeutung. Im linken Nasenflügel hat er einen goldenen Stecker und an am rechten Ohr hängt ein kleiner goldener Ring. Er hat rotblonde Haare, die immer in Strähnen in sein Gesicht hängen. Wenn sie ihn stören, legt er den Kopf leicht schräg in den Nacken und schüttelt ihn. Aber meistens fallen sie wieder nach vorne. Dann schiebt er sie mit der Hand weg. Doch die Strähnchen sind oft hart-näckig, dann fuchtelt er wie ein Verrückter in seinem Gesicht herum um das Kitzeln in der Nase und den Wim-pern zu stoppen. Wenn er rausgeht, zieht er sich jedoch meist seine rote Kappe auf, auf der vorne ein schwarzes Zeichen prangt. Genauso wie diese Kappe gehört auch seine Sonnenbrille mit den gelben Gläsern dazu, die er immer im Sommer trägt. Sie lässt ihn wie eine Hornisse aussehen.
Er hat zwar einen aufrechten Gang, aber die linke Schulter bewegt sich immer so komisch, es sieht ständig aus als wäre sie ausgekugelt. Auf der linken Seite zieht sich von der Brust schräg nach unten eine ca. 20 cm lange Narbe. Als Kind wurde ihm der linke Lungenflügel entfernt. Trotzdem raucht er. Auch ernährt er sich ziemlich ungesund. Am liebsten trinkt er nach dem Aufstehen erst mal ein Bier. Sein Kühlschrank ist fast immer leer. Er hat ja sowieso nie Geld. Und das wenige was er hat gibt er für seine Handyrechnung aus. Den ganzen Tag hängt er am Telefon. Normalerweise erwartet man das ja nicht gerade von einem Jungen. Er leidet unter Bulimie. Wenn er mal was gegessen hat, geht er danach sofort auf die Toilette. Es ist einfach ein Zwang, meint er. Er fühlt sich erst wieder gut wenn alles draußen ist.
Ist er bei sich daheim in der Wohnung, sitzt er meist vor der Tür zur Küche. Von dort kann er das ganze Zimmer überblicken. Oft sitzt er zusammengekauert dort, das Kinn auf das angewinkelte Knie gestützt. Er schaut sich das Geschehen erst einmal eine Weile an, bevor er einen Kommentar dazu abgibt. Er benutzt sowieso nie viele Worte. Wenn er redet lispelt er leicht. Er versucht nie jemanden von etwas zu überzeugen, selbst wenn er viel Wert darauf legt. Wer ihm nicht glaubt ist selbst schuld, sagt er nur. Das ist genauso wie beim Streiten. Er ist zwar schnell aufbrausend, aber sagt er einmal seine Meinung, lässt er sich auf keine weitere Diskussion mehr ein. Manchmal kann auch nur ein falsches Wort dazu führen dass er ausrastet. Dann werden seine Gesichtszüge hart und die Augen kalt. Dann ist es besser einen Rückzieher zu machen, denn gegen ihn hat man eh keine Chance. Wenn er lügt hat er die Angewohnheit zu lachen. Selbst wenn es wichtig ist, dass er jemanden damit überzeugt. Er dagegen hasst es, wenn man ihn anlügt oder ein Versprechen nicht einhält. Dann ist er wütend und enttäuscht.
Wenn er jemanden mag, ist er immer aufmerksam und hilfsbereit, selbst wenn er dabei was riskiert. Dann ist er immer für einen da. Man kann aber auch wirklich gut mit ihm reden. Er hört einfach nur zu und man merkt wie alles besser wird und das er einen versteht. Wenn er aber etwas dazu sagt ist es nie unüberlegt. Er macht sich immer Gedanken. Ständig überschüttet er einen mit lieben Worten und Komplimenten. Aber wenn er jemanden nicht leiden kann, dann schweigt er. Er zeigt seine Abneigung nicht offen, aber er hält es nicht für nötig sich mehr als unbedingt notwendig mit einer ihm unsympathischen Person abzugeben. Er dagegen hat den Vorteil, dass er einfach eine positive Ausstrahlung hat. Wenn man ein paar Worte mit ihm gewechselt und das erste Lächeln geschenkt bekommen hat, ist man sofort in seinem Bann. In seiner Nähe fühlt man sich einfach wohl. Man kann nie lange traurig sein. Sobald er das merkt, muss er einen nur anlächeln und es ist, als würde ein Fünkchen Fröhlichkeit von ihm auf einen selbst überspringen. Dann reckt er immer leicht das Kinn, lächelt und formt mit den Lippen ein lautloses „Was?“.
Er schläft gerne lange, aber abends ist er ständig auf Achse. Egal, wohin es geht, Hauptsache es ist was los. Da entscheidet er sich meist ganz spontan. Er liebt Hip-Hop und Jungle. Man sieht es daran wie er sich klei-det und vor allem wenn man in sein Zimmer kommt. Dort stehen bestimmt 100 CDs und über 200 Tapes. Wenn er Musik hört scheint er manchmal in einer ganz anderen Welt zu sein. Nur das Kopfnicken zum Beat lässt dar-auf schließen, dass er noch lebt. Oft sitzt er aber auch nur da und starrt vor sich hin. Aber er lässt keinen an sei-nen Gedanken teilhaben. Er verrät sowieso nie viel über sich. Ständig mit dem Spruch als Antwort: „Wissen ist Macht!“ Selbst wenn man viel über ihn weiß, kann man ihn nie richtig einschätzen. Er ist einfach immer für Überraschungen gut. Sogar dann, wenn man sich so sicher ist wie er reagiert, passiert oft etwas ganz anderes.
Wenn er schläft umspielt ein ständiges Lächeln seine schmalen Lippen. Die Arme liegen immer verschränkt und angewinkelt am Oberkörper. Dann sieht er aus wie ein kleines Kind. Das ist er eigentlich auch. Zum Einschlafen hört er oft Kinderhörspielkassetten. Manchmal sieht er so hilflos aus, als würde er mit der Welt der Erwachsenen nicht zurecht kommen. Dann muss man ihn in den Arm nehmen und ihm über die Haare streicheln. Sonst nimmt er das Leben jedoch ziemlich leicht. Es ist ihm alles im Großen und Ganzen sowieso ziemlich egal. Hauptsache er bleibt am Leben. Sein Lebensstil ist lässig, zu lässig. Er arbeitet nicht. Er hat Koch gelernt. Mittlerweile ist er schon 24 und sitzt zum zweiten Mal im Gefängnis.

