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Nebelschwadenbilder

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14.01.2004
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Nebelschwadenbilder

Nebelschwadenbilder
(März 2003)


Stille ist in der Luft. Eine tiefe, schon fast unwirkliche Stille liegt über dem See wie er sich gibt an diesem Herbstmorgen. In tiefe, dichte Nebelschleier eingehüllt. Den Wald, weit hinter dem See, kann man nur ahnen. Verborgen im Dunst und geräuschlos -einfach lebend. Und doch erfüllt ein Laut die Luft, durchbricht die Stille, lässt das Wild und den jungen Mann am Ufer aufschrecken. Wie beruhigend mag ein Geräusch in der Wildnis sein, für den der danach sucht? Für den Fremden, den Wanderer im dunklen Wald, im Nebel des Morgengrauens? Während der junge Mann angespannt in die Stille lauscht um die Geräusche erkennen und wie es seine Art ist auch zuordnen zu können, durchzieht eine leichte Brise das Nebelgewand vor seinen Augen und bietet einen kurzen Blick auf die sich im Wind leicht tänzelnden Baumwipfel am anderen Ufer. Der Kälteschauer der ihn durchfährt lässt ihn frösteln und er schlägt den Kragen seiner alten Kordjacke nach oben während er sich fragt, ob nur die Kälte ihn zum Zittern bringt. Weiter lauscht er in die Stille um vielleicht noch mal der Geräusche gewahr zu werden die ihn aus seinen Gedanken gerissen haben. Ein Schuss zuerst, klar und rein, unzweifelhaft, wie so oft vernommen in der Nacht, in dieser Zeit. Scharf und laut zuerst, dann das dröhnen, der Widerhall an den Felsen am anderen Ufer weit hinter den Wäldern. Und dann die vertrauten Stimmen, so deutlich wie nie. „Na also, das Warten hat sich doch gelohnt! Hab` ich es nicht gleich gesagt?“, dröhnt die Stimme in der Nacht, während der Nebel, vom Wind getrieben in Schleiern vor seinem Auge vorbeizieht. „Was für ein Bursche“, wispert die andere, die eines älteren Mannes in der Morgenluft. Zwischen dem aufgeregten Stimmen vieler Männer dringt nun das euphorische Getue der Hunde zu ihm hinüber. Ein Bellen und Winseln, erregtes hin- und herlaufen, ermunternde Wort ihrer Besitzer. „Hast es allen gezeigt, mein Junge“ , brummt eine rauchige Stimme vom anderen Ufer hinüber. Schließlich sorgt die Stimme eines Mannes für Ruhe, der nach einem Jagdmesser verlangt, weil er wohl kein eigenes Besitzt. Die Aufregung schlägt um in eine gespenstische Ruhe, die anhält, bis ein lautes Knacken erneut die Stille durchbricht. Hiernach ertönen plötzlich wieder die Stimmen der Männer, jedoch so ganz anders als vorher. Hektische Betriebsamkeit überfällt die Männer und die Geräusche, über den See getragen, klingen wie Musik in den Ohren des jungen Mannes. Kanus die über Steine geschoben, geräuschvoll ans Ufer gezogen werden, Stahl der auf Feuersteine stößt, das vertraute Geräusch von entzündendem, trockenem Reisig und schließlich… sieht er verschwommen durch den Schleier der Natur das Flackern der ersten Flammen bevor das Feuer klar und hell seine Ankunft verkündet. Gespannt lauscht der junge Mann den Geräuschen, die an diesem morgen wie eine Melodie über den See getragen werden. Verschwommen zuerst, dann immer klarer werdend erkennt er erste Gestalten am anderen Ufer. Es sind nur Männer, die da ihrem Geschäft nachgehen. Große, dunkle Gestalten, die allesamt emsig beschäftigt sind. Es spricht Routine aus ihrem Tun, denn jeder Handgriff sitzt, wie viele Male getan. Es bedarf keiner Kommandos, es wird nichts diskutiert. Die Männer arbeiten schnell, mit einer gewissen Eleganz, zudem höchst motiviert. Es wird gelacht, gescherzt. Der junge Mann versteht nur wenig von den Worten, denn man Unterhält sich jetzt ruhig. Lediglich das Lachen der Männer, die Geräusche der Werkzeuge, des Arbeitens und die Laute der Hunde sind klar vernehmbar. Einer der Männer hockt gebückt