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Nasenbär
Gähnend schlug der Kleine Bär die Augen auf. Er kroch aus seiner Höhle und blinzelte in die Sonne, die ihn in der Nase kitzelte, so dass er ganz laut niesen musste.
Verschlafen setzte er sich auf die Wiese und schaute aus müden Augen in den Wald.
Im sanften Rot der Morgensonne entdeckte er gelbe und blaue Farbtupfer. Er rieb sich mit den Tatzen die Augen.
Waren die wirklich echt? Nach dem ewig langen Winterschlaf konnte der Kleine Bär es kaum glauben. So bunt und strahlend wie die Schlüsselblumen und Veilchen aus der Erde ragten, dachte er erst, dass er träumte.
Erst als er das zarte Grün der Bäume und Sträucher sah, wusste der Kleine Bär, dass endlich Frühling war.
Mit einem Grashalm im Mund legte sich der Kleine Bär auf den Rücken und freute sich über den Morgen mit seinen strahlend bunten Farben.
Langsam erwachten die anderen Bewohner des Waldes und es breitete sich ein wildes Durcheinander aus.
Verwundert hob der Kleine Bär seine Ohren und lauschte. Das wilde Durcheinander schien überall zu sein. Er konnte kräftiges Schnauben und Scharren hören.
Alle Tiere schienen laut zu rufen, schrill zu pfeifen oder anders Krach zu machen.
Was war denn heute nur los, fragte sich der Kleine Bär.
Hatte jemand Geburtstag oder war ein Fremder im Wald?
Neugierig stand der Kleine Bär auf und spazierte los. Es musste doch einen Grund für den ganzen Krach geben.
Das blasse Grün der neuen Blätter strahlte intensiv im letzten Grau des besiegten Winters. Zwischen den Blatttrieben leuchteten die Blüten der Haselsträucher im zarten Gold, blühten die Kirschbäume im blassen Weiß-rosa und zeigten sich die kuscheligweichen Kätzchen der Hängeweiden.
Bei jedem Veilchen, Gänseblümchen und Glockenblümchen, welches der Kleine Bär entdeckte, machte er einen Luftsprung und freute sich riesig über den Frühling.
Einmal blieb er unter einem Baum stehen und setzte sich in den Schatten.
Dabei schaute er hoch, in die Baumkrone und sah den Eichhörnchen beim Spielen zu.
Sie spielten Fangen und sprangen hintereinander durch die Zweige. Vorne sprang ein Mädchen mit dem Namen Schattenschwanz.
Sie segelte mit Hilfe ihres buschigen Schwanzes von einem Ast zum Nächsten. Hinter Schattenschwanz jagten die Jungen her, wobei jeder versuchte sie als Erster zu fangen. Es sah so aus, als wenn Schattenschwanz die Jungen verärgert hätte und diese versuchten sie zu fangen, um es ihr heimzuzahlen. Bei dem wilden Spiel schubsten sich die Jungen immer wieder gegenseitig, so dass einige fast herunterfielen.
Das wäre ein komisches Spiel, fand der Kleine Bär. Aber Fangen war noch nie sein Lieblingsspiel gewesen, deswegen kannte er sich da nicht so genau aus. Er hatte aber gedacht, dass Schubsen beim Fangen nicht erlaubt sei. Wäre ja auch ziemlich blöd, wenn man rennt und auf die Nase fällt, das tut ja weh.
„Guten Morgen, Schattenschwanz“, rief der Kleine Bär.
Das Eichhornmädchen stolperte verwundert und schaute sich um. Einer ihrer Verfolger sprang auf sie zu und packte sie beim Schwanz.
„Ich hab’ dich!“, rief er triumphierend.
„Stopp!“, rief Schattenschwanz energisch, „Ich war abgelenkt, das gilt nicht!“
„Gilt wohl!“, rief der Eichhörnchenjunge der Schattenschwanz gefangen hatte.
„Gilt gar nicht“, sagte Schattenschwanz, „Ich war abgelenkt. Ich muss doch den Kleinen Bären begrüßen.“
„Genau sie war abgelenkt, deswegen gilt das nicht“, unterstützten die anderen Jungen Schattenschwanz.
