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Nicht mehr als Verbrecher?

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24.04.2003
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Nicht mehr als Verbrecher?

Zwischen Verwesung und Stumpfsinn, findet sich ein schönes Plätzchen für mich.
Dort verweile ich und ordne meine Gedanken.
Warum eigentlich?
Chaos kommt und geht, immer wieder, wie es der Kreislauf will.
Ausbrecher werden müde belächelt, von Zombies, die sich ein Grinsen besser verkneifen sollten.
Es ist weniger die Situation, oder gar der Ort. An beides habe ich mich gewöhnt.
Vielmehr der Gestank macht mir zu schaffen. Gegen bestimmte Gerüche kann man einfach nicht immun werden.
Aber verschnupft sein, das geht. Wie bei den meisten.
Nicht aber bei mir.
Ich rieche die Verlogenheit und sie macht mich wahnsinnig.
Habt ihr nichts besseres zu tun, als mich zu beobachten, euren schäbigen Spott zu verbreiten?
Nicht ich bin anders, sondern ihr seid unnormal.
Das Grundgerüst dieser Welt, zerstört liegt es am Boden und ob das nicht genug wäre, trampelt ihr auch noch darauf herum.
Aber so seid ihr. Ich leider auch, aber nicht so sehr.
Gottseidank nicht.
Industrieller Fanatismus mischt sich in euer Essen und gibt sein Erbgut weiter an den Nachwuchs, gezeugt von Frauen, die sich nichts schlimmes dabei dachten.
Ich könnte überall sein auf der Welt. Der Unterschied wäre zu ignorieren.
Denn ihr habt euch global angepasst und das Armageddon verschlafen.
Im grunde schlaft ihr aber immer, Wachsein erfordert Willen und Motivation.
Verlernte Tugenden, einer vom geistigen Inzest geprägten Mehrheit, die sich stattdessen lieber an Träumen vom Luxus labt.
So genieße ich also zumindest den räumlichen Abstand zum Rest und hoffe auf Gleichsinn.
Doch erst, wenn ich mir über eines im klaren geworden bin.

Ich frage mich nämlich, ob das Unrecht nicht doch auf meiner Seite steht.
Bin es in Wahrheit ich, der sich irrt und euch fehlinterpretiert?
Ist dieser Planet noch immer das Paradies von Adam und Eva und tragen die beiden heute teure, maßgeschneiderte Anzüge, während es ihnen verboten ist, sich den plastikglänzenden Apfel der Armut vom Baum einer dritten Welt zu reißen?
Wir sind schon so oft in Sünde gestürzt, ohne dabei bestraft zu werden.
Wenn es einen Gott gibt, dann ist dieser entweder gefallen, oder er hat sich selber nicht an seine Gebote halten können.
Möglicherweise liegt das göttliche aber auch in uns selbst. Dann wären wir unser eigenes, fehlgeschlagenes Experiment.
Oder ist das alles bloß ein gigantischer, universaler Witz, über den die Sterne lachen?
Unendlich viele Fragen, ewig wie der Weltraum; und ihre Antworten liegen jenseits der Grenzen des Verstandes. Aufbewahrt in Gefriertruhen, die nicht dazu gedacht sind, jemals geöffnet zu werden.
Ungeklärtes Gedankengut, ohne Mindesthaltbarkeitsdatum.
Wenn darauf unsere Existenz begründet ist......sind wir dann überhaupt im Stande, korrekt zu handeln?
Wie könnten wir das, wenn wir doch nichteinmal wissen was richtig, und was falsch ist.
Roboter im Dienste eines Beweggrundes, auf den nicht näher eingegangen wird und der uns zudem nicht zu interessieren hat?
Dann wäre der Sinn - nachdem selbst heute noch einige suchen - , der eines laufenden Uhrwerks. Tausende Zahnräder, die eine immer gleiche Arbeit, mit für sie unbekanntem Zweck, verrichten.

Oder aber sind wir bloß versklavte Geister, weggesperrt in einer biologischen Hülle? Vielleicht ist dieser Planet ja nicht mehr als ein Gefängnis, geschaffen von hohen Richtern des Kosmos.
Ist die Bibel bloß ein Regelwerk für Häftlinge und stellt Suizid ein Verbrechen dar, weil wir dadurch versuchen, unserer gerechten Strafe vorzeitig zu entfliehen?
Dann wären tödliche Unfälle keine Schläge des Schicksals, sondern genehmigte Anträge auf Freispruch, bedingt durch gute Führung.
Vielleicht trifft es ja deshalb auch immer bloß die Guten?

Dies würde bedeuten, dass ich mich in der Hölle befinde.
Ich muss darüber nachdenken.


 

Hi Cerberus81,

ja, Du hast vollkommen Recht mit Deiner Überlegung.
Genau diese Gedanken hat sich sicherlich schon jeder mal gemacht.
Du hast es gut formuliert und rübergebrscht.
Vielleicht sind wir ja in wirklichkeit in der Hölle und keiner hat´s bis jetzt gemerkt. Oder doch die matrix.
Egal wie, ein bißchen mehr denken über unser handeln würde der Gesellschaft sicher gut tun.
Dein Text bringt dies klar heraus. Super.

 

Abend!

