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Neulich im Supermarkt

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23.02.2003
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Neulich im Supermarkt

Nur einen Joghurt, etwas Salat und vier Tomaten brauchte ich noch. Eine leckere Gurke, Zwiebeln und Hähnchenbrustfilet hatte ich noch zuhause und nach dem langen Arbeitstag konnte ich den frischen Salat mit Joghurtdressing gut gebrauchen. Selbst ein leckerer Rotwein würde gleich auf mich warten, freute ich mich innerlich, als ich die vier leeren und die eine volle Kasse im Supermarkt entgeistert anstarrte. Wieder einmal wurde mir schlagartig bewusst, dass, von fünf Kassen im Markt, vier wohl nur der Dekoration dienen und die eine offene von der untalentiertesten, der schätzungsweise ein Dutzend Kassiererinnen – die sich auf Tarnung spezialisiert zu haben scheinen – besetzt ist. Ärgerlich. Aber ich blieb ruhig.
Vor mir befanden sich circa zehn vollgepackte, nein: GNADENLOS ÜBERFÜLLTE, Einkaufswagen, nebst ihrer „Besitzer“ (Was man heute für’n Euro alles kriegt, Wahnsinn!) Nachdem ich die ältere Dame vor mir einfühlsam und respektvoll darüber aufgeklärt hatte, dass ich insgesamt nur drei Teile bei mir trage, klärte sie mich ihrerseits darüber auf, dass ich mit derlei Konsumverhalten nicht grad förderlich für unser Bruttosozialprodukt sei. Zudem hätte ich ja nun genügend Zeit mir zu überlegen, ob ich nicht doch noch etwas bräuchte. Das saß. Aber ich blieb ruhig.
Während dann die Aushilfskraft an der Kasse verzweifelt das Kassenband und ich meine drei Teile abwechselnd von der linken in die rechte Hand wechselte, die Oma vor mir zum siebzehnten Mal ihren Einkaufszettel begutachtete, drei kleine Kinder abwechselnd anfingen zu heulen, kreischen, schreien, rülpsen oder ihre klebrig-braunen Schokoladenfinger (Es ist übrigens meiner Meinung nach eine Unsitte, unbezahlte Sachen schon im Laden von Kindern verzehren zu lassen) am Vordermann abzuwischen, bemerkte ich fast unbewusst, dass ein gewisses Grummeln und ein leichtes Ziehen im Magen mich daran erinnerten, dass meine letzte Mahlzeit gefühlte zwei bis drei Ewigkeiten hinter mir lagen. Unangenehm. Aber ich blieb ruhig.
Nachdem die weder junge, noch dynamische Kassiererin endlich ihr, wahrscheinlich in einem Wochenendseminar für gescheiterte Existenzen, erlerntes Wissen, mehr oder weniger erfolgreich angewandt hatte, konnte einem reibungslosen Ablauf der Abarbeitung aufgelaufener Einkaufswagen eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Eigentlich!
Uneigentlich und damit tatsächlich musste diese überaus unsympathische Mittvierzigerin ausgerechnet jetzt Tomaten und Pfirsiche verwechseln und sich darüber hinaus schwer damit tun, diesen Fauxpas wieder rückgängig zu machen. Mein Gesicht verfinsterte sich zusehends. Langsam wurde ich ein wenig ungeduldig. Aber ich blieb ruhig.
Im Gegensatz zu mir gab es nun einige Einkäufer, die ihren Unmut nicht nur optisch, sondern auch verbal, ganz unverdrossen herausließen. Die Rufe nach einer zusätzlichen Kasse wurden lauter und die Stimmung schwankte zwischen Hexenverbrennung und Revolution.
„Viva la revolution, verbrennt die Hexe an der Kasse und plündert den Laden – Es lebe die Anarchie!“, meldete sich der innere 68er in mir – obwohl ich erst 72 geboren wurde.
Im Endeffekt blieb es (vorläufig) bei einer Kasse, obwohl die Dame, die versuchte diese zu bedienen, mehrmals nach einer weiteren Kassiererin schellte. Nach weiteren 10 Minuten und einer Menschenschlange, wie bei einem Rockkonzert, kurz vor Öffnung der Halle, wurde dann endlich eine weitere Kasse geöffnet. Just in dem Moment, als ich die Augen geschlossen hatte und von einem Supermarkt nur für mich alleine träumte. Schade! Aber ich blieb ruhig.
Nun gab es also zwei Schlangen, beide jeweils doppelt so lang, wie die eine ganz zu Anfang. Aber mittlerweile war ich nur noch zwei vollgepackte Einkaufswagen von meinem Ziel entfernt, ich konnte das Transportband schon riechen, schmecken, fühlen, innerlich. Nur wenige Zentimeter trennten mich davon, meine Waren endlich drauf zu legen und sie wenig später zu bezahlen. Ich streckte mich schon ein bisschen, nur um ihm etwas näher zu sein, als die alte Schabracke vor mir plötzlich ein Tiefkühlhähnchen mit aller Wucht aus ihrem Einkaufswagen direkt auf mein Kinn hievte. Benommen wie ein alternder Berufboxer nach 12 Runden oder einfach wie ich gegen einen alternden Berufboxer nach einer Runde, jedenfalls wie ein schwer angeknockter und kurz vor dem K.O. stehender Sportler, nahm ich verschwommen war, wie die designierte Besitzerin das Hähnchen nachhaltig auf Blutspuren meinerseits untersuchte und es dann sichtlich erleichtert aufs Band legte. Ich war schwer angeschlagen! Aber ich blieb ruhig.
Nur noch sie, dachte ich, nur noch sie. Auf ihre Frage, ob ich ihr nicht helfen könne, ihre Waren auf das Band zu legen, musste ich verlegen grinsen. Und während ihre Waren dann langsam am Ende der Kasse wieder in ihrem Einkaufswagen verschwanden, neben uns die zweite Kasse wieder geschlossen wurde (nachdem auch jeder hinter mir mittlerweile durch eben jene Kasse den Weg ins Freie genommen hatte), fing diese grenzdebile achtzigjährige Schlampe vor mir wahrhaftig an, über den Preis der Dosenerbsen mit der Kassiererin zu diskutieren. Unfassbar. Aber ich blieb ruhig.
Nachdem die Diskussion über 9 Cent ihren Höhepunkt langsam erreichte, machte ich den Vorschlag, dass die beiden doch einfach mal nachschauen sollten, welcher Preis denn nun stimmt. Die Oma und die Kassenkraft taten das dann tatsächlich und während sie aufgebracht Richtung Dosenerbsen marschierten, nahm ich den 50 Euroschein, den die Alte schon hingelegt hatte, meinen Joghurt, den Salat und die Tomaten und schlenderte genüsslich meinem wohlverdienten Abendessen entgegen.