am Feuer und stochert mit irgendetwas darin herum, so dass Funken sprühen. In ihrem Regen wird eine gewaltige Kaffeekanne sichtbar. Der junge Mann scheint verwirrt. Immer klarer wird das Bild von den Männern am Waldrand, der Geruch des Feuers und des auf den Flammen langsam köchelnden Kaffees dringt zu ihm, der Nebelschleier scheint sich zu lösen und allmählich lassen sich die Gesichter der Männer voneinander unterscheiden, die Geräusche des Windes, der die Wipfel der riesigen Fichten zum Singen bringt ertönt jetzt nicht mehr aus der Ferne, sondern scheinbar von ganz nah, direkt über seinem Kopf. Ihm ist als hätte jemand den Vorhang einer Theaterbühne aufgezogen und die bisher dahinter verborgenen Akteure, die er nur gehört, kämen jetzt zum Vorschein. Doch eben in diesem Moment überkommt ihn ein Gefühl der Vertrautheit, so als hätte er eben diese Szene schon einmal auf einem Bild gesehen oder in einem sehr gut erzähltem Roman gelesen. „Wie kann das sein“, fragt er sich, doch ein klarer Gedanke ist jetzt nicht möglich. Als hätte sich der Nebel, der eben noch über dem See lag und alles Sichtbare unter sich vergrub in seinem Kopf schlafen gelegt. Eben noch versucht er sich angestrengt zu besinnen, als sich plötzlich das schon fast rituelle Tun der Gestalten am anderen Ufer zu verändern beginnt. Es tut sich etwas dort und der junge Mann ist viel zu fasziniert von dem was er sieht um sich noch weiterhin Gedanken darüber zu machen. Der Film läuft, wen interessiert es noch wer ihn gemacht hat, wer das Drehbuch schrieb und wer die Regie führt? Aus der Gruppe der Männer tritt einer heraus und zerrt einen kleinen Jungen hinter sich her, der sich unsicher zu wehren versucht und dabei mit angstverzerrtem Gesicht nach den anderen Männern sieht. Er ist nun im Mittelpunkt des Geschehens, alle sehen den Jungen an, der von dem Mann, der vermutlich sein Vater ist auf einen erhöhten Punkt am Waldesrand gezogen wird. Der Mann, der sein Vater sein könnte scheint sehr erbost und zieht und zerrt den Jungen unentwegt auf den Punkt zu, zu dem jetzt alle Männer blicken. Der kleine Junge scheint am ganzen Körper zu zittern, er weint und schreit und versucht weiterhin unentwegt sich gegen die starke Hand des Mannes zu wehren. Diesem steht nun die Wut ins Gesicht geschrieben und er erhebt drohend seine Hand gegen den Jungen, hält kurz inne, der Junge duckt sich aus Angst vor des Mannes Hand zitternd und einen Augenblick lang stehen sie sich Auge in Auge gegenüber. Der Junge ist nicht in der Lage den Blicken des Mannes standzuhalten, dicke Tränen kullern geübt aus seinen Augen, während die anderen Männer betreten zur Seite schauen. Die Augen des Mannes funkeln vor Zorn und die ruckartige Bewegung seines Armes lässt nichts gutes verheißen. Er kämpft mit sich selbst und mit jeder vergossenen Träne des Jungen, mit jedem elendigem Schluchzen steigt mehr die Wut in ihm hoch und lässt seinen starken, von grüner Baumwolle umspannten Oberarm weiter vibrieren. „Lass gut sein, er braucht noch etwas Zeit“, sagt einer der Männer, begleitet vom Grummeln der anderen, die auch die Stille nicht mehr ausgehalten haben und erleichtert sind, dass einer sie nun durchbrochen hat. Der Mann blickt wütend zurück, dann von einem zum anderem, dann mit hasserfülltem Gesicht zu dem Jungen herab, der nun zusammengekauert im taufeuchtem Gras liegt. Zu dem Ausdruck von Hass in seinem hohlwangigem Gesicht mischt sich nun noch etwas dass sehr nach Enttäuschung aussieht. Er wird scheinbar ruhiger. „Deine Mutter“, knurrt er ihn an, schweigt dann aber. Es gibt nichts mehr zu sagen. Die Männer haben verstanden, der Junge hat verstanden und schluchzt jetzt noch Erbärmlicher. „Mein Sohn…“, keucht der Mann nun mit einer übernatürlich hohen, sich überschlagenden Stimme aus der all sein Hass und seine Enttäuschung