 

Hi Slyeone

Eine schöne Episode aus dem Leben eines seltsamen und rätselhaften Mannes. Find ich gut. Aber irgendetwie haben mich einige Sachen irritiert, z.B., dass er schon zweimal im Gefängins saß. Passt nicht in den bis dahin beschriebenen Charakter. Aber das hast du doch beabsichtigt, oder? Ich halte es auf jeden Fall für eine interessante Pointe.
Einige fehlende Kommata sind mir jetzt spontan aufgefallen, aber ansonsten finde ich die Geschichte sauber geschrieben. Stilistisch hatte ich ein Problem mit deiner Verwendung von "dann":

Dann werden seine Gesichtszüge hart und die Augen kalt. Dann ist es besser einen Rückzieher zu machen(...)

und zwei Sätze später

Dann ist er wütend und enttäuscht

Meiner Meinung eine etwas ungeschickte Wiederholung. (verwendest du oft nach der Beschreibung eines Charakterzugs)
Nun denn, vielleicht überarbeitest du es ja mal.
Ich wünsche dir jedenfalls noch viel Spaß auf kg.de

Frederik

P.S.: Sagt man "er hat Koch gelernt"?

[Beitrag editiert von: Frederik am 23.01.2002 um 17:28]

 

Tja, ich sollte vielleicht kurz noch was zu der Story sagen: Also, Nicki gibt es wirklich. Er ist mein bester Freund! Wir haben uns seit Anfang MAi letzten JAhres nicht mehr gesehen, noch sonst irgendwelchen Kontakt... Ich habe leider keine Ahnung wo er ist... Ich bin 16. Nicki ist zwar schon 24 aber nur vom Alter her, falls du verstehst was ich damit sagen will... Genau diese Irritation will ich mit dem Schluß ja gerade hervorrufen. Man denkt, solch ein mensch könnte nie ins Gefängnis kommen, er ist doch so lieb und dabei hat genau der Knast ihm zu dem gemacht was er jetzt ist. Ein MEnsch ohne Zukunft, der Angst im Dunkeln und vorm allein sein hat und der vor allem eine Menge Liebe braucht...
Hättest du ihn für 24 gehalten?

Keine Ahnung wie man das sagt, von wegen er hat Koch gelernt? Ich könnte ja auch sagen er hat eine Lehre als Koch Bzw. eine Ausbildung als Koch gemacht. Aber dann ist das Schema mit kurzen Sätzen am Schluß zu stark unterbrochen!

 

Ja, das hab ich auch so als Pointe verstanden. Ist ja interessant, dass es ihn wirklich gibt. Du scheinst ihn sehr gut zu kennen, wenn du soviel über ihn schreiben kannst. Es sind ja auch eine Menge gefühlsbedingte Situationen beschrieben.

Nun denn, auch wenn dein Text jetzt
vielmehr ein Tatsachenericht zu sein scheint: Mir gefällt er gut.

[Beitrag editiert von: Frederik am 26.01.2002 um 16:09]

 

Ok, dann kopieren wir mal... :D

Hallöchen!

Ich werd dann einfach mal anfangen, meinen Senf zu der Story abzugeben. Vielleicht sollte ich's zur Abwechslung mal mit Ketchup probieren...?

Die Geschichte hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Ist ungewöhnlich, daß man nur eine Person beschreibt, weiter nichts... Du bist leider nicht auf ihr Seelenleben eingegangen (was ich ein bißerl schade finde), sondern hast sie wirklich nur beschrieben. Trotzdem; gelungen, wie ich finde.
Eigentlich ist das ja mehr ein Auftakt zu einer größeren Geschichte - oder sehe ich das falsch?

Ok, das nächste Mal probiere ich es doch lieber wieder mit Senf...

Gruß,
stephy

 

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