Maulend gab der Fänger nach und kletterte zurück zu den anderen Jungen.
„Guten Morgen Kleiner Bär“, begrüßte Schattenschwanz den Kleinen Bären.
„Warum jagen dich denn alle? Ist das ein neues Spiel, oder hast du die Jungs geärgert?“, fragte der Kleine Bär neugierig.
„Es ist Frühling!“, lachte Schattenschwanz, „die Jungs wollen alle, dass ich ihre Freundin bin.“
„Dann lass sie doch alle deine Freunde sein“, sagte der Kleine Bär verwundert.
„Dummerchen“, lachte Schattenschwanz, „Sie wollen ganz besondere Freunde sein, Freunde fürs Nest. Da passt nur einer rein und der soll der schnellste sein, deswegen spielen wir Fangen, um rauszukriegen wer der Schnellste ist.“
„Geht es weiter?“, wollte einer der Eichhörnchenjungen wissen.
„Ja, gleich!“, rief Schattenschwanz. „Machs gut Kleiner Bär! Kommt Jungs, das Spiel geht weiter.“
„Der Frühling ist verrückt und die Eichhörnchen sind genauso verrückt!“, sagte der Kleine Bär kopfschüttelnd.
Schon waren die Eichhörnchen in den Ästen der Bäume verschwunden.
Verwirrt stand der Kleine Bär auf.
Frühling und Nestfreunde, dachte der Kleine Bär. Waren alle Tiere auf der Suche nach Nestfreunden? Spielten sie alle Fangen, um Nestfreunde zu finden?
Vielleicht war deshalb so ein Krach im Wald und so ein Durcheinander. Lag das am Frühling, war etwas mit der Frühlingsluft nicht in Ordnung?
Der Kleine Bär schnupperte prüfend.
Er erkannte den zarten Duft der Frühlingsblumen, den Geruch von taunassen Fichtennadeln und den Duft von feuchter Erde.
Es gab nichts Ungewöhnliches zu riechen. Es roch wie ein ganz normaler Wald.
Grübelnd ging er weiter und kam an einem Feld vorbei, auf dem einige Hasen wild in die Luft sprangen und dabei mächtig viel Krach machten.
Sie sprangen aufeinander zu und schlugen sich mit den Vorderläufen die Wolle aus dem Fell. Die Hauerei schien schon eine ganze Zeit zu dauern, denn es lagen schon große Wollknäuel aus Winterfell auf dem Feld.
„Hey, Meister Lampe!“, sprach der Kleine Bär den Verlierer einer Rangelei an, „Warum haut ihr euch? Es ist doch schönes Wetter und es gibt genug frisches Grün für alle. Habt ihr Streit?“
„Ach“, seufzte der Hase, „Weißt du Kleiner Bär, wir haben beide dasselbe Mädchen lieb und deshalb wollen wir ihr beweisen, wer von uns der Stärkere ist.“
„Ihr haut euch wegen einem Mädchen? Ist das so eine Nestfreundgeschichte?“, fragte der Kleine Bär ungläubig.
„Ja es ist so eine Nestfreundgeschichte“, sagte der Hase etwas schüchtern, „Im Frühling möchte man mit einer Häsin über die Felder hoppeln und ein Nest bauen. Dafür haut man sich dann.“
„Das ist doch Blödsinn!“, sagte der Kleine Bär empört.
„Vielleicht“, gestand der Hase, „Aber mit einer Häsin über die Felder zu hoppeln macht mehr Spaß als alleine durch die Gegend zu hüpfen und ein Frühling ohne Nest ist langweilig.“
„Kann man mit Mädchen gut spielen?“, wollte der Kleine Bär wissen.
„Eigentlich nicht, sie futtern einem den Klee von der Wiese, wenn du weißt was ich meine?“
„Dann versteh ich das Ganze nicht.“
„Hmm, ich versteh es auch nicht so richtig“, gestand der Hase etwas verschämt, „Aber wenn man ein Mädchen lieb hat, dann ist das ein ganz eigenartiges Kribbeln in den Ohrenspitzen. Dafür zupft man sich auch die Wolle aus dem Fell.“
„Der Frühling ist verrückt und du Meister Lampe bist genauso verrückt!“, sagte der Kleine Bär kopfschüttelnd.