spricht. Auch diesen Satz spricht er nicht zu Ende. Alle Männer schauen nun betreten zu Boden, keiner wagt es auch nur einen Laut von sich zu geben. Zu betroffen sind alle von diesem Bild. Auch der junge Mann am anderen Ufer ist fassungslos. Ihn fröstelt und jetzt weiß er endlich, dass es nicht nur die Kälte ist und dass er dieses Bild nicht nur schon einmal gesehen hat. Doch es bleibt ihm keine Zeit dass Gesehene mit seinen Gedanken in Einklang zu bringen, denn schon sind wieder Stimmen am anderen Ufer zu hören, ist wieder Bewegung in das Bild gekommen. Dem jungen Mann stockt der Atem bei dem was nun mit ansehen muss. Der Vater des Jungen, spuckt lautstark auf die Erde neben seinem Sohn aus, greift dann scheinbar ruhig in seinen Gürtel, blickt noch einmal, jetzt voller Abscheu auf seinen Sohn herab, zieht ein großes, blitzendes Jagdmesser aus dem Gürtel und wirft es vor das zurückweichende Kind in das knöchelhohe Gras. „Nimm es!“, fordert er drohend. Keiner von den Männern wagt es dazwischen zu gehen, niemand rührt sich, niemand greift ein und hält den nun mit einem irren Blick starrenden Mann von seinem Tun ab. Zu gebannt steht der junge Mann am Ufer um selbst eingreifen zu können. Etwas lähmt ihn, hält ihn zurück, laut zu rufen, er soll ihn in Ruhe lassen. Stattdessen steht er mit geballten Fäusten, außer sich vor Erregung dort und sieht zu, sieht was er schon viele Male gesehen ohne es jetzt bewusst zu erkennen, denn seine Gedanken sind ganz und gar auf die Gegenwart fixiert und verschließen sich davor, zu Erkennen, dass das was er sieht ein Teil von ihm selbst ist.
Durch die Reihen der betroffen wirkenden, grobschlächtigen Männern mit ihren Leder- und Kattunhosen und ihren groben Baumwollhemden, sieht er den kleinen Jungen, mit verzerrtem Gesicht auf dem Boden kauernd, sich die letzten schweren Tränen aus dem Gesicht wischend, wie er ein letztes mal hilfesuchend durch die vor seinem Blick zurückweichenden Männer blickt um dann mit junger, zittriger Hand nach dem Messer zu greifen. Langsam, noch immer zögernd umschließt seine noch kleine Faust das große Messer mit dem Hirschhorngriff. Er hat sichtlich mühe damit, dass schwere Werkzeug, welches wie er weiß auch schon als Waffe eingesetzt wurde, mit fester Hand zu umklammern. So wie es ihm immer gezeigt wurde. Hart und fest der Griff um den Schaft, mit angewinkeltem Daumen, damit die Klinge auch tief und kraftvoll eindringt. Die Klinge, welche vorher aus dem stets geöltem Heft herausgezogen und überprüft wird. Etwas in ihm wird ihm sagen, dass er es tun muss, denn von Angst ist plötzlich nichts mehr auf seinem jungen Gesicht zu sehen. Die Tränen haben dunkle Streifen unter seinen Augen hinterlassen, Streifen, die in ein so junges Gesicht eigentlich nicht passen. Er mag an die Dinge denken, die ihm wirklich etwas bedeuten. An die Stunden mit seiner Mutter, die Gespräche und die vielen Fragen die sie immer beantworten kann, über die vielen Dinge die er immer wissen mag. Und an ihre Geschichten, die ihn weit forttragen aus dieser Welt in der er sich nur in Mutters Küche geborgen fühlt, an die Nächte, in den ihn die Bücher aus der alten Schulbücherei in eine andere Welt locken. In der er tun kann was er möchte, in der so sein kann wie er möchte. In der er sogar manchmal der große Held ist, der all jene Dinge tut, die sein Vater von ihm erwartet und mit der er ihr und den anderen Kindern beweisen kann, was er für ein Kerl ist. Damit sie ihn endlich akzeptieren. Aber, vielleicht denkt er auch jetzt an nichts anderes als an seine Aufgabe. Die, die ihm auferlegt wurde, für die er trainiert wurde. Weil es nun mal der Tradition entspricht und weil alle Väter wollen dass ihre Söhne in ihre Fußstapfen treten. Und wenn sich auch alles in ihm davor sträubt so zu werden, wenn er nun mal einfach nicht dazu in