Neulich mit dem Werbefernsehen
Werbung muss sein. Wie sonst würde der Verbraucher Kenntnis erlangen über die vielen wundervollen und nützlichen Produkte, die ihn verschönern, sättigen oder den Haushalt quasi ganz alleine erledigen?
Auch mich erwischte die Werbewirtschaft während meiner unlängst stattgefundenen Fernseh-Bügel-Sitzung, da die Fernbedienung ausser Reichweite lag und die hübsche, gerade in Arbeit befindliche Bluse mit Brandflecken nur noch bedingt zur Entzückung der Männerwelt geeignet gewesen wäre.
So ergab ich mich also in mein Schicksal und verfolgte die bahnbrechenden Neuigkeiten auf dem Produktsektor. Und es gibt fürwahr erstaunliches zu berichten.
Betrachten wir beispielsweise die Geschürrspül-Tabs der Marke Calgonit (nicht zu verwechseln mit dem Waschmittel Calgon, das unser allseits geschätzter Herr Bürgi so tatkräftig unters Volk bringt und damit leichtsinnig seinen eigenen Arbeitsplatz gefährdet - ein Fall für die Ermittler des Arbeitsamtes, wie ich finde).
Nicht nur, dass der Klarspüler inzwischen in die Reinigungs-Tabs gleich integriert ist - wobei der rote Klarspüler-Klecks einen hübschen Farbkontrast zum ansonsten blau-weißen Tabs bildet - nein, Calgonit hat seinen Tab auch gleich mit Intelligenz versehen! Um nicht zu sagen mit einer (Achtung, ich zitiere wörtlich!) 'intelligenten Beschichtung', die genau erkennt, wann das Geschirr seines Schmutzes befreit und somit die Zeit für die Aktivierung des Klarspülers gekommen ist.
Respekt, liebe Damen und Herren Produktentwickler! Da beschäftigt sich eine ganze Heerschar von hochdotierten Wissenschaftlern immer noch mit der Frage, was Intelligenz denn eigentlich nun genau ist und ihr habt sie bereits einfach so - schwuppsdiwupps - in einem unscheinbaren Geschirrspül-Tab untergebracht.
Allerdings habe ich berechtigte Zweifel, ob trotz des sicherlich vorhandenen Nutzens dieser Wunder-Tabs im Haushalt nicht doch die ein oder andere übereifrige Hausfrau auf den Gedanken kommen könnte, ihren Sprößlingen mittels Verköstigung eben jener Tabs im Hinblick auf die Verbesserung der Schulnoten ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Sollten also in naher Zukunft Schüler während der Klassenarbeit Schaum vor dem Mund haben, ich weiß, wer Schuld ist!
Ähnliche Glanzleistungen vollbringt nach Aussage eines Herren mit einer tiefen, sonoren Stimme ein Hair-Repair-Produkt eines Shampoo-Herstellers, dessen Name mir jetzt gerade entfallen ist (da haben die Herren und Damen Werbestrategen wohl nicht ganz optimal gearbeitet ...). Ganz alleine nämlich sucht diese Repair-Creme nach kaputten Stellen im Haar und macht sich dann direkt an die Reparaturarbeiten. Ich bin entzückt. Nie wieder stundenlange und im wahrsten Sinne des Wortes haarsträubende Sitzungen vor dem Kosmetikspiegel bei der Suche nach Spliss - nein, die Creme macht sich wie von Zauberhand gelenkt ganz alleine auf die Suche, während sich Madame währenddessen viel angenehmeren Tätigkeiten widmen kann. Ungeklärt dagegen blieb die Frage: was macht die Creme, wenn es gar keine kaputten Haarstellen gibt? Macht sie sich dann unverrichteter Dinge vom Acker und teilt mir mit, dass die Investition in die teure Creme völlig umsonst war?
Auch der Lebensmittel-Sektor macht nicht halt vor der künstlichen Intelligenz. Obstgarten zum Beispiel. Wie es scheint, hat der Quark verspeisende Berti Vogts nicht den erwünschten Zuspruch der Bevölkerung erhalten (was ich durchaus nachvollziehen kann ... man erinnere sich an das leicht gequält dreinblickende Gesicht unseres Herren Ex-Bundestrainer beim Löffeln dieser wunderbar leichten Quark-Speise).
Nun schickt Obstgarten Proteine ins Rennen um die Gunst der Quark-Esser. Und zwar nicht irgendwelche Proteine (das könnte ja jeder) - nein, MOBILE Proteine. Also Proteine, die sich - man beachte die auffallende Parallele zur Hair-Repair-Creme - sofort nach der Ankunft im Magen mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen auf den Weg durch den menschlichen Körper machen (so jedenfalls im Fernsehspot illustriert) und genau da ihr Wirkungsgebiet finden, wo es der Körper gerade am nötigsten hat.
Wie gut, dass es mobile Proteine gibt, kam es mir da während des Bügelns eines linken Hosenbeins in den Sinn, denn ICH wüsste nur schwerlich, ob nun gerade mein linker Ringfinger oder aber mein dicker Zeh am rechten Fuß den größten Proteinmangel aufweist.
Die Produkt-Intelligenz hatte es mir in der Tat angetan. Und so hastete ich nach Bewältigung der Bügelwäsche flugs an den Schreibtisch und schrieb einen Wunschzettel an die Damen und Herren Produktentwickler.
Liebe Produktentwickler, ihr braucht gar nicht lange den Markt erforschen, ich hätte konkret Verwendung für folgende Dinge und würde mich auch nicht scheuen, viel Geld dafür auszugeben:
1. Intelligente Saucen und Rotweine, die sich sofort in Luft auflösen, sofern sie nicht am eigentlichen Bestimmungsort, sondern auf dem strahlend weißen Hemd des Liebsten gelandet sind
2. Intelligente IKEA-Möbel, die beim Zusammenbau laut aufschreien, wenn der Einlegeboden doch andersherum zu montieren ist nebst intelligenten Schrauben, die mich nach dem Zusammenbau darauf aufmerksam machen, dass ihr Übrigsein völlig normal und nur der Unfähigkeit der Schrauben-Tütchen-Packer zu verdanken ist.
3. Intelligente Koffer, die sich automatisch schließen, wenn der Zeitpunkt erreicht ist, dass keine Aufnahme weiterer Kleidungsstücke mehr möglich und auch hartnäckiges Platznehmen auf dem Kofferdeckel nicht von Erfolg gekrönt ist.
4. Intelligente Wäsche-Trockner, die sich sofort ausschalten, wenn der neue sündhaft teure Pullover beginnt, sich seiner ursprünglich optimalen Paßform zu entledigen und Gefahr läuft, als Puppenbekleidung zu enden.
5. Intelligente Süßwaren- und Knabberartikel, die sich nach ihrer Verköstigung und Umwandlung in Fettzellen nicht etwa an Hüfte, Oberschenkel oder Bauch, sondern beispielsweise im Brustbereich ansiedeln. Frei nach dem Motto: was eine Hair-Repair-Creme und mobile Proteine zu leisten in der Lage sind, sollte auch einer Tafel Schokolade möglich sein!
Für eine kurze Benachrichtigung nach der erfolgreichen Entwicklung dieser Produkte wäre ich äußerst dankbar ... sie können mir den Vollzug auch gerne via Werbefernsehen bekanntgeben, irgendwann muss ich eh wieder bügeln.
Mit freundlichen Grüßen und Dank im voraus für ihre Mühe
Petra