Verwirrt ging der Kleine Bär weiter und dachte über die verrückten Hasen nach. Warum schlugen sich die Hasen. Was war so toll an Mädchen, wenn man nicht mit ihnen spielen konnte?
Ob die Hasen krank waren und sich deshalb so merkwürdig verhielten?
Vielleicht waren sie nach dem langen Winter vom Sonnenschein lichtkrank geworden, dachte der Kleine Bär.
Ein lautes Krächzen unterbrach seine Gedanken über die Hasen.
„Hallo du mein Sonnenschein,
du bist so fein,
dass alle dich lieben;
Ich liebe dich,
vergiss mich nicht!
Du schönste aller Rosen,
halte deine Dornen
fern von meinem Herzen;
Ich liebe dich,
vergiss mich nicht!
...“
Der Krach kam von einer Amsel die in einer Astgabel saß.
„Warum machst du so einen Krach?“, fragte der Kleine Bär die Amsel und hielt sich empört die Tatzen vor die Ohren.
„Krach? Krach! Das ist ja, also das ist, ja wirklich, das ist, also ehrlich ...“, schnappte die Amsel beleidigt nach Luft.
„Das ist Krach, was du da machst“, sagte der Kleine Bär entschieden.
„Krach!“, sagte die Amsel beleidigt, „Du Kunstbanause hast ja keine Ahnung, was Musik ist!“
„Und warum machst du Musik?“, fragte der Kleine Bär neugierig.
„Für die Herzen der Damen“, sang die Amsel in hohen Tönen und mit stolzgeschwelltem Brustgefieder,
„Ich bin ein Gentleman
Und wenn meine Stimme erklingt,
ist meinem Mädchen mit einemmal
so schwach in den Knien ...“
Als der Kleine Bär das hörte, lachte er aus vollem Hals und mit bebendem Bauch.
„Was ist daran so lustig?“, wollte die Amsel geknickt wissen.
„Dein Krach klingt lustig“, erklärte der Kleine Bär, „Warum sollte ich nicht lachen?“
„Banause! Ich schmachte in Tragik und Drama für die Liebe und das Herz und du nennst meinen künstlerischen Schmerz Krach!“, regte sich die Amsel auf.
„Der Frühling ist verrückt und du liebe Amsel bist genauso verrückt!“, sagte der Kleine Bär kopfschüttelnd.
Ob die Amsel Magenschmerzen hatte, überlegte der Kleine Bär. Vielleicht hatte sie zuviel zum Frühstück gehabt und jetzt tat ihr der Bauch so doll weh, dass sie keinen klaren Gedanken mehr im Kopf hatte. Der Kleine Bär kannte so was, das passierte wenn man zuviel von einem Leckerbissen naschte.
Als er weiter durch den Wald ging hörte er zwei Stimmen aus dem Unterholz.
„Nun komm schon Schnuffel, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit“, sagte die eine Stimme, als sie näher kam.
Vor dem Kleinen Bären tapste die Dächsin aus dem Unterholz. Hinter ihr stolperte leise schimpfend Meister Grimbart durch das Gestrüpp. Meister Grimbart der Dachs war ihr Mann und hatte schlechte Laune.
„Hast du was gesagt, Schnuffel?“
„Nein, nein“, wehrte Meister Grimbart ab.
„Nun zieh nicht so ein Gesicht und beeil dich ein bisschen. Wir kommen noch zu spät zum Frühlingsball.“
„Guten Morgen Frau Grimbart. Guten Morgen Meister Grimbart“, unterbrach der Kleine Bär die Dächsin.
„Oh, schau nur wer da ist“, rief die Dächsin freudig überrascht, „Guten Morgen Kleiner Bär.“
„Morgen“, nuschelte ihr Mann der Dachs.
Seine Frau drehte sich zu ihm um und schüttelte verärgert ihren Kopf, „Meister Grimbart ist ein wenig verärgert weil er nicht zum Frühlingsball will, obwohl er es mir versprochen hat. Mach dir also nichts aus seiner schlechten Laune. Gehst du auch zum Ball?“, fragte sie den Kleinen Bären.