der Lage ist es zu tun, er wird es nun tun. Es steht ihm ins Gesicht geschrieben. Mag es ihm auch etwas bedeuten, seinem Vater zu gefallen und ihm etwas zu beweisen, oder für sie, deren Vater auch zu denen gehört die ihn nun aufzumuntern versuchen, er wird es tun. Widerstrebend zwar, aber schnell und gut, so wie er es gelernt hat. So wie sie es erwarten. Was auch immer ihn treiben mag, auf einmal ist sein Griff hart und fest, das Messer wiegt schwer in seiner Hand, doch er merkt es nicht. Erst noch taumelnd, leicht noch zitternd steht er auf, rückt mit dem Messer in der Hand mit den Handballen seine Mütze zurecht, wischt sich noch einmal mit dem Ärmel der ausgefransten Jacke die nun trockenen, rötlichen Augen und schreitet langsam an der Reihe der Männer vorbei, die nun anerkennende Worte murmeln. Wie aus alter Gewohnheit besieht er sich, während er auf die Stelle zugeht das Messer, prüft mit dem Daumen der rechten Hand die Klinge, wischt sie an der linken Schulter ab, obwohl sie nicht Schmutzig ist und geht dann, endlich nach scheinbar unendlicher Zeit vor dem zitterndem, sterbendem Tier zu Boden. Niemand braucht es mehr festzuhalten. Es scheint so, als sei aller Lebenswille aus seinem Körper entwichen. Dort wo die Kugel das Tier getroffen hat sickert stoßhaft dunkelrotes Blut hervor und durchtränkt das herrliche, braune, mit weißen Flecken gesprenkelte Fell und den im Dämmerlicht sichtbar werdenden Waldboden. Eben noch lag der Junge auf dem Gras am Ufer des Sees. Das Reh wollte nur dorthin, von wo er sich hinfortwünschte. Zum Wasser, zum Gras… Ob er wohl daran denken kann, jetzt? Eigentlich sind sie sich gleich. Gefangen in einem Albtraum, aus dem sie nicht mehr heraus können, auch wenn sie es sich noch so sehr wünschen. Beide gescheitert bei dem Versuch nur das allernötigste für sich zu gewinnen. Wasser und Gras, Liebe und Wärme. Und beide sind noch so Jung. Doch gleich wohl der Junge in diesem Moment daran denken mag oder nicht… ein blitzen verrät sein tun, das junge Reh hebt noch einmal, so als wüsste es seinen Kopf und schaut ihn aus großen, braunen, flehenden und vielleicht sogar verständnisvollen Augen an, er hält die Spitze des Messers an einen der weißen Flecke etwas weiter unterhalb der Vorderläufe, lehnt mit einem Ausdruck des Schmerzes im Gesicht sein ganzes Gewicht auf das Werkzeug, dass jetzt zur Waffe wird und stößt das Messer bis zum Heft in den nun noch einmal zuckenden Körper. Das Blut des toten Tieres quillt aus der Wunde, färbt das Fell, den Schaft des Messers, die Hände des Jungen und seine Jacke langsam ein. Ein erleichtertes Freudengeheul und die überschlagende Stimme des Vaters beschallen das ganze Ufer. Einige Männer gehen an dem noch immer auf dem Boden knienden Jungen vorbei und drücken ihre Anerkennung durch feste Schläge auf seine Schulter aus, eine Schnapsflasche wird herumgereicht. Alle nehmen einen Schluck und hören verständnisvoll dem Vater des Jungen zu, der immer wieder überschwänglich von „seinem Jungen“ redet, um den sich nun niemand mehr kümmert. Erst nach einiger Zeit humpelt der älteste der Männer auf den Jungen zu und besieht sich das Kind, dass noch immer beider Hände fest um den Schaft des Messers geballt hält, welches im Körper der Beute steckt. „Zieh` es raus, mein Junge“, sagt er roh. Zögern, der Junge sieht nicht auf, blickt nur wie versteinert auf das leblose Tier am Boden in dessen Herz sein Messer steckt, welches er in der Hand hält. „Kannst ja nicht den ganzen Tag hier sitzen bleiben! Komm, wir müssen es abziehen, bevor es steif wird.