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Neulich auf dem Parlamentsklo

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07.02.2002
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Neulich auf dem Parlamentsklo

"Puh, das war aber höchste Eisenbahn. Au ja, das tut gut. ... Ach Sie! Mahlzeit Herr Kollege. Und? Wie läuft's bei Ihnen so? ... Ja, das sehe ich. Nein, in der Fraktion natürlich. Ist ja ein hartes Los dahinten auf der Strafbank. Also, da fühle ich ja mit Ihnen. Wissen Sie, ich kenne das nämlich. Habe selber mal da geschmort. Ja, ja, lange ist's her. An Ihrer Stelle würde ich aber langsam mal zusehen, dass Sie da wegkommen. Ist doch kein Platz für Sie. Sehen Sie mich an. Zwanzig Jahre bin ich nun schon in diesem Affenhaus. Sechs Regierungen habe ich überlebt. Glauben Sie mir, immer nach vorne ist die Devise, sonst verkümmern Sie dahinten. Wollen Sie einen Rat? Wechseln Sie die Partei, aber schleunigst. Bei dieser bekloppten Frauenquote kommen Sie doch nie nach vorne. Wissen Sie, diesen Unfug wollten wir ja auch einführen. Ja, wirklich. Haben wir aber gerade noch so verhindern können. Soll ich Ihnen mal was sagen, Herr Kollege, vertraulich meine ich, müssen Sie für sich behalten. Also, das war nämlich so: unser Regierender persönlich hat sich da eingeschaltet - auf mein Anraten hin. Sie glauben ja gar nicht, wie der getobt hat. Der hätte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende fast übers Knie gelegt, so sauer war der. Na ja, jetzt ist Sie weg, zurück in die Provinz, wo sie hingehört. Ein Glück auch, sage ich da nur. Nix mit Quote. Wie finden Sie denn unsere neue Vorzeigefrau? ... Lassen Sie sich nicht täuschen, Herr Kollege. Denken Se sich die Brille weg, ein bisschen Schminke und ich sage Ihnen, da kriegen Sie glatt einen ... na ja, Sie wissen schon. Die soll ja sehr ... also nee, ich hab auch einen Druck heute. Sie haben aber auch ein paar Bierchen abzuladen, wie ich sehe. Ach ja, ist ja immer wieder was schönes, so an der Pissrinne zu stehen und sich mal so richtig auszupissen, nicht wahr, Herr Kollege. Ich mag ja diese stille Minute. Hat so was anheimelndes und friedliches, finden Sie nicht? Jetzt kommt mir meine neue Frau damit, stellen Sie sich das mal vor, dass ich mich setzen soll beim Pissen. Die spinnt völlig. Verstehen Sie so was? Also, mit mir nicht. Wie ist denn das bei Ihnen zu Hause, Kollege? Sie haben doch auch so eine alternative Frau. Verlangt die so was auch von Ihnen? Also nee, was es alles so gibt heutzutage. Ich verstehe die Weiber bald überhaupt nicht mehr. Stellen Sie sich mal vor, bald liegt sie mir in den Ohren, dass ich beim Vögeln nicht mehr abspritzen darf, oder was. Also nee, dieses moderne Weibervolk auch. Die wissen doch gar nicht, wie das ist, wenn man so einen richtigen Druck hat. Da muss man doch im Stehen pinkeln, das geht doch gar nicht anders. Außerdem, ich habe das ja mal probiert, ja wirklich. Ich sage Ihnen, das ist purer Unsinn. Und wissen Sie warum? Und zwar, also mir geht's so, ich muss dann auch immer gleich scheißen, ganz automatisch. Kann ich mich gar nicht gegen wehren, rutscht einfach so raus der Aal. Und Sie kennen ja die Schmiererei, wenn man nur halb kackt. Da braucht man dann gleich eine ganze Rolle Klopapier. Das ist eine viel größere Schweinerei als die paar Spritzer daneben. Denken Sie nur an die Umwelt, die wegen dieser Emanzen-Marotte zerstört wird. Ganze Regenwälder müssten abgeholzt werden, wenn die männliche Weltbevölkerung ab sofort nur noch im Sitzen pinkelt. Apropos Klopapier. Sagen Sie mal, Herr Kollege, der Artikel neulich im Stadtanzeiger, das war aber nicht korrekt von Ihnen. Wie können Sie, das muss ich Ihnen jetzt aber wirklich mal sagen, wie können Sie behaupten, unsere Kinder hätten kein Klopapier auf den Schultoiletten? Das stimmt doch gar nicht. Mein lieber Freund, wie kommen Sie dazu, solch einen Quatsch zu verbreiten? Sagen Sie jetzt nichts. In der Toilettenpapierzusatzverordnung für öffentliche Gebäude steht nur drin, dass insbesondere die Schulen damit sparsam umgehen sollen, und das aus rein erzieherischen Gründen, wie wir beide wissen. Wenn ein Schüler mal muss, hat er natürlich ein Anrecht auf Klopapier. Und kommen Sie mir nicht damit, dass wir Putzpersonal einsparen. Das muss sein. Irgendwo müssen wir ja anfangen, nicht wahr. Außerdem ist es ein offenes Geheimnis, dass die ausländischen Schüler das Klopapier mit nach Hause nehmen - für die Familie. Das ist ja nun schon Diebstahl - oder wie sehen Sie das, Herr Kollege? Na also. Seien Sie bloß vorsichtig. Ihre Schnellschüsse bringen Ihnen nur Nachteile ein. Denken Sie an meine Worte, wenn Sie hier noch was werden wollen. Rechnen Sie das doch erst mal richtig durch. Da wischen sich ganze Generationen von Türken den Hintern mit unserem Klopapier ab. Wo gibt's denn so was? Dafür zahlen wir Steuern, Herr Kollege. Nee, nee, da ist es sinnvoller, dass Klopapier knapp zu halten. Wissen Sie, und wer mal wirklich richtig auf den Pott muss, der bringt sich eben sein eigenes Klopapier mit, wenn er schlau ist. Mal ehrlich, Herr Kollege, entsinnen Sie sich mal an Ihre Schulzeit. Wie oft haben wir denn in der Schule geschissen. Also, ich habe mir meinen Kraftschiss immer für Zuhause aufgehoben. Da hat's doch am meisten Spaß gemacht. Hab ich doch recht, oder? Na, sehen Sie, mein Bester, so einfach ist manchmal die Wahrheit. Hätten Sie mal das geschrieben, anstatt diese Hetze gegen die Regierungskoalition zu verzapfen. Boah, was ist denn das? Riechen Sie das auch? Was stinkt denn hier so bestialisch? Haben Sie einen gelassen, oder was? Verdammt noch mal, wer scheißt denn da so wie ein Kamel? ... Wer sitzt da? ... Wer? ... Ach, Sie, Chef, 'tschuldigung, aber ... Klopapier? Sie haben kein Klopapier? ... Ja sofort, Moment Chef. Ich schau mal im Nebenklo. Nee, da ist auch nichts. Was machen wir denn nur? Mensch Kollege, nun gucken Sie nicht so dämlich! Tun Sie lieber was! Los, schauen Sie mal auf der Frauentoilette nach, ob da noch eine Rolle Klopapier aufzutreiben ist! Nun machen Sie schon! Also, so eine Schweinerei auch. Das ist ja unglaublich, da wollen Sie nun in Ruhe, und kein Papier dafür da. Also, so was auch, Chef? ... Tempotaschentücher? Sekunde, ich ... Nee, hab ich auch nicht bei. Verdammt, wo bleibt denn nur der Knallkopp von der Opposition mit der Rolle? Ach, da kommt er ja. Nun geben Sie schon her, Kollege! Wir können doch den Regierenden nicht ewig im eigenen Mief schmoren lassen."