„Nein, ich bin doch kein Tanzbär!“, antwortete der, „Aber sag mal, weißt du was heute im Wald los ist? Die Eichhörnchen jagen alle dem Mädchen Schattenschwanz hinterher, die Hasen hauen sich und die Amsel singt komische Lieder von Rosen und Herzen.“
„Ach Herzchen“, schmunzelte die Dächsin, „Es ist Frühling und Liebe liegt in der Luft.“
„Liebe?“, der Kleine Bär zog beide Augenbrauen hoch.
„Liebe, das ist das Schlagen zweier Herzen, das Kribbeln im Bauch, die feuchte Nase. Liebe, das ist wie Fliegen“, schwärmte die Dächsin.
„Oder wie Bauchschmerzen“, warf Meister Grimbart ein.
„Ach du alter Grobian“, schimpfte seine Frau mit ihm.
„Wenn es doch wahr ist“, maulte Meister Grimbart.
Feuchte Nase und Bauchschmerzen, überlegte der Kleine Bär. Er fand, das klang mehr nach einer Frühjahrsgrippe.
„Ist so was ansteckend?“, fragte der Kleine Bär ängstlich.
„Ansteckend? Na hör mal“, sagte die Dächsin, „Liebe ist ein schönes Gefühl, über das man sich freut.“
Warum sollte man sich über eine Krankheit freuen, dachte der Kleine Bär. Das war doch Blödsinn.
„Der Frühling ist verrückt und ihr Dachse seid genauso verrückt!“, sagte der Kleine Bär kopfschüttelnd.
Schnell verschwand er zwischen den Bäumen.
Mädchen waren schon eigenartig, überlegte der Kleine Bär und der Frühling war eigenartig, weil alle Tiere eigenartig waren. Es war also eine ganze Menge höchst eigenartig heute Morgen.
Davon ließ er sich aber nicht die gute Laune vermiesen. Dafür freute er sich viel zu sehr über die bunten Blumen und ihren süßen Duft.
Der Kleine Bär schnüffelte an ihnen und fand, dass sie köstlich rochen. Es gab Blüten, die süß nach Honigtau dufteten und welche, die unbeschreiblich würzig waren.
Mit der Nase in der Luft hatte er die verrückten Tiere ganz vergessen. In Gedanken versunken, lief er zwischen den Bäumen entlang. Er genoss dabei die vielen verschiedenen Düfte, die ihm um die Nase wehten. Plötzlich entdeckte der Kleine Bär einen neuen Duft.
So etwas hatte er noch nie gerochen. Der Duft war einmalig gut, er roch ein bisschen wie Rosen im Morgentau, fand der Kleine Bär.
Aber Rosen blühten erst später im Jahr, also musste es etwas anderes sein. Dieser Geruch macht ihn ganz schwindelig.
Wie die Blume wohl aussah, die so gut roch?
Mit offenen Augen träumte der Kleine Bär, während er auf der Suche nach der gut riechenden Blume über die Wege stolperte.
Fröhlich pfiff er ein kleines Lied und war überrascht, dass es das komische Lied der Amsel war. Er musste laut darüber lachen, als ihm der Text durch den Kopf ging.
Der gute Duft strömte unter einem Baum hervor und dort entdeckte der Kleine Bär einen anderen Bären.
Langsam ging er auf den fremden Bären zu. Der Fremde war nicht größer als er selbst und dass obwohl er nicht gerade der Größte war.
Ob der fremde Bär auch von dem guten Duft angelockt worden war?
Merkwürdig, er konnte gar keine Blume entdecken, die so gut roch. Der Kleine Bär schnupperte. Der gute Duft kam von hier, aber er sah nur einen Baum und einen fremden Bären. Der fremde Bär musste so gut riechen. Eine komische Blume, dachte der Kleine Bär.
„Hallo“, begrüßte er den fremden Bären etwas zögernd
„Hallo!“, sagt der fremde Bär mit einer hohen, melodischen Stimme.
„Ich bin Marla“, stellte sich der fremde Bär vor.