“ Der Junge scheint ihn verstanden zu haben. Er richtet sich leicht auf, drückt mit der linken Fest auf die Stelle neben der Wunde, fühlt den letzten Rest des warmen Blutes über seine Finger quillen und zieht mit einem Ruck das große, alte Messer aus dem Kadaver. Er sagt kein Wort, wendet sich zum See, klettert eine Böschung hinab zum steinigem Ufer, sucht taumelnd einen geeigneten Platz, setzt sich auf einen großen, vom Wasser glatt geschliffenen Stein und besieht sich das blutrote Messer. Der Alte sieht ihm noch einmal mit einem Kopfschütteln nach, dann hinüber zu den Männern und wendet sich dann der Arbeit zu. Der Junge findet nun keine Beachtung mehr. Die Männer trinken und schwatzen am Lagerfeuer, einer hilft nun dem alten Mann, das Reh an einem hohen Ast aufzuhängen und die Beiden beginnen mit geübten Handbewegungen, das Tier aus der Decke zu schlagen. Der junge Mann beobachtet, wie gut sie ihr Handwerk verstehen, mit welcher Präzision sie ihre Schnitte an Fesseln und Hals ansetzen. Dann sucht er mit seinen Augen wieder den Jungen, der noch immer auf dem Felsen am See sitzt und auf das Messer starrt. Seine Augen wandern über seine Hand, auf der das Blut zu trocknen beginnt und zu den Ärmeln seiner Jacke, welche dunkelrot verfärbt sind. In wilder Hast, fast panisch, beginnt er zuerst das Messer, dann den Ärmel seiner Jacke und die Hand mit dem eiskaltem Wasser des Sees zu wischen. Der junge Mann sieht, wie der Junge immer schneller versucht, die getrocknete Erinnerung von sich zu wischen bis… der Junge plötzlich innehält, einen Augenblick lang Rechts, dann links und schließlich hinter sich blickt und dann seinen Blick über den See schweifen lässt, bis seine Augen scheinbar die des jungen Mannes erblicken, der jetzt wie gebannt, mit hochgeschlagenem Kragen am Ufer steht und wie erstarrt den Blick des Jungen erwidert. Als wäre der Junge direkt vor ihm, erkennt er genau jedes Detail, jeden Zug seines Gesichts.. Er sieht in die Augen eines viel zu alten, seltsam entstellten zwölfjährigen Jungen, den er kennt, obwohl er ihn nie gesehen hat, in dessen Zügen sich Dinge abspielen, die ein Junge in diesem Alter nicht sehen, nicht erleben sollte.
Die Stimme, welche die Stille sanft durchbricht lässt ihn bewusst werden dass er in dem großen Bett liegt, die Augen geöffnet, einer Art Halbschlaf. Ungewöhnlich und doch vertraut die Stimmung, die Szenerie in welcher er sich wieder findet nachdem ihm im Traum so vieles offenbart wurde. Ein Satz nur… doch jedes Wort scheint in der Luft stehengeblieben zu sein und klingt noch nach mit Gedanken vertaner Zeit so lange wie eine bekannte Melodie. „Ich habe geträumt dass…“ Stille. Halb ausgesprochene Erklärung auf eine Frage, welche nie gestellt zu sein scheint. Bilder in Nebelschwaden, verschwommen, skurril anmutend an einem See im Wald, doch um so unwahrscheinlicher im Schlafzimmer. Zeit vergeht, schwimmt dahin ohne Tun ohne Erklärung, scheinbar endlos im Nebel von Erinnerungen und Eindrücken, gar Gerüchen und Gefühlen derer er sich nicht zu Wehren gestatten kann. Aus dem Nichts heraus der vertraute Körper, Mensch ganz und gar, liebkosend, zärtlich tastend, Wärme und Vertrauen spendend. Sie schmiegt sich ganz dicht an ihn lässt für einen scheinbar endlosen Augenblick alles vergessen, bedeckt mit warmen Küssen die von Angst und Sorge geweiteten Augen und die von Erkenntnissen geprägte Stirn. Er lässt es reglos geschehen im Bewusstsein dessen dass es Vergänglich ist und mit der Angst vor dem Ende dass kommen mag. „Erzähl mir von Deinem Traum…!