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Neues vom neuen Menschen

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05.06.2006
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Neues vom neuen Menschen

Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich freue mich, Sie aus den Labors des Instituts für Human-Forschung der Firma Inphant begrüssen zu dürfen. Bei mir ist Professor Doktor Peter, der uns am heutigen Abend in die Geheimnisse des Projektes "Eden" einweihen wird. Guten Abend, Herr Professor.

Guten Abend.

Nicht zum ersten Mal haben Sie und Ihr Team für Schlagzeilen gesorgt! "Inphant will den Menschen ohne Mund", konnte man lesen. Was aber steckt wirklich hinter dem Projekt Eden?

Eden ist selbstverständlich viel komplexer! Richtig ist, dass wir uns getrauen, ganz grundsätzliche Fragen zu stellen. Und eine Frage lautete: "Braucht der Mensch einen Mund zum Sprechen?" Nun, wir haben die Frage mit "Jein" beantwortet! Tatsache ist, dass die modernen Kommunikationsmittel die Naturlaute zu einem guten Teil überflüssig gemacht haben. Eine einfachere, aber leistungsfähigere Mundöffnung - etwas zentraler im Gesichtsbereich als bisher - und die Umgestaltung des Halses und der Stimmbänder machen also durchaus Sinn. Auf der anderen Seite wollen wir die manchmal wertvolle künstlerische Ausdrucksfähigkeit nicht verunmöglichen ? man denke an den Gesang - und prüfen daher eine im Bedarfsfall anwendbare Variante, die wir provisorisch "Kunstöffnung" nennen.

Wie Sie mir bereits verraten haben, geht es bei Eden aber noch um viel mehr - ja ums Ganze!

Eden bedeutet für uns die Arbeit an einer glücklicheren Zukunft des Menschen, äh... der ganzen Menschheit! Man darf hier sicher einmal erwähnen, dass Inphant seit Jahren in eine bessere Zukunft für alle investiert.
Für Eden wurde ein hochqualifiziertes Team aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Genetik, interdisziplinär ergänzt mit Fachkräften aus Biologie, Soziologie, Psychologie und Philosophie zusammengestellt. Wir begnügen uns nicht mit Stückwerk, wie das bei früheren Projekten der Fall war ? Verbesserung der Wirkbelsäule, Beförderung des überflüssigen Steissbeins auf die Müllhalde der Evolution, Leistungssteigerung des Herzens usw. Es stellt sich uns heute die Aufgabe, innovative Lösungsvorschläge zu den grundsätzlichen Problemen des menschlichen Daseins zu präsentieren. Was wir wollen, ist ein ganzheitlicher Entwurf eines neuen, verbesserten Menschen.

Das klingt ja hoch interessant! Da müssen sich ja zahlreiche Fragen stellen! Und können Sie unseren Zuschauerinnen und Zuschauern schon etwas über die Resultate verraten?

Nun, die Frage "wieviele Beine braucht der Mensch zum Leben" haben wir dahingehend beantwortet, dass zwei vorläufig genügen sollen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich nicht allzu detailliert werde. Obwohl unser Projekt bahnbrechend ist, befinden wir uns doch in einer Konkurrenzsituation, was die spezifischen genetischen Entwicklungen betrifft.

Aber ihr Team befasst sich ja ebenfalls mit den Geschlechtsorganen!

So ist es. Diese sind mit der Platzierung zwischen den Beinen nicht unproblematisch angebracht. Die gewöhnliche Kopulation etwa ist weder besonders einfach zu vollziehen noch besonders ästhetisch.
Gleiches gilt für die traditionelle Geburt, die durchaus ein sinnvolles persönliches Erlebnis sein kann und daher für die verbesserte Frau möglich gemacht werden soll. Zu den praktischen Überlegungen kommen Erkenntnisse der neueren Sexualpsychologie hinzu. Dass die Sexualität in unserer Gesellschaft bedauerlicherweise immer noch ein Problem darstellt, hat viel mit der mangelnden Aesthetik der damit verbundenen Vorgänge zu tun, welche mit der Entwicklung des primitiven Menschen zum Kulturwesen einfach nicht Schritt gehalten haben. Die Organe selber sind leider auch keine Zier. Unser Ziel bei der Gestaltung und Platzierung der Geschlechtsorgane ist es, die ästhetischen Gesichtspunkte aufzuwerten und die Anwendung zu vereinfachen.

Oho, Doktor Peter, da bin ich aber gespannt! Verraten Sie uns noch ein paar Ihrer Geheimnisse!

Nun gut, eine zentrale Frage jedes Humanprojektes ist natürlich das Gehirn. Wir sind der Meinung, dass ein dezentrales Gehirn unbestreitbare Vorteile bringt. Wir arbeiten daher an einem Knochenbau, der die Anlagerung der Hirnzellen unmittelbar beim Knochenmark zulässt. Die Hirnzellen werden auf diese Weise im ganzen Skelett verteilt. Die gegenwärtige Hirnmasse weist ein Volumen auf, welches dies problemlos zulässt.

Welches sind denn die Vorteile, von denen Sie sprechen?