„Äh ... und ich ... ich bin der Kleine Bär“, antwortete der Kleine Bär etwas durcheinander.
„Hast du vorhin so laut gelacht?“, wollte Marla wissen.
„Laut gelacht? Ja genau - gelacht“, stotterte der Kleine Bär verdutzt. Warum fühlte er sich denn nur so zittrig in den Knien?
„Was war den so lustig?“
„Ach, alle Tiere des Waldes sind verrückt geworden und machen nur noch Unsinn“, murmelte der Kleine Bär während er auf seinen Tatzen nervös vor und zurück wippte.
„Verrückt?“, fragte ihn Marla.
„Ja genau. Die Eichhörnchen jagen einander durch die Bäume, die Hasen hauen sich, die Amsel macht furchtbaren Krach, den sie Musik nennt und die Frau von Herrn Grimbart dem Dachs erzählte irgendwas von Frühlingsschmerzen und Bauchliebe.“
„Du bist ja lustig, Kleiner Bär“, lachte Marla und schaute ihn aus großen Augen an.
„Der Wald ist lustig, ich kann da nichts für“, verteidigte er sich.
Marla lachte und der Kleine Bär musste ebenfalls Lachen.
„Was, was bist du eigentlich für ein Bär? Ich habe noch nie einen Bären wie dich gesehen“, fragte der Kleine Bär, als er sich etwas beruhigt hatte.
„Ich? Ich bin ein Bärenmädchen!“, antwortete Marla und lachte wieder.
Der Kleine Bär dachte daran, was er heute über Mädchen erfahren hatte. Die Jungs liefen ihnen hinterher, dass hatte er bei den Eichhörnchen gesehen. Der Hase hatte sich für ein Mädchen gehauen und ihm danach erzählt, dass man mit Mädchen nicht spielen konnte. Außerdem erzählten sie Geschichten von Liebe und Bauchschmerzen und sie rochen sehr gut, wie er jetzt entdeckt hatte.
Mädchen waren eindeutig anders, und neu für den Kleinen Bären.
Er schnupperte, sie roch wirklich gut, irgendwie interessant.
„Hast du noch nie ein Bärenmädchen gesehen?“, fragte ihn Marla.
Der Kleine Bär schreckte aus seinen Gedanken hoch und schaute ihr unsicher in die Augen.
„Nein“, antwortete er schließlich.
„Ich bin das erste Bärenmädchen, das du siehst?“ versicherte sich Marla ungläubig.
„Ja.“
Marla fing an zu kichern und die Nase des Kleinen Bären krauste sich. Sie durfte ihn doch nicht so einfach auslachen! Das tat man doch nicht!
„Oh, entschuldige!“, sagte Marla wieder ernst, „Ich wollte nicht über dich lachen. Ich habe nur noch nie jemanden getroffen, der keine Mädchen kennt.“
„Na, ja, ich kenne jedenfalls keine Mädchen“, schmollte der Kleine Bär.
„Aber das ist doch nichts Schlimmes!“, versicherte ihm Marla.
„Und was machen Bärenmädchen so?“, wollte der Kleine Bär neugierig wissen.
„Och, wir spielen, essen und schlafen. Was sollten wir sonst tun?“
Natürlich! Eine dumme Frage! Der Kleine Bär spürte, wie seine Nase rot und warm wurde. Eine wirklich dumme Frage. Aber der Hase hatte ihm gesagt, dass Mädchen nicht spielen, also war die Frage vielleicht doch nicht so dumm gewesen.
„Und, äh, was spielt ihr so?“, versuchte der Kleine Bär von seiner vielleicht nicht so dummen, dummen Frage abzulenken.
„Also, ich spiele gerne Fangen oder Verstecken und was spielst du so?“, antwortete Marla.
„Verstecken spiele ich auch und auf Bäume klettere ich gerne.“
„Wirklich? Hast du denn gar keine Angst, dass du von einem Baum runter fällst, wenn du auf einen kletterst?“
„Nein“, antwortete der Kleine Bär stolz, „Ich halte mich ja immer sehr gut fest.“
„Ach so, na dann ist es ja gut!“
„Kletterst du auch?“, wollte der Kleine Bär von Marla wissen.