“ Traum…Traum…die Angst kommt von unten herauf und legt sich über den ganzen Körper. Panik fixiert sich auf nur einen Punkt. Ein Zug fährt unaufhaltsam an einem wunderschönen Ort vorbei und Du stehst am Fenster und hast nicht die Macht die Fahrt zu beenden um an diesem Ort zu verweilen. Er wird sich seiner Situation bewusst und erkennt auch den Ort an dem er sich befindet und kämpft mit aller Macht gegen den nebulösen Dämmerzustand an der ihn umfängt. Er sieht die Stuckdecke, verschwommen auch die vertrauten Gegenstände, die Möbel, ein Blick aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit der noch vorherrschenden Nacht und die alte Tür am Fußende seiner Schlafstätte auf der er sich selbst liegend manchmal sehen kann, hier und jetzt, hilflos in dem alten Haus und doch weit, weit weg in einer anderen Welt aus der auszubrechen er auch mit Gewalt nicht in Lage ist. Nur noch raus, hinein in die Wirklichkeit um sich wachen Auges über alles im Klaren zu werden und einen neuen Tag zu beginnen. Aber schon holen ihn die vertrauten Worte wieder in die Welt zurück in der es längst keine Grenze mehr gibt zwischen Traum und Wirklichkeit. Eine Frage wurde gestellt und einzig sie ist es Wert eine Antwort zu erhalten, wenn es denn eine verlässliche geben würde.
Kein Wort mehr durchdringt die Stille. Kein Geruch erfüllt den Raum und keine Spur zeugt mehr von ihr. Allein in dem großen Bett, ungewohnt, beklemmend. Kaum erkennbar die Details die hier an diesem Ort bisher unbekannte Geschichten erzählen könnten. Dem jungen Mann ist im Bewusstsein seiner Situation zum lachen zumute. Er möchte laut schreien. „Komm zurück, ich erzähle Dir von meinem Traum!“… aber auch Reden kann er nicht. Keine Details, keine Worte. Er weiß dass er hilflos schlafend, real existierend auf seinem Bett liegt und versucht doch diese Welt des Traums zu erforschen in welcher er in einem fremden Bett nach Antworten sucht und Antworten geben mag. Unsicher steht er auf und wandelt langsam durch den Raum in dem außer dem Bett nichts zu sehen ist. Der Boden, die Wände und die Decke scheinen nur aus einem unruhigem Nebel zu bestehen, ein weißes Nichts. „Ich weiß zu wenig…“ mag er denken, denn ihm wird nun bewusst dass das Weiß all jenes Darstellt was er zu sehen bisher nicht bereit war. So durchdringt er wage tastend mehrere Räume voll von Unwissenheit, beschämt ob der verdrängten oder nie hinterfragten Oberfläche einer Welt die zu Kennen er vorgab.
… links durch eine verschlossene Tür die sich jedoch leicht und geräuschlos öffnen lässt und sein Blick bleibt an der ihm gegenüberliegenden Zimmerecke hängen in welcher achtlos angelehnt ein sichtlich von den Jahren, von Feuchtigkeit und Gebrauch mitgenommenes Gewehr lehnt. Daneben ein schmutziges Bündel, ein in Tücher eingewickelter Gegenstand. Langsam tastend, in Erwartung dessen, dass sich die ungewünschten Erkenntnisse aus dem Traum im Traum gewonnen bestätigen könnten, ergreift er das Bündel und wickelt langsam, mit zitternden Knien und Lippen das große, schwere Messer aus, welches er noch vor wenigen Stunden in den Händen eines kleinen Jungen sah`, den er wie er jetzt weiß schon zu kennen glaubt so lange er lebt.
Ein letztes Mal versucht sich die vermeintliche Realität in diese spannende, aber auch schmerzhafte Welt der Erkenntnisse hinein zu pressen, versucht den bestehenden Raum auszufüllen und findet in dem jungen Mann ein mittlerweile gefügiges Opfer. Er kämpft nicht mehr an gegen den Traum und auch nicht gegen die Wirklichkeit. Gleichgültig lässt er sich treiben und erwacht befangen vom Tanz der Gefühle, verwirrt durch eine Flut von Eindrücken in seinem eigenem Bett, weit weg von der Vergangenheit von der er nicht einmal genug wusste um die Wände zu schmücken. „Wenn Du jetzt hier wärst…!“ denkt er und umschlingt die unbenutzte Decke, vergräbt sein Gesicht für einen Augenblick darin. „Ich könnte Dir so manche Geschichte erzählen…!“
„Lass mich das Tun, Vater!“
„Du musst das nicht. Ich möchte es lieber selbst erledigen!“
„Aber ich möchte es gern. Ich bin alt genug!“
„Du wirst noch früh` genug dazu kommen!“
Der junge Mann steht auf, kleidet sich an und verläßt das Zimmer um seiner Verantwortung nachzugehen. „Alles könnte so einfach sein“, denkt er. „Gäbe es ein Messer und einen See… ich könnte es einfach hinein werfen und mit der Erinnerung daran die Wände schmücken!“