 

Hallo Middel,

Erstens. Auf KG.de gibt es circa dreiundzwanzig Milliarden Supermarktsatiren. Ein derartig ausgelutschtes Thema sollte also extrem gut umgesetzt werden, um nachher keinen Verriss zu ernten. Die Haltung "Ach schreib ich mal ne Geschichte" ist da ein Garant, dass es schief geht. Zweitens. Arrogante Vermutungen über andere Figuren und anderweitige monologhafte Selbstbefriedigung des Ich-Erzählers, die einen Satz künstlich in die Länge ziehen wie einen Kaugummi, machen einfach keine Satire, sie sind fern von Witz und Geistreichtum. Drittens habe ich aus besagten Gründen irgendwann in der Mitte des Lesens abgebrochen, falls gegen Ende des Textes also ein Pointe stand, die dies alles wieder wettgemacht hätte, dann tut es mir leid.
Ich empfehle zu zeigen, mindestens dir selbst, dass du das besser kannst, denn das kannst du. Die "Aber ich bleibe ruhig"-Wiederholungen sind gut, die würde ich beibehalten.


-- floritiv.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi,


dass du lebendig schreiben kannst, deutet sich an, jedoch gibts da einige "Stilmittel", die in eine Satire nicht reingehören, dafür fehlen mögliche andere ...

Was z.B. fehl amPlatze ist, sind m.E. deine beständigen Beurteilungen/Wertungen, mit denen du außerdem deine Figuren diffamierst, in schlimmeren Fällen sogar motivlos beleidigst, nämlich aus der Sicht des auktorialen Ichs:

fing diese grenzdebile achtzigjährige Schlampe vor mir wahrhaftig an..
1. sagt das der Erzähler, 2. Warum ist es eine Schlampe?

Besser: die Figuren zeigen in ihren Handlungen, die Bewertung dem Leser überlassen.


Lg,
Flic

 

Hi,


dass du lebendig schreiben kannst, deutet sich an, jedoch gibts da einige "Stilmittel", in eine Satire nicht reingehören, dafür fehlen mögliche andere ...

Was z.B. fehl amPlatze ist, sind m.E. deine beständigen Beurteilungen/Wertungen, mit denen du außerdem deine Figuren diffamierst, in schlimmeren Fällen sogar motivlos beleidigst, nämlich aus der Sicht des auktorialen Ichs:

1. sagt das der Erzähler, 2. Warum ist es eine Schlampe?

Besser: die Figuren zeigen in ihren Handlungen, die Bewertung dem Leser überlassen.


Lg,
Flic


1. Es gibt in der Geschichte nur einen Erzähler.
2. Ist das die Steigerung
-> "die ältere Dame"
-> "die Oma"
-> "die alte Schabracke"
-> "grenzdebile achtzigjährige Schlampe"
Der Prot. ändert im Laufe der Geschichte seine Sichtweise auf die Frau vor ihm und diese veränderte Wahrnehmung (plus Gereiztheit etc.) soll damit deutlich gemacht werden.

Das ist verbunden mit so Dingen wie "Aber ich blieb ruhig." ein Hauptcharakteristikum dieser Story, deshalb m.E. unverzichtbar.

Ich denke im Übrigen, dass die veränderte Wahrnehmung, so subjektiv sie auch geprägt sein mag nicht motivlos (aus Sicht des Prots) ist.

 

Hallo Middel,

also nachdem deine arme Protagonistin das Hähnchen aufs Kinn bekommen hat, ist sie meiner Meinung nach, durchaus berechtigt die Oma noch schlimmer zu beschimpfen *ggg*

Ich fand den Text sehr witzig, suche aber noch so ein wenig nach der Satire. Ich hätte ihn bei Humor eingestellt, aber das ist ja bekanntlich Ansichtssache.

Mit dem Schluss hatte sich so meine Probleme, aber ansonsten wie schon gesagt, fand ich die Geschichte sehr witzig.

Schöne Grüße
MrsMurphy

 

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