Die unmittelbaren Vorteile bestehen darin, dass die sensitive Wahrnehmung und die körperliche Steuerung schneller erfolgen, da das Gehirn im ganzen Körper verteilt ist und quasi vor Ort arbeitet. Die Transmittion und damit Wahrnehmung und Reaktion ist schneller, und es treten weniger Übertragungs-Störungen auf. Salopp ausgedrückt lernt beispielweise der kleine Zeh selber denken, ha ha! Eine revolutionäre Wende versprechen sich aber auch unsere Spezialisten aus der Philosophie. Sie glauben, dass die Zerrissenheit des Menschen, der Körper und Geist leider nicht als Einheit erleben darf, vermindert wird oder sogar verschwindet. Der menschliche Geist - der doch stark mit dem Gehirn verbunden ist - sitzt ja nicht mehr nur im Kopf und schaut sozusagen auf den Körper herab, sondern verschmilzt mit dem Körper, was in der Zukunft ein freudiges, kräftiges Ja des Menschen zu sich selber möglich machen wird. Vor allen andern Professor Kneblig als Nietzsche-Spezialist ist diesbezüglich geradezu euphorisch gestimmt.

Fragen über Fragen! Aber, äh, was geschieht denn in Zukunft mit dem Kopf?

Als traditionelles Erkennungsmerkmal bleibt er selbstverständlich auf dem Hals sitzen. Die Hirnschale aber bleibt leer. Wir glauben, dass damit wertvoller Platz für die Zukunft gewonnen ist. Für alle traditonellen, dem alten Plan der Natur nach gebauten Menschen von heute werden wir übrigens ein Verfahren anbieten, welches das Hirn in den Körper herunterspült, was allen den Anschluss an die neue Zeit ermöglicht.

Brilliant, Herr Professor, herzliche Gratulation! So kann ich nur noch...

...etwas möchte ich noch anfügen, weil es mir sehr wichtig scheint. Wir stehen kurz davor, ein sehr altes Problem der Existenz zu lösen, das darin besteht, dass der Mensch erst durch eine oftmals erschöpfende Anstrengung produktiv und damit nützlich werden kann.
Der zukünftige Mensch nun wird von Geburt an produktiv und nützlich sein, da sein Rotz zukünftig eine wertvolle Substanz enthält. Der Rotz eines jeden Menschen wird zu einem hochwertigen Werkstoff verdichtet werden können, der sich vorzüglich für die Herstellung von Schrauben jeder Grössenordnung eignet!

...ach ja? ...sehr interessant... also dann... ich bin beeindruckt! Besten Dank für dieses Gespräch, Doktor Peter! Und Ihnen, liebe Daheimgebliebene, wünsche ich einen ungestörten Schlaf. Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, gute Nacht!

www.dersaumagen.ch

 

Keine Links in Geschichte. Ich hab natürlich trotzdem draufgeklickt :Pfeif: Isn Deadlink.

Hi AufderMaur,und herzlich Willkommen auf kg.de :)

Also, wo ist da denn die Satire? MMn handelt es sich lediglich um ein Interview. Zwar sind einige Sachen amüsant, z.B.

Nun, die Frage "wieviele Beine braucht der Mensch zum Leben" haben wir dahingehend beantwortet, dass zwei vorläufig genügen sollen. Ich bitte um Verständnis, wenn ich nicht allzu detailliert werde.
, aber in SciFi kämen sie besser zur Geltung, weil man hier zu sehr so etwas erwartet. Find ich jetzt. Aber ich hab keine Ahnung ;)

Bruder Tserk

 

Hmmmmmmmm.


Meines Erachtens führen die einzelnen Linien der Story nicht bis zum Ziel, was sich am Ende im Fehlen einer Pointe beschlusspunktet. Außerdem ist das Interview zu sehr Vehikel und in seiner Konformität nicht echt - bloße Form zum Transport der Ideen. (Der Interviewer z.B. trägt gar nichts bei).

Indes, Idee sind schon da, aber sie bündeln sich nirgends zu einer Aussage. Es bleibt beim Nett-zu-lesen-aber-am-Ende-is-nix-Gefühl.

Das Thema genetische Transformation ist bei Lem übrigens schön behandelt, siehe Sterntagebücher.

 

Danke für die Rückmeldungen! Allerdings: ich bin nicht einsichtig!
1. Lediglich ein Interview: klar kann ein Interview Satire sein - es kommt auf den Inhalt an. Und die Frage, ob der Mensch einen Mund braucht zum Sprechen oder vier Beine zum Leben wird ja nicht in Wissenschaftsmagazinen diskutiert.
(Deadlink: der Editor hat hmtl nicht gefressen)
2. Der Interviewer hat ein Profil: er ist der Typ staunender Laie, der eine Berühmtheit interviewen darf, und entsprechend nicht besonders intelligent wirkt. Das ist echt - schalt mal den Fernseher ein. Auch dass es keine Linie gibt wie in einer Erzählung - Klimax und Showdown - ist doch realistisch beim Interviewen.
Lem ist nicht mein Geschmack, habe nur ein paar Dutzend Seiten davon gelesen, aber sicher geht es ihm um mehr und seine Auseinandersetzung mit dem Thema ist viel tiefer. Das Interview will amüsieren und übertreiben, aber nur Nonsens ist es in meinem Empfinden dann doch nicht. Zusammenfassend gibt es ja eine Firma, die an 'der besseren Zukunft für alle arbeitet', wobei natürlich der Investor bestimmt, wie die aussehen muss. Für diese Zukunft muss vor allem ein neuer Mensch her, und dass das Ganze am Schluss auch rentieren soll, ergibt sich aus der Konstellation. Gewerkelt wird dann ausschliesslich an der Funktionalität - schneller, schöner, besser. Als Werkstoff wird der neue Mensch am Ende schon mal brauchbar sein, auch wenn bei einzelnen Individuen sonst alles fehlschlagen sollte.
Das ist doch was, oder? Trotz allen Lachern steht das auch im Script.
Was haltet ihr davon?
Gruss
AdM

 

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