Da bekomm ich vorhin völlig unverhofft zwei PMs und muss lesen, das eine uralte Story von mir, die ich darüber hinaus längst vergessen hatte, in den Kritikerkreis aufgenommen wurde.
Bin tatsächlich etwas verwundert :)

Ich kenne mich in dieser Rubrik nicht so gut aus, ist es möglich den Text auch jetzt noch zu überarbeiten (so wie ich das anhand des Infotextes verstehe, muss ich ihn dann unter anderem Namen veröffentlichen)?
Da das Geschriebene schon über drei Monate alt ist und ich das Gefühl habe, mich in der Zwischenzeit dank zahlreicher Kritiken zu anderen Geschichten etwas verbessert zu haben, erwäge ich den Gedanken einer Überarbeitung.
Jedenfalls freue ich mich über ausführliche Stellungnahmen, da ich bislang ja auch lediglich eine einzige Resonanz erhalten habe.

Viele Grüße

Cerberus

 
Zuletzt bearbeitet:

Kritikerkreis

Hallo Cerberus81!

Bevor Du irgendwelche Veränderungen an Deinem m. E. interessanten Text vornimmst, würde ich gerne noch meine Anmerkungen zur vorliegenden Version loswerden.

Zum Inhalt:
Ein Mensch läßt sich an einem unschönen Ort, an dem er noch ein schönes(!) Plätzchen findet, nieder, um seine Gedanken zu ordnen. Er scheint verwirrt zu sein, obwohl er auf den ersten Blick keinen ersichtlichen Grund dafür erkennen kann. Chaos kommt und geht, das ist der Lauf der Welt.
Was also ist es, das ihn stört? Etwas stinkt, ist nicht in Ordnung. Andere können sich damit abfinden, "verschnupft" nur einen Teil des Übels aufzunehmen. Dem Erzähler gelingt dies jedoch nicht, er bricht aus dem ewig gleichen Trott aus, wird von der Allgemeinheit belächelt und verspottet. Trotzig wendet er sich gegen die anderen, verweist auf das Grundgerüst der Erde, das zerstört am Boden liegt. Er klagt an, nicht ohne seine eigene Schuld einzugestehen. Doch er bleibt wach, hat erkannt, wie Industrialisierung und Luxusstreben die Dritte Welt in Armut stürzen und auf diese Weise eine Katastrophe heraufbeschwören.
Inmitten seiner Überlegungen kommen ihm Zweifel an seinem Weltbild. Was ist gut, was böse? Könnte nicht auch das Gegenteil dessen, an dem er festhält, der Fall sein? Kann es einen guten, gütigen Gott geben, angesichts der vielen zugelassenen Sünden? Trägt der Mensch überhaupt Eigenverantwortung, oder ist er ein Spielball höherer Mächte? Gibt es einen freien Willen oder befinden wir uns in einem automatisierten Lebensablauf? In wieweit wäre ungesteuertes Denken dann überhaupt möglich? Eigentlich nicht.
Ich muss darüber nachdenken.

Zur Form:
M. M. n. keine Geschichte (erkennbarer Handlungsstrang fehlt), sondern eine Gedankenfortführung, wie sie in dieser Rubrik häufig anzutreffen ist.

Fazit: Ein gut geschriebener Text, der Raum läßt für eigene Interpretationen.


Ciao
Antonia

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Antonia,

deine Analyse hat sich in weiten Teilen mit meinen Gedanken überschnitten.
Ich muss allerdings ganz ehrlich sein und zugeben, dass meine Intention bei diesem Text nicht in eine klare Richtung geht, sondern eher einige typisch philosophischen Fragen aufwirft, verpackt in (hoffentlich) angenehm zu lesender Sprache.
Da diese "Geschichte" bereits einige Zeit alt ist und ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzuviel Übung im Schreiben hatte, hätte man einiges sicher deutlich besser machen können.
Ich weiss nicht, inwiefern du meine Stories hier auf der Seite kennst, allerdings hat sich mein Stil mittlerweile deutlich verändert; das ist vermutlich auch der Grund, weshalb mir dieser Text mittlerweile nicht mehr so gut gefällt. Ich persönlich sehe ihn eher als Schreibübung an und war daher auch so extrem überrascht, dass er in den Kritikerkreis aufgenommen worden ist.
Ich beschäftige mich oft mit der Frage, weshalb das Leben eigentlich fast ausschließlich aus unerklärbaren Zufällen und nicht nachvollziehbaren Schicksalsschlägen besteht, daher verfasse ich gerne Geschichten, die etwas abgehoben sind und den Leser zum Nachdenken anregen sollen (daher auch die Frage, ob Unfälle nicht genehmigte Anträge auf Freispruch sein könnten). Natürlich ist das alles sehr weit hergeholt, aber warum nicht darüber nachdenken? Ich finde solche Überlegungen sehr interessant.
Eigentlich wollte ich den Text ja noch überarbeiten - daher auch meine so späte Antwort -, nach reiflicher Überlegung habe ich allerdings beschlossen, ihn so zu lassen, wie er ist; da ich mich in die emotionale Lage, in der ich damals war, während ich ihn schrieb, jetzt ohnehin nicht mehr so ohne weiteres begeben werden kann und verschlimmbessern möchte ich ihn auch nicht.

Vielen Dank für die Mühe, die du dir gemacht hast!
Ich würde mich über weitere Statements freuen.

Grüße

Cerberus

 

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