 

haha! Ich wette, du hast deine eigene Meinung von der jetzigen Regierung. Denn das was ganz eindeutig in deinem Text rüber kommt, ist, dass man sich im Parlament ausschließlich über "Mist" unterhält, symbolisiert durch das Fäkalgespräch.

Sehr guter Text, er hat mich wirklich amüsiert, allerdings ist diese Geschichte in meinen Augen wohl mehr eine Satire als ein Gesellschaftstext. Außerdem solltest du hin und wieder auch Absätze machen. ;-)

 

Hallo erstmal,

also das Ende war wirklich spitze. Mit einem Schlag wurde alles, was der Erzähler vorher noch verleugnet hat, relativiert. Einfach grandios.

Und auch wie du die Geschichte entwickelt hast und von einem Punkt zum nächsten überleitethast. wirklich gut.
begonnen mit small-talk am Klo, über die Frauenquote zu den persönlichen Klogewohnheiten (klassisches Stehen oder Sitzen Konflikt:D ), und langsam kommst du zu den Budgetproblemen bzw. Klopapiermangel an den Schulen (das mit den ausländischen Schülern, die sich das öffentliche Klopapier aus den Schulen schmuggeln, hätte ich aber an deiner STelle weggelassen), und dann der SChluß, einfach genial.

Bin schon auf deine nächste Geschichte gespannt.

mfg stille Feder

 

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