Nichts
Es gab diesen Moment, in dem ich bemerkte, dass etwas nicht so war wie sonst. Ich wusste nicht genau was, aber ich spürte, dass es falsch war.
Alles fühlte sich wie reine Folter an, ganz egal was es war. Freude wurde immer und immer mehr eine vage Erinnerung und dann, eines Tages fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich fühlte nichts mehr. Keine Freude, keinen Schmerz, keine Liebe, einfach nichts. Ich war wie betäubt. Es war als wäre alles, was von mir übrig war nur diese seelenlose Hülle.
Wie sehr wünschte ich mir wieder etwas zu fühlen, etwas dass mich wach rütteln würde. Tag um Tag verging, ohne einen unterschied. Ich zwang mich morgens aufzustehen, mit Menschen zu sprechen von denen ich wusste, dass ich sie zu einem Zeitpunkt mochte, doch jetzt war es so, als ob ich sie nicht mehr ertragen konnte. Es war niemandes Schuld, dass ich jetzt so war, also riss ich mich zusammen und spielte einfach mit. Ich spielte, dass ich sie mochte, ich spielte dass ich froh bin und mit ihnen Zeit verbringen wollte, obwohl ich selbst nichts davon fühlte.
So verging die Zeit, bis zu einem dieser Tage an dem sie mich fragte ob wir ausgehen sollte und ich mir selbst einredete, ich müsse gehen, denn ich könne nicht immer nur zu Hause bleiben, irgendjemand würde merken, dass etwas nicht stimmt.
Wir waren in diesem großen Raum, in der Mitte eine Bar und wir standen da und redeten. Nichts, dass mich wirklich interessierte, aber ich spielte einfach mit, wie immer. Dann sagte sie du wärst hier und zum ersten Mal war ich irgendwie froh. Ich sah dich nicht und machte einfach weiter als wäre nichts gewesen.
Ich hatte schon ganz vergessen, dass du da warst, da standst du auf einmal vor uns und wir sprachen fast den ganzen Rest des Abends und ganz langsam, ohne dass ich es überhaupt bemerkte fühlte ich wieder etwas. Nicht viel, aber etwas. Es war als ob ich dich schon ewig kennen würde und ich wollte nicht, dass es endet, aber wie alles andere, hatte auch dies ein Ende.
Am nächsten Tag spürte ich, dass etwas anders war, ich spürte etwas. Einfach etwas und es war komisch. Ich glaube es fühlte sich genauso an, als würde man einen Monat einfach nur im Bett liegt und dann joggen geht. Es ist anstrengend und ein wenig überwältigend. Nachdem ich Tag für Tag darum gebeten habe etwas zu fühlen, wurde mir klar, dass dieses Nichts zwar bedrückender war, aber noch lange nicht so überwältigend wie das hier.
Wenn ich jetzt daran zurück denke, würde ich es nicht anders wollen, denn es fühlte sich an als könnte ich wieder atmen, als könnte ich wieder fröhlich sein, als wäre alles ein wenig einfacher.