 

Hallo picksieben,

zuerst einmal herzlich Willkommen hier :) Es ist ein Jammer, dass diese wunderschöne Geschichte noch niemand gelesen hat. Aber hierfür gibt es eine Erklärung: Du machst es dem Leser durch fehlende Absätze und viele Fehler und Holprigkeiten sehr schwer, Deiner Geschichte zu folgen. Eine Gliederung und Ausbesserung der Fehler lohnt sich in dem Fall wirklich, denn die Geschichte ist es wert.

Ein paar Fehler liste ich Dir hier einfach mal auf, in erster Linie was die Kommasetzung angeht:

Eine tiefe, schon fast unwirkliche Stille liegt über dem See wie er sich gibt an diesem Herbstmorgen.
Eine tiefe, schon fast unwirkliche Stille liegt über dem See, wie er sich gibt an diesem Herbstmorgen.
Während der junge Mann angespannt in die Stille lauscht um die Geräusche erkennen und wie es seine Art ist auch zuordnen zu können, durchzieht eine leichte Brise das Nebelgewand vor seinen Augen und bietet einen kurzen Blick auf die sich im Wind leicht tänzelnden Baumwipfel am anderen Ufer.
Während der junge Mann angespannt in die Stille lauscht, um die Geräusche erkennen und, wie es seine Art ist, auch zuordnen zu können, durchzieht eine leichte Brise das Nebelgewand vor seinen Augen und bietet einen kurzen Blick auf die im Wind leicht tänzelnden Baumwipfel am anderen Ufer.
Weiter lauscht er in die Stille um vielleicht noch mal der Geräusche gewahr zu werden die ihn aus seinen Gedanken gerissen haben
Weiter lauscht er in die Stille, um vielleicht noch mal der Geräusche gewahr zu werden, die ihn aus seinen Gedanken gerissen haben
Scharf und laut zuerst, dann das dröhnen,
Scharf und laut zuerst, dann das Dröhnen,
Zwischen dem aufgeregten Stimmen vieler Männer
Zwischen den aufgeregten Stimmen vieler Männer
Ein Bellen und Winseln, erregtes hin- und herlaufen, ermunternde Wort ihrer Besitzer.
Ein Bellen und Winseln, erregtes Hin- und Herlaufen, ermunternde Worte ihrer Besitzer.
weil er wohl kein eigenes Besitzt.
weil er wohl kein eigenes besitzt.
denn man Unterhält sich jetzt ruhig.
denn man unterhält sich jetzt ruhig
Zu dem Ausdruck von Hass in seinem hohlwangigem Gesicht mischt sich nun noch etwas dass sehr nach Enttäuschung aussieht.
Zu dem Ausdruck von Hass in seinem hohlwangigem Gesicht mischt sich nun noch etwas, dass sehr nach Enttäuschung aussieht.
und schluchzt jetzt noch Erbärmlicher
und schluchzt jetzt noch erbärmlicher

Dies sind die Fehler aus dem ersten Drittel der Geschichte - in bin sicher, die anderen findest Du beziehungsweise die Rechtschreibprüfung Deines Textverarbeitungsprogramms selber.

