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Nebel
Gift für die Seele und den Verstand ist der Zweifel. Zweifel an sich selbst. Man versinkt in einen tiefen, dunklen Wald. In der einen Hand die Axt, in der Anderen ein Taschentuch. Schweiß perlt die Stirn hinab. Das Tuch wischt ihn ab. Jeder einzelne Baum gleicht einer Synapse meines Hirns. Ein leichter Windhauch streift die Wipfel meines Verstandes. Den nächsten Baum suche ich mir wahllos aus. Der, neben dem ich in diesem Augenblick stehe, scheint mir der richtige zu sein. Die Axt erhebt sich wie von Geisterhand, schnellt nach vorn, einmal, zweimal, immer öfter. Die Vernunft sagt nein, doch die Hand ist nicht mehr meine. Sie ist mir fremd geworden, hört sie doch nicht mehr auf mich. Und sie hackt immer noch unentwegt auf den nächsten Nervenstrang ein. Der Baum weint. Harz rinnt langsam hinab. Holzsplitter fliegen durch die Luft, erst ganz kleine, dann immer größere. Der Blick schweift umher, die Lücken im Wald scheinen sich zu ganzen Lichtungen auszubreiten, geschaffen durch meine mir fremde Hand.
Klock, Klock hallt es durch die Luft. Der Stamm gibt nach, er fällt. Ich sah nicht hin und nun ist es zu spät, kein entrinnen mehr. Springen wollte ich, doch der durchschlagene Hirnstrang lähmte die Beine. Kein Krachen, kein Knirschen, völlig geräuschlos wird mein Körper begraben. Ein letzter Hauch. Blauer Nebel steigt auf, mein Atem. Alles wird schwarz, nur der blaue Dunst ist noch zu erhaschen. Langsam und kraftlos streckt sich mein Arm empor, dem blauen Etwas entgegen. Mein Leben, dort schwebt es über mir. Es bewegt sich weg von mir, langsam aber unaufhaltsam.
Halten will ich es, aber hast du schon mal versucht, den Nebel einzufangen?