„Äh, nein, ich habe nämlich Angst vor dem Runterfallen.“
„Oh.“
„Aber du hast gesagt, dass du auch Verstecken spielst. Was hältst du davon wenn wir eine Runde Verstecken spielen?“, fragte Marla den Kleinen Bären.
„Und wer sucht als Erstes?“, wollte der Kleine Bär wissen.
„Hmm, du!“, antwortete Marla.
„Ok! Aber ich zähle nur bis dreißig.“
„Warum?“, fragte Marla verdutzt.
„Weil ich als Erster suche und deshalb entscheide, bis wie viel ich zähle“, erklärte der Kleine Bär.
„Na, gut. Aber ich zähle dann auch nur bis dreißig.“
Damit war der Kleine Bär einverstanden.
Er stellte sich vor einen Baum und fing an zu zählen: „Eins, zwei, drei, ...“
Der Kleine Bär verzählte sich ein paar Mal, aber dass machte nichts, dadurch hatte Marla mehr Zeit, um sich zu verstecken.
Sie suchte nach einem guten Versteck und fand schließlich eine Kuhle unter einem Busch, die wie ein gutes Versteck aussah.
„... achtundzwanzig, neunundzwanzig, dreißig. Ich komme!“, rief der Kleine Bär schließlich.
Er hatte oft mit den anderen Tieren des Waldes Verstecken gespielt, deswegen kannte er alle guten Verstecke. Es dauerte auch nicht lange bis er Marla unter dem Busch gefunden hatte. Es war das Lieblingsversteck der Hasen.
Leise schlich sich der Kleine Bär an, damit er sie erschrecken konnte. So machte er es mit den Hasen immer. Die sprangen dann immer ganz erschreckt auf, was er sehr lustig fand. Langsam bewegte er sich auf den Busch zu und stolperte.
Er fiel auf den Bauch und schaute einer verdutzten Marla in die Augen.
Man! War das peinlich! Dabei hatte er sich ganz besonders geschickt anstellen wollen und jetzt lag er auf dem Bauch.
Der Kleine Bär beeilte sich aufzustehen und stieß dabei mit Marla zusammen, die ebenfalls versuchte aufzustehen. Die Nase des Kleinen Bären stupste gegen Marlas Nase und der Kleine Bär fühlte, wie ihm seine Nase wieder rot und warm wurde.
„Hab dich!“, rief der Kleine Bär überrascht.
„Oh!“ sagte Marla, „Du bist wirklich ein guter Sucher! Das ging so schnell!“
„Egal“, sagte der Kleine Bär, „Du bist dran mit Suchen!“
„Na, gut! Dann bist du dran mit Verstecken. Ich will doch wissen ob du das auch so gut kannst“, rief Marla und fing an zu zählen, „Eins, zwei, drei, vier ...“
Der Kleine Bär rannte zu seinem Lieblingsversteck, einem umgekippten Baum und kauerte sich im Schatten zusammen.
„... neunundzwanzig und dreißig. Ich komme jetzt und finde dich“, rief Marla in den Wald.
Zuerst suchte sie zwischen den Zweigen der Sträucher, dann sah sie hinter dem großen Felsen nach. Der Kleine Bär war nirgends zu sehen und Marla überlegte, wo sie noch suchen könnte. Dann sah sie seinen in die Luft gestreckten Popo hinter dem umgestürzten Baum.
Um sicher zu sein, guckte sie unter den Stamm.
Verdutzt guckte der Kleine Bär Marla in die Augen als diese, „Ich hab dich!“, rief und ihre Nase gegen seine stupste.
Es kitzelte und der Kleine Bär musste lachen, auch Marla lachte und sie stießen noch mal mit den Nasen zusammen.
Als sich ihre Nasen trafen, kribbelte dem Kleinen Bär der Bauch. Es fühlte sich fast so an, als wenn er Ameisen verschluckt hätte, die ihn von innen kitzelten.
Das war ein tolles Spiel, fanden die beiden und deshalb spielten sie das Nasenspiel noch eine Weile.
Und Hase hatte gesagt, man könne mit Mädchen nicht spielen, der hatte ja keine Ahnung!