Nun zum Positiven: Du hast mich wirklich mitgenommen mit Deiner Geschichte und durch die ständig neu hinzukommenden Facetten (friedliche Seeatmosphäre - Jagdszene - Vater-Sohn-Konflikt - reales Leben) Spannung erzeugt. Dennoch würde ich insbesondere an diesen zentralen Stellen, an denen die Handlung einen neuen Aspekt bekommt, dringend einen Absatz setzen. Sprachlich beschreibst Du die unterschiedlichen Atmosphären sehr schön und stimmungsvoll. Die Figur des beobachtenden jungen Mannes setzt Du gelungen ein, um die Geschichte zu erzählen und den Leser aus seinen Augen das Geschehen mitverfolgen zu können. Hast Du mal darüber nachgedacht, die ganze Geschichte konsequent aus Sicht des jungen Mannes zu erzählen, also in Ich-Form? Das könnte den Effekt vielleicht noch verstärken.
Den Widerspruch zwischen dem Fremden und dem Gefühl des Mannes, all das bereits mal gesehen zu haben, deutetst Du gut an, ich habe sehr früh vermutet, dass das Kind und der junge Mann identisch sind. Mit dem Satz

denn seine Gedanken sind ganz und gar auf die Gegenwart fixiert und verschließen sich davor, zu Erkennen, dass das was er sieht ein Teil von ihm selbst ist.
erklärst Du fast schon zu viel.
Das Ende der Geschichte lässt mich allerdings dann doch ein wenig ratlos zurück. Erst liegt er mit einer Frau im Bett - dann wiederrum alleine, offenbar auch in einem anderer Umgebung. Gab es hier noch einen Zeitsprung? Der Dialog am Ende ist mir ebenfalls noch etwas unklar. Ist es ein Gespräch des jungen Mannes mit seinem Vater (somit ein Rückblick) oder ein Gespräch mit seinem eigenen Sohn und somit der Versuch, die Vergangenheit durch eigenes richtiges Verhalten zu ändern?

Vielleicht magst Du die Geschichte in Hinblick auf die vielen Fehler überarbeiten, sie kann dadurch nur noch mehr gewinnen. Und ich freue mich auf weitere Geschichten von Dir.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Juschi,

also erst einmal.. vielen Dank für die Mühe die Du Dir gemacht hast. Gerne werde ich versuchen die Geschichte nach Deinen Vorschläge zu überarbeiten... Ich habe die se nicht einmal nach möglichen Fehlern überprüft.. weil es mir etwas schwer fällt! Tatsächlich gebe ich mit dieser -wie auch mit anderen Geschichte- sehr viel von mir selbst... (wer tut das nicht?)Leider kann ich nicht behaupten, diese oder andere "Phasen" meines Lebens bereits abgeschlossen zu haben. Zur Erklärung: Der junge Mann bin ich selbst! Die Geschichte entstandt durch einen ähnlichen Traum den ich einige Tage zuvor hatte und beschreibt mein Verhältnis zu meinem Vater. Unausgereift ist sie vor allem weil ich bisher mit niemandem darüber geredet habe.. (weswegen ich mich über Deine Zitate besonders freue..) und weil es eigentlich ein Kapitel eines Romanes werden sollte. Alles was jetzt noch offen bleibt.. sollte in den kommenden Kapiteln erklärt werden. Diese habe ich aber nie geschrieben. Ich bedanke mich jedenfalls für Deine Stellungnahme.. !

Liebe Grüße aus dem Saarland

Andreas

 

Hallo nochmal picksieben,

Geschichten, zu denen man nicht die nötige Distanz hat, zu überarbeiten, ist schwierig, das geht mir genau so. Aber: zumindest die Rechtschreib- und Kommafehler sollten dringend raus, das hat Deine Geschichte nicht verdient so voller Fehler zu sein ;)
Und in Bezug auf den geplanten Roman kann ich mir gut vorstellen, dass die Geschichte genug Stoff bietet - und Du könntest die eine oder andere Frage, die mir jetzt leider immer noch bleibt, auflösen.

Liebe Grüße